Protocol of the Session on December 9, 2009

Genau. Vor allem den zweiten Teil, Herr Bullinger, würde ich Ihnen nachreichen.

Zur ersten Frage, Herr Bullinger: Diese Frage ist natürlich schon mit Ernst zu betrachten. Wir haben ein sehr aufwendiges Lehrereinstellungsverfahren, das bereits während des zuvor laufenden Schuljahrs beginnt. Bereits im November werden Einstellungszusagen erteilt. Über mehrere Tranchen gibt es mehrere Ausschreibungsverfahren, sowohl das Direkt ausschreibungsverfahren als auch das sogenannte schulschar fe, stellenbezogene Verfahren. Da kann es natürlich zu der Situation kommen, dass Lehramtsbewerber, wenn sie nahezu eine feste Zusage in der Tasche haben, „von der Schippe springen“.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und zwar kurz vor Schulbeginn! Unverschämt!)

Wenn sie die Verbeamtung noch nicht erhalten haben, können sie rechtlich gesehen „von der Schippe springen“. Das führt dazu, dass wir immer wieder auf das Nachrückverfahren verweisen müssen. Wenn es Schulen gibt, die sich darüber beklagen, dass möglicherweise erst im August oder zu Schuljahrsbeginn die Lehrkräfte zugewiesen werden, hängt das eben nicht mit dem angeblich nachlässigen Verhalten der Schulverwaltung zusammen, sondern es hängt, Herr Bullinger, genau damit zusammen, dass es auch Personen gibt, die kurz vor Torschluss dem Schulamt sagen: „Tut mir leid, ich kann die Stelle nicht annehmen“,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ohne Kon- sequenzen! – Gegenruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Quatsch!)

und dann das Schulamt in Nöte gerät und neue Personen für die Einstellung finden muss. Die Möglichkeit einer rechtlichen Konsequenz für die Betroffenen ist in diesen Fällen leider nicht gegeben.

Die Antwort auf die andere Frage würde ich Ihnen gern nachliefern.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Das Wort erhält jetzt noch einmal Herr Abg. Kaufmann.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Noch einmal?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorhin wurde von den Vertretern der Regierungskoalition darauf hingewiesen, dass sich der Lehrerbedarf in einer Schule ändern kann. Frau Vossschulte, das ist richtig. Dass eine gewisse Flexibilität vorhanden sein muss, ist richtig. Dass nicht alle befristeten Vertragsverhältnisse verlängert werden können, ist auch richtig.

Aber der Punkt, um den es geht, ist doch ganz einfach. Wenn Sie in die Stellungnahme zu unserem Antrag schauen, dann

sehen Sie doch, dass zwei von drei befristet angestellten Lehrkräften nach den Ferien wiederkommen. Da ist die Frage: Ist es fair, wenn die sich im Juli verabschieden und sagen: „Wir sehen uns nach den Sommerferien wieder“, und bis dahin nicht bezahlt werden? Nur um diesen Sachverhalt geht es.

Bei den Lehramtsanwärtern ist gegen eine flexible Lehrereinstellung selbstverständlich gar nichts einzuwenden. Ich begrüße auch ausdrücklich, dass frühzeitig Zusagen gegeben werden, um die guten und sehr guten Leute zu halten. Aber soll man dann einfach sagen: „Wir wissen ja, dass ihr wiederkommt“? Diese Pädagogen verabschieden sich in die Ferien, und wir wissen, dass sie nach den Ferien wiederkommen. Die Frage ist, ob wir dann als Arbeitgeber wirklich eine faire Haltung einnehmen, wenn wir sagen: „Aber für diese Zeit setzen wir euer Gehalt aus.“

Ich will daran erinnern, dass die jungen Leute, die ihren Dienst beginnen, ohnehin schon einen Beitrag zum Sparen leisten. Sie müssten wissen, dass ein Studienrat mit einem vierprozentigen Abschlag von seinem Gehalt über die ersten drei Jahre zu rechnen hat. Somit leisten diese Lehrkräfte schon einen entsprechenden Sparbeitrag für den Landeshaushalt.

Insofern stellt sich die Frage: Ist es gerecht, wie wir mit den Beschäftigten umgehen? Da hilft auch kein Hinweis auf die Landeshaushaltsordnung. Sie ist zudem nicht sakrosankt. Für uns stellt sich die politische Frage: Wie gehen wir mit dieser Situation um?

(Beifall bei der SPD)

Es wurde auf private Unternehmen, auf die Industrie hingewiesen. Dazu muss ich sagen: Dort ist dieses Verhalten die Ausnahme. Der Lehrling und der Trainee werden in der Regel übernommen, es sei denn, das Projekt fängt erst später an. Bei uns ist es aber die Regel, dort ist es die Ausnahme. Das ist der gewaltige Unterschied, meine Damen und Herren.

Insofern möchte ich schon einmal darauf verweisen, dass bei der Diskussion im Finanzausschuss – Frau Rastätter hat es angesprochen – insbesondere von der FDP/DVP darauf hingewiesen wurde, dass man nach Lösungsmöglichkeiten sucht. Ich bedaure ausdrücklich, dass hier in dieser Richtung keine Aussage getroffen wurde.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Mir liegen in der Aussprache keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 14/3697.

Abschnitt I ist als Berichtsteil erledigt.

Abschnitt II beinhaltet ein Handlungsersuchen. Darüber soll sicherlich abgestimmt werden. Wer Abschnitt II des Antrags der Fraktion der SPD, Drucksache 14/3697, zustimmt, möge bitte die Hand heben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist Abschnitt II mehrheitlich abgelehnt.

(Abg. Helen Heberer SPD: Ganz knapp!)

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Jus tizministeriums – Gesamtkonzeption zur Digitalisierung der Grundbücher und Grundakten und zur geplanten Konzentration der Grundbuchämter auf elf Amtsgerichte – Drucksache 14/3700

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Justizministerium, nicht „Juschdizminischderium“!)

Mit aufgerufen ist auch der Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 14/5557.

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: fünf Minuten für die Begründung, in der Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Für die SPD-Fraktion darf ich Herrn Abg. Stickelberger das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Systemumstellung des Grundbuchwesens in Baden-Württemberg ist sicherlich ein Kraftakt, eine langjährige Prozedur, die von allen Beteilig ten viel Aufwand und Kraft erfordert. Deshalb nehmen wir das Thema auch nicht leicht.

Vorweg möchte ich sagen: Sie wissen, dass die SPD-Fraktion mit dieser Reform grundsätzlich einverstanden ist. Über das Ob dieser Reform brauchen wir deshalb nicht zu diskutieren. Es geht jetzt in den Jahren, die noch vor uns liegen, und im Rückblick auf das, was bereits geschehen ist, um das Wie der Umsetzung dieser Reform.

Wir haben dazu einen Änderungsantrag eingebracht, weil unser ursprünglicher Antrag schon einige Monate alt ist. Dieser Änderungsantrag, den wir gestern eingebracht haben, wur- de durch die Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 14/5552, die wir ebenfalls gestern erhalten haben, inzwischen teilweise beantwortet, sodass wir schon ein Stück weit klarer sehen, was die Digitalisierung des Grundbuchs angeht.

Trotzdem habe ich einige grundsätzliche Bemerkungen. Unsere Kritik hat sich auf drei wesentliche Punkte konzentriert: erstens auf die Standortwahl, zweitens auf das Prozedere hinsichtlich der Digitalisierung und drittens auf den Umgang mit dem Personal.

Zu den Standorten möchte ich nicht mehr viel sagen. Die Standortentscheidungen sind getroffen. Sie stellen uns nicht zufrieden. Insbesondere ist für uns nach wie vor nicht nachvollziehbar, warum etwa das Grundbuchamt für Mannheim in Tauberbischofsheim liegen muss.

(Beifall bei der SPD)

Dass dies natürlich Bestandteil eines Kompromisses zur Umstrukturierung der staatlichen Schulverwaltung und der Flurneuordnungsverwaltung war und nach der Intention der Landesregierung der Stärkung des ländlichen Raums dienen soll, wissen wir; so wurde es gesagt. Das muss man schon glauben. Ein überzeugendes Argument dafür haben wir noch nicht gehört. Aber ich will da jetzt nicht nachkarten.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Hauptsache, Ulm bleibt!)

Hauptsache, Ulm bleibt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Neu-Ulm!)

Bei der Digitalisierung wird es schon schwieriger. Herr Minister, Sie haben in dem Bericht der Landesregierung zur Beratenden Äußerung des Rechnungshofs, die uns heute mit der Mitteilung der Landesregierung, Drucksache 14/5552, zugegangen ist, ausführlich Stellung genommen, insbesondere was den Fahrplan der Digitalisierung angeht, einmal im badischen und einmal im württembergischen Landesteil. Das Zieljahr 2018 wird wohl konform gehen, synchron laufen mit der Notariatsreform. Das ist auch gut so.

Gleichwohl ergeben sich aus Ihrem Bericht natürlich wiederum neue Fragen, etwa was das „6-€-Gesetz“ angeht, mit dem ein Anreiz dafür geschaffen werden soll, dass die badischen Gemeinden mit der Digitalisierung sozusagen in die Puschen kommen, um es einmal auf gut alemannisch zu sagen. Hier bestehen erhebliche Rückstände bei der Aufarbeitung. Das wird uns noch beschäftigen. Wie das im Einzelnen ablaufen wird, wissen wir noch nicht.

Mit Interesse haben wir zur Kenntnis genommen, dass in Ihrem Bericht von einer Vergabe der Ersterfassung nach außen die Rede ist. Bisher ist die Ersterfassung mit Landespersonal, mit kommunalem Personal erfolgt. Jetzt, nachdem schon viele Ersterfassungen erfolgt sind, sprechen Sie in Ihrer Stellungnahme von einer Vergabe der Ersterfassung nach außen, sprich von einer Privatisierung oder einer Klärung durch den freien Markt.

(Abg. Thomas Oelmayer GRÜNE: Fremdvergabe!)

Dabei würden wir natürlich schon gern wissen, wie man sich das vorzustellen hat und warum man erst jetzt, nachdem wir schon jahrelang über die Digitalisierung diskutieren, bei der Ersterfassung eventuell auf private Anbieter zugeht.

Ein weiterer Punkt ist die Hybridlösung, die jetzt wohl kommt. Zum einen gibt es die Digitalisierung, zum anderen die Erhaltung des Altbestands in Papierform, wobei erst ab einem bestimmten Stichtag die Digitalisierung erfolgen soll. Da stellt sich natürlich schon die Frage, nach welchen Kriterien man diesen Stichtag wählt und ob gerade das Zeitprinzip ein aussagefähiges Merkmal für die Relevanz von Grundakten ist, etwa bei einer Beurkundung oder anderen Vorgängen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass ein Notar im Sinne einer seriösen Bearbeitung bei einer Beurkundung nicht auf die Grundakten insgesamt zurückgreifen müsste.

Damit sind wir natürlich bei dem Problem, wie der Bürger diesen Zugang zum Grundbuch hat. Da haben wir schon Bedenken, auch jetzt in der Übergangsphase. Wir haben künftig zentrale Erfassungsstellen, wir haben eine zentrale Aufbewahrung der Grundbücher im Landesarchiv, und wir haben die Grundbuchämter vor Ort. Wir haben also gegenüber dem bisherigen Rechtszustand eher eine Zersplitterung der Zuständigkeiten. Dazu hätten wir gern weitere Aufklärung, wie das dann in der Praxis laufen soll.

Die Grundbuchämter sind bisher im Sinne der Bürgernähe so verfahren, dass der Bürger bei der Einsichtnahme ins Grundbuch vor Ort auch beraten wurde. Diese Beratungsfunktion fällt aus unserer Sicht

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr wichtig!)

bei der digitalen Einsichtnahme weg. Das ist für uns natürlich schon ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Bewertung. Aber dazu werden wir in der nächsten Zeit sicher noch einiges hören.