Diese Regierungserklärung beweist ein weiteres Mal, dass Sie sich wegducken, dass Sie gesundbeten und sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit ausruhen, anstatt Verantwortung für dieses Land zu übernehmen und politisch Anstöße zu geben, wie es im Land weitergehen kann.
Diese Regierungserklärung hat viele Fragen und fast keine Antworten geliefert, meine sehr verehrten Damen und Her ren,
und sie zeigt, Herr Mappus, dass Sie offenbar keine Antenne für den tatsächlichen Bedarf an Reformen in diesem Land haben. Dort, wo das Land vorn liegt, begnügen Sie sich mit der Verteidigung dieses vorderen Tabellenplatzes und legen die Hände in den Schoß, weil Sie Tabellenführung mit eigener Machtfülle verwechseln.
da ist die nötige Aufholjagd bisher nur als Aufholjagd im Schneckentempo zu erkennen, und Sie halten an überholten Strukturen fest.
Was wir aber brauchen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein mutiger Politikwechsel für dieses Land, der sich nicht an Einzelinteressen, sondern am Gemeinwohl orientiert.
Für die SPD liegt die Bewährungsprobe dieser zukunftsgerichteten Landespolitik in vier Feldern: Wir wollen wirtschaftliche Dynamik, und wir wollen der Beschäftigungsentwicklung neue Flügel verleihen. Deshalb müssen wir eine aktive Rolle des Landes bei Mittelstand und Handwerk sowie in der Industriepolitik anstreben. Wir brauchen bessere Bildung für alle und Chancengleichheit, unabhängig von der sozialen Herkunft. Und wir wollen diesen Wohlstand auf hohem Niveau sichern,
ohne auf Pump zu leben, ohne die Generationengerechtigkeit infrage zu stellen. Deshalb brauchen wir eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung.
Schließlich – ich meine, das ist die zentrale Aufgabe von Politik – wollen wir den sozialen Ausgleich und den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft fördern. Vielfalt ist keine Bedrohung, sondern eine Chance.
Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Wir haben unternehmungslustige Arbeitgeber mit neuen Ideen, und wir haben tatkräftige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zeigen, was in ihnen steckt. Aber das reicht nicht aus. Dieses Land muss sich erneuern, die Politik muss sich erneuern, damit wir weiterhin vorn mitspielen können und Zukunft für alle gewährleisten.
Herr Mappus, es war einer Ihrer Vorgänger, Lothar Späth, der die „Vier Motoren für Europa“ ins Leben gerufen hat: Lombardei, Katalonien, Rhône-Alpes und Baden-Württemberg. Wenn man sich die Entwicklung dieser vier starken Wirtschaftsräume in Europa über die letzten 15 Jahre anschaut, stellt man fest: Wir lagen vor 15 Jahren mit Abstand vorn. Inzwischen hat uns die Lombardei überholt, und die beiden anderen haben in der Wirtschaftskraft deutlich aufgeholt.
Wir sind im Wettbewerb der starken Regionen Europas zurückgefallen. „Unser Land ist spitze“, das war unter Lothar Späth richtig. Inzwischen ist das infrage gestellt, und wir müssen uns anstrengen, wieder aufzuschließen.
Durch Selbstgefälligkeit und Nichtstun verspielen Sie die Chancen für Arbeitsplätze und Beschäftigung im Land.
Wir haben die Automobilindustrie als Motor der Wirtschaft unseres Landes, und Sie sind angesichts der aktuellen Krise in eine Schockstarre verfallen.
Nachdem die SPD hier im Land mehrfach darauf hingewiesen hat, wie wichtig es ist, Eigenkapitalhilfen für den Mittelstand in unserem Land zu geben,
haben Sie sich lange verweigert, unsere Vorschläge zur BWAnleihe und zum BW-Fonds aufzugreifen. Jetzt sind Sie endlich dabei – herzlich willkommen im Klub –, aber machen Sie auch etwas daraus, Herr Mappus!
Aber ich will auch von den notwendigen strukturellen Anpassungen gerade in der Automobilindustrie in diesem Land reden. Wir haben inzwischen gemeinsam verstanden, dass neue
Antriebstechnologien auf dem Vormarsch sind – Hybridtechnologie, Elektromobilität. Das ist auch höchste Zeit, denn es wurde jahrelang viel verschlafen, und zwar auf Ihrer Seite, aufseiten der Landesregierung, aber leider auch aufseiten der Unternehmen.
Wenn wir aber wettbewerbsfähig sein wollen, wenn die Autos der Zukunft auch wieder aus Baden-Württemberg kommen sollen, dann müssen wir mehr für diese Branche tun. Es reicht nicht aus, in Forschung und Entwicklung zu investieren. Herr Mappus, Sie haben formuliert, Baden-Württemberg solle das Umweltinnovationslabor und -schaufenster Europas werden. Ich sage Ihnen: Labor und Schaufenster reichen nicht aus. Wir wollen die Fabrik für umweltfreundliche Automobile werden; der Produktionsstandort muss in Baden-Würt temberg sein.
Deshalb ist die Markteinführung dieser neuen Autos ganz wichtig. Wir brauchen steuerliche Anreize, wir brauchen aber auch ganz praktische Anreize wie Vorfahrt für E-Mobile im Stadtverkehr, und wir wollen den Einsatz von neuen Formen der Mobilität in Testregionen mit dem Aufbau notwendiger Infrastruktur erproben.
Und wir brauchen eine neue Kultur von Existenzgründungen in diesem Land. Denn Baden-Württemberg rutscht auch in dieser Hinsicht ab. Innovationsdynamik geht verloren. Wir sind inzwischen unter den Flächenbundesländern auf dem letzten Platz angelangt, was Existenzgründungen mit Substanz betrifft.
Deshalb wollen wir, dass die Förderung von Existenzgründungen angeschoben wird, und zwar vor allem durch verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten. Ich denke an mehr Eigenkapital für Gründer und Gründerinnen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Das ist ein konkreter Vorschlag, den Sie, Herr Mappus, sofort umsetzen können.
Die zweite strukturelle Herausforderung für unsere Wirtschaft ist die Energiewende. Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist der Jobmotor für die Zukunft, gerade für unseren Mittelstand und unser Handwerk. Der Göppinger Maschinenhersteller Schuler steigt groß in den Anlagenbau von hoch effizienten Windkrafträdern ein. Unsere Handwerker installieren und warten Fotovoltaikanlagen und Solarmodule. Bundesweit konnten bereits im Jahr 2008 insgesamt 280 000 Arbeitsplätze dieser neuen Branche zugerechnet werden. Für BadenWürttemberg fallen dabei gerade einmal 18 000 Jobs ab. Das ist ein unterproportionaler Anteil an diesem wachsenden Kuchen. Deshalb hat die SPD mit dem Vorschlag eines Energiekonzepts für dezentrale Versorgung unter dem Stichwort 2020 konkrete Vorschläge unterbreitet, wie wir in Baden-Württemberg mehr von diesem Kuchen an Land ziehen können. Denn
Herr Mappus, im Gegensatz dazu haben Sie schon als Umweltminister diese erneuerbaren Energien nicht gefördert, sondern bekämpft. Es war Erwin Teufel, der als Don Quichotte gegen die Windmühlen ins Feld gezogen ist, und Sie waren sein treuer Knappe Sancho Pansa und sind es bis heute geblieben, Herr Mappus.
und auf der anderen Seite die Solarförderung massiv und abrupt kürzt, der hat überhaupt nicht verstanden, wohin wir unterwegs sein müssen, und hat überhaupt nicht verstanden, welche Potenziale für neue Arbeitsplätze in diesen erneuerbaren Energien liegen.
Sie haben zu Recht von dem notwendigen Anpassungsdruck für unsere Wirtschaft gesprochen, und der Atomausstieg ist genau dieser Druck zur Veränderung hin zu einer Energiewende. Die Zukunft unseres Landes strahlt nicht in Gorleben oder in der Asse, sondern sie strahlt in den erneuerbaren Energien. Deshalb wird es Zeit abzuschalten, Herr Mappus.