Protocol of the Session on December 10, 2009

b) Welches Datum strebt die Landesregierung für Baubeginn

und Fertigstellung der Maßnahme an?

Schriftliche Antwort des Innenministeriums

Zu a: Die Ausschreibung durch das Regierungspräsidium Tübingen zum Bau einer Kriechspur an der Thanheimer Steige im Zuge der L 360 soll im Januar 2010 erfolgen. Aufgrund der Witterungsverhältnisse in diesem Landesteil ist die mögliche Bauzeit im Jahr relativ kurz. Daher sind eine frühzeitige Ausschreibung und ein entsprechender Baubeginn erforderlich.

Zu b: Der Baubeginn soll nach Verabschiedung des Staatshaushalts im Frühjahr 2010 erfolgen. Die Landesregierung strebt an, das Vorhaben nach Möglichkeit noch vor dem Wintereinbruch im Herbst 2010 dem Verkehr zu übergeben.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums – Kreditklemme bekämpfen: Kreditmoderatoren schaffen unmittelbar Zugang zu Krediten und Bürgschaften – Drucksache 14/3788

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Wem darf ich das Wort erteilen? – Herr Abg. Hofelich, Sie haben das Wort für die Fraktion der SPD.

Liebe Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Natürlich habe ich mir überlegt, ob ich beim Thema „Kreditklemme und Kreditmoderator“ die Emotionen noch höher kochen lassen kann als beim Thema „Stuttgart 21“. Das will ich aber nicht tun. Vielmehr versuche ich jetzt, für einen Antrag, der vor einem Jahr gestellt wurde und zu dem die Stellungnahme vor elf Monaten, also im Januar, Herr Minister, ergangen ist, einfach einmal ruhig die Spur zu ziehen. Ich versuche, zu argumentieren, warum wir diesen Antrag auch heute noch für sehr aktuell halten und der Meinung sind, dass wir ihn auch unter veränderten Prämissen betrachten sollten, die in diesem Hohen Haus vielleicht bei allen Fraktionen eine andere Bewertung auslösen, als sie in der Stellungnahme des Ministeriums vom Januar 2009 zum Ausdruck kommt.

Ich betone, dass ein Kreditmoderator – oder Kreditmediator, wie sich der Begriff zwischenzeitlich herausbildet – immer nur als ein Ausschnitt aus einem Bündel von Maßnahmen in der gegenwärtigen Wirtschaftskrise gelten kann. Er ist niemals ein Allheilmittel und auch niemals ein zentrales Mittel, um eine großflächige Herausforderung anzugehen. Aber er kann ein wichtiger Bestandteil sein. Wir glauben, dass wir hier im Landtag von Baden-Württemberg die Souveränität haben sollten, dieses Thema noch einmal unvoreingenommen zu prüfen.

Erlauben Sie mir, mit Blick auf die Debatte von heute Morgen über die industriellen Arbeitsplätze ein paar Gedanken zu äußern, die zu der Frage des Kreditmediators hinführen. Was war eigentlich? Ich möchte einfach einmal feststellen, dass unsere Industrieunternehmen in den letzten zehn Jahren absolute Vorteile, Fortschritte und Vorsprünge erreicht haben,

was Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Produktivität angeht. Es gibt keine Situation – auch wenn das manchmal unterschwellig mitläuft –, bei der jemand unsere Unternehmen sozusagen durch den Markt bestraft sehen müsste, weil sie irgendetwas falsch gemacht hätten.

Man muss, glaube ich, auch sehen, dass sich drei große Schichtungen ereignet haben. Das Erste ist die Banken- und Finanzkrise, die durch die Immobilienkrise ausgelöst wurde. Das Zweite ist die abschwellende Konjunktur, wie sie sich in einem Zyklus ergibt. Das Dritte sind die Überkapazitäten im Automobilbau. Das ist für Baden-Württemberg insgesamt eine brisante Mischung, die uns vielleicht eher unter Handlungsdruck setzt als andere Regionen in Deutschland oder Europa. Ich glaube nicht, dass wir – trotz der robusten Lage unserer Industrie vor der Krise – in einer Situation sind, in der wir Instrumente einfach ungenutzt lassen oder ihren Einsatz verweigern könnten. Daher denke ich, dass das, was wir heute vorschlagen, eine wichtige Initiative sein kann.

Wie überstehen eigentlich die Unternehmen die Krise? Es gibt Unternehmen, die sagen – das war der Ausgangspunkt –: „Ich überstehe diese Krise, weil es eine Konjunkturkrise ist. Ich bin am Ende beim gleichen Produktionsniveau mit einem ähnlichen Stand an Beschäftigten.“ Das war die normale Melodie vor einem starken Jahr. Zwischenzeitlich ist aber auch klar, dass sich einige die Frage stellen: Wie überlebe ich die Krise? Das ist dann nicht mehr Konjunktur, sondern Struktur. Da sagen sich die Unternehmen: „Ich werde noch tätig sein, weil ich gut bin.“ Andere werden nicht mehr dabei sein.

Es gibt eine dritte Verlaufsform für die Unternehmen. Das ist folgende: Ich nutze die Krise für eine eigene Neujustierung. Völlig unabhängig davon, was die Krise mir gebracht hat, sage ich: Ich wollte die Zahl der Beschäftigten schon immer von 400 auf 300 senken, und ich mache das jetzt einfach.

Die vierte Geschichte ist die – darüber haben wir heute Morgen vor allem gesprochen –: Ich nutze die Krise, um meine eigene Standortdiversifikation zu machen. Ich sage: An diesem Standort weniger, am anderen Standort mehr, weil man am Markt sein muss, wenn man im Markt sein will, weil man im Markt sein muss, wenn man am Markt sein will.

Das sind vier Verlaufsformen von Unternehmen, die alle ihre Berechtigung haben, die sich oft überlagern.

Ich sage an dieser Stelle nur: Industriepolitik für Baden-Würt temberg muss all diese Strategien unserer Unternehmen kennen. Aber sie muss vor allem auf die erste Annahme setzen und als Hauptmotivation diese erste Annahme haben, dass sie einem Unternehmen durch die Krise hindurchhelfen will, damit es am Standort Baden-Württemberg am Ende gleich stark oder stärker ist als zuvor. Das ist die wirkliche Industriepolitik für Baden-Württemberg, der wir uns verpflichtet fühlen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Weil das so ist, sollte man auch nicht nur von industriellen Kernen oder von Nischen der Industrie reden. Vielmehr wollen wir, dass wir das Hauptaugenmerk auf die Industrie in Baden-Württemberg richten, auf die ein Drittel der Arbeitsplätze entfällt und deren Anteil an unserem Wirtschaftsleben mit

angeschlossenen Wertschöpfungsketten sicherlich rund 50 % beträgt.

Da gibt es jetzt, Herr Minister, eine Auseinandersetzung, die interessant ist. Die Banken sagen: „Wir müssen schauen, dass wir solide bleiben, dass wir nicht in neue Turbulenzen kommen.“ Die Industrie sagt aber – das war bei der Jahrestagung des LVI in dieser Woche nachzuvollziehen –: „Wir haben euch, den Banken, geholfen. Jetzt helft ihr uns. Jetzt seid ihr einmal dran, uns für diese Vorleistung auch selbst etwas zu bieten.“ Das heißt, völlig unabhängig von SPD, CDU, FDP und Grünen gibt es derzeit eine Auseinandersetzung zwischen Industrie und Banken über die Fragen: Wer hilft dem anderen? Was ist volkswirtschaftliche Solidarität? In dieser volkswirtschaftlichen Solidarität müssen wir uns entscheiden. Ich bin dafür: Wir entscheiden uns dafür, dass jetzt die Industrie dran ist, dass sie Unterstützung braucht und wir da mithelfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt kommen wir zum Thema Kreditklemme und zum Thema Kreditmoderator.

(Zuruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU)

Das stimmt, Kollege Löffler. Da ich aber selbst Ihre weitschweifige Art kenne, nehme ich an, dass Sie auch dafür Verständnis haben, dass ich einmal auf ein Thema zuführen wollte. Wir können das nachher gern noch bei einem Kaffee ein wenig ausführen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das artet dann aber aus!)

Ja, wir kennen uns lange genug.

Jetzt stellt sich die Frage: Gibt es eine allgemeine Kreditklemme? Die Antwort, Herr Minister, lautet – sie stammt nicht von mir, sondern von Herrn Keitel vom BDI oder von Herrn Dr. Hundt; ich zitiere sinngemäß –: Es ist völlig egal, ob es für 25 %, für 15 % oder für 40 % der Betriebe eine Kreditklemme gibt. Für diejenigen, die zu den 25 % gehören, ist diese Kreditklemme allgemein, weil sie für sie einfach existiert.

Deswegen müssen wir sehen, dass selbstverständlich für eine relevante Zahl unserer Unternehmen heute – das hat sich in den letzten elf Monaten verschärft – trotz der Anstrengungen von Sparkassen und Volksbanken, die nicht genügend dafür zu loben sind, dass sie eine konstante Kreditversorgung halten, eine Kreditklemme da ist. Aber wegen der Tatsache, dass Banken aus dem deutschen Markt herausgegangen sind und Geschäftsbanken zwischenzeitlich wieder andere Rationalitäten haben als die, die wir uns wünschen, ist eine Kreditklemme vorhanden.

Brauchen wir einen Kreditmoderator? Ja, wir brauchen einen Kreditmoderator, einfach deswegen, weil andere ihn schon haben. Herr Brüderle sagt Herrn Pfister: „Ich habe einen Kreditmoderator eingestellt, Herrn Metternich.“ Herr Sarkozy sagt Frau Merkel: „Ich habe einen Kreditmoderator eingestellt, einen, der sogar auf die Eigenkapitalfonds in Frankreich zugehen kann.“

Wir haben eine Situation, in der ein Kreditmoderator als solcher eine Hilfe ist. Wir glauben auch, dass Baden-Württem

berg in dieser Hinsicht aktiv werden kann. Der Kreditmode rator soll beim Wirtschaftsministerium angesiedelt und mit Kompetenzen versehen werden. Wir glauben, dass er sinnvolle Aufgaben hat. Er soll sich um Kreditanträge mit einem Volumen von über 10 Millionen € kümmern. Unter diesem Betrag können die Kammern diese Aufgabe selbst übernehmen, glauben wir. Der Kreditmoderator soll sich Zugang zu allen Instrumentarien des Staates einschließlich der Eigenkapitalhilfen verschaffen, und er soll eine parlamentarische Anbindung haben.

Warum soll er das tun? Ich habe es bereits gesagt. Er soll das deshalb tun, weil die Kreditklemme als Zugangsgröße für viele Unternehmen größer geworden ist und die Kreditvergabe als Flussgröße – ich nehme einmal die Kreissparkassen und die Volksbanken aus – in die Enge geraten ist, weil die Bonität der Unternehmen nicht immer nur die allererste sein kann. Wir müssen die Unternehmen mit dem, was sie an Kreditbedarf haben, in ihrer gesamten Breite erfassen. Wir sind übrigens auch deswegen für den Einsatz eines Kreditmoderators, damit keine Ausflüchte gegeben sind, dass irgendetwas von staatlicher Seite nicht geschehen könne.

Was ist nicht beabsichtigt? Nicht beabsichtigt ist, dass eine Risikoprüfung umgangen oder vermieden wird. Nicht beabsichtigt ist, die Banken aus ihrer Rolle herauszubringen. Darum geht es überhaupt nicht. Es geht darum, dass wir ein Instrument haben, das sich in der Diskussion der letzten Monate gut bewährt hat, weil man gesagt hat: So etwas wollen wir; die Bundesregierung macht das; wir wollen das im Land. In der Region geschieht vor allem Kreditmoderation. Wir wollen, dass wir das hier auch machen.

So viel, Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, zur Begründung unseres Antrags. Wir sind der Meinung: Jetzt ist die Zeit reif, dass wir diesen Schritt machen.

Herr Minister, ich habe keine Scherze über Ihre Ausgangsbemerkung vor einem Jahr gemacht, als Sie gesagt haben: „Ich bin der Kreditmoderator. Kommt alle zu mir.“ Ich versage mir die Kommentare, die sozusagen zwischen gestern und heute liegen. Denn ich meine, dass wir jetzt in der Sache vorankommen müssen. Wir sind dafür, dass wir heute den Beschluss fassen, auf Landesebene einen Kreditmoderator einzusetzen. Ich bitte dazu um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler das Wort.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber jetzt direkt, schnurstracks zum Thema!)

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Der Entenklemmer genießt im Schwäbischen keinen guten Ruf. Ein Entenklemmer ist jemand, der geizig auf seinem Geld sitzt und es nicht ausgeben will. Unseren Banken wird vorgehalten, auch Entenklemmer zu sein. Der Staat hat sie mit Millionen Euro gestützt, und die Europäische Zentralbank ermöglicht ihnen einen Refinanzierungszins von 1 %. Dennoch wird den Banken vorgeworfen,

sie seien knausrig mit der Kreditvergabe, der stockende Kreditmotor drohe die Wirtschaft abzuwürgen.

Die Bundesregierung reagiert darauf und setzt ab März einen Kreditmediator ein, der helfen soll, die Finanzierung unserer mittelständischen Unternehmen zu erleichtern. Das Instrumentarium des Kreditmediators ist bescheiden. Er vermittelt und prüft, ob die Bank einen Kredit zu Recht abgelehnt hat. Der Kreditmediator besitzt keine eigene Entscheidungsbefugnis und kann keine Sanktionen aussprechen.

Ganz neu ist die Idee nicht. Der französische Staatspräsident Sarkozy hat schon im Jahr 2008 einen Médiateur du Crédit eingesetzt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nach unserem Vor- schlag! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Sie bekommen noch ein Dankschreiben von ihm.

Im Saarland, aber auch bei uns hat die SPD die Einsetzung eines landesweit tätigen Kreditmoderators verlangt mit der Begründung, dass sich unsere Unternehmen in einer Kreditklemme befänden und der Moderator unmittelbaren Zugang zu Krediten und Bürgschaften schaffen könne.

Ob ein solcher Kreditmoderator auch bei uns nützlich ist, muss sehr genau untersucht werden. Unser Finanzmarkt unterscheidet sich vom französischen Markt, und er ist nur ein Teilmarkt des Bundes. Der Bund stellt 115 Milliarden € für den Deutschlandfonds bereit und will den Zugang erleichtern.

Die KfW sitzt auf dem Geld. Die Fördermittel kommen kaum bei den Unternehmen an. Warum nicht? Haben die Hausbanken zu wenig Anreiz, aktiv mitzumachen? Ändert sich das nicht, wird es auch ohne sie gehen.