Meine sehr verehrten Damen und Herren, in dieser Zeit, in der wir den Nachtragshaushalt verabschieden, deuten die Kon
junkturprognosen wieder nach oben. Doch andererseits ist all zu viel Euphorie in der jetzigen Situation auch nicht ange bracht. Der Arbeitsmarkt stabilisiert sich. Aber der Finanzmi nister hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass wir wohl erst in den Jahren 2013/2014 überhaupt wieder Einnahmen erwarten können, die sich den Einnahmen des Jahres 2008 eventuell wieder annähern. Das heißt, der künftige Kurs des Landes ab dem Jahr 2012 wird mit Sicherheit noch auf Kon solidierung gerichtet sein müssen.
Wir werden auch alles dafür tun, dass wir die Nullnettoneu verschuldung nicht nur im Blick haben, sondern mit einem konkreten Maßnahmenplan auch erreichen. Dazu bedarf es al lerdings auch qualifizierter Grundlagen. Es macht überhaupt keinen Sinn, im Juli des Jahres 2010 – wie Sie wahrschein lich nachher fordern werden – ein konkretes Sparpaket, ein Konsolidierungspaket – wie auch immer man es nennen will –, auf den Weg zu bringen, wenn wir das Gesamtumfeld der Jahre 2011 und 2012 noch gar nicht verlässlich abschätzen können.
Dazu haben wir, glaube ich, in Baden-Württemberg zu Recht Doppelhaushalte. Wir haben einen aktuellen Haushalt für die Jahre 2010 und 2011 und werden dann im Lichte der MaiSteuerschätzung mit der Aufstellung des dann folgenden Haushalts 2012/2013 beginnen.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was heißt „Wir begin nen“? Was ist das für eine Anmaßung? Da seid ihr weg!)
(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU zur SPD: Wovon träumt ihr nachts? Mit Garantie sitzt dann da vorn bei Ihnen ein anderer!)
Wir werden dann im Lichte der Mai-Steuerschätzung und dann konkretisiert im Lichte der November-Steuerschätzung des Jahres 2011 darangehen, den nächsten Doppelhaushalt aufzustellen.
Klar ist aber eines: Es gibt ein paar Bereiche, über die man sich mit Sicherheit früher Gedanken machen wird. Das be trifft Entwicklungen, die unausweichlich sind.
Es ist auch klar: Die Bürgerinnen und Bürger wollen und wer den vermutlich auch bei Ihnen nicht die Katze im Sack kau fen, wobei Ihre Forderungen zwar ständig auf dem Tisch lie
sondern immer zu einer Erhöhung geführt haben und damit eine neue Verschuldung heraufbeschworen haben.
Auch das ist ein Teil der Wahrheit. Zählen Sie einmal die Fi nanzauswirkungen aller Anträge zusammen, die Sie bei der letzten Aufstellung des Haushalts eingebracht haben.
Wir werden im Herbst ein erstes Sparpaket vorstellen, in dem Maßnahmen enthalten sind, die wir für unumgänglich halten
(Abg. Thomas Knapp SPD: Sozial ausgewogen! – Gegenruf der Abg. Katrin Altpeter SPD: Genau! Wie beim Sparpaket!)
sozial ausgewogen – und die wir dann im Wahlkampf auch in die Diskussion mit den Wählern einbringen werden.
Das halte ich für seriös, und das ist auch richtig. Aber man muss auch sagen: Das wird im Herbst konkretisiert, unter Um ständen auch im Lichte der November-Steuerschätzung, wenn wir schon etwas klarer sehen, wie sich die Konjunktur in den nächsten Jahren entwickelt.
Unser Anspruch in Baden-Württemberg lautet auf alle Fälle: Wir wollen nicht Verwalter, sondern auch Gestalter der Zu kunft sein.
Diese Gestaltung bezieht sich einerseits auf die Haushaltspo litik und andererseits gleichermaßen auf die Rahmenbedin gungen für unsere Unternehmen, aber genauso auch für unse re Bürgerinnen und Bürger.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man die all gemeine Lage beleuchtet, dann fällt auf, dass sich unsere Wirt schaft deutlich besser erholt.
Das ist nun mit Sicherheit nicht das alleinige Verdienst des Landes und der Landespolitik. Aber dass wir überhaupt sol che guten Rahmenbedingungen haben, dass es uns überhaupt, auch in der Krise, gelungen ist, Industrieproduktion im Land zu halten,
dass es unseren Unternehmen gelungen ist, weitestgehend auf Mitarbeiterentlassungen zu verzichten, dass wir als eines von wenigen unter den entwickelten Ländern noch immer einen Anteil der Industrieproduktion von 40 % haben – schauen Sie einmal in das ehemals hoch industrialisierte Großbritannien mit heute gerade noch 15 % –, daran hat die Landespolitik
ebenfalls Anteil, denn das hängt damit zusammen, dass wir im Bildungs- und gerade auch im Hochschulbereich in der Vergangenheit die nötigen Investitionen getätigt haben. Des halb werden wir auch in der Zukunft da einen Schwerpunkt setzen.
Für unser Land als Industrieregion wird die industrielle Pro duktion, die Produktionsgüterindustrie im Land – und nicht nur das Thema Dienstleistungen; so notwendig und wichtig dieser Sektor ist –, in der Zukunft eine ganz maßgebliche Rol le spielen.
Dies wird den Menschen und der Wirtschaft in unserem Land Perspektiven eröffnen; es wird uns allen die Perspektive er öffnen, in einem globalisierten Weltmarkt mitzuwirken, ihn aktiv mitzugestalten und die Früchte der Globalisierung zu ernten. Deshalb ist es falsch, wenn von der linken Seite die ses Hauses immer wieder Globalisierungsängste geschürt wer den.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP zu SPD und Grünen: So ist es! Ihr Angstmacher!)
Ich wiederhole es: Deshalb setzen wir auch jetzt, gerade in Krisenzeiten, auf Investitionen in die Bildung. Dies zahlt sich schon heute aus. Wir belegen im Bereich der beruflichen Bil dung trotz aller Unkenrufe von SPD und Grünen beim Bil dungsmonitoring Platz 1.
Bei der gemeinsamen Beschulung von behinderten und nicht behinderten Kindern ist das Land mit Bayern und Bremen Vorreiter. Das Modell „Bildungshäuser“ für Drei- bis Zehn jährige, das jetzt ausgeweitet wird, ist bundesweit einmalig. Das gilt genauso für das Projekt „Singen – Bewegen – Spre chen“. Der Orientierungsplan für die Kindergärten findet bun desweit Beachtung. Auch dort sind wir Vorreiter. Wir erfüllen den Orientierungsplan auch mit Leben.
Beim PISA-Länderranking belegen wir Spitzenplätze, bei der Jugendarbeitslosigkeit hat Baden-Württemberg bundesweit den niedrigsten Wert. Und beim Thema Hochschulen haben wir mit dem Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ in diesem Umfang, mit jetzt 20 000 neuen, zusätzlichen Studienplätzen, als einziges Flächenland in Deutschland überhaupt darauf re agiert, dass bei uns nicht nur ein doppelter Abiturjahrgang kommt, sondern dass – Gott sei Dank! – die Attraktivität un serer Hochschulen so hoch ist, dass vermehrt nicht nur aus ländische Studenten, sondern auch Studenten aus anderen Ländern nach Baden-Württemberg ziehen.
Da muss man feststellen: Auch die Studenten stimmen in die sem Zusammenhang mit den Füßen ab. Man kann also auch an der Zahl der Studienanfänger in Baden-Württemberg be legen, dass wir uns auf einem herausragenden Niveau befin den.
Mit dem Solidarpakt haben alle Hochschulen einschließlich der Hochschulmedizin finanzielle Planungssicherheit für die Jahre 2007 bis 2014. Das bedeutet keine Einsparungen, aber dafür Zuwächse zur Deckung der Personalkosten. Damit si chert auch dieser Solidarpakt die Leistungsfähigkeit der Hoch schulen. Der Wert eines gesicherten Budgets ist für sie derzeit deutlicher denn je.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Nachtragshaus halt wird die Senkung des Klassenteilers an den Grundschu len umgesetzt. Wir schaffen darüber hinaus eine Vorsorge für die im Landtag gerade laufende Enquetekommission „Fit fürs Leben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“, weil wir ansonsten vermutlich keine Ge legenheit mehr haben, einen weiteren Nachtragshaushalt in dieser Periode zu verabschieden. Auch für die Maßnahmen, die der Sonderausschuss „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen“ empfiehlt, stellen wir die not wendigen Mittel bereit; hierüber haben wir uns gemeinsam verständigt.