Protocol of the Session on June 9, 2010

Tat und Wort müssen in Ihrer Verkehrspolitik in Einklang ge bracht werden. Das riesige Dilemma ist doch, dass bei Ihnen nicht das Erreichte als Erfolg zählt, sondern das Erzählte. Das ist mehr Märchenstunde als Verwaltungsrealität.

Wenn die Regierung Mappus mit dem Anspruch angetreten ist, mehr und Besseres für die Verkehrsinfrastruktur in BadenWürttemberg herbeiführen zu wollen, dann stellen wir mit Be dauern fest: Das ist kläglich gescheitert. Mappus ist keine Dampfmaschine, sondern ein Dampfplauderer.

Vielen Dank fürs Erste.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Razavi das Wort.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt wird wieder zur Sache gesprochen!)

Herr Präsident, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Die Verkehrsinfrastruktur ist eine ganz zentrale Säule für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Ich glaube, außer den Grünen werden diesen Satz alle Frakti onen in diesem Haus mit Freude unterschreiben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Aber das, was Sie, Herr Haller, hier heute vergießen, ist schon ein ganzer See von Krokodilstränen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Er hat die Wahrheit ge sagt!)

Das ist eigentlich schon schlimm.

Zunächst einmal zur Sache: Klar ist, dass Baden-Württem berg als stärkster Wirtschaftsstandort und gemessen an seiner Verkehrsbelastung seit Langem viel zu wenig Geld für den Bau und Erhalt der Bundesfernstraßen erhält, vor allem auch deswegen, weil wir von den Verkehrsprojekten Deutsche Ein heit nicht profitieren konnten.

Aber unabhängig von der Couleur der Bundesregierung ha ben die Regierung im Land und vor allem auch die CDU-Frak tion immer vor den Folgen gewarnt, wenn zu wenig in den Bundesfernstraßenbau investiert wird, und wir haben vom Bund immer gefordert, dass die Investitionen dem Bedarf in unserem Land gerecht werden müssen.

Klar ist aber auch, dass das Finanzierungssystem nach Kas senlage insgesamt falsch ist. Herr Haller, ich halte von diesem Schwarzer-Peter-Spiel in dieser Debatte wirklich nichts,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das haben Sie doch jah relang gemacht! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

weil es uns keinen Schritt weiterbringt, aber – zuhören! – wenn die SPD es schon will, dann lassen Sie uns doch einmal genau hinsehen. Deswegen nenne ich drei Beispiele für die Schieflage im Straßenbau.

Sündenfall Nummer 1: Zwischen 1998 und 2005 haben wir vom Bund so wenig Geld bekommen, dass der Aus- und Neu bau von Bundesfernstraßen im Land weitgehend zum Still stand kam. Das ist kaum aufzuholen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Unter Rot-Grün gab es mehr als vorher! – Abg. Reinhold Gall SPD: Das wis sen wir doch, was Sie sagen! – Zuruf des Abg. Jür gen Walter GRÜNE: Unter Wissmann gab es weni ger als unter Rot-Grün!)

Abwarten, Herr Walter, abwarten.

(Unruhe bei der SPD und den Grünen – Abg. Dieter Hillebrand CDU zu SPD und Grünen: Hört doch ein mal zu! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Das wissen wir doch schon, was sie sagt!)

Darf ich weiterreden?

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Gern!)

Sündenfall Nummer 2: Unter dem Stichwort „Rasen für die Rente“ werden Einnahmen aus der Ökosteuer – hört, hört! – seit dem Jahr 1999 zur Finanzierung der Rente eingesetzt.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr guter Vorschlag!)

Sündenfall Nummer 3: Statt wie geplant die Einnahmen aus der Lkw-Maut zusätzlich für den Straßenbau zu verwenden, wurde der Verkehrshaushalt im Jahr 2005 um eben die Höhe dieser Einnahmen reduziert. Das Ganze war also ein Nullsum menspiel.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wer regiert denn seit 2005?)

Zudem ist bis vor Kurzem ein großer Teil der Mauteinnahmen ebenfalls anderweitig eingesetzt worden, statt dem Straßen bau zur Verfügung zu stehen. Bundesverkehrsminister Ram sauer hat dies zum Glück jetzt endlich korrigiert.

(Beifall des Abg. Albrecht Fischer CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Jetzt frage ich Sie: Wer hatte denn im Bund in diesen Jahren die Verantwortung für die Verkehrspolitik in der Republik?

(Abg. Stephan Braun SPD: Ich weiß, wer die Richt linienkompetenz hatte!)

Alle diese Verkehrsminister gehörten der SPD an.

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Aha!)

Nächste Frage: Wer in diesem Land hat all dies im Gegensatz zur CDU unwidersprochen und schweigend geschehen las sen? Das waren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Richtig! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜ NE)

Wenn sich also hier im Land jemand Tatenlosigkeit vorwer fen lassen muss, dann ist das die SPD. Ich sage es noch ein mal: Die Kokodilstränen, die Sie heute vergießen, sind schon sehr groß.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Richtig!)

Im vergangenen Jahr hat Baden-Württemberg nun endlich deutlich mehr Straßenbaumittel vom Bund bekommen. Das hat uns gutgetan. Trotzdem bleibt der riesige Nachholbedarf.

Deshalb sind die Kürzungen in diesem Jahr schmerzhaft. Wir wissen, dass wir in den kommenden Jahren mit weiteren Kür zungen rechnen müssen. Wir wissen aber auch, dass es der Hartnäckigkeit der Landesregierung und der Ministerin zu verdanken ist, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Aber, Herr Haller, wir bekommen in diesen Jahren mehr Geld vom Bund als in den Jahren, in denen Ihre SPD-Kollegen das Verkehrsministerium geführt hatten. So viel gehört zur Ehr lichkeit dazu.

Die Landesregierung kann sich auf eines verlassen, nämlich darauf, dass die CDU-Fraktion sie auch künftig voll dabei un terstützen wird, wenn sie mehr Geld vom Bund für unsere Straßen fordert.

Trotzdem – jetzt wird es entscheidend –: Forderungen allein, Herr Haller, reichen eben nicht aus. Es müssen auch Lösungs konzepte auf den Tisch. Deshalb erinnern mich solche Dis kussionen wie heute so ein bisschen an das Spiel „Faules Ei“: Die SPD hat ein Problem erkannt, wirft es anderen vor die Fü ße und macht sich aus dem Staub, weil sie keine Antwort weiß. So treten wir aber auch in den kommenden Jahren auf der Stelle. Sie sind wie schon in der Vergangenheit weiterhin konzeptionslos, und das ist eigentlich das Schlimme an der Verkehrspolitik der SPD.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Um jetzt die Frage des Kollegen Walter zu beantworten: Lie ber Herr Walter, Sie haben vorhin gefragt, ob die SPD jetzt die bessere CDU sei. Ich kann Sie beruhigen: ganz gewiss nicht. Denn unsere Haltung war immer klar. Erstens: Es ist ungerecht, dass die Kosten für das Autofahren so hoch sind, das Geld aber nicht im Straßenbau, sondern im allgemeinen Haushalt landet. Dafür hat niemand Verständnis.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Dann ändert es doch! Nur Sprüche! – Weitere Zuru fe)

Darauf komme ich gleich.

Zweitens: Der Bau von Straßen nach Haushalts- und Kassen lage hat keine Zukunft und führt uns ins Abseits.

(Abg. Reinhold Gall SPD: So macht ihr es auch im Landesstraßenbau! Alles Sprüche!)

Drittens – jetzt bitte zuhören –: Wir brauchen ein System, in dem Straße Straße finanziert und damit Geld zweckgebunden und verlässlich für den Straßenbau zur Verfügung steht. Wir müssen endlich alternative Finanzierungskonzepte umsetzen. Erst dann wird sich die Straßeninfrastruktur im Land dauer haft verbessern. Dazu gehört Mut. Wir haben den, und wir la den Sie herzlich dazu ein, uns dabei zu unterstützen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Reinhold Gall SPD: Was habt ihr bisher gemacht? Nichts habt ihr gemacht! Sprüche sind es!)