Etwas vernachlässigt sind z. B. Themen, die sowohl zum Be reich Wirtschaft, aber gleichermaßen zur Kunst gehören. Wir freuen uns, dass sich die anderen Fraktionen gleich ange schlossen haben und wir nun einen gemeinsamen Antrag zu Baukultur, Architektur sowie Design und Fotografie einbrin gen.
Zu den anderen Anträgen verweise ich einfach auf das, was Kollege Palm schon eingebracht hat. Insbesondere die The men „Kulturbeauftragte an den Schulen“, „Mehr Kunst- und Kulturunterricht an unseren Schulen“ oder auch „Frauen und Kunst“ sind auch uns sehr wichtig.
Mit den Oppositionsanträgen habe ich deshalb meine Proble me, weil sie immer gleich mit finanziellen Forderungen ver
bunden sind. Ich meine, dass wir das heute nicht beschließen können, sondern dass wir das dem nächsten Landtag überlas sen müssen. Wir haben sehr bewusst Wert auf die Würdigung der Institutionen gelegt, aber nicht auf Förderansprüche.
So vielfältig die bildende Kunst und die Musik in dem derzei tigen Entwurf der Kunstkonzeption gewürdigt und dargestellt werden – zu kurz kommt hier allein der große Anteil, den ge rade die Kirchen einbringen; da sehe ich noch die Notwendig keit einer Nachbesserung; auch die Leistungen der Internati onalen Bachakademie Stuttgart sind hier aus meiner Sicht stark unterbelichtet, weil ihre ganzen internationalen Aktivi täten kaum vorkommen –, so knapp kommen andererseits aber Literatur und Sprache vor. Schließlich waren und sind in un serem Land bedeutende Dichter und Literaten zu Hause. Es gibt in Stuttgart neben dem genannten Schriftstellerhaus auch ein angesehenes Literaturhaus. Auch das „Literaturblatt“ hat kürzlich sein zehnjähriges Bestehen gefeiert und sollte zumin dest einen Satz wert sein. Ebenso sollten die ehrenamtlichen Aktivitäten z. B. in der Deutschen Schillergesellschaft und der Mörike-Gesellschaft erwähnt werden.
Auch die Akademie für gesprochenes Wort bietet weit mehr als das, was bisher im Entwurf enthalten ist, und genießt da für internationale Anerkennung.
Das ZKM und die Akademie Schloss Solitude werden zu Recht gewürdigt. Die Kunststiftung macht allerdings in die sem Feld ebenfalls eine hervorragende Arbeit und sollte des halb ebenfalls entsprechend dargestellt werden. Des Weiteren vermissen wir die angemessene Darstellung der privaten Ga lerien und Galeristen, gerade auch bei der fördernden Beglei tung junger Künstler.
Als besonderes Highlight nenne ich die inzwischen im Kunst markt fest installierte Messe „art KARLSRUHE“. Das ist ei ne besondere Leistung, auf die Baden-Württemberg stolz sein kann. Hier bedarf es übrigens durchaus auch im Landesinte resse der Förderankäufe bei den Galerien, weil damit die Strukturen gestärkt werden, die für die Existenz der Künstler und der entsprechenden Szene ausschlaggebend sind. Span nenderweise ist dies für das Beispiel Berlin an anderer Stelle der Kunstkonzeption genannt. Aber hier müssen wir auch im Land dafür sorgen, dass gute Voraussetzungen bestehen.
Unsere großen Theater im Land genießen ebenfalls zu Recht einen guten Ruf. Stolz dürfen wir aber auch auf unsere Klein theater und die vielen freien Theater sein, z. B. auf das welt weit tourende PAN.OPTIKUM oder BAAL novo – das be steht aus Baden und Alsace, daher BAAL –, das zweisprachi ge Angebote, eine wichtige interkulturelle Kompetenzvermitt lung, bietet.
Letztere ist auch ein großes Anliegen der soziokulturellen Zentren im Land, deren Förderung in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden muss. Der Antrag der Opposition hierzu ist allerdings für uns nicht zustimmungsfähig.
(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das wäre auch neu! – Abg. Helen Heberer SPD: Das hätte uns auch gewun dert!)
Das werden wir auf einem anderen Weg machen müssen. Aber die Notwendigkeit dazu wird von uns bestätigt.
Eine enorme Entwicklung haben in den letzten Jahren auch die Amateurtheater genommen. Wie ich gehört habe, wurde aufgrund unserer Anregungen im Ausschuss hierzu schon ei ne stimmigere und ausführlichere Würdigung formuliert.
Die Integrationsfunktion der Kultur ist eine ganz wesentliche Funktion. Nicht nur bei den Künstlern sind vielfältige Kultu ren vorhanden, sondern auch bei den Kunstgenießenden. Man kann hier vermitteln. Es geht hier nicht nur um Menschen mit Migrationshintergrund, sondern z. B. eben auch um Menschen mit Behinderungen, um die ältere Generation und um gene rationsübergreifende Aktivitäten.
Meine Damen und Herren, panta rhei – alles fließt, gerade in Kunst und Kultur. Deshalb gibt es auch eine ganze Reihe von neuen Entwicklungen, die schon auf einem guten Weg, aber im Moment noch in der Bewährungsphase sind und deshalb erst für die nächste Novelle der Kunstkonzeption vorgemerkt werden können, wie z. B. die noch junge, aber schon sehr er folgreiche Cello-Akademie in Rutesheim. Dies ist ein Zeichen dafür, dass wir im Land und in der Konzeption für innovati ve Entwicklungen auch über die im Antrag genannte Kreativ wirtschaft hinaus grundsätzlich offen bleiben müssen.
Ein letztes Anliegen ist mir noch, auf die Notwendigkeit der Entwicklung von Konzepten für die technische und künstle rische Sicherung von Kunstwerken hinzuweisen. Die Digita lisierung stellt die Archivierung vor völlig neue Herausforde rungen. Was vor 10 oder 15 Jahren auf einem Computer ge speichert wurde, ist heute oft nicht mehr abrufbar, weil die Programme nicht mehr funktionieren und Ähnliches. In die sem Zusammenhang muss die Forschung deshalb vorange trieben werden. Darin ist eine wichtige Aufgabe des Landes zu sehen. Ich denke, dies muss eine auf das Jahr 2020 und da rüber hinaus ausgerichtete Konzeption unbedingt berücksich tigen.
Meine Damen und Herren, dass wir hier nur sehr kleinteilige zusätzliche Forderungen stellen, resultiert daraus, dass die Vorlage in sich bereits sehr stimmig ist. Insgesamt bleibt fest zustellen, dass hier ein großes Werk auf den Weg gebracht wurde, von dem wir alle noch lange profitieren werden. U. a. bei den Debatten zum Fachkräftebedarf stellt sich immer wie der heraus, dass fähige Akademiker bei Vorstellungsgesprä chen fragen: Was ist bei euch sonst noch geboten außer Ar beit?
Die tollen kulturellen Angebote in unserem Land spielen ei ne große Rolle dabei, dass viele Menschen gern nach BadenWürttemberg kommen und auch gern hier bleiben.
Unser Jazz- und Klassikmusiker Mini Schulz, Professor an der benachbarten Musikhochschule, hat vor wenigen Tagen in einem Interview auf die Frage, weshalb er noch in Stuttgart bleibe, obwohl es doch alle nach Berlin ziehe, sinngemäß ge sagt: weil hier das Klima und die Szene – das heißt, sowohl die Künstler als auch die Kunstgenießer – stimmen. Wo er recht hat, hat er recht. Arbeiten wir daran, damit dies so bleibt.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Außerdem ist Stuttgart viel schöner als Ber lin!)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich gemeinsam mit Ihnen sehr, heute Nachmittag – obwohl das Thema durch aus auch eine Behandlung am Vormittag verdient hätte –
Eingangs möchte ich zunächst einmal feststellen, dass es si cherlich gut war, dass wir 20 Jahre nach der letzten Kunstkon zeption eine neue Konzeption auf den Weg gebracht haben, eine Konzeption, die maßgeblich unter der Federführung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst erstellt wurde, die aber vor allem im Dialog mit anderen Ministerien, mit den Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Kunst sparten, mit diesem Hohen Haus, mit den Vertreterinnen und Vertretern der freien Szene und der Kommunen, mit Sachver ständigen und mit dem Landeskunstbeirat entstanden ist und realisiert werden konnte.
Ich möchte deshalb eingangs allen Akteuren herzlich danken, die sich eingebracht haben. Danken möchte ich auch für die vielen Gespräche, die wir geführt haben. Bereits in der Ent stehungsphase dieser Konzeption haben wir vieles von dem aufgenommen, was in den vergangenen Jahren und insbeson dere im vergangenen halben Jahr an uns herangetragen wur de.
Meine Damen und Herren, meines Erachtens lässt sich bereits ein Resümee ziehen: Baden-Württembergs Stärke ist gerade die Kultur, und zwar in allen Sparten, spartenübergreifend, in der Spitze wie in der Breite, in der gesamten Fläche des Lan des, in den unterschiedlichen Trägerschaften und in den un terschiedlichen Ausprägungen der Einrichtungen. Dies ist ein Pfund, mit dem wir wuchern können. Darauf können wir in den nächsten Jahren hervorragend aufbauen.
Meine Damen und Herren, ich sage das vor allem deshalb, weil die Kunst in Baden-Württemberg weiterhin einen star ken Rückhalt braucht. Kultur ist das, was bleibt, wenn alles andere verloren ist. Gerade in Zeiten der Wirtschafts- und Fi nanzkrise, gerade in Zeiten wie diesen müssen und wollen wir uns weiterhin mit Kultur beschäftigen. Deshalb wollen wir mit dieser Konzeption den Rahmen dafür setzen, der dann in den nächsten Jahren auch ausgefüllt werden muss.
Das heißt, diese Konzeption ist kein Klein-Klein, sondern die se Konzeption ist aus meiner Sicht ein Wurf, den wir seitens der Landesregierung bzw. seitens des Landtags von BadenWürttemberg vornehmen, um die Kultur in den nächsten 10 bis 15 Jahren voranzubringen.
Meine Damen und Herren, wo liegen die Herausforderungen in den kommenden Jahren? Lassen Sie mich zunächst einmal folgende Punkte ansprechen, die wichtig sind.
Die demografische Entwicklung: Wir sprechen häufig leicht fertig davon, dass unsere Gesellschaft immer älter wird. Dies wird Auswirkungen haben, gerade auch auf die Wahrnehmung von Kultur in unserer Gesellschaft.
Das heißt, wir haben immer mehr mobile, aktive Seniorinnen und Senioren, die wir mit unseren Angeboten erreichen wol len. Aber mindestens genauso wichtig ist der Auftrag, die Kin der und Jugendlichen und die mittleren Generationen mit un serer Kultur zu erreichen.
Baden-Württemberg muss weiterhin das Kulturland für Fami lien, für Väter, für Mütter, für Kinder und Jugendliche sein. Da dürfen wir in den nächsten Jahren nicht nachlassen.
Deshalb haben wir gerade auch die Thematik der kulturellen Bildung in den Mittelpunkt gestellt. Ich bin sehr froh darüber – dafür möchte ich an dieser Stelle den Akteuren und insbe sondere auch dem Kultusministerium danken –, dass wir hier einen ganz engen Verbund bilden. Wir – Land, Kommunen als Schulträger, Schulen und Kultureinrichtungen – wollen ein Bündnis für kulturelle Bildung auf den Weg bringen, um die Bereiche, die mit dem Ausbau der Ganztagsschule in den nächsten Jahren unterstützt werden sollen, gerade auch für die Kultur nutzbar zu machen. Unsere Kultureinrichtungen sind dafür sehr aufgeschlossen, und wir haben dafür auch schon in den letzten Jahren entsprechende Projektmittel eingestellt. Dies soll verstetigt werden.
Ich bin dankbar dafür, dass wir die Kulturbeauftragten an die Schulen bekommen, Lehrerinnen und Lehrer, die es sich zur Aufgabe machen, an der Schnittstelle zwischen der Kultur einrichtung und der Schule Ansprechpartner und Motor für die Kultur im schulischen Leben zu sein.
Meine Damen und Herren, ich halte es für wichtig, dass wir gerade auch in diesem Bereich die kulturelle Bildung in die Fläche bringen, nicht nur in den Metropolen, sondern auch in den ländlichen Räumen des Landes, an allen Schularten, an allen Schultypen. Denn wir wissen, meine Damen und Her ren: Gerade die kulturelle Bildung ist unverzichtbar für eine ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung. Sie fördert ratio nale, emotionale, intellektuelle und kreative Kompetenzen. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir die Kultur noch stärker an die Schulen heranführen.
Lassen Sie mich einen zweiten wichtigen Bereich nennen, meine Damen und Herren, nämlich die Bedeutung der inter kulturellen Kulturarbeit. In Baden-Württemberg leben 2,7 Millionen Menschen mit einem Migrationshintergrund, im merhin ein Viertel unserer Bevölkerung; sie stammen aus et wa 200 Nationen. Unsere Aufgabe in den nächsten Jahren muss sein, die kulturelle Teilhabe von Migrantinnen und Mi granten in unseren Kultureinrichtungen deutlich zu erhöhen, aber gleichzeitig auch zu erreichen, dass sich unsere Einrich tungen noch stärker im Bereich der interkulturellen Begeg nung öffnen.
Deshalb ist es wichtig, dass alle Maßnahmen, die wir seitens des Landes mit den anderen Trägern jetzt in Angriff nehmen, darauf abzielen, den Dialog mit den Migrationsverbänden und mit den Kultureinrichtungen zu verstärken und zu verstetigen. Ich bin deshalb auch froh, lieber Herr Kollege Palm und lie be Frau Berroth, dass gerade auf Initiative der Regierungs fraktionen ein Fachbeirat für kulturelle Bildung an den Schu len, aber auch eine Kunstkonferenz eingerichtet werden sol len.
Ich bin auch dankbar, dass die Oppositionsfraktionen bei die sen Anträgen mitmachen, dass dies sozusagen unser gemein sames Anliegen, unser gemeinsames Interesse in diesem Ho hen Haus ist.