Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will gleich vorweg sagen: Die FDP/ DVP-Fraktion hat nichts dagegen, dieses Thema noch einmal im Ständigen Ausschuss zu behandeln.
Kollege Stickelberger hat gesagt, eine Beratung bei der Einsichtnahme sei künftig nicht mehr möglich. Dieser Auffassung sind wir nicht; denn die Einsichtnahme kann nur bei den Grundbucheinsichtsstellen erfolgen, die die Gemeinden einrichten können. Herr Kollege Oelmayer, von zu Hause aus wird das nicht möglich sein. Ich fände es beispielsweise nicht gut, wenn andere Leute in meinem Grundbuch herumfuhrwerken könnten.
Doch. Sie wissen ja: Ich habe größere Latifundien zur Eselshaltung. Aber es geht Sie nichts an, wie groß diese Grundstücke sind und welche Belastungen darauf liegen.
Grundsätzlich möchte ich noch einmal sagen, dass wir die Digitalisierung für richtig halten. Wir sind der Meinung, dass der technische Fortschritt dies geradezu gebietet. Denn es gibt inzwischen – da hat der Kollege Oelmayer recht –
bessere Möglichkeiten der Einsichtnahme. Das digitale Grundbuch kann bürgernäher sein als das jetzige in komplizierter Schriftform.
Damit ist auch ein ganz großer wirtschaftlicher Vorteil verbunden, da sich die Betriebskosten der Grundbuchämter und damit die Belastungen für die Steuerzahler auf Dauer deutlich verringern werden. Auszüge aus dem Grundbuch können zukünftig in digitaler Form angefordert werden, und auf diesem Weg kann besser und vor allem auch schneller auf Einträge zurückgegriffen werden.
Durch die digitalen Zugriffsmöglichkeiten reicht die Zahl von elf Grundbuchämtern auch aus. Ich hätte mir natürlich ein Grundbuchamt in Reutlingen gewünscht. Wenn Ulm eines bekommt, dann hätte Reutlingen eigentlich auch eines haben müssen. Aber Sigmaringen ist nicht so weit, und es wird auch, wie gesagt, keinen riesengroßen Publikumsverkehr geben. Das ist gar nicht erforderlich, weil wir davon ausgehen, dass die meisten Gemeinden diese Grundbucheinsichtsstellen einrichten werden, weil sie selbst natürlich auch möglichst schnell auf diese Informationen zurückgreifen wollen.
Der Kollege Stickelberger müsste – falls er beispielsweise nach Mannheim umziehen wollte – also nur in Ausnahmefällen nach Tauberbischofsheim fahren.
Bislang haben wir noch 667 Grundbuchämter; diese große Zahl verhindert jedoch eine Bündelung der Kapazitäten. Die Digitalisierung birgt also ein enormes Einsparpotenzial, und wir meinen, auch der Service für die Bürger wird dadurch besser.
Es sind noch die Leistungsanreize im badischen Rechtsgebiet – die genannten 6 € – angesprochen worden. Wir sagen, das ist ein Anreiz. Wenn schon die Hälfte der Gemeinden mitmachen, ist das doch gar nicht schlecht; das ist ein guter Anfang. Wir haben auch noch ein bisschen Zeit. Vielleicht muss man die Leute noch stärker auf diese Anreize hinweisen.
Diese „hybride“ Aktenführung – so sage ich das einmal –, dass ein Teil der Grundakten in Papierform erhalten bleibt und die neuen Teile elektronisch geführt werden, halten wir für sinnvoll. Denn auf neue Aktenteile wird eben häufiger zurückgegriffen als auf ältere. Die zentrale Verwahrung der Grundakten in Zusammenarbeit mit der Landesarchivverwaltung ist im Vergleich zur dezentralen Lagerung natürlich auch sehr viel kostengünstiger. Gerade für den Wirtschaftsstandort BadenWürttemberg ist es wichtig, dass sich die Regeleintragungszeiten auf elektronischem Weg deutlich verkürzen und damit Investitionen schneller getätigt werden können.
Wenn die Digitalisierung abgeschlossen ist, werden wir die modernsten und effektivsten Grundbuchämter in der Bundesrepublik Deutschland haben. Wenn es nach uns geht, soll das
Verfahren wie geplant vorangetrieben werden, sodass die Reform bis zum Jahr 2018 erfolgreich abgeschlossen werden kann.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich durchaus, dass die Bedeutung dieser Reform in ihrer Tragweite von allen Seiten des Parlaments offensichtlich erkannt und ständig im Auge behalten wird. In der Tat hört sich das im Moment trocken an: „Grundbuchamtsreform“. Das ist aber natürlich im Blick auf die vergangenen Jahrzehnte eine der größten Umwälzungen in der Justiz, und zwar eine, die durch technische Veränderungen, die wir gerade auch im Bereich des Grundbuchs nicht einfach ignorieren können, eindeutig angesagt ist.
Ich erinnere mich an die Zeit, als wir die Debatte über ein elektronisches Grundbuch angefangen haben. Wir waren da bekanntlich unter den Bundesländern nicht sehr früh dran, weil wir die dezentralste Struktur in der Bundesrepublik haben. Wir haben in Baden-Württemberg noch heute mehr Grundbuchämter als die gesamte restliche Bundesrepublik zusammen. Deswegen hatten es die anderen – Bayern mit 70 Standorten oder Sachsen mit 30 Standorten – natürlich leichter.
Es war also eigentlich höchste Zeit, die neue Technik in den Grundbuchämtern einzuführen. Trotzdem gab es damals noch skeptische Fragen, ob man so etwas überhaupt machen soll. Ich glaube, heute sind wir so weit, dass kein Mensch mehr auf die Idee käme, ein Grundbuch, diesen Papierbestand, anders zu führen als im Endeffekt elektronisch. Wir sind auch auf einem guten Weg.
Eine davon ist die Standortfrage. In welchen Orten es Grundbuchämter geben wird, steht bereits fest, und an den Standorten findet natürlich auch schon emsig die Suche nach geeigneten Lösungen statt. Wir nutzen also die Zeit, wie man auch generell sagen muss: Auch wenn das Ganze zwischen 2012 und 2017 stattfinden soll, schauen wir schon jetzt, dass wir die Zeit bis dahin optimal zur Vorbereitung nutzen. Einerseits war es sicherlich weise, sich einen ausreichenden Horizont zu geben; andererseits nützt es jedoch nichts, wenn man die Zeit nicht nutzt. Also nutzen wir sie natürlich.
Diese Zeitschiene wirkt sich ein Stück weit auch auf das Personal aus. Im Zusammenspiel zwischen dem zeitlichen Horizont und den Standorten glaube ich, sagen zu können, dass wir an den Standorten, die sich in der Nähe der Ballungszentren befinden, durchaus Chancen haben, dass ein Großteil der Bediensteten, die vielleicht gar nicht in der Stadt wohnen, auch am neuen Standort tätig sein werden. Bei anderen Standorten wie z. B. Tauberbischofsheim wird das eher weniger der Fall sein. Das muss man ganz klar sagen. Es sei aber noch einmal daran erinnert, dass es kein Fehler ist, auch in Tauberbischofsheim ein paar Arbeitsplätze zu schaffen. Denn andererseits tun wir uns im Rhein-Neckar-Raum sicherlich leichter,
das Personal innerhalb des Justizbereichs zu vermitteln, gerade über einige Jahre hinweg. Deswegen glaube ich, dass wir es insgesamt auch hinbekommen werden, das Personalproblem zu lösen.
Die größte Herausforderung wird darin bestehen, genügend qualifiziertes Personal auch für das neue Grundbuch zu haben, und weniger darin, Personal in andere Stellen zu vermitteln. Das sehen wir eindeutig als das geringere Problem an. Dafür gibt es in den Ballungsräumen einfach so viele Dienststellen, und auch der Zeitraum ist lang genug, um reagieren zu können.
Noch einmal zum Thema „Bürgernähe und Nutzung“. Wir gehen in der Tat nicht davon aus, dass an den elf Standorten ein nennenswerter Publikumsverkehr stattfindet. Es mag Ausnahmefälle geben, wenn es sich um sehr große kommunale Projekte oder auch privat getragene Projekte handelt, in denen ein Mitarbeiter der Kommune oder des Projektträgers vielleicht einmal ein, zwei Tage vor Ort ist, wenn sich so viele Fragen kumuliert hintereinander stellen. Aber dann muss man sagen, dass im Rahmen des Gesamtprojekts selbst eine Reise nach Tauberbischofsheim – so weit weg ist das auch nicht – natürlich eine völlig normale Sache ist, und zwar auch in der Vorbereitung eines solchen Projekts. Aber wir können uns das im Grunde genommen wirklich nur als Ausnahmefall vorstellen.
Normalerweise bekommt man den Zugang entweder über einen der 500 Notare oder über eine Gemeinde, die am Verfahren teilnimmt – in all diesen Fällen ist natürlich auch eine fachliche Begleitung gewährleistet –, oder eben über die elf Amtsgerichte. Ich meine, bezogen auf ein Land wie BadenWürttemberg sind, wenn man elf Standorte hat, auch für die meisten Teile des Landes keine unüberwindlichen Distanzen zu überwinden, wenn man selbst zu einem dieser Grundbuchämter kommen wollte. Ich sage aber noch einmal: Wir werden das als Ausnahmefall zu betrachten haben.
Jetzt zu der Frage, wie weit wir eigentlich sind. Wie weit sind wir bei der Digitalisierung? Es sei noch einmal schnell ins Gedächtnis gerufen: Wir haben im württembergischen Landesteil 70 % geschafft. Wir haben im Schnitt im badischen Landesteil 50 % geschafft. Hinter den 50 % verbergen sich allerdings in der Tat zwei sehr unterschiedliche Werte, nämlich über 90 % bei den staatlichen Grundbuchämtern und 30 % bei den Kommunen. Da liegt also noch die größere Herausforderung.
Wir versuchen, dieser Herausforderung durch das angekün digte „6-€-Gesetz“ zu begegnen. Mittlerweile haben wir durch eine Umfrage ermitteln können, dass es für viele der Gemeinden eine interessante Vorstellung ist, ab 2012 ein digitalisiertes Grundbuch zu übergeben. Das wäre natürlich auch für uns viel besser.
Aber trotzdem ist das Volumen, das herauskommt, nennenswert. Jedenfalls lohnt es sich, mit einem solchen Gesetz, dem „6-€-Gesetz“, noch einmal einen Anreiz zu setzen.
Für das, was auf diesem Weg nicht geschieht, kommen die vorhin angesprochenen Erfassungszentren ins Spiel. Herr Oelmayer, Sie haben nach den Standorten gefragt. Die Standorte sind in Heilbronn und in Villingen-Schwenningen. Gerade der Standort Villingen-Schwenningen ist ganz bewusst auf dem baden-württembergischen Grenzgebiet angesiedelt. Denn wir stellen uns das so vor, dass diese zusätzlichen Erfassungszentren – wir haben schon eines in Stuttgart, das sehr gut arbeitet – erst die Arbeit in Württemberg fertig machen, aber dann bereitstehen, um in Baden den „Rest“ zu erledigen.
Es bleibt eigentlich nur noch das Stichwort Fremdvergabe anzusprechen. Hinsichtlich der Fremdvergabe gibt es innerhalb der Landesregierung eine Absprache. Bei dem ganzen Thema geht es ein Stück weit auch um das Sparen, um sinnvolles Sparen. Auch hier wird natürlich auch vonseiten der Kollegen aus der Finanzverwaltung die Frage gestellt: Was ist eigentlich günstiger, Fremdvergabe für den Rest oder selbst erledigen? Im Moment ermitteln wir programmgemäß, wer das überhaupt machen könnte. Dafür gibt es sehr unterschiedliche Angebote. Ich kann einer Entscheidung und einer internen Abstimmung hier nicht wirklich vorgreifen, aber ich könnte mir schon vorstellen, dass es in diesem Fall eindeutig sinnvoller ist, den begonnenen Weg zu beschreiten, den Kommunen die 6 € zu geben und den Rest mit den Erfassungszentren zu machen. Denn wir haben bei diesem Projekt schon immer ein bisschen die Gefahr, dass die Partner etwas anbieten, ohne genau zu wissen, was auf sie zukommt.
Zum Stichwort Kosten: Wir sind nach unseren Schätzungen selbst dann, wenn wir einen Puffer einrechnen, eigentlich vollständig in dem Bereich, den wir bisher an Kosten für die restliche Digitalisierung angegeben haben. Da gibt es also keine Hiobsbotschaften irgendwelcher Art, sondern im Gegenteil: Wir haben da noch ein bisschen Luft, um reagieren zu können, wenn sich einzelne Punkte in diesem nicht immer leicht absehbaren Prozess etwas anders als geplant entwickeln soll ten. Auch da gibt es also keine kritischen Informationen, die hier zu geben wären.
Noch ein Wort zu den Grundakten, weil das ein wichtiges Thema ist: Bei den Grundakten war die Frage: Lohnt sich eine Volldigitalisierung, oder machen wir es immer bezogen auf den Zugriff? Die Volldigitalisierung lohnt sich aus unserer Sicht bei den Grundakten nicht. Die Grundakten sind wichtig, sie werden gebraucht, ganz klar. Aber sie deswegen komplett zu digitalisieren wäre wirklich ein riesiger Aufwand, und das Problem lässt sich auch anders lösen.
Übrigens ließe sich ein Teil des Problems schon dadurch lösen, dass wir nicht so viel in die Grundakten aufnehmen. Auch hier lohnt ein Vergleich mit anderen vergleichbaren Justizorganisationen. In Österreich z. B. sind wesentlich weniger Informationen in den Grundakten gespeichert, und es funktioniert auch. Man könnte also darüber nachdenken: Was wird überhaupt aufgenommen? Was muss aufgenommen werden, und was ist redundant?
Wir wollen es so machen: Wir werden die Grundakten voraussichtlich an einem einzigen Standort unterbringen. Das ist
nicht ganz einfach, weil es immerhin um ca. 160 km Akten geht. Aber machbar ist es natürlich. Es gibt genügend „Hütten“ im Land Baden-Württemberg, um die Unterbringung zu ermöglichen. Dort wird dann, wenn eine Anfrage kommt, auf den Zugriff hin digitalisiert und die Auskunft gegeben.
Technisch ist das alles darstellbar, auch in kurzer Zeit. Wir wissen, dass wir es so organisieren müssen, dass der Service hinterher besser ist als zuvor. Wir haben den Ehrgeiz, dass er – im Durchschnitt des Landes gesehen – auch zeitlich besser ist als vorher.
Wir werden, um Platz zu sparen, beispielsweise die elektronische Antragseinreichung für Notare verpflichtend einführen – dafür gibt es jetzt eine gesetzliche Grundlage –, wie es beim Handelsregister schon geschehen ist. Das wird dazu beitragen, dass dort die Digitalisierung einen Sprung nach vorn macht.
Wir werden – auch das ist vielleicht noch nachzutragen und ist interessant – beim Betrieb dieser zentralen Registratur, was die Grundakten angeht, mit der Landesarchivverwaltung zusammenarbeiten. Das liegt nahe; denn diese Behörde hat im Umgang mit Papier und auch im Auskunftswesen die meiste Erfahrung und ist auch an einer Zusammenarbeit interessiert. Ich glaube deshalb, dass wir auch hier zu funktionierenden und kostengünstigen Ergebnissen kommen können.
In den Jahren 2012 bis 2017 wird das Vorhaben also über die Bühne gehen, im württembergischen Landesteil in der Tat synchronisiert mit den Veränderungen im Notariat. Aus heutiger Sicht kann man sagen: Ich glaube, wir haben die Angelegenheit ganz gut im Griff. Es ist immerhin Neuland. Ich will aber noch einmal sagen: Ich empfinde Ihre Fragen in diesem Bereich als hilfreich, auch wenn sie von der Opposition kommen.