Protocol of the Session on June 9, 2010

ausgewiesen und auch tatsächlich gebaut hat, wie es in der Region Heilbronn-Franken der Fall war.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Das müsste Ihnen dann zu denken geben, wenn ausgerechnet die vom Gericht zurückgepfiffen werden!)

Wie gehen wir mit dem Urteil um? Über die Frage, ob es zu einer Berufung kommt, wird gegenwärtig in der Region dis kutiert. Dazu kann ich nichts sagen. Aber politisch gesehen nehme ich dieses Urteil gewissermaßen als Rückenwind da für, um in meinem Drängen, in meinen Gesprächen mit den Vertretern der Regionalverbände auch darauf hinzuweisen und zu verdeutlichen: Der Gesetzgeber will, dass mehr, als dies in der Vergangenheit der Fall war, dass wirklich alle Möglich keiten bei der Ausweisung von windhöffigen Gebieten genutzt werden müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Rein hold Gall SPD: Aber nicht nur in der Regionalver waltung, sondern im Gremium Regionalverband!)

Eine Zusatzfrage des Herrn Abg. Untersteller.

Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Die erste: Gibt es Ihnen nicht zu denken, wenn das Gericht ausgerechnet in Bezug auf den Regionalverband Heilbronn-Franken – der, wie Sie zu Recht sagen, in der Ver gangenheit so viel ausgewiesen hat – sagt: Hier wurde falsch vorgegangen; es ist nicht möglich, in dieser Form Flächen he rauszustreichen, wie das der Regionalverband gemacht hat?

Zweite Frage: Hat Ihr Haus – es ist ja oberste Landesplanungs behörde – den Regionalplan des Regionalverbands HeilbronnFranken überprüft, und, wenn ja, wieso haben Sie ihn durch gewinkt?

Vielleicht noch eine dritte Frage: Wollen Sie das Urteil zum Anlass nehmen, um wenigstens einen Teil der anderen Regi onalverbandsvorlagen auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu über prüfen, um darüber dann Druck in dem Sinn auszuüben, dass hier zusätzliche Vorrangflächen ausgewiesen werden?

Zur letzten Frage, Herr Kollege Untersteller: Im Augenblick ist noch die Ausweisung eines Teilplans Windenergie bei einem Regionalverband an hängig.

Dieser Regionalplan ist bis zur Stunde nicht genehmigt, weil hier im Bereich Windenergie zu wenig getan wird. Wir kön nen dieses Urteil natürlich schon dafür verwenden, um gegen über den Regionalverbänden deutlich zu machen, dass hier im einen oder anderen Fall mehr geschehen muss. Das ist der po litische Sinn dieses Urteils.

Aber lassen Sie mich auf die beiden ersten Fragen zurück kommen. Ich will noch darauf hinweisen, dass das Urteil, um das es hier geht, zunächst einmal mit dem Landesplanungs gesetz aus dem Jahr 2003, wie Sie wissen, überhaupt nichts zu tun hat.

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Ja, sicher!)

Das hängt einfach damit zusammen, dass sich die Klage des Klägers gegen einen Bauvorbescheid aus dem Jahr 2005 ge richtet hat. Im Jahr 2005 gab es zwar schon das Landespla nungsgesetz, aber im Jahr 2005 hatte die Region, in diesem Fall die Region Heilbronn-Franken, noch nicht ihre Windener giepläne innerhalb der Regionalpläne ausgewiesen. Das heißt, zum damaligen Zeitpunkt hätte an jeder einzelnen Stelle in der Region ein Windkraftwerk gebaut werden können. Es gab noch keine Ausschlussgebiete, und es gab noch keine Vorrang gebiete.

Das Landratsamt hat letzten Endes aber entschieden, dass das geplante Windkraftwerk nicht gebaut werden kann. Fragen Sie mich jetzt nicht nach den Gründen. Jedenfalls hat das Landratsamt damals entschieden, dass das Windkraftwerk nicht gebaut werden kann.

In der Zwischenzeit haben wir, wie Sie wissen, eine neue Si tuation. Da gilt das, was ich Ihnen vorhin gesagt habe.

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Kaufmann von der SPD-Fraktion.

Herr Minister, Ihre Aussage, dass Ihnen das Urteil Rückenwind gibt, freut mich, aber es er

staunt mich auch. Sie haben doch alle Regionalpläne geneh migt; dafür sind Sie zuständig.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Eben!)

Sie haben alles durchgewinkt. Dabei sollten Sie prüfen. Ihre Aufgabe besteht doch darin, die Abwägungsprozesse nachzu vollziehen – es ist alles dokumentiert –, um sich damit ausei nanderzusetzen.

Sie laufen jetzt in die rechtliche Falle hinein, weil Sie mit die ser Schwarz-Weiß-Lösung Vorranggebiete schaffen und den Rest als Ausschlussgebiet definieren. Damit haben Sie nicht die Möglichkeit, so, wie wir das mit unserem Gesetzentwurf vorgeschlagen haben, einen Bereich als Vorranggebiet zu de finieren, einen Bereich als Ausschlussgebiet zu definieren, und dann bleibt ein anderer Bereich – ich sage jetzt einmal: ein Graubereich –, in dem eine Einzelfallprüfung vorgenommen wird. Da wird dann dezidiert für diesen Einzelfall entschie den. Damit wird auch nicht ein ganzer Regionalplan für nich tig erklärt.

Ich will noch einmal auf das Gerichtsurteil zurückkommen. Das Urteil hat Abwägungsfehler und Ähnliches in dem kon kreten Vorhaben festgestellt, aber es hat auch ganz zum Schluss, ab Seite 44, einige Grundsätze aufgestellt, die bei ei ner Bewertung zu berücksichtigen sind. Diese grundsätzlichen Bemerkungen kann man quasi als Handlungsanweisung ver stehen, wie Abwägungsprozesse generell zu erfolgen haben.

In den vorliegenden Abwägungsprozessen war es so – jeder, der bei der Diskussion in den Regionalverbänden beteiligt war, weiß das –, dass man zunächst einmal die harten Krite rien, die von der Landesregierung vorgegeben waren, berück sichtigt hat. Dann kamen der zweite und der dritte Suchlauf mit den weichen Kriterien. Da war es immer so, dass der öf fentliche Belang, der durch das Baugesetz vorgegeben ist, nämlich die Privilegierung der Windkraft, unter den Tisch ge fallen ist. Das alles ist weggewogen worden, und das hat na türlich dazu geführt, dass generell zu wenig Flächen ausge wiesen wurden.

Wie gehen Sie jetzt damit um? Das müssen Sie doch sagen. Überprüfen Sie die Regionalpläne alle noch einmal daraufhin, inwieweit das, was ich jetzt geschildert habe, zutrifft? Wenn beispielsweise der Bürgermeister dagegen war, dann ist die Fläche weggefallen. Wenn man gesagt hat, man sehe das Windkraftwerk von unten, dann ist es auch weggefallen. Da wurde eine ganze Menge fragwürdiger Kriterien aufgestellt, die alle das öffentliche Interesse und die gesetzlich vorge schriebene Privilegierung der Windkraft ausgehebelt haben. Deshalb ist es Ihre Aufgabe, wenn Sie durch das Urteil Rü ckenwind bekommen haben, der Sache noch einmal nachzu gehen. Ich frage: Wie gehen Sie konkret damit um? Stellen Sie alle Regionalpläne noch einmal auf den Prüfstand?

Eines sollte uns, Herr Kaufmann, nicht passieren, nämlich dass wir jetzt in eine end lose juristische Auseinandersetzung über die Frage kommen, welche Flächen geeignet bzw. zulässig und welche Flächen nicht geeignet sind. Eine solche juristische Diskussion möch te ich uns allen natürlich ersparen. Aber genau aus diesem Grund gehe ich daran, alle bisherigen Regionalpläne sozusa gen grundsätzlich infrage zu stellen,

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Aha!)

indem ich versuche, gemeinsam mit den Regionalverbänden neue, wichtigere, bessere Gebiete zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass die Teilpläne bezüglich der Windenergie – es geht ja nicht um die gesamten Regionalpläne;

(Zuruf: Doch!)

ich brauche nicht den gesamten Regionalplan über Bord zu werfen – unter der Fragestellung überprüft werden: Ist in der Vergangenheit – völlig unabhängig von der juristischen Aus einandersetzung – wirklich genug getan worden, um eine ent sprechend große und sinnvolle Anzahl von Gebieten mit aus reichender Windhöffigkeit auszuweisen? Wenn das nicht der Fall ist, dann rate ich unseren Regionalverbänden – das tue ich sehr intensiv –, dafür zu sorgen, dass die Windenergieplä ne, also diese Teilpläne, noch einmal überprüft und auf einen besseren Stand gebracht werden.

Ich will noch zwei weitere Bemerkungen machen. Zum einen haben wir im Jahr 2004 den Regionalverbänden sogenannte Hinweise gegeben, Hinweise darauf, wie man mit der ganzen Problematik umgehen kann. Nur am Rande gesagt: Einer un serer größten Gegner, wenn es um Windenergie geht, ist der Natur- und Landschaftsschutz. Es ist nun einmal so, dass das Land Baden-Württemberg mit Vorgaben überzogen ist. Hier eine Fläche zu finden, deren Nutzung erlaubt ist, ist nicht im mer ganz einfach.

(Zuruf der Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE)

Ich bin mit Frau Ministerin Gönner in intensiven Gesprächen darüber. Dabei soll es nicht darum gehen, dass die Vorgaben des Natur- und Landschaftsschutzes gewissermaßen über Bord geschmissen würden. Das kann nicht sein; das beruht ja alles auf Gesetzen, Verordnungen und Vorgaben. Wir sollten aber doch versuchen, im Interesse der Zielerreichung pragmatische Lösungen zu finden, die es uns erlauben, so, wie es in ande ren Bundesländern auch der Fall ist, beide Gesichtspunkte – Landschafts- und Naturschutz auf der einen Seite, Nutzung der Windenergie auf der anderen Seite – auf einen Nenner zu bringen. Das ist die eine Bemerkung.

Die zweite Bemerkung – ich sage das, weil Sie das Urteil noch einmal angesprochen hatten –: Wir hatten den Regionalver bänden damals Hinweise gegeben, wie sie mit der Problema tik der Abgrenzung, der Abwägung usw. umgehen sollen. Das Urteil – Sie hatten auf die Seite 44 verwiesen – hat ausdrück lich bestätigt, dass die Hinweise, die wir als Wirtschaftsmi nisterium an die Regionalverbände gegeben haben, sachge mäß waren. Wir haben also sicherlich keinen Fehler gemacht.

Fakt ist einfach – das will ich jetzt einmal sinngemäß wieder geben –, dass das Urteil besagt, der Regionalverband – in die sem speziellen Fall geht es um einen konkreten Regionalver band – sei seiner gesetzlichen Verpflichtung, der Nutzung der Windenergie Raum zu geben, nicht im gebotenen Umfang nachgekommen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Aus diesem Grund ist der entsprechende Teilplan nichtig und muss neu aufgelegt werden – es sei denn, es käme jemand auf die Idee, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Es ist aber noch offen, ob überhaupt Berufung möglich ist; das will ich jetzt auch gar nicht beurteilen.

Ich sage Ihnen nur: Die Stimmen, die ich bisher aus der Re gion Heilbronn-Franken gehört habe – auch aus dem Regio nalverband –, weisen eher in die Richtung, nicht in eine Be rufung zu gehen, sondern dafür zu sorgen, dass dieser Teilre gionalplan bezüglich der Windenergie neu und besser aufge stellt wird.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die bauen noch mehr! Schafft den Regionalverband ab!)

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Untersteller für die Fraktion GRÜNE.

Herr Minister, Sie haben von den Hinweisen gesprochen, die Sie an die Regionalver bände gegeben haben, und Sie haben davon gesprochen, dass Sie alle Teilpläne der Regionalverbände überprüfen wollten. Jetzt gebe ich Ihnen einmal das Beispiel des Regionalverbands Donau-Iller. Dieser fordert einen Mindestabstand zwischen Vorranggebieten von mindestens 5 km und begründet dies da mit, dass bei geringeren Abständen zwischen den Vorrangge bieten von einer massiven Überprägung der Landschaft aus gegangen würde.

Fragen Sie mich nicht, was damit gemeint ist.

Das weiß ich auch nicht.

Würden Sie sagen, dass ein Mindestabstand von 5 km zwischen Vorranggebieten mit Ihren Hinweisen, die Sie an die Regionalverbände gegeben haben, in Übereinstimmung steht? Würden Sie vor dem Hin tergrund des jetzigen Urteils nicht vielmehr sagen, dass es an gebracht wäre, solche Vorgaben zukünftig nochmals zu über denken, um hier zu einer vernünftigen Lösung zu kommen?

Herr Kollege Unterstel ler, was die Siedlungsabstände angeht

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Die Abstände zwi schen den Vorranggebieten!)

ja, okay – habe ich einmal überprüfen lassen, wie es z. B. in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz aussieht, nach dem Sie das Thema Rheinland-Pfalz auch immer anbringen. Es ist interessanterweise festzustellen, dass die Siedlungsab stände in Rheinland-Pfalz nicht kleiner sind als bei uns.

(Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Trotzdem hat Rheinland-Pfalz dreimal so viel Windkraft wie Ba den-Württemberg!)

Absolut richtig.

Um jetzt noch einmal auf Ihre Frage einzugehen: Das ist ge nau das, was ich meinte: Wir werden nur dann zum Ziel kom men, wenn wir uns nicht auf diese juristische Auseinanderset zung einlassen, sondern die Hinweise, die wir gegeben haben, die vom Gericht auch ausdrücklich für in Ordnung befunden worden sind, in dem Sinn weiterentwickeln, dass wir versu chen, pragmatisch Kompromisslinien zu finden zwischen den Bereichen Naturschutz, Landschaftsschutz, Lärm, Emissio nen und allem, was es auf der einen Seite gibt, und dem poli tischen Willen auf der anderen Seite, zu mehr Anlagen zu kommen.

Das ist eine Auseinandersetzung, die im Augenblick stattfin det. Das ist nicht ganz einfach. Ich kann Ihnen aber ankündi gen, dass wir im Sommer dieses Jahres mit einer Kabinetts vorlage auf diese Punkte eingehen werden. Wir werden natür lich auch entsprechende Konsequenzen aus dem Gerichtsur teil zu ziehen haben. Im Sommer dieses Jahres wird es also eine Kabinettsvorlage geben, die geeignet sein soll, die Fra gen zu beantworten, die Sie – meines Erachtens zu Recht – in Verbindung mit der Anregung gestellt haben, den Regional verbänden pragmatischere Hinweise zu geben, um in der Zu kunft zu besseren Ergebnissen zu kommen.

Für eine weitere Frage erhält Herr Abg. Kaufmann von der SPD-Fraktion das Wort.