In Baden-Württemberg sind die Steuereinnahmen 2009 ge genüber 2008 um etwa 4 Milliarden € eingebrochen. Inner halb eines Jahres sind die Steuereinnahmen in Baden-Würt temberg also um 4 Milliarden € gesunken, und noch immer zahlen wir über 1,6 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich ein. Das kann nicht richtig sein, meine Damen und Herren.
Wir finanzieren über den Länderfinanzausgleich die Standort politik der anderen Bundesländer, die uns Konkurrenz machen
und auf unsere Kosten den beitragsfreien Kindergarten ein führen und die Studiengebühren abschaffen. Das kann nicht so bleiben. Auch das ist ein Standortfaktor, auch das ist ein zentrales Thema für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Eine Volkswirtschaft ist nur so stark, wie sie Krisen bewältigt. Das abrupte Ende des globalen In vestitionsbooms, das Tempo und das Ausmaß des weltwirt schaftlichen Nachfrageeinbruchs haben unsere exportorien tierte Wirtschaft mit dem Fahrstuhl in den Keller gezogen. Noch nie in der Wirtschaftsgeschichte unseres Landes haben wir eine Rezession dieses Ausmaßes erlebt. Wer geglaubt hat, dass die Landesregierung in Pessimismus und Handlungsun fähigkeit verharrt, sah sich getäuscht. Wir sind die Treppe wie der hochgestiegen.
Die Anzeichen für den Konjunkturaufschwung im Land ha ben sich in den letzten Monaten fühlbar verbessert. Der Kon junkturklimaindex legte deutlich zu. Die meisten Unterneh men sind optimistischer und bewerten zu Beginn dieses Jah res ihre aktuelle wirtschaftliche Lage deutlich besser. Zu Eu phorie besteht kein Anlass. Wir haben in der Zeit der Krise ei nen kühlen Kopf bewahrt, und wir werden jetzt, wenn es wie der aufwärtsgeht, nicht abheben. Die Tragfähigkeit des Auf schwungs muss sich erst noch beweisen.
Klar ist: Die Impulse kommen nicht aus dem Binnenmarkt. Es sind die Nachfrageimpulse aus den asiatischen Märkten, die sich konjunkturell noch schneller erholt haben. Es ist ein nicht ausrottbarer Irrglaube, dass ein schwacher Euro die Ex portchancen erhöhe. Das ist falsch. Es ist nur die Weltkon junktur.
Die Kritik der OECD, die deutsche Exportstärke verursache Spannungen, ist Neidgeschwätz. Nur finanziell solide und in ternational wettbewerbsfähige Mitgliedsstaaten und Regionen können Europa aus der Schuldenkrise führen. Die Weltwirt schaftskrise der Dreißigerjahre führte zur Abkehr von der Glo balisierung. Abschottung und Protektionismus endeten damals wirtschaftlich und politisch in einem Desaster. Für uns ist die Weltwirtschaftskrise eine Chance. Wir nutzen sie.
Auch wenn es die Opposition nicht wahrhaben will: Die Grundlage für den Aufschwung hat die CDU bereits in der so zialen Marktwirtschaft gelegt, die unsere Partei gegen große Widerstände in Deutschland verankert hat.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Das Heidelberger Programm von 1925 ist die Grundlage! – Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Fünfzigerjahre!)
Damit haben wir unserem Land nicht nur Wohlstand und so ziale Sicherheit ermöglicht, sondern auch wettbewerbsfähige Unternehmen, die sich auf dem Weltmarkt durchsetzen. Hät ten sich andere Länder an Ludwig Erhards Prinzipien orien tiert, wäre uns manche Fehlentwicklung erspart geblieben.
Der ungezügelte Finanzmarkt, gepaart mit einer laxen Geld politik der Notenbanken, führte zu einer Marktdynamik, die Freiräume für Habgier und Spekulationen eröffnete.
In unverantwortlicher Weise hat die Politik in den USA die Risiken der Niedrigzinspolitik ignoriert. Selbst Walter Eucken, der Begründer des Ordoliberalismus, hat vor mehr als einem halben Jahrhundert als marktwirtschaftliche Ordnungspolitik gefordert: Preise müssen Knappheitssignale sein. Dies schließt eine inflationstreibende Politik des billigen Geldes aus.
Wir setzen auf einen soliden Ordnungsrahmen und auf indi viduelle Verantwortung im Land. Das entschlossene Handeln der Bundesregierung und unserer Landesregierung im Herbst 2008 hat das Schlimmste verhindert. Innerhalb von wenigen Tagen haben Bund und Land Maßnahmen getroffen, über die wir heute sagen können, sie haben Deutschland und BadenWürttemberg vor großem Schaden bewahrt.
Im Augenblick der Not muss der Staat einspringen, aber nur dann. Es wäre ein Fehler, wenn wir die Rolle des Staates so verstünden, dass wir ihm auf Dauer immer neue Aufgaben übertragen. Wir glauben an die Verantwortungsbereitschaft unseres Mittelstands. Ohne ihn werden Arbeitsplätze nicht ge schaffen.
Wir bedanken uns bei allen Unternehmen, die in der Krise zu ihren Mitarbeitern gehalten haben, die Kurzarbeit hinnehmen und eine schwere Zeit durchmachen mussten.
Allen Prognosen zum Trotz: Die Arbeitslosenzahlen sind auf dem Rückmarsch. Die Arbeitslosenquote betrug im März nur noch 5,4 %. Der Bedarf an Fachkräften ist nach wie vor hoch. Die Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg ist die nied rigste im ganzen Bundesgebiet.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Rothaus-Brau erei! Die Rothaus-Brauerei ist die erfolgreichste Brauerei! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ausnahmen bestätigen die Regel!)
Staatswirtschaften schaffen keinen Wohlstand, sondern neh men den Menschen die Freiheit. Darum lehnen wir es ab, dass der Staat unternehmerische Entscheidungen an sich zieht. Un sere Aufgabe ist es, die Selbstheilungskräfte der Wirtschaft neu zu wecken. Der Staat muss den Markt organisieren. Wir unterstützen die Erholung unserer Wirtschaft durch eine
wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik. Wir stehen für einen soliden Haushalt. Wir schaffen die finanziellen Rahmenbedin gungen sowie Planungssicherheit für unsere Unternehmen, und wir stärken die Innovationskraft unserer Wirtschaft.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist ein Besinnungs aufsatz und kein Debattenbeitrag! – Abg. Peter Ho felich SPD: Geht es noch ein bisschen allgemeiner?)
Aber wir befähigen die Wachstumskräfte im Land. Mittelstand und Handwerk sind dabei die zentralen Akteure, mit denen wir die Ziele des Konjunkturpakets und des Infrastrukturpro gramms des Landes verwirklichen. Staatliche Ausgabenpro gramme sind nur kurzfristig nachfragewirksam. Wir werden daher den Haushalt konsolidieren und spätestens im Jahr 2012 zur Nullverschuldung zurückkehren.
Unser ehemaliger Ministerpräsident Günther Oettinger hat trotz Widerständen dafür gekämpft, dass die Schuldenbrem se im Grundgesetz verankert wird. Sie ist ein Gebot der Ver nunft und der Generationengerechtigkeit. Je größer die Erfol ge bei der Haushaltskonsolidierung sind, desto größer sind die staatlichen Gestaltungsspielräume.
Die Krise wird zuallererst von den Menschen bewältigt, die unser Land durch ihren Fleiß, ihre Arbeit und ihren Einsatz voranbringen. Für alle, die unternehmerisch tätig sind, tun wir alles, um Kredit- und Liquiditätsengpässe zu vermeiden.
In Krisenzeiten steigt der Risikozuschlag; das ist normal. Gro ße Konzerne können die Engpässe mit Anleihen überwinden; mittelständischen Unternehmen ist dieser Weg versperrt. Si cher können der Mittelstandsfonds und die Sondermittel der KfW helfen. Aber im Land tun wir noch mehr. Wir stärken die Eigenkapitalbasis unserer Unternehmen und stocken den Fonds der L-Bank für Mezzanine-Kapital um 100 Millionen € auf. Im gleichen Schritt erhöhen wir den Mittelstandsfonds der landeseigenen Eigenkapitalagentur um 150 Millionen €.
Im letzten Jahr gewährten die Bürgschaftsbank 2 300, die L-Bank 70 und der Wirtschaftsausschuss 40 Bürgschaften mit einem Gesamtwert von 660 Millionen €. Noch immer stehen uns Mittel für Bürgschaften zur Verfügung. Kein anderes Land hat ein vergleichbar erfolgreiches Liquiditätshilfeprogramm starten können. Das war möglich, weil wir nach zwei Jahren Nullverschuldung auch die Reserven dafür besaßen.
Neben dem Seedfonds haben wir ein Starthilfeprogramm für sogenannte Mikrokredite aktiviert. Die Mindestdarlehenssum me liegt hier bei 2 500 €.
Wir setzen alles daran, Investitionen zu fördern, und wir wer den alles tun, um die Bürgerinnen und Bürger zu entlasten.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso klatscht die CDU bei „Steuersenkung“?)
Die CDU redet keiner Steuersenkungsorgie das Wort. Aber wenn substanzbesteuernde Elemente wie die Zinsschranke oder gewerbesteuerliche Hinzurechnungen die Existenz un serer Unternehmen, unseres Mittelstands bedrohen, machen wir etwas falsch.
Wir müssen das Vertrauen in die Finanzmärkte stabilisieren und dürfen den Banken die Kreditvergabe nicht durch enge Eigenkapitalvorschriften erschweren. Für mich ist die konse quente Umsetzung der Beschlüsse des G-20-Gipfels in Pitts burgh unverzichtbar. Wir brauchen eine weltweit enge Koope ration der Finanzaufsicht, ein Frühwarnsystem, eine globale Harmonisierung der Eigenkapitalanforderungen und keine Verschärfung von Basel II, sonst gefährden wir die wiederge wonnene Stabilität. Wir müssen weg von Ratingagenturen mit ihren angelsächsischen Denkmustern und müssen eigene, um lagefinanzierte Agenturen aufbauen, die von der Finanzauf sicht zertifiziert werden.
Unsere Wachstumsmotoren sind die Innovationsfähigkeit der Unternehmen, unsere industrielle Kompetenz und unsere Fä higkeit, Produktion und Dienstleistung zu neuen Lösungen zu verbinden. Bei vier Exzellenzuniversitäten im Land ist die Wahrnehmung einer solchen Aufgabe leichter. Wir werden den Schulterschluss zwischen Forschung und Industrie noch enger gestalten. Unternehmen müssen auf den Campus und integraler Bestandteil in unseren Clustern für die Forschung werden.
Kleinere Unternehmen werden mit Innovationsgutscheinen und Innovationsassistenten unterstützt. Auch sie sind Teil des Netzwerks Wissenstransfer. Unsere Wirtschaftsstruktur und unser Arbeitsmarkt sind stark vom Maschinenbau und der Au tomobilindustrie geprägt. Jeder sechste Arbeitsplatz hängt da ran. Noch sind wir weltweit führend beim Bau von herkömm lichen Verbrennungsmotoren. Ein Strukturwandel zu neuen Mobilitätskonzepten zeichnet sich ab. Dieser wird den gesam ten Prozess und die Wertschöpfungskette des Automobilbaus verändern.