Protocol of the Session on May 6, 2010

Ich habe einen.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Ehrlich?)

Ja. Den hat mir jemand unter den Scheibenwischer meines Autos in der Tiefgarage geheftet.

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Werner Pfisterer CDU: Schön!)

Da fragt man sich schon, warum das jetzt ganz auf die Schnel le geregelt werden muss. Ich habe ein bisschen den Verdacht, dass hier vielleicht ein Klinikdirektor Gewehr bei Fuß steht, um private Externe mit einer Aufgabe zu betrauen,

(Zuruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP – Abg. Werner Pfisterer CDU: Der muss die Waffe abgeben!)

und dass die Regierung gleich freundlicherweise hergeht, um rasch die Rechtsgrundlage dafür zu schaffen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, kom men Sie bitte zum Ende.

Ja. – Letzter Satz: Was wir hier vor uns haben, ist eine Einzelfallregelung per Gesetz.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Stimmt ihr zu, oder was?)

Wir haben seit Langem kein geschlossenes gedrucktes Kom pendium mit allen einschlägigen Hochschulgesetzen mehr. Deshalb sollte unser Parlament das zum Anlass nehmen, hier mehr Selbstbewusstsein aufzubieten und die Regierung auf zufordern, solche Impulse zur Gesetzgebung zu unterlassen, sich von Falllösungsgesetzen, wie wir jetzt wieder eines vor finden, zu verabschieden und sich wieder auf den allgemei nen Regelungscharakter, die Verlässlichkeit und die Bestän digkeit von Gesetzen zu besinnen.

(Abg. Elke Brunnemer CDU: Das ist aber ein langer letzter Satz!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Bauer das Wort.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aber jetzt bitte zur Sa che sprechen! – Gegenruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Das macht Frau Bauer immer! – Abg. Al brecht Fischer CDU: Machen Sie es kurz!)

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Sie haben sich wahrscheinlich auch ge fragt: Was hat die Einführung der Teilzeitprofessur mit der neuen Servicestelle „Stiftung für Hochschulzulassung“ zu tun,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Alles Verbesserungen! Das ist doch klar! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/ DVP: Alles Verbesserungen!)

mit der Festlegung von forensischen Spurenanalysen und Lei chenöffnungen als Dienstaufgabe der Leiter der rechtsmedi zinischen Institute an den Universitätsklinika? Und was hat das wiederum damit zu tun, dass nun eine Hinwirkungspflicht gegeben sein soll, damit der Rechnungshof künftig auch bei Unternehmensbeteiligungen von Universitätsklinika relevan te Prüfungsrechte besitzt? Oder in welchem Zusammenhang steht dieses Thema damit, dass man künftig bei den gesetz lich vorgesehenen flächendeckenden Aufnahmeprüfungen für Studienbewerber in Fächern mit einem lokalen NC Ausnah men beim Ministerium beantragen darf, so es denn eine Ge nehmigung gibt? Oder was hat das wiederum damit zu tun, dass sich die Fachhochschulen künftig „Hochschulen für an gewandte Wissenschaften“ nennen dürfen oder dass man Tei le von Universitätsklinika privatisieren kann

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sind Sie jetzt dafür oder dagegen?)

oder leichter privates Kapital in die Universitätsklinika ein bringen kann? Und was hat das alles damit zu tun, dass der Zugang von beruflich Qualifizierten in die Hochschulen ver bessert werden soll? Letzteres beinhaltet der Titel des Gesetz entwurfs.

Die Antwort lautet: Nichts, außer dass die Aspekte, die ich hier erwähnt habe – es waren nicht alle; es war nur ein Teil davon, ein Auszug aus den verschiedenen Artikeln dieses Ge setzes –,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Bitte nicht weiter aus führen!)

alle in einem Gesetz stehen, und zwar ohne irgendeinen inne ren Sinnzusammenhang.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist nichts Neues! – Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Doch! Alles Hochschule! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Sie unterschätzen das Wissenschaftsministerium!)

Ein solches Sammelsurium, das uns da vorgelegt wurde, soll te wirklich keine Schule machen. Man hat den Eindruck, da wurde großer Kehraus gemacht, und alle unerledigten Aufga ben

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aber, Frau Kollegin, jetzt einmal zur Sache!)

und alle Punkte, die korrigiert werden mussten, die heimlich, leise und unauffällig nachgebessert werden mussten, wurden

gemeinsam in ein Gesetz hineingesteckt. Man hat den Ein druck, da hat jemand seinen Schreibtisch aufgeräumt

(Abg. Albrecht Fischer CDU: Das ist doch positiv! Das ist sehr positiv!)

und dabei – wie das so ist, wenn man einen Schreibtisch auf räumt – ein paar „Leichen“ gefunden. Die mussten auch noch mit entsorgt werden – und alles Unerledigte gleich mit.

(Zurufe der Abg. Dr. Klaus Schüle CDU und Dieter Kleinmann FDP/DVP)

So ein Durcheinander habe ich in einem Gesetz noch nicht ge sehen. Ich weiß nicht, ob es das Chaos in Ihrem Haus, Herr Minister, oder ob es Kalkül war, weil man dadurch etwas ver stecken wollte – wie auch immer.

Am merkwürdigsten finde ich das Thema Universitätsklini ka. Kollegin Haller-Haid sagte es gerade: Die Spatzen pfei fen es von den Dächern, und man bekommt entsprechende Pa piere zugesteckt, wonach ein großer Wurf zur Reform des Universitätsklinika-Gesetzes mit neuen Leitungsstrukturen, mit einer teilweisen Entmachtung der Vorstände der Univer sitätsklinika – woran auch immer dabei gedacht wird – in Pla nung ist und vorbereitet wird. Wenn man schon darangeht, dann muss man doch jetzt nicht in einer Salamitaktik Teile der Reform in ein solches „Sammelsuriumgesetz“ schreiben. Dies ist kein guter Stil und sollte in Zukunft unterbleiben.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Deshalb möchte ich bei dieser Gelegenheit sagen: Die vielen Details, die angeschnitten wurden, kann man bei den Bera tungen im Wissenschaftsausschuss gern noch im Einzelnen anschauen und bewerten.

An dieser Stelle möchte ich nur zu zwei Punkten kurz etwas sagen. Erstens komme ich zum Thema „Aufnahmeprüfungen für Studienbewerber“, bei dem die Landesregierung klamm heimlich zurückrudert. Sie räumen jetzt ein: Wenn der Auf wand allzu groß ist und in keinem Verhältnis zum Ertrag steht, dann darf eine Hochschule beim Wissenschaftsministerium einen Antrag stellen und fragen, ob sie auf die Durchführung der Prüfung verzichten darf.

Die FDP/DVP applaudiert dabei auch noch.

(Zuruf des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Das ist wirklich ein Rückfall in die alten Zeiten, in denen das Ministerium in Hochschulfragen über alle Details entschei den konnte. Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, wie man einer solchen Lösung zustimmen kann.

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: So viel zum Thema Bü rokratieabbau! – Gegenruf: Demokratieabbau! – Zu ruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Bezüglich der Aufnahmeprüfungen gibt es nur eine geschei te Lösung, weil die Prüfung nichts anderes als eine zusätzli che Hürde für die Studienbewerber und zusätzliche Arbeit für die Hochschulen wäre, für die sie kein zusätzliches Geld se hen. Diese Lösung besteht schlicht und ergreifend in einer er satzlosen Streichung dieser Regelung.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Es sollte in die Freiheit der Hochschulen gestellt werden, dort, wo sie es für sinnvoll und nötig halten, eine Aufnahmeprü fung zu machen – diese Kompetenz haben sie auch schon heu te.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Da kommt der aka demische Hochmut zum Tragen!)

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Aufnah meprüfungen ist völlig überflüssig. Sie können sie ersatzlos streichen. Das ist die schlankste Lösung.

Die zweite Anmerkung bezieht sich auf das Thema „Zugang von beruflich Qualifizierten zu unseren Hochschulen“. Ich fin de, mit diesem Gesetz ist in der Tat ein Schritt in die richtige Richtung gemacht.

(Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Viele Schritte!)

Schon vor einer Weile hatten wir Grünen dies beantragt und abgefragt. Wir freuen uns, dass die Beschlüsse der Kultusmi nisterkonferenz mit diesem Gesetzentwurf umgesetzt werden. Mit einer solchen Regelung erreicht Baden-Württemberg zu mindest auf der gesetzlichen Ebene den bundesweiten Durch schnitt. Dann sind die Standards in Ordnung. Baden-Würt temberg schließt damit auf, nachdem das Land bislang erheb lich im Rückstand war. Sowohl im Vergleich zu anderen Bun desländern als auch im internationalen Vergleich ist der Zu gang beruflich Qualifizierter zum Hochschulwesen bislang nicht wirklich gut.

Jetzt werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass der Zugang erleichtert wird. Das ist richtig. Allerdings ist die Kul tur der Ausgrenzung bzw. des Abschottens gegen beruflich Qualifizierte – da bin ich mir ganz sicher – damit noch lange nicht gebrochen. Man wird sicher ein sehr wachsames Auge haben müssen und sehr genau darauf achten müssen, ob die gesetzlichen Regelungen, die eingeführt werden, wirklich zu einer neuen Praxis führen.