Protocol of the Session on October 11, 2006

Das Programm läuft. Ich wiederhole mich. Gerade die heute mit zur Beratung stehenden Anträge von SPD und Grünen belegen dies. Es wird Ihnen nicht gelingen, dies kaputtzureden, auch nicht durch unzutreffende Behauptungen wie beispielsweise der, für bestehende Ganztagsschulen nach klassischem Konzept des Landes, also früher sogenannte Brennpunktschulen, wären bei der Zuweisung zusätzlicher Lehrerstunden Kürzungen vorgenommen worden.

Zurück zu den Gesetzentwürfen. Unser Ziel heißt klar und deutlich: Aufbau eines flächendeckenden und bedarfsorientierten Angebots von Ganztagsschulen. Für jeden Schüler und jede Schülerin, die das wünschen, soll ein solches Angebot in zumutbarer Entfernung zur Verfügung stehen. Rund 40 % der allgemeinbildenden Schulen sollen daher im Ausbaustadium des Programms ein solches Angebot unterbreiten – in der herkömmlichen Form des Landes, soweit es sich um Schulen mit besonderer pädagogischer und sozialer Aufgabenstellung handelt, und daneben in neuer, inzwischen wahrlich oft genug im Einzelnen dargelegter offener Angebotsform.

40 % der Schulen, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen: Es wird niemanden hier im Hause geben, der die Vorstellung hat, 40 % der allgemeinbildenden Schulen in einer Form zu führen, die im Schulgesetz so nicht verankert ist. Darüber müssen wir uns hier nicht lange unterhalten.

Warum dann die Beschlussempfehlung des Schulausschusses – der meine Fraktion heute selbstverständlich folgen wird –, die vorliegenden Gesetzentwürfe abzulehnen? In der Beratung im Ausschuss ist eines ganz klar geworden, und zwar gerade durch die mündlichen Ausführungen des Vertreters des Städtetags: Die kommunalen Landesverbände wünschen die Verankerung im Gesetz letztlich aus einem einzigen Grund, nämlich dem, Unwägbarkeiten insbesondere hinsichtlich der Ausstattung mit Lehrerinnen und Lehrern bzw. Lehrerwochenstunden zu beseitigen.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Sie wissen, warum!)

Ich weiß, warum. – Aber, meine Damen und Herren, dies kann ein Schulgesetz nicht leisten. Das ist doch der Punkt. Dazu bedarf es nicht einmal eines ausdrücklichen Finanzierungsvorbehalts, der von Ihnen zuvor auch angesprochen wurde und den mit einer Ausnahme alle Bundesländer mit in das Gesetz aufgenommen haben, bei denen die Ganztagsschule bereits im Schulgesetz verankert ist. Haushaltsbeschlüsse sind und bleiben Sache des Parlaments. Eine Verankerung der Ganztagsschule im Schulgesetz ändert hieran überhaupt nichts.

Im Übrigen: Mit der Konzipierung der neuen, offenen Form des Ganztagsschulangebots haben wir – das müssen Sie zugestehen – in der Tat Neuland betreten. Die anhaltende Diskussion über dieses neue Angebot belegt und unterstreicht dies gerade. Es ist nicht nur kein Fehler, sondern umgekehrt geradezu geboten, mit dieser offenen Form zunächst Erfahrungen zu sammeln und Änderungen, die sich vor dem Hin

tergrund dieser Erfahrungen möglicherweise als sinnvoll erweisen, nicht durch vorschnelle Festschreibungen im Gesetz zu erschweren.

Meine Damen und Herren, Herr Zeller hat darauf hingewiesen: Die gebundene Ganztagsschule wird die Schule der Zukunft sein. Herr Zeller, ich kann dem nur zustimmen. Es wird in der Tat so sein. In zehn Jahren wird die Schullandschaft wahrscheinlich völlig anders aussehen als heute. Die Ganztagsschule kommt, aber es nützt wenig, sie einfach überzustülpen. Sie muss gründlich vorbereitet sein. Es hängt, wie Sie gesagt haben, auch damit zusammen, welche Betreuungsmöglichkeiten über die professionellen Lehrkräfte hinaus notwendig sind. Ich nenne nur das Stichwort Schulsozialarbeit. Daher wollen wir keinen vorschnellen Schuss.

Die Fraktion der FDP/DVP lehnt heute nach dem derzeitigen Stand der Dinge die Schulgesetzänderung ab. Ich sage Ihnen: Lassen Sie uns noch etwas abwarten.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Wie lange brauchen Sie denn noch? – Abg. Reinhold Gall SPD: Noch ein- mal 25 Jahre!)

Alles Ding währt seine Zeit, Gottes Lieb in Ewigkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Rau das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem die Opposition nun wirklich nicht mehr mit Unterstellungen arbeiten kann, was unsere Absicht, die Ganztagsschulen im Land auszubauen, angeht, zetteln wir heute zum wiederholten Mal eine Debatte über ein Schulgesetz mit dem Ziel an – –

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Zweite Lesung!)

Wir hatten den gleichen Entwurf hier bereits vor einem Jahr im Landtag vorliegen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Unserer ist an- ders!)

Der von den Grünen ist neuer. Die SPD hat den gleichen Entwurf wieder gebracht.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Ich glaube, dass es keine Debatten sind, die uns auf dem Weg der Entwicklung der Ganztagsschulen in Baden-Württemberg irgendwie voranbringen. Unsere Absicht ist klar, und unsere Taten sind klar.

Wir haben mittlerweile 616 Ganztagsschulen im Land Baden-Württemberg eingerichtet. Wir haben den Ausbauplan für die Schulen mit besonderen sozialen und pädagogischen Aufgabenstellungen realisiert. Wir haben deutlich gemacht, was wir in der neuen Legislaturperiode in diesem Bereich weiterentwickeln werden und wie wir diese Entwicklungen durch entsprechende Ressourcen unterfüttern wollen. Unse

re Absichten sind auf dem Tisch, und die Realisierung läuft seit einiger Zeit. Auch das ist klar.

Auf der anderen Seite halte ich es durchaus für notwendig, dass in einer solchen Phase der Entwicklung die Dinge nicht zu fest gezurrt werden, sondern dass wir gerade in Schulentwicklungsfragen Spielräume haben, damit Schulen sich entsprechend ihren Bedarfen unterschiedlich entwickeln können. Ich muss nicht eine bestimmte Schulform festschreiben, wenn ich den Schulen gleichzeitig die Möglichkeit geben will, auf die örtlichen Situationen zu reagieren. Deswegen ist es wichtig, dass wir diesen Prozess, der in Gang gebracht ist und der auch in der Realisierung durch entsprechende materielle Absichten und Beschlüsse des Kabinetts unterfüttert ist, in großer Offenheit weiterführen können.

(Beifall bei der CDU)

Was Sie mit diesem Gesetzentwurf tun, ist, eine vernünftige Aufgabenteilung zwischen Land und Kommunen infrage zu stellen.

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Gerade nicht!)

Ich halte es durchaus für richtig, dass die Schulträger ein Interesse daran haben müssen, das sie auch durch eigenes Engagement begründen, eine solche Schule in ihre Gemeinde bekommen zu können.

Was hat das IZBB-Programm des Bundes angerichtet?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist ja unglaublich, das so zu formulieren! Sie können doch froh sein, dass das gekommen ist! Sonst hätten Sie doch gar nichts gemacht!)

Es hat Investitionspläne auf den Weg gebracht, die so überhaupt nicht notwendig waren.

(Zurufe von der SPD – Unruhe)

In der Zwischenzeit haben eine ganze Reihe von Antragstellern ihren Zuwendungsbescheid zurückgegeben, weil sie gemerkt haben, dass sie sich dabei auf Konzepte eingelassen haben, die in den Folgekosten viel zu teuer sind.

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Wenn Sie Ihre Haus- aufgaben richtig gemacht hätten und die Kommu- nen mit den Folgekosten nicht allein gelassen hät- ten, gäbe es das Problem nicht! – Abg. Reinhold Gall SPD: Weil sie Ihre Lücken füllen müssen! Das ist das Problem dabei!)

Andere haben Investitionen vorgenommen, die man nur bei 90 % Bezuschussung überhaupt vornimmt.

Deswegen haben wir uns mit den Kommunen zusammengesetzt und etwas Tragfähiges mit zeitlicher Perspektive und klaren inhaltlichen und materiellen Absprachen auf den Weg gebracht. Das Investitionsprogramm, das im Land Baden-Württemberg für die nächsten neun Jahre verabredet ist, umfasst insgesamt 1 Milliarde €,

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das meiste zahlen die Kommunen!)

(Minister Helmut Rau)

und alle können sich darauf verlassen, dass sie nicht hinter diesem Geld herrennen müssen, sondern dass sie dieses Geld dann auch wirklich verfügbar haben werden, wenn sie es abrufen wollen.

Wir haben in diesem Jahr, im ersten Jahr, in dem das Programm läuft, praktisch eine Deckung zwischen dem, was im Haushalt bereitgestellt ist, und den Beträgen, die sich aus den konkreten Anträgen ergaben, erreicht. Dadurch zeigt sich, dass das Programm, welches das Land aufgestellt hat, wirklich sachgerecht ist.

Als weitere Auswirkung dessen, was entstünde, wenn Ihre Gesetzentwürfe eine Mehrheit finden würden, ergäbe sich ein Rechtsanspruch für Schülerinnen und Schüler auf einen Platz in einer Ganztagsschule. Da wir aber einen Ausbauplan haben, können wir diesen Rechtsanspruch heute nicht garantieren. Die Absicht ist, dass wir zu einer flächendeckenden und bedarfsorientierten Landschaft an Ganztagsschulen im Land kommen. Aber wir wissen, dass wir dafür Zeit brauchen, übrigens auch im Interesse der Träger. Deswegen kann man hier heute nicht einen Gesetzentwurf zur Abstimmung bringen, durch den praktisch ein Rechtsanspruch für die Schülerinnen und Schüler entstehen würde und wir gezwungen würden, hinter Rechtsansprüchen herzurennen, anstatt einen systematischen Ausbau gemeinsam mit den Trägern voranzubringen.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: So ist es! – Beifall des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP)

Das scheint mir ein ganz wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang zu sein.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Zeller hat dann noch ein paar wohlfeile Sätze zitiert, wie wichtig es sei, dass man Geld für die Bildung bereitstelle. Das wissen wir ganz genau. Rund ein Viertel des Landeshaushalts, 7,5 Milliarden €, fließt in den Etat des Kultusministeriums. Weitere Milliarden fließen in den Etat des Wissenschaftsministeriums. Dieses Land liegt beim Anteil der Ausgaben für Bildung, Forschung und Ausbildung mit Abstand an der Spitze unter allen Bundesländern in Deutschland. Kein anderes Land kommt auf über 40 %. Wir liegen bei Mitte 40 %. Also sparen Sie sich die wohlfeilen Sätze! Wir kennen unsere Verpflichtungen, und wir nehmen sie auch wahr.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In der Allgemeinen Aussprache liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur A b s t i m m u n g.

Wir kommen zuerst zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucksache 14/87. Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule, Jugend und Sport, Drucksache 14/346. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Zu dem Gesetzentwurf liegt der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/403, vor. Ich lasse zunächst über diesen Änderungsantrag abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Erhebt sich Widerspruch dagegen, dass ich den Gesetzentwurf im Ganzen zur Abstimmung stelle? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich jetzt den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucksache 14/87, insgesamt zur Abstimmung. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Der Gesetzentwurf wurde damit mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen jetzt zum Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/119. Der Ausschuss für Schule, Jugend und Sport schlägt Ihnen in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/346 vor, den Gesetzentwurf abzulehnen.