Aber bei einem Projekt, bei dem die Kosten in diesem Maß explodieren, und zwar sozusagen im Monatstakt,
muss man doch einmal fragen, wann man besser aufhört. Bei jedem Projekt gehört das Preis-Leistungs-Verhältnis doch wohl mit zur Entscheidungsgrundlage einer vernünftigen Politik.
In dieser Phase ist die Hauptkritik an dem Projekt, dass die Kosten völlig aus dem Ruder laufen. Sie verpassen uns hier eine Hypothek für einen Gewinn, der, wenn man das Ganze mit der Alternative vergleicht, gar nicht besteht – wenn überhaupt, dann nur minimal.
Sie wissen genau, dass die Kosten heruntergerechnet wurden, damit sie die Grenze von 4,5 Milliarden € nicht überschreiten. Dieser Betrag ist nach Herrn Grube sozusagen die Sollbruchstelle. Die Kosten sind heruntergerechnet worden, etwa durch Einsparungen beim Tunnel, die noch gar nicht genehmigt sind.
Darum geht es in der Auseinandersetzung zunächst einmal. Ich weiß nicht, was da diese haltlose Polemik von Ihnen, Herr Ministerpräsident, soll.
Bleiben wir beim Thema. Es gibt natürlich bei allem, was die Politik heute macht, Konflikte. Sie haben das Beispiel Hamburg angeführt und gesagt, wir hätten den Ersten Bürgermeis ter Ole von Beust genötigt, eine andere Schulpolitik zu machen. Ich darf einmal aus einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ vom 7. Januar dieses Jahres zitieren, was er selbst sagt:
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Erst? – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber nicht sehr erfolg- reich!)
Ich war ja mal Vorsitzender der Schülerunion und glühender Verfechter der Dreigliedrigkeit des Schulsystems. Je länger ich mich mit dem Thema befasse, und das ging schon lange vor Schwarz-Grün los, umso mehr bin ich der Überzeugung, dass unser jetziges System falsch ist.
Dieser alte bildungspolitische Ansatz, wonach es drei Grundtypen gibt – den handwerklich Begabten mit wenig Intellekt für die Hauptschule, den mäßig handwerklich Begabten mit mehr Intellekt, der auf die Realschule geht, und den wenig handwerklich begabten, aber dafür sehr intelligenten Schüler, der Abitur macht –, diese Dreiteilung ist Ausdruck veralteten, ständischen Denkens. Das passt nicht mehr in die Zeit.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. There- sia Bauer GRÜNE und Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Und die Volksinitiative?)
Sie haben gesagt: „Das bringt Probleme in Hamburg.“ Es gibt in diesem Zusammenhang eine Volksinitiative, die einen Bürgerentscheid anstrebt. Das ist ganz normal. Das begrüßen wir. Darum haben wir dort mehr direkte Demokratie eingeführt.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum wollt ihr das dann abwürgen?)
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ja, um das abzuwürgen! – Abg. Veronika Netzhammer CDU: Um den Bürgerentscheid zu vermeiden!)
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Weil Sie Angst vor der Bevölkerung haben! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Das ist genau der Unterschied zu Ihnen. Was machen Sie, wenn von der Basis Kritik erhoben wird? Ich verweise auf das Beispiel von Schulleitern aus Oberschwaben. Mit ihnen wird nicht geredet, sondern sie werden zum zuständigen Regierungspräsidium geschickt, um sich einen beamtenmäßigen Rüffel abzuholen. Das ist der Unterschied zwischen Hamburg und Baden-Württemberg.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie wollen den Bürgerentscheid verhindern! Kein Bürgerentscheid!)
Ich sage noch einmal, worum es eigentlich geht. Das haben SPD und Grüne hier schon gemeinsam vorgeschlagen. Worum geht es eigentlich? Es geht darum, dass Sie es zulassen sollen, wenn an der Basis Schulträger, Gemeinden und engagierte Schulgemeinschaften andere Schulmodelle errichten wollen. Darum geht es in erster Linie.
Es geht darum, dass Sie dort, wo neue Ideen, neue Gedanken entstehen, dort, wo die Leute andere Vorstellungen von Schule haben, entsprechende Modelle zulassen sollen.
Das ist die Ebene, auf der wir argumentiert haben. Wir wollen nicht von oben herab das dreigliedrige Schulsystem um
wälzen. Das ist überhaupt nicht der Fall. Wir wollen, dass es sich von unten nach oben auswächst. Wir sind sicher, dass integrative Schulmodelle dann den Sieg davontragen werden.
Herr Ministerpräsident, es kann doch wohl nicht sein, dass man, wenn man eine andere Schule will als die, die Sie im Kopf haben – nach den veralteten Denkmustern, die Herr von Beust kritisiert hat –, eine Privatschule gründen muss, weil es nicht möglich ist, eine Modellschule im Land zu gründen. Das kann doch wohl nicht sein.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was haben Sie gegen Privatschu- len? Sind Privatschulen etwas Schlechteres?)
Deshalb habe ich das Thema mit dem Begriff „Alternativlosigkeit“ angesprochen. Das, was Sie sagten, hat den Kern getroffen, um den es in dieser Auseinandersetzung geht. Es gibt immer Alternativen, und mit denen müssen Sie sich endlich auseinandersetzen. Diese müssen Sie zumindest in einem beschränkten Rahmen zulassen, wenn man dies auf kommunaler Ebene will. Dann kommen wir weiter und bringen dieses Land auf jedem Gebiet voran.
Zum Schluss noch ein persönliches Wort. Herr Ministerpräsident, ich habe hier immer gern mit Ihnen die Klingen gekreuzt. Dass dies in der Regel mit dem Florett und nicht mit dem schweren Säbel geschehen ist, hat mir gut gefallen. Das halte ich auch für stilbildend. So müssen die Auseinandersetzungen stattfinden. Das muss hart, aber fair geschehen. Ich habe keinen Grund, mich zu beschweren; das hat so stattgefunden.
Es hat mir Freude gemacht, mich mit Ihnen auseinanderzusetzen. Ich wünsche Ihnen eine gute und erfolgreiche Zukunft in Brüssel.
Meine Damen und Herren, es liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen deshalb zur A b s t i m m u n g über den Einzelplan 02 – Staatsministerium.