Wir haben jedoch aufgrund der Situation, die hier im Land besteht, die verdammte Pflicht und Aufgabe, die Fort- und Weiterbildung zu fördern.
Ich möchte noch eine Sache anfügen: Sie alle haben sicher vor einigen Wochen die Aussagen des Statistischen Landesamts zur Kenntnis genommen – das hoffe ich zumindest –, dass hier in Baden-Württemberg ein Viertel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund hat. In Stuttgart sind das sogar 40 % der Einwohner. Wir wissen auch, und das wissen Sie alle, dass Menschen mit Migrationshintergrund,
(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Dafür sind aber die Volkshochschulen nicht zuständig! – Glocke der Präsidentin)
Wenn die Landesregierung in ihrer Stellungnahme sagt, zu Neukonzeption, Neuaufstellung und Weiterbildung, Herr Wacker, habe sie sich nichts überlegt – so steht das im Prinzip in der Stellungnahme; die Finanzierung sei eben so, wie sie ist, und Sie sagen ja selbst, mehr könne das Land nicht leisten –, dann nimmt das Land meines Erachtens seine Verantwortung und seine Aufgaben aufgrund der realen Situation, die wir haben, nicht wahr. Die Situation ist nämlich, dass wir Weiterbildung auch für diejenigen Menschen brauchen, die keinen Abschluss haben oder die zwar vielleicht einen Abschluss haben, aber eine berufliche Weiterbildung benötigen, ebenso wie für Menschen mit Migrationshintergrund. Auf diese Fragen geben wir keine Antwort.
(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sie geben keine Ant- wort darauf, zum Haushalt konkret zu werden! Wo gibt es Haushaltsmittel?)
Ich fordere Sie dazu auf, sich diesem Thema wirklich zu stellen und heute nicht nur über demografischen Wandel zu reden, die Generation, die hier heranwächst, aber im Regen stehen zu lassen. Meine Bitte ist: Setzen Sie politische Schwerpunkte in der Haushaltskonsolidierung, und verabschieden Sie sich bitte nicht aus der Politik.
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Erledigung des Antrags. Ich gehe davon aus, dass Abschnitt I durch die Aussprache erledigt ist.
Über Abschnitt II haben wir abzustimmen. Wer diesem Abschnitt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Abschnitt II ist mehrheitlich abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Innenministeriums – Umsetzung und Fortschreibung des Generalverkehrsplans im Landesstraßenbau – Drucksache 14/156
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die Begründung und fünf Minuten je Fraktion für die Aussprache.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein herzliches Dankeschön auch an die wenigen Zuhörer, die sich dieses Themas annehmen. Falls noch ein Journalist da sein sollte, gilt dieses Dankeschön auch ihm.
Wer in Baden-Württemberg über Land fährt, nicht mit der Bahn oder mit einem voll gefederten Mountainbike wie so mancher OB-Kandidat, wer über Land fahren muss, weil er auf Bundesstraßen nicht ans Ziel kommt,
der kennt das wichtigste Verkehrszeichen des Landes Baden-Württemberg auf Landesstraßen: „Vorsicht Straßenschäden“. Das ist die Zustandsbeschreibung.
Diese Infrastruktur des Landes ist beklagenswert. Wir wissen natürlich, dass für die großen Achsen der Bund zuständig ist. Das ist klar, und wir wünschen uns da alle mehr Geld. Aber dort, wo das Land Baden-Württemberg originär eigenständige Zuständigkeiten hat, von der Planung über den Bau bis zu Erhalt und Unterhalt, sieht es eigentlich am desaströsesten aus, was Idee, was Plan und was Wirklichkeit betrifft. Gute Landesstraßen scheinen nur noch eine Erinnerung an vergangene Zeiten zu sein.
(Zuruf von der CDU: Gut! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Vorsicht! Das ist gefährlich! Wenn die Opposition lobt, dann ist was faul!)
Das kommt vor. – Sie ist ehrlich. Auf die Frage, wie sie den Zustand der Landesstraßen bewertet, sagt sie – ich zitiere:
Nach dem Ergebnis der aktuellen Zustandserfassung aus dem Jahr 2004 hat der Gutachter rund die Hälfte der Gesamtlänge... in einem sehr guten bis mittelmäßigen, die zweite Hälfte in einem schlechten bis sehr schlechten Zustand eingestuft.
Wenn ich jetzt davon ausgehe, dass die erste Hälfte von „mittelmäßig“ bis „sehr gut“ nicht durchgängig sehr gut ist, sondern wahrscheinlich auch die Hälfte mittelmäßig ist, sind rund 75 % der Landesstraßen in mittelmäßigem bis
Da können Sie sich auf nichts anderes berufen als auf Ihre Unfähigkeit oder Ihre Unwilligkeit, diesem Land eine angemessene Infrastruktur auch im ländlichen Raum bereitzustellen.
Die Frage „Warum brauchen wir denn die Landesstraßen?“, soll mit ein paar Argumenten verdeutlicht werden.
Vor allem der ländliche Raum braucht sie. Mittelständische Betriebe, Handwerksbetriebe sind darauf angewiesen. Das ist die einzige Verkehrsinfrastruktur bis zur nächsten größeren Achse. Das können Sie überall feststellen. Im ländlichen Raum haben wir viel zu wenige Arbeitsplätze. Er blutet immer mehr aus. Deswegen haben wir immer mehr Pendler. Auch diese Bürger und Bürgerinnen haben ein Anrecht darauf, zügig und sicher an ihren Arbeitsplatz zu kommen, nicht nur mit dem ÖPNV und in den Ballungsgebieten. Dieser dient vielen sogar erst als zweites Element. Die Menschen brauchen die Landesstraßen in einem guten Zustand als Zubringer zum Arbeitsplatz oder zum nächsten Weiterbeförderungsmittel. Das sei einfach einmal deutlich gesagt.
Wir brauchen die Landesstraßen auch, damit Menschen überhaupt noch im ländlichen Raum wohnen wollen. Wir kennen die Charakteristika vieler schöner Landschaften. Wir wollen sie mit MEKA erhalten, damit dort Kühe, Schafe und Ziegen grasen. Das reicht aber nicht aus. Wir brauchen auch Menschen, die dort leben können und leben wollen. Das setzt voraus, dass sie in einem angemessenen Zeitraum und unter zumutbaren Bedingungen an andere Zielorte, z. B. an ihren Arbeitsplatz, kommen.
Wir brauchen Landesstraßen als Umgehungen für Ortskerne. Die Ortskerne bluten aus. Dafür gibt es vielerlei Gründe. Ein Grund sind der Lärm, der Verkehr, die Abgase. Die Folge davon ist: Neubaugebiete, neue Entwicklungen an den Ortsrändern führen zu Flächenverbrauch. Zwischendurch bemerkt: Auch das ist ein Gebiet, auf dem die Regierung völlig versagt hat, gemessen an den eigenen Zielen. Wenn wir den Flächenverbrauch also reduzieren oder einstellen wollen, ist es natürlich auch notwendig, die Kerne wieder zu beleben. Aber dort will niemand wohnen, solange dort Gefährdungen, Abgase etc. vorhanden sind.
Nochmals: Diese Menschen können alle nicht wählen, ob sie die Autobahn oder die Bundesstraße benutzen, die erste oder die zweite Klasse im Zug.
Im Übrigen stellt das auch der Generalverkehrsplan fest. Damit komme ich zu den Zahlen. Als der Generalverkehrsplan 1995 aufgestellt wurde, hatte das Land bereits aus dem alten Plan einen Überhang von ca. 1 Milliarde € Altlasten. Nun hat sich damals die Regierung ein Ziel bis 2012 gesetzt. Sie wollte für den Ausbau etwa 2,5 Milliarden € und für den Erhalt ca. 1 Milliarde € bereitstellen. Insgesamt bedeutet das jährlich etwa 60 Millionen € für den Erhalt und 125 Millionen € für den Ausbau, für Ortsumgehungen und anderes mehr.
Wenn ich diese Zahlen der Regierung nehme und sehe, was in den letzten zehn Jahren geschehen ist, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass ein Investitionsstau von ca. 1 Milliarde € aufgelaufen ist. – Sie kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, Herr Kollege.
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Vor allen Dingen warte ich jetzt immer noch darauf, dass Sie sagen, wie das gehen soll!)
Das ist die Situation, die diese Regierung zu verantworten hat. Kaum irgendwo hat die Regierung ihr Ziel so eklatant verfehlt wie mit diesem Generalverkehrsplan.
Nun wissen wir alle: Ein Plan ist ein Plan; den kann niemand 1 : 1 umsetzen. Aber dieser Plan ist letztendlich keine Vision mehr, der ist nur noch reine Halluzination. Das soll einmal deutlich gesagt werden.
Eines ist auch klar: Die Folgekosten, meine Damen und Herren, werden immer höher. Wenn Sie an einem Haus ein offenes Dach oder rissige Fenster haben, leidet in Kürze das gesamte Haus. Genauso ist es mit Straßen. Straßen, die löcherig sind, Straßen, die Risse haben, Straßen, die an den Rändern abbrechen, haben ein viel, viel kürzeres Verfallsdatum. Nach dem letzten, harten Winter konnten Sie beobachten: Gute Straßen haben diesen Winter ohne Schaden überstanden. Dort, wo die Straßen miserabel sind, wie das bei den meisten Landesstraßen der Fall ist, ist ein dramatischer exponentieller Verfall festzustellen.
Es lohnt sich also, in Landesstraßen zu investieren, und die CDU hätte gut daran getan, den Anträgen der SPD auf Erhöhung des Landesstraßenbauetats in den vergangenen Jahren zuzustimmen. Sie haben unsere Anträge abgelehnt; das sei nochmals deutlich formuliert.