Der zweite Punkt ist die Durchlässigkeit zur Privatwirtschaft. Auch dieses Thema stößt bei uns auf offene Ohren, weil ge rade zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft, auch im Dienstleistungsbereich usw., sehr viele gegenseitige Aus tauschsituationen stattfinden können, die beide Seiten insge samt nach vorn bringen. Gegenüber den starren Regelungen, die es bisher im Beamtenrecht gibt, sind die Auflockerungen, die Sie jetzt in dem Gesetzentwurf vorsehen, sehr begrüßens wert.
Ein dritter Punkt, den Sie genannt haben – da habe ich jetzt ein bisschen Zweifel, aber das ist auch nachvollziehbar –: Wir haben jetzt als Landesgesetzgeber nach der Föderalismusre form den Auftrag erhalten – wie alle anderen Bundesländer im Übrigen auch –, das Beamtenrecht in Baden-Württemberg zu regeln. Dass das unbedingt ein Ausdruck von Entbürokra tisierung sein soll, Herr Minister, daran möchte ich doch noch ein bisschen zweifeln. Wenn die Laufbahnverordnung weg fällt, finde ich das in Ordnung. Aber ansonsten haben Sie den Umfang der Gesetzesmaterie im Vergleich zum bisherigen Be amtenrecht, das auf Bundesebene geregelt war, nach meiner Kenntnis, jedenfalls allein der Seitenzahl nach, nicht redu ziert.
Lassen Sie mich ein paar Punkte benennen, bei denen wir den ken, dass die Fortentwicklung des Beamtenrechts – so, wie es jetzt in der Verfassung festgeschrieben ist – auch Eingang in diese Gesetzesmaterie hätte finden können.
Der erste Punkt: Das Thema Pensionseingangsalter haben wir diskutiert. Die wirkungsgleiche Übertragung bis hin zum The ma Sonderaltersgrenzen ist klar. Wir haben von vornherein gesagt: Die wirkungsgleiche Übertragung aus der Deutschen Rentenversicherung tragen wir mit. Das ist kein Thema. Zu den Sonderaltersgrenzen hat Kollege Stickelberger alles ge sagt. Wir können den Menschen, die zum Teil über 30 Jahre im Schichtdienst arbeiten, nicht zumuten, dass wir diese Son deraltersgrenzen anheben.
Auch dort werden wir im parlamentarischen Verfahren selbst verständlich mit Anträgen initiativ werden, weil wir das An liegen der Menschen, die im Schichtdienst arbeiten, ernst neh men.
Ein weiterer Punkt, bei dem wir als Grüne gedacht hätten, Sie gingen darauf ein, wenn Sie schon zum Thema Familien freundlichkeit Ausführungen machen: Da gibt es tatsächlich Aspekte, die zu mehr Familienfreundlichkeit führen. Aber die Familienfreundlichkeit hätte auch bei den Besoldungstabel len zum Ausdruck kommen können. Für mich, der ich selbst eine Familie gegründet habe – deswegen kann ich aus eige ner Erfahrung sprechen –, ist es so, dass Familien eher in jun gen Jahren materielles Potenzial brauchen und vielleicht nicht so sehr, wenn man auf das Pensionsalter zugeht.
Deswegen hätte ich mir gedacht, dass man diese Besoldungs tabellen von unten her ein Stück weit anhebt und, um sie im manent zu finanzieren, „hinten“ etwas absenkt. Das lässt Ihr Entwurf vermissen. Wir werden auch hier, denke ich, im Aus schuss und im weiteren parlamentarischen Verfahren mit ent sprechenden Anträgen arbeiten. Das wäre Familienfreundlich keit, durch die auch der öffentliche Dienst insgesamt attrakti ver würde.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte – da wird es natürlich verfassungsrechtlich kompliziert, das weiß ich; trotz dem will ich es tun –, ist die Frage: Was wird als Bemessungs grundlage für Pensionen herangezogen?
Bei der Deutschen Rentenversicherung gilt das durchschnitts gehaltsbezogene System. Das heißt, das, was man über sein Leben hinweg verdient, ist die Grundlage für die Berechnung der Rente. Bei Beamtinnen und Beamten ist es anders. Hier ist die letzte Eingruppierung, die letzte Vergütung, die bezo gen wird, die Grundlage für die Berechnung der Pensionen.
Hier könnte ich mir wie bei der Lebensarbeitszeit eine wir kungsgleiche Übertragung sehr gut vorstellen. Als Landesge setzgeber – wir haben die Kompetenz dazu bekommen; die Kompetenz steht uns auch zu – sollten wir schon aus dem Grund in die Diskussion hierüber eintreten, weil – wie Sie, Herr Heinz, zu Recht gesagt haben – die Länder die Pensions ausgaben der Zukunft schon jetzt – in Zukunft erst recht – zu tragen haben, und zwar in einem ganz anderen Umfang als der Bund. Lassen Sie uns deswegen an dieser Stelle innova tiv darüber diskutieren und uns überlegen, wie wir vielleicht im Rahmen dieser Gesetzesänderungen dort einen System wechsel hinbekommen.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist auch kom pliziert. Wir haben uns als Fraktion über lange Zeit hinweg damit beschäftigt und auseinandergesetzt. Es geht um die Leistungsbesoldung. Die Leistungsbesoldung ist deswegen kompliziert, weil man Leistung zuerst einmal messen muss, wenn man die Vergütung daran orientieren will. Die Leis tungselemente, die jetzt im Gesetzentwurf enthalten sind – es gibt welche; ich will das nicht in Abrede stellen –, sind unse res Erachtens zu wenig. Auch hier wollen wir im weiteren par lamentarischen Verfahren mit Vorschlägen agieren, um an den Stellen, an denen es möglich ist, mehr Leistungsbezogenheit ins Beamtenrecht des Landes einfließen zu lassen.
Ein letzter Punkt, den ich hier erwähnen möchte, ist das The ma Mitbestimmung. Kollege Stickelberger hat dies hier prä zise ausgeführt. Es kann unseres Erachtens nicht angehen, die Mitbestimmungsrechte der Menschen im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg auf der Grundlage dieser Gesetzesma terie einzuschränken. Das kann nicht in diesem Gesetzesver fahren erfolgen. Es muss auch nicht; Kollege Stickelberger hat dies dargetan. Wir werden uns, so gut wir es als parlamen tarische Opposition können, dagegen zur Wehr setzen.
Zum Thema „Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft“ möchte ich gern Kollegin Lösch das Wort übergeben.
Das darf ich aber nicht; daher werde ich den Präsidenten bit ten, meiner Kollegin das Wort zu erteilen.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ich trete gern hinter Frau Lösch zurück! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Frau Lösch können wir gut ertragen!)
Herr Präsident, herzlichen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute einen Antrag und einen Änderungsantrag eingebracht, mit de nen wir zum einen die rechtliche Gleichstellung von gleich geschlechtlichen Lebenspartnerschaften im Rahmen der Dienstrechtsreform erreichen wollen und zum anderen die lan desrechtlichen Vorschriften im Rahmen des Personenstands gesetzes dergestalt ändern wollen, dass zukünftig die Zustän digkeit für die Verpartnerung bei den Standesämtern liegt.
In der Stellungnahme zu unserem Antrag Drucksache 14/5885, die schon seit März 2010 vorliegt, hat die Landesregierung ausgeführt, dass im Zuge der Dienstrechtsreform über die Gleichstellung der Lebenspartnerschaften entschieden wer den solle. Daher werden wir dem Änderungsantrag der Frak tion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP nicht zustim men.
Darin wird gefordert, dass die rechtliche Situation umfassend dargestellt werden soll. Sie hatten Zeit genug, die rechtliche Situation darzustellen und die Lebenspartnerschaften gleich zustellen. In der gesamten Dienstrechtsreform gibt es keinen einzigen Antrag, nicht ein Entgegenkommen zum Thema
„Gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften“. Das ist ein Armutszeugnis der Landesregierung. Deshalb lehnen wir den Änderungsantrag ab.
Kollege Heinz hat sich vorhin auf das Urteil des Bundesver fassungsgerichts in Karlsruhe vom Juli 2009 berufen. Dabei ging es – da haben Sie recht – in erster Linie darum, dass die betriebliche Hinterbliebenenversorgung auch bei eingetrage nen Lebenspartnerschaften ausgezahlt wird. Die Richter ha ben aber auch etwas Grundsätzliches zum Wesen der Ehe ge sagt. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat erklärt, dass das sogenannte Abstandsgebot zwischen Ehe und Le benspartnerschaft verfassungsrechtlich nicht begründbar ist und dass aus dem besonderen Schutz der Ehe nicht abzulei ten ist, dass andere Lebensgemeinschaften im Abstand der Ehe zu gestalten und mit geringeren Rechten zu versehen sind. Das heißt, die rechtliche Situation ist klar. Daher steht einer An passung der Lebenspartnerschaften nichts im Weg.
Über einen Punkt unseres Änderungsantrags möchte ich heu te gern abstimmen lassen. Bei diesem Thema ist Baden-Würt temberg bundesweit Schlusslicht. Selbst Thüringen hat sein Lebenspartnerschaftsgesetz angeglichen, was die Zuständig keit für die Verpartnerung bei den Standesämtern anbelangt.
Der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP, Herr Rülke, hat sich im Vorfeld des CSD entsprechend geäußert. Außerdem hat die Stuttgarter FDP eine Resolution an die FDP/DVP-Landtags fraktion gerichtet. Der Fraktionsvorsitzende war dabei. Dabei hat die FDP/DVP signalisiert, dass sie uns bei diesem Thema unterstützt. Daher hat die FDP/DVP heute die Chance, ge meinsam mit uns zu stimmen und sich nicht nur im Vorfeld des CSD bei den Schwulen und Lesben anzubiedern, sondern auch Entscheidungen zu treffen, wenn diese anstehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Lösch, ich muss Sie enttäuschen. So, wie wir uns bei keiner Bevölkerungsgruppe anbiedern, so werden wir auch Ihrem Wunsch nicht folgen.
(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Sonst kommt er gar nicht an! Das ist so laut, Herr Kollege, da muss man dazwischenrufen!)
Wir bedauern, dass die Grünen die auch von der FDP/DVP angestrebte Gleichstellung heute im Hauruckverfahren durch setzen wollen.
(Widerspruch bei den Grünen – Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das ist kein Hauruck, das geht schon seit Jahren so!)
Es ist besser, wenn wir uns in den Ausschussberatungen in tensiv damit befassen. Deshalb lehnen wir die Anträge von SPD und Grünen zu diesem Punkt ab.
Ich bitte Sie alle, unserem gemeinsamen Änderungsantrag zu zustimmen. Dieser stellt klar – das ist das Wichtige –, dass wir bei den weiteren parlamentarischen Beratungen der Dienst rechtsreform die Frage der rechtlichen Gleichstellung von ein getragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Lichte höchstrichterlicher Entscheidungen prüfen werden. Das ge schieht am besten in Ruhe und Sachlichkeit, aber nicht hopp lahopp.