Protocol of the Session on February 4, 2010

Bei der Sprachförderung, meine Damen und Herren, erleben wir das, was wir leider schon oft erlebt haben: Es werden nicht zusätzliche Mittel für diese neue Aufgabe hinzugenommen. Man muss auch lange im Haushaltsplan suchen, bis man die angekündigten Sprachförderungsmaßnahmen endlich findet. Schließlich findet man sie in den Erläuterungen zu der Titelgruppe 82 – Schulreifes Kind. Die Ausgaben für das Projekt „Schulreifes Kind“ wurden die ganze Zeit schon dadurch gegenfinanziert, dass man bis zu 900 Lehrerstellen sperren konnte. Das heißt, zu den bisherigen Aufgaben des Projekts „Schulreifes Kind“ kommt jetzt auch noch die Sprachförderung hinzu, die ursprünglich von der Landesstiftung finanziert worden ist.

Jetzt ist es vielleicht beruhigend, dass der Kultusminister darstellt, bis zu 900 Lehrerstellen könnten hier zur Gegenfinanzierung gesperrt werden. Das entspricht 45 Millionen €; dieser Betrag reicht sicherlich aus, um die Sprachförderung sicherzustellen. Wenn man aber gleichzeitig weiß, dass bei wachsendem Bedarf an Sprachförderung die Zahl der möglicherweise eingestellten Lehrer reduziert werden muss, weil man immer mehr Stellen zur Gegenfinanzierung heranziehen muss, dann ist das auch keine zusätzliche Festsetzung mit Priorisierung und entsprechender ehrlicher Gegenfinanzierung, sondern dann macht man das, was man schon oft gemacht hat: Man finanziert zusätzliche Aufgaben in der Bildungspolitik über Stellensperrungen und nicht über zusätzliche Mittel. Gleichzeitig will man aber mit diesen Stellen nach außen signalisieren, die Lehrerversorgung sei top. Das ist ein Widerspruch, den Sie auch dieses Mal wieder nicht auflösen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Ein weiterer Geburtsfehler im Gesamtkomplex dieser Sprachstandsdiagnosen- bzw. Sprachförderungsdiskussion wird deutlich: In einem zweiten und dritten Jahr stehen Mittel im Haushalt, die man für den zusätzlichen Aufwand zur Durchführung der Sprachstandsdiagnostik an die Kommunen geben möchte. Man hat damals bei der Einführung der Sprachstandsdiagnostik versäumt, eine Einigung mit den Kommunen zu erreichen. Deswegen sind auch in diesem Jahr diese Mittel gesperrt, weil diese Einigung noch immer nicht erreicht wurde. Auch da zeigt sich wieder: Wenn man etwas schlampig einführt, dann nützt es nichts, wenn Mittel dafür im Haushalt stehen, sondern dann ist es auch wichtig, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Mittel auch dorthin fließen, wo sie für den zusätzlichen Aufwand, der hier erbracht wird, hingehören, nämlich in die Kommunen und die Einrichtungen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Betrachten wir die einzelnen Schulen, dann gibt es sicher eine Schulart, die in diesem Haushalt eine gewisse Siegerposition einnimmt: Das sind die Gymnasien. Hier sind mit großem Aufwand Mittel aus Stellen, die man im Hauptschul- und im Grundschulbereich abgebaut hat oder meint abbauen zu können, ins Gymnasium umgeschichtet worden. Das wird aber nicht dem gesamten Gymnasium, sondern überwiegend dem doppelten Abiturjahrgang zugutekommen. Das hat einen hohen Prestigewert. Da möchte man zu guten Ergebnissen kommen.

Ich prognostiziere schon jetzt, dass das vermutlich eine der einfachsten und für alle auch am besten erreichbaren Abiturprüfungen ist. Man hat ja auch die Lehrpläne und die Bildungspläne eingestampft. Aber wenn man weiß, dass es schon interne Diskussionen gibt, nur hier die Versorgung sicherzustellen und im Notfall aus der Mittelstufe Unterricht abzu zweigen, dann sieht man schon, dass das etwas ist, was diesem doppelten Abiturjahrgang geschuldet ist, und dass entgegen Ihrer Darstellung, Herr Schebesta, die zusätzlichen Lehrerstellen aus der Qualitätsoffensive nicht einer Verbesserung der Unterrichtsversorgung insgesamt zugutekommen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Prüfungsauf- gaben stellen keine Politiker!)

Denn, Herr Schebesta, für kleinere Klassen haben Sie zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Aber zum Abbau des Unterrichtsausfalls, den es ohnehin schon gibt, ist keine einzige zusätzliche Lehrerstelle hinzugekommen. Daher wird sich daran auch nichts ändern.

(Beifall bei der SPD – Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Röhm?

Jetzt mache ich meine Rede erst einmal fertig.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie sagen nachher, wann ich die Frage stellen darf!)

Ich sage es dann, Herr Röhm; das ist in Ordnung.

Anders sieht es bei den Realschulen und den beruflichen Schulen aus. Hier rechnen Sie mit steigenden Schülerzahlen. Sie haben aber demgegenüber keinen wachsenden Stellenkegel für die Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung gestellt. Hier bleibt es nur bei mehr Lehrern im Rahmen der Qualitätsoffensive. Aber dies – ich habe es eben erklärt – hat etwas mit einer wachsenden Zahl von Klassen zu tun und nichts mit einer besseren Versorgung für die Schule insgesamt.

Die Verlierer dieses Haushalts sind die Grundschulen. Sie schichten in großem Umfang Stellen von der Grundschule in den Gymnasialbereich um. Wer jetzt in Bezug auf die Grundschule argumentieren würde, es sei doch einmal gesagt worden, auch bei sinkenden Schülerzahlen blieben die Stellen erhalten, um in der Grundschule die individuelle Förderung zu verbessern, der wird jetzt insofern eines Besseren belehrt, als Sie sagen, dies gelte für den gesamten Schulbereich, aber nicht für die einzelne Schulart. Da die Grundschule von der Klassenteilersenkung noch nicht profitiert, werden hier frei werdende Stellen umgeschichtet. Es kommt zu keiner Verbesserung in diesem Bereich.

Wenn ich jetzt noch den Ganztagsschulbereich hinzunehme, muss ich sagen, dass es eher zu einer Verschlechterung kommt. Das werfe ich Ihnen seit Jahren vor. Es gibt in diesen Haushaltsplänen keine kontinuierliche und konzeptionelle Ganztagsschulförderung – außer einigen zusätzlichen Mitteln für zusätzliches pädagogisches Personal. Damit sind aber nicht die Lehrerinnen und Lehrer gemeint, sondern der Ganztagsschulbereich bleibt ein Abfallprodukt Ihrer reduzierten Personalansätze im Gefolge der sinkenden Schülerzahlen.

Weil Sie das in diesem Jahr nicht mehr aufrechterhalten können, machen Sie etwas Neues: Das betrifft die sogenannten Alterlassschulen. Das sind die Schulen aus der ersten Tranche der Ganztagsschulen. Ihnen werden jetzt die Lehrerstunden für die einzelnen Wochen und Klassen reduziert. Statt sieben Wochenstunden pro Klasse zusätzlich für die Ganztagsschulbetreuung wird bei ihnen ab dem kommenden Schuljahr auf nur noch fünf Wochenstunden in den Hauptschulen und von zehn auf sechs Wochenstunden in den Grundschulen reduziert. Damit wird deutlich: Ganztagsschule ist ein Abfallprodukt der sinkenden Schülerzahlen und wird nicht konzeptionell im Haushalt verankert. Hier wird die Qualität sinken.

(Beifall bei der SPD)

An drei Stellen begehen Sie aus unserer Sicht Wortbruch. Die erste – ich will das nur kurz anreißen – betrifft die Schulen in freier Trägerschaft. Es ist nicht das Problem der Schulen in freier Trägerschaft, dass die Kosten eines Schülers der öffentlichen Schulen zugenommen haben, weil die Qualität, die an den Schulen verlangt wird, größer geworden ist. Es ist auch kein Fehler der Schulen in freier Trägerschaft, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler zugenommen hat. Jetzt aber in Anbetracht dieser Situation zu behaupten, die ursprüngliche Einigung und auch das Versprechen an diese Gruppe von Schulen, die uns auch an anderen Stellen viel Geld spart, sei nicht einlösbar gewesen, sondern man müsse sich jetzt mit einem Kostendeckungsgrad von 70,5 % begnügen, obwohl 80 % versprochen worden sind, ist ein Wortbruch, der, glaube ich, nicht nur in diesem Bereich das Vertrauen in die Politik und die entsprechenden Vereinbarungen schwer erschüttert hat.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Zwei weitere Wortbrüche sehe ich z. B. bei dem Leertagezuschuss. Da wurden uns im Ausschuss tolle Darstellungen gegeben, wonach man im letzten Jahr ausnahmsweise einmal so, wie geschehen, hätte vorgehen können. Jetzt wolle man sich mit den Trägern auf ein neues Ausrechnungsverfahren einigen, sodass die Träger mit ihren Einrichtungen letztlich nicht Schiffbruch erleiden würden. Das Ganze wird genau so fortgesetzt, wie es bisher ist. Die Leertagezuschüsse reichen nicht aus. Die Träger stehen auf der Straße, und es passiert überhaupt nichts.

Der dritte Wortbruch – da bin ich nicht Ihrer Meinung, Frau Brunnemer – betrifft den Sport. Man sagt zunächst: „Unabhängig von der Haushaltslage budgetieren wir fünf Jahre in gemeinsamem Einverständnis einen Zuschuss.“ In Jahren, in denen man angesichts der Haushaltslage den Zuschuss durchaus hätte erhöhen können, sagt man: „Bescheidet euch. Nach fünf Jahren werden auch eure Anliegen und eure Bedürfnisse entsprechend berücksichtigt.“ Im letzten Jahr verschlechtert sich schließlich die Haushaltslage, und dann sagt man: „Nein, jetzt müssen wir es verlängern, weil wir uns nicht mit euch an einen Tisch setzen wollen und das Ganze noch einmal neu auf den Boden eines Verhandlungsergebnisses stellen wollen.“ Das ist für mich an dieser Stelle auch ein Wortbruch.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist ein bisschen arg weit interpretiert!)

Das stellt die Konstruktion dieses ganzen Solidarpakts für uns infrage.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt komme ich noch ganz kurz zu den beiden Aufregerthemen. Das eine ist die Unterrichtsversorgung. Ich kann dazu jetzt nicht aus den zahlreichen Briefen und Mails vorlesen. Dazu fehlt mir die Zeit.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das hat Schmiedel auch schon gemacht!)

Herr Rau, im Finanzausschuss verkünden Sie, mit den bis zu 40 Millionen € an Schöpfmitteln, die man z. B. 2009 hatte, werde es möglich sein, genügend Geld zur Verfügung zu stel

len, um allem Unterrichtsausfall durch die entsprechenden Instrumente zu begegnen. In derselben Woche gehen uns Zuschriften von Schulen zu, wonach hier etwas gedeckelt sei – Herr Schebesta hat das ja bestätigt – und man schon organisiertes Personal nicht einstellen könne, obwohl die Betreffenden eine Zusage hatten. Ich kann das an mehreren Beispielen belegen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Jede Menge!)

Das zeigt noch einmal deutlich, dass Sie diesen Bereich mit diesen Instrumenten organisatorisch und auch finanzpolitisch absolut nicht in den Griff bekommen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Dann noch darzustellen, der erhöhte Unterrichtsausfall an den Gymnasien habe etwas mit der Schweinegrippe zu tun, wirft die interessante Frage auf, warum der Schweinegrippevirus offensichtlich vor allem Gymnasiallehrerinnen und Gymnasiallehrer erfasst. Und schwanger wird man davon auch nicht.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Sie müssen in diesen Planungen also vorn ansetzen, wenn es um den Bedarf an Lehrerinnen und Lehrern geht. Sie müssen in der Akquise der Lehrerinnen und Lehrer ein völlig anderes Konzept entwickeln, und Sie müssen bei den Krankheitsstellvertretungen und den entsprechenden Mitteln andere Schlüsse ziehen als die, jetzt auch noch diese Mittel zu reduzieren und auf die Schöpfmittel zu verweisen.

Daher schlagen wir Ihnen vor: Wer diesen Bereich 60 Jahre lang nicht in den Griff bekommen hat,

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

wer immer wieder mit neuen Instrumenten agiert und dennoch Ergebnisse erzielt, die man in einem Privatunternehmen keinem Personalvorstand durchgehen lassen würde – oder die Firma wäre irgendwann am Ende –, der muss sich jetzt endlich einmal mit externen Experten zusammensetzen und überlegen: Was ist an diesem ganzen Prozedere zu verbessern?

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ein Quatsch!)

Wir schlagen Ihnen vor, hierfür das Geld bereitzustellen.

Weil Sie wissen, dass das unten, dort, wo es gespürt und gelebt wird, letztlich nicht positiv ankommt, setzen Sie jetzt noch eine Imagekampagne obendrauf

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje!)

und versuchen, vor Ort im Grunde noch Dinge schönzureden.

(Zuruf des Abg. Reinhold Gall SPD)

Es gibt hier kein Informationsdefizit, Herr Minister,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Doch, ein großes sogar! – Abg. Volker Schebesta CDU: Bei Ihnen schon!)

zumindest nicht bei denen, die damit zu tun haben. Vielmehr gibt es ein Glaubwürdigkeitsdefizit angesichts dessen, was dort tagtäglich erlebt wird.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Daher, meine Damen und Herren: Besinnen Sie sich wieder darauf, gemeinsam mit uns die Qualität zu verbessern.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)