Protocol of the Session on April 14, 2010

Der Vorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft hat das Ganze – der Begriff ist heute schon gefallen – als „Eiertanz“ bezeichnet.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Da hat er recht!)

Ich meine, das ist noch sehr höflich und diplomatisch ausge drückt. Jedenfalls stellen wir hier fest: Das Recht, die Durch setzungsfähigkeit des Rechtsstaats, wird zur Knetmasse der Parteipolitik. Ich finde, das ist in dieser Sache einfach unwür dig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich will hier noch einmal zwei Aspekte hervorheben, nämlich die Frage der Rechtskultur und die Frage der strafrechtlichen Zuständigkeit bei Ihrer „Steuer-CD“ und ihren finanziellen Folgen, und am Ende mache ich Ihnen gern noch einen Vor schlag, wie wir zu etwas mehr Geld im Steuersäckel kommen können.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Steuern er höhen!)

Herr Minister Goll und Herr Ministerpräsident Mappus sagen, der Ankauf der „Steuer-CD“ sei rechtlich problematisch. Man kann – bei Juristen ist das vielleicht so – dieser Meinung sein, aber unser Finanzminister teilt diese Meinung nicht. Der Bun desfinanzminister sagt auch, es sei nicht problematisch.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das sagen viele!)

Meine Meinung ist vielleicht nicht so wichtig, aber auch ich sage, es ist nicht so problematisch, und viele andere tun dies auch.

Aber wenn Sie sagen, es sei rechtlich problematisch, und wenn Sie Regierungsverantwortung haben – ob wie Sie in Ba den-Württemberg oder in Berlin –, dann schaffen Sie die Rechtstatbestände. Machen Sie eine Gesetzesvorlage, die ge nau dies ermöglicht! Dann haben wir dieses Problem vom Tisch.

(Zuruf von der CDU: Genau das machen wir!)

Aber man muss handeln und nicht nur lamentieren und her umquatschen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben das im Übrigen bereits vor zwei Jahren im Zusam menhang mit der „Steuer-CD“ aus Liechtenstein eingefordert.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Genau so ist das!)

Wenn Sie nun aber diese meines Erachtens falsche Rechtsauf fassung haben, dann sollten Sie sie auch durchhalten. Ich will es Ihnen an einem Beispiel erläutern. Sie haben ein Vorkaufs recht beim Kauf eines Autos. Jetzt verbieten Sie der Landes verwaltung, es zu kaufen, weil Sie sagen, das Auto könnte ge stohlen sein. Gleichzeitig stiften Sie aber andere an, dieses vermeintlich gestohlene Auto zu kaufen. Warum machen Sie das? Sie machen es, weil Sie das Auto fahren wollen.

(Abg. Ingo Rust SPD: So ist es!)

Sie wollen fahren. Aber dann fahren Sie wiederum schlecht. Ich frage mich bei diesem Thema: Woher haben Sie den Füh rerschein? Vermutlich haben Sie ihn in der Lotterie gewon nen.

(Beifall und Heiterkeit bei den Grünen und Abgeord neten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Die Grünen reden vom Autofahren wie der Blinde von der Farbe!)

Bei diesem Thema erwarten wir, dass sich eine Landesregie rung zum Anwalt des Guten macht. Sie aber, Herr Goll und Herr Ministerpräsident Mappus, agieren nicht als Anwälte des Steuergeheimnisses, sondern als Anwälte des Steuersünder geheimnisses. Damit haben Sie sich profiliert. Vor allem ha

ben Sie hierzu den Finanzminister – er hat es vorhin selbst zu gegeben – mit einer Fußfessel versehen. Sie legen also nicht dem Steuersünder, dem Verbrecher, die Fußfessel an, sondern demjenigen, der die Steuern einziehen und der dieses Verbre chen eigentlich ahnden soll. So weit sind wir in Baden-Würt temberg inzwischen gekommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Natürlich sind Sie im Bundesrat völlig zu Recht mit Ihren An trägen gescheitert. Die anderen Bundesländer haben Ihnen zu einer Bauchlandung verholfen; denn sie haben gemerkt: Recht ist in Baden-Württemberg nur die Knetmasse der Parteipoli tik, und so etwas geht natürlich nicht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Genau so ist es!)

Zur strafrechtlichen Auswertung dieser Daten: Sie haben die se CD nicht ankaufen wollen.

(Abg. Ingo Rust SPD: Aber das Geld nehmen sie trotzdem! Das ist ihnen egal!)

Andere haben diese CD angekauft, etwa Nordrhein-Westfa len, und sie haben im Fall dieser Liechtenstein-CD, weil eine Strafverfolgung stattgefunden hat, einschließlich der Bußgel der etc. immerhin 25 Millionen € eingenommen. Weil Sie die se CD nicht ankaufen wollen, verlieren wir in Baden-Würt temberg doch exakt solche Summen für unseren Landeshaus halt. Wir hören und wissen, dass wir große Haushaltslöcher haben. Dieses Geld bräuchten wir doch eigentlich. Durch die sen rechtlichen Eiertanz werden wir diese Gelder jedoch wei terhin verlieren.

Nun behauptet die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage von mir, dass die Strafverfolgung an die Wohnsitzländer zurückgegeben werde. Wir haben es in den Zeitungen gelesen: Es tauchen überall Fahrzeuge mit Bochu mer Kennzeichen auf. Die Bochumer Staatsanwaltschaft macht also auf jeden Fall ihren Job, anders als die Staatsan waltschaft hier in Baden-Württemberg.

Ich will mit einem Vorschlag dazu schließen, wie wir unsere Einnahmensituation verbessern können. Wir schlagen Ihnen vor – der entsprechende Antrag Drucksache 14/6088 ist von der Landesregierung leider noch nicht mit einer Stellungnah me beantwortet worden –, dass alle Bundesländer – alle! – in Stufen bis zum Jahr 2015 die Zahl ihrer Steuerfahnder und ih rer Betriebsprüfer um 15 % erhöhen und auch die Qualität der Arbeit verbessern. Davon profitiert die Steuergerechtigkeit. Davon ist, sofern das alle machen, der Länderfinanzausgleich nicht betroffen. Wir würden dabei also nicht draufzahlen, wie immer wieder behauptet wird. Wir können nach unseren Be rechnungen ab dem Jahr 2015 etwa 400 Millionen € jährlich an zusätzlichen Steuereinnahmen für das Land Baden-Würt temberg hereinholen. Angesichts dessen, dass wir tatsächlich gravierende Steuerausfälle haben, sollten wir diesen Schritt jetzt auch endlich tun.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Ursula Haußmann SPD: Sehr gut!)

Da wir das Geld brauchen, benötigen wir doch zumindest Ide en, wie wir diese Mittel hereinholen können – es sind ja Steu ereinnahmen, die uns bereits rechtmäßig zustehen.

Sie, Herr Ministerpräsident, lamentieren, Sie jammern über Haushaltslöcher, die möglicherweise auf uns zukommen und bei der nächsten Steuerschätzung sichtbar werden. Wir haben diese Haushaltslöcher bereits nach der Steuerschätzung vom Mai 2009 erkannt und Sie auf diese hingewiesen. Wenn die se Wahrheit nun auch bei Ihnen angekommen ist, dann ist es mit dem Lamentieren vorbei. Wir fordern Sie auf: Handeln Sie, und handeln Sie auch so, wie es dem Antrag der Kolle gen von der SPD in Bezug auf die „Steuer-CD“ entspricht. Seien Sie etwas konsequenter bei der Beitreibung der Steuer gelder. Ich sage Ihnen: Jammern allein hilft nichts.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Wet zel.

Herr Präsident, mei ne sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben über die rechtlichen und die rechtsstaat lichen Rahmenbedingungen des Ankaufs illegal erlangter Steuerdaten bereits im vergangenen Februar gesprochen. Seit her hat sich an der Situation nichts verändert.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das Ding liegt in Ber lin!)

Meine Position dazu hat sich ebenfalls nicht verändert. Wir leben in einem Rechtsstaat, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Diese Tatsache blenden Sie bei Ihrer Diskussion schlicht und ergreifend aus.

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Reinhold Gall SPD: Unfug!)

Bei diesem Thema ist Ihnen der Rechtsstaat schlicht und er greifend wurst, und zwar ganz einfach nach dem Motto: Der Zweck heiligt die Mittel – Ende, Punkt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Nichts Punkt!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Steuerhinterziehung ist ein Unrecht. Steuerhinterzieher sind Straftäter, die mit rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden müssen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

In einem Rechtsstaat haben die Bürger die Gesetze einzuhal ten, aber auch der Staat muss die rechtlichen Vorgaben, die er selbst geschaffen hat, einhalten.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Die Bundesregierung auch!)

In einem Rechtsstaat sind alle an Recht und Gesetz gebunden: die Politiker, die Behörden und die einzelnen Bürger.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wollen Sie Frau Mer kel vorwerfen, dass sie bewusst die Regeln des Rechtsstaats bricht?)

Wenn Frau Merkel das anders sieht, dann ist das ihr Pro blem. Wir sind hier in Baden-Württemberg und halten die Re geln des Rechtsstaats ein.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, genau das gilt für alle Verbrecher, die wir verfolgen wollen, auch für Steuersün der. Auch beim Aufspüren von Steuerdelikten heiligt der Zweck die Mittel nicht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Lügen, ohne rot zu werden! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Die meisten Lügner sind rot! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP)