Protocol of the Session on February 4, 2010

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül- ke FDP/DVP – Minister Peter Hauk: Hofelich, der Industriepolitiker!)

Bei den Existenzgründungen liegen wir seit geraumer Zeit auf dem vorletzten Platz aller 16 Bundesländer. Wir von der SPD bemängeln seit Jahren die Ineffizienz der Förderinstrumente für Existenzgründer im Volumen von 2,1 Millionen €. Der Rechnungshof hat schon vor vier Jahren analysiert, dass diese Instrumente falsch konstruiert sind und deshalb ihre Wirkung verpufft. Deswegen haben wir dieses Ergebnis.

Demgegenüber haben wir noch immer unnütze Verschwendungspositionen im Haushalt. Mit Maßnahmen für 210 000 € Unternehmen über den demografischen Wandel aufzuklären ist lachhaft. Wir haben gesehen, wie prompt und sicher sie reagiert haben, da es galt, Fachkräfte zu halten, weil man sie später nicht mehr leicht gewinnt. Das ist ihre Aufgabe als Unternehmen.

Die Taskforce für PPP wird weitergeschleppt.

(Oh-Rufe von der SPD – Lachen des Abg. Dr. Rein- hard Löffler CDU)

Jede Kommune kennt die Gestaltungen und die Anbieter. Das ist ein reiner Lobbytitel für eine Handvoll großer Generalunternehmer, die unsere Handwerker in Gefahr bringen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: So ist es!)

Zum Mittelstand: Wir haben gefordert, dass die Bahn vom Land gedrängt werden muss, die Aufträge für Stuttgart 21 mittelstandsfreundlich auszuschreiben. Die Landesregierung hat erklärt, dass sie sich dafür einsetzen wird. Aber was macht das Land selbst? Der Wirtschaftsminister sagte im letzten Jahr sinngemäß: Wir wollen ja mittelstandsfreundlich sein; aber Projekte mit einem Volumen von über 10 Millionen € kann ein Mittelständler nicht ausführen. Stuttgart 21 ist ein Projekt von über 10 Millionen €.

(Zuruf des Ministers Peter Hauk)

Darauf komme ich gleich zu sprechen, Herr Kollege. – Wie soll sich das Land nach diesen Aussagen des Ministers glaubwürdig dafür einsetzen? Für den Neubau des Innenministeriums, ein Projekt von 60 Millionen €, hat man die gewerkweise Ausschreibung von vornherein gar nicht einmal erwogen. Man hat sich von vornherein auf einen Generalunternehmer festgelegt. Den hat man aber nicht einmal verpflichtet, seinerseits nach VOB auszuschreiben – was man könnte. Das hat man nicht gemacht. Unsere Handwerker haben das Nachsehen.

Anders z. B. die Europäische Zentralbank mit der Errichtung ihres Hauptsitzes in Deutschland, einem Projekt von 800 Millionen €. Hunderte von Gewerken und Losen wurden gebil

det, und das gibt einen richtigen Schub im Rhein-Main-Gebiet. Man benötigt nur eine gute Projektsteuerung, dann ist der mittelständische Anbietermarkt immer dabei, ganz egal, wie groß die Projekte sind.

Wir sehen aber: Das Problem liegt im Denken der Regierung, im Denken des Ministers und seines Ministeriums.

(Beifall bei der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Wie bringen wir Forschung und Produktentwicklung enger zusammen? Der Innovationsrat soll Vorschläge machen. Wir haben vorgeschlagen, dass den Hochschulen erlaubt wird und sie dabei unterstützt werden, Forschungsplattformen einzurichten, an denen mittelständische Unternehmer selbst eigene Forschung und Verbundforschung betreiben können.

Ich komme jetzt einmal kurz zur Infrastruktur. Gestern haben wir wieder ein merkwürdiges Schwarzer-Peter-Schauspiel zwischen Land und Bund erlebt. Wir haben einmal genauer hingeschaut. Sie bekommen jetzt noch eine Kostprobe. Ich greife einmal die Autobahnen heraus. Der Bund zahlt, das Land plant und baut, abgestimmt mit dem Bund. Baden-Würt temberg hat 1 039 Autobahnkilometer. Hier leben 13,1 % der Einwohner Deutschlands, aber wir haben nur 8,2 % der Autobahnlänge.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

In keinem anderen Flächenland gibt es eine so krasse Differenz. Bayern hat 20 % Einwohner mehr, aber 2,4-mal so viele Autobahnkilometer. Hessen – um nur die stärksten Wettbewerbsländer zu nennen –, das fast 40 % weniger Einwohner hat, verfügt über ein fast gleich umfangreiches Autobahnnetz. Schauen Sie einmal in der amtlichen Statistik nach. Laut Straßenstatistik hatten wir im Jahr 1995 1 020 km Autobahn. Heute sind es 1 039 km. Gerade einmal 19 km wurden seither dazugebaut. Ist der Bund zu Hessen und Bayern freundlicher als zu uns?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die beantworten auch Briefe aus Berlin!)

Projekte, die in den letzten zehn Jahren hätten gebaut werden sollen, hätten in den Neunzigerjahren geplant werden müssen. Damals, noch in Bonn, war Herr Wissmann Verkehrsminister. Mit Rot-Grün in Berlin gab es übrigens mehr Straßenbaumittel für Baden-Württemberg als damals.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Als wann?)

Ich sage Ihnen, wo des Pudels Kern liegt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Jetzt sind wir aber gespannt!)

Dieser liegt darin, dass die Regierung schon für die Planung keinerlei strategischen Ansatz und keine Prioritäten hat.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb können Sie nicht stark verhandeln, und deshalb geben Sie keine Orientierung. Sie erteilen auch keine klaren Aufträge an die Planungsverwaltung. Das hat der Rechnungshof übrigens vor vier Jahren festgestellt und hat strategische und

klare Prioritäten verlangt. Der Landtag hat das dann beschlossen. Bis heute weigert sich die Regierung, diesen Beschluss auszuführen.

Bei der Schiene ist es ganz genauso. Wir haben es schon gehört. Stuttgart–Mannheim war die erste Hochgeschwindigkeitsstrecke in Deutschland; sie ist im Jahr 1991 ans Netz gegangen und umfasst 99 km.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die die Grünen ver- hindern wollten! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Den Verkehrshaushalt haben wir aber schon beschlossen!)

Seither sind viele, viele Hundert Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Deutschland gebaut worden – in BadenWürttemberg nichts.

Stuttgart 21 konnte nur durch die SPD durchgesetzt werden. Mit der CDU wäre es schon einmal gar nicht gegangen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU)

Die CDU in Stuttgart war vor wenigen Wochen noch kurz vor dem Umfallen. Das konnte man überall lesen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt kommt der kommunalpolitische Teil!)

Auch das Gerede von Baden-Württemberg 21 ist so schräg. Stuttgart 21 ist Stuttgart 21. Baden-Württemberg 21 umfasst Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen–Ulm sowie die Rheintalbahn, die Südbahn und die Gäubahn Stuttgart– Zürich. Das alles sind Projekte, die geplant werden müssen, bei denen es teilweise Verträge mit Nachbarländern gibt.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wir sind beim Wirtschaftshaushalt! Sie haben sich den falschen Berater ausgeguckt!)

All das gehört zu Baden-Württemberg 21, aber davon wollen Sie nichts wissen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Er erklärt die Ver- kehrspolitik zum Ressort des Wirtschaftsministers!)

Der Bund und die Bahn sind an allem schuld? Nein, die Landesregierung von Baden-Württemberg – sie wird seit einiger Zeit von Ihnen gestellt – ist für die faire Durchsetzung badenwürttembergischer Interessen verantwortlich – so, wie andere Regierungen das in ihren jeweiligen Ländern auch tun.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Gutachter über die volkswirtschaftliche Bedeutung von Stuttgart 21 – er kommt von der Universität Karlsruhe – schreibt in seinem umfangreichen Gutachten, in dem er das Projekt gut begründet, dass – ich zitiere, Herr Minister –

... ein großer Teil der baden-württembergischen Regionen in ihrem Wachstum durch unzureichende Verkehrsinfrastruktur beschränkt ist …

Das steht in dem Gutachten; lesen Sie es nach.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wann kom- men Sie zur Landwirtschaft?)

Der Wirtschaftsminister muss sich – so war es schon immer – massiv um Infrastruktur kümmern. – Die Ressortaufteilung ist in dieser Beziehung auch schlecht.

Das ist das Panorama Ihrer Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren.

(Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Sie betreiben keine wirkungsvolle Wirtschaftspolitik für unser Land, keine Standortpolitik für das Land, keine Politik, die den Mittelstand stärkt. Sie betreiben fast eine Antiwirtschaftspolitik. Übrig bleibt eben, Herr Minister Hauk – jetzt ist er nicht mehr da –,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Den hat es gegraust!)

eine „Kies- und Schotterpolitik“ – kreisweise – auf Patenschafts- und Klientenebene. In dieser Hinsicht haben wir jüngst wieder eine Kostprobe erhalten.