Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten bereits bei der ersten Lesung signalisiert, dass wir dem Gesetz zustimmen werden, auch wenn aus unserer Sicht ganz entscheidende Fragen offengeblieben sind.
Für eine Zustimmung spricht natürlich, dass die Ressourcen und die medizinische Leistungsfähigkeit der Stiftung Orthopädische Universitätsklinik für die Uniklinik gesichert werden, dass mit einer Vollintegration die jahrelange Verunsicherung des Personals endlich zu Ende geht, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird und dass damit auch sämtliche Privatisierungsüberlegungen, die es wieder einmal zuhauf gab, endlich vom Tisch sind.
Aber es sind nach wie vor Fragen offen, vor allem auch, wie ein solches Ausmaß an Missmanagement, Korruption und Untreue trotz der Einschaltung eines Wirtschaftsprüfungsunternehmens möglich war. Es saßen immerhin zwei Vertreter des Landes im Aufsichtsrat der Stiftung. Deshalb, denke ich, hat das Land einen Teil der Schuld mitzuverantworten und müssen die Schulden beim Land hängen bleiben. Daran führt aus unserer Sicht kein Weg vorbei.
Ich benutze in diesem Zusammenhang gar nicht das Wort „sittenwidrig“, Herr Pfisterer. Aber unfair ist es auf jeden Fall, die Schulden, für die man selbst mitverantwortlich ist, einfach jemand anderem aufs Auge zu drücken.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Werner Pfisterer CDU: Und wie steht das mit dem Vermögen dazu?)
Die Rücklagen, die bei der ersten Lesung auch angesprochen wurden, wurden ganz sicher nicht deswegen gebildet, Herr Pfisterer, um Schulden eines vorherigen Betreibers abzubezahlen; sie wurden vielmehr auch gebildet, um wichtige, notwendige Investitionen tätigen zu können. Es ist ganz klar: Wenn das Universitätsklinikum jetzt die Schulden bezahlen muss, dann sinken natürlich die Möglichkeiten des Uniklinikums.
Das wirkt sich natürlich auch zulasten der Beschäftigten aus. Auf deren Rücken wurde, wie leider bei allen Klinika im Land, immer bis an die Schmerzgrenze gespart. Diese Beschäftigten sollen jetzt erneut herangezogen werden, um für den Abbau der Schulden eines anderen Betreibers geradezustehen.
(Abg. Werner Pfisterer CDU: Wieso denn? Sie zah- len doch nichts dafür! Sie haben ja weiterhin ihre Ver- träge!)
Aber es ist klar, dass bei ihnen gespart wird. Das Klinikum muss diese 24 Millionen €, um die es immerhin geht, doch wieder erwirtschaften. Wie soll ein Uniklinikum dies erwirtschaften, wenn nicht letzten Endes auf dem Rücken des Personals?
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass das Ministerium im Frühjahr dieses Jahres noch eine sachgerechte Lösung des Schuldenproblems vor eine Integration in das Klinikum gestellt hat.
Meine Damen und Herren, eine sachgerechte Lösung sieht aber anders aus. Das, was jetzt hier vorliegt, ist nämlich nichts anderes als die für das Land billigste Lösung. Wenn dann wieder wie bei der ersten Lesung argumentiert wird, es spiele doch gar keine Rolle, wer die Schulden trage, Land oder Klinikum, rechte Tasche oder linke Tasche, das Land bleibe ja Gewährträger, dann kann ich nur raten: Fragen Sie doch einmal die Beschäftigten und diejenigen, die dafür Sorge tragen müssen, dass das Klinikum halbwegs kostendeckend arbeitet.
Im Übrigen stellt sich dieselbe Frage bis heute auch bei der Grundsteuer. Selbst heute, da wir in der zweiten Lesung über dieses Gesetz beraten, ist deren volle Höhe noch nicht ermittelt. Ich frage mich, warum eigentlich nicht. Aber eines ist klar: Auch dafür muss natürlich das Klinikum bezahlen und wieder nicht das Land.
Ich weiß, jetzt wird gesagt: Das Klinikum bekommt auch die Grundstücke. Aber veräußern kann das Klinikum die Grundstücke natürlich nicht. So kommen in Wahrheit zu den 24 Millionen € noch einige Millionen dazu.
Eigentlich könnte man das auch einmal umdrehen: Das Land würde einfach die Grundstücke behalten und dann auch selbst die dafür anfallenden Steuern zahlen. Wenn es egal ist, könnten wir es gern auch einmal so herum machen.
Aus den genannten Gründen ist die SPD-Fraktion der Auffassung: Die Übernahme der Stiftung Orthopädische Universitätsklinik in das Klinikum muss erstens ohne eine Übernahme von Altlasten erfolgen. Zweitens dürfen bei dieser Übernahme auf keinen Fall Nachteile für die Beschäftigten entstehen – die aber nach der vorgesehenen Regelung für nicht wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Folge sein dürften; denn durch den Übergang auf den Tarifvertrag des Uniklinikums können für manche auch Nachteile entstehen. Aus diesem Grund schlagen wir einen Überleitungstarifvertrag vor, der zwischen den Tarifparteien einvernehmlich geregelt wird.
Es wäre schön, wenn auch die beiden Regierungsfraktionen den von unserer Fraktion und der Fraktion GRÜNE vorgeschlagenen Änderungen zustimmen würden. Dann würde dieses Gesetz nämlich nicht nur von allen Fraktionen im Landtag getragen, sondern auch von den Beschäftigten des Heidel
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren! Der Heidelberger Kollege Pfisterer hat sich mit seiner heutigen Rede heftig ins Zeug gelegt,
(Abg. Werner Pfisterer CDU: Was heißt „heute“? – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Eine gute Rede war das! Eine hervorragende Rede! – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: Er hat recht!)
nachdem wir noch in der letzten Woche im Wissenschaftsausschuss eine Debatte darüber hatten – ausgelöst von CDU und FDP/DVP –, dass man die Verabschiedung dieses Gesetzes mit möglichst wenig Aufwand heute ohne Aussprache durchziehen möchte.
Wir meinen, da geht es um eine ganze Stange Geld. 24 Millionen € sind harte und für das Uniklinikum voraussichtlich auch traurige Fakten. Wir wollen darüber reden, wer dieses Geld aufbringen muss. Wir wollen über die Frage reden: Wer zahlt, und wer trägt die Verantwortung dafür, dass jetzt 24 Millionen € Altlasten vorliegen? Ihr Gesetzentwurf sagt ganz einfach: Die Altlasten trägt zu 100 % das Universitätsklinikum Heidelberg. Wir sagen in unserem Änderungsantrag von der SPD und uns Grünen: Die Altlasten hat das Land zu tragen.
Eigentlich ist es ist eine völlig eindeutige Angelegenheit, wenn man sieht, wer die Verantwortung für die Altschulden trägt. Der erste Verantwortliche war die Klinikleitung selbst. Spätestens seit 2007 konnte man wissen, dass die Stiftung Orthopädische Universitätsklinik bei Weitem nicht nur Schwierigkeiten wegen der Umstellung auf DRGs und wegen außerordentlich luxuriöser Investitionen im Baubereich hatte, sondern es auch massive hausgemachte Probleme gab. Die Stiftung Orthopädische Universitätsklinik steckte mit ihrer Geschäftsführung tief drin im Sumpf aus Vetterleswirtschaft, Missmanagement und hausgemachten Fehlern. Die Fehler sind übrigens nicht von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gefunden worden, und sie sind auch nicht vom Aufsichtsrat festgestellt worden, in dem das Land nicht nur mit zwei Personen sitzt, sondern auch den Vorsitz hat. Die Fehler sind durch die gründliche Prüfung des Rechnungshofs aufgedeckt worden.
Daher steht auch der zweite Verantwortliche fest: Das ist die Landesregierung selbst, die in ihrer Kontrollfunktion versagt und im Aufsichtsrat offensichtlich nicht viel mehr getan hat,
Keine Verantwortung für die 24 Millionen € trägt das Universitätsklinikum Heidelberg, aber wirklich gar keine. Deswegen ist es überhaupt nicht in Ordnung, dass man jetzt dem Uniklinikum die kompletten Altlasten einer anderen Einrichtung aufbürdet.
Man muss das auch vor folgendem Hintergrund sehen: Wir haben unseren Universitätsklinika eine weitgehende rechtliche Selbstständigkeit gegeben. Wir haben unsere Universitätsklinika aufgefordert und sie beauftragt, als wirtschaftlich tätige Einrichtungen zu agieren. Sie sollen erfolgreich und effizient in einem harten Wettbewerb am Markt agieren. Wir erwarten von ihnen, dass sie wirtschaftlich handeln. Dann kann man ihnen doch nicht die Schulden, die andere produziert haben, aufbrummen wie irgendeiner nachgeordneten Behörde. Das ist ein völliger Widerspruch. Was für ein Anreiz soll das sein, wenn ein Unternehmen, das erfolgreich am Markt agiert, für seinen Erfolg dann dadurch bestraft wird, dass man ihm in die Rücklagen greift und ihm die Schulden anderer aufbrummt? Das kann doch nicht sein! Das ist kein Anreiz, um mit öffentlichem Geld verantwortlich umzugehen.
Die Lösung war aus gutem Grund lange umstritten. Seit zwei Jahren wird über dieses Thema verhandelt. Seit dieser Zeit versucht das Universitätsklinikum zu erreichen, dass diese Schulden nicht an ihm hängen bleiben. Noch im Frühjahr – Frau Kollegin Haller-Haid hat darauf hingewiesen – hat das Wissenschaftsministerium in seiner Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache 14/3997 geantwortet – ich zitiere den entscheidenden Satz; es ging um die Frage der Vollintegration –:
Zwingende Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine sachgerechte Lösung des Schuldenproblems der Stiftung gefunden werden kann, bei der eine Gefährdung des Universitätsklinikums Heidelberg ausgeschlossen wird. Klärungsbedürftig ist auch die Frage einer bei der Eingliederung der Stiftung möglicherweise anfallenden Grunderwerbsteuer.
Heute wissen wir, was „sachgerecht“ für Sie bedeutet: Sachgerecht ist für Sie, 100 % der Schulden an das Universitätsklinikum zu delegieren. Auch die komplette Verantwortung für die Grunderwerbsteuer landet beim Universitätsklinikum. Das ist die wirkliche Motivation dafür, warum Sie von CDU und FDP/DVP lieber keine Aussprache durchführen und lieber nicht so viel Wind um das Thema machen wollten. Sie wollten nicht, dass darüber geredet wird.
Die FDP/DVP hat im Wissenschaftsausschuss gesagt: „Es ist doch egal, wo die Schulden anfallen, ob beim Land oder beim Uniklinikum. Am Ende zahlt es doch der Steuerzahler.“
Ich finde, dass man so nicht mit unseren Einrichtungen umgehen kann. Selbst wenn dem so wäre, müsste das Land sa
gen: Wir übernehmen die Verantwortung. Dann stünden die Altschulden sauber im Landeshaushalt, wo sie hingehören.
Noch ein Satz zum Thema „sittenwidrig“. Ich habe auch nachgeschaut, was im Lexikon darüber zu finden ist. Dort kann man z. B. lesen:
Sittenwidrige Bedingungen bei einem Geschäft sind solche, bei denen man einseitig seine Verantwortung abwälzt auf den schwächeren Partner und ihn zu einer vertraglichen Konstruktion drängt, die er unter freiwilligen Gesichtspunkten nicht eingehen würde.
Das sind sittenwidrige Bedingungen. Sie wissen es auch selbst: Das Uniklinikum hat mit allem, was es hatte, gekämpft, um zu verhindern, dass die Schulden nun von ihm zu tragen sind. Es kann sich halt nicht wehren.
(Abg. Werner Pfisterer CDU: Die übernehmen das doch gern! Die machen das doch gern! Die machen später auch Gewinn!)