auf der anderen Seite aber nicht zu sagen, wie es finanziert werden soll. Man hat ja einmal gesagt, dies solle über Einsparungen bei Hartz IV finanziert werden. Darüber lacht ja jeder in der Kommune.
Wir müssen uns als Land ganz real der Frage stellen: Wie können wir gemeinsam mit denen, die nach dem Kinderund Jugendhilfegesetz zuständig sind, nämlich den Kommunen, den wirklich notwendigen Ausbau – darüber streiten wir ja gar nicht – an Betreuungsmöglichkeiten, und zwar an qualifizierten Betreuungsmöglichkeiten, hinbekommen?
Ich behaupte einmal, dass der faktische Druck auf die Kommunen, mehr Plätze zur Verfügung zu stellen, schlicht und einfach dadurch kommen wird, dass das auf Bundesebene
von der CDU-Familienministerin propagierte und inzwischen schon fast definitiv beschlossene Bundeselterngeld – –
Was denn „Blabla“? Das Bundeselterngeld bedeutet ein wirkliches Umdenken auch auf der rechten Seite des Parlaments. Damit wird zum Ausdruck gebracht: Ja, wir wollen es als Lohnersatzleistung und gehen davon aus, dass viele, die diese Lohnersatzleistung in Anspruch nehmen, nach dem ersten Lebensjahr des Kindes – möglicherweise plus zwei Vätermonaten – tatsächlich wieder in den Beruf einsteigen. Ich erkläre ja nur, dass dadurch faktisch wahrscheinlich sehr viel mehr Menschen wieder an ihren Arbeitsplatz zurückwollen.
Noch einmal: Es geht doch nicht darum, irgendwelche ideologischen Barrieren aufzubauen. Selbstverständlich glauben wir, dass es richtig ist, den Eltern – den Vätern und Müttern – die freie Wahl zu lassen. Nur: In der Tat stehen sie vor der Entscheidung, entweder in eine längere familiäre Betreuung ihrer Kinder einzutreten oder wieder in ihren Beruf zurückzukehren. Diese alten ideologischen Fronten sollten wir einfach einmal lassen, weil es faktisch so ist: Wir haben heute viel mehr gut ausgebildete junge Frauen, die selbstverständlich möglichst schnell wieder ihren Beruf ausüben wollen, weil das nicht nur eine Frage des Verdienstausfalls ist, sondern weil die Betroffenen ihre Karriere nicht wie geplant fortsetzen können, wenn sie zu lange Pausen haben. Jeder, der selbst Kinder oder Enkel hat, weiß, dass das im Moment wirklich die zentrale Herausforderung ist.
Jetzt kommt es darauf an, dass wir in der Tat – und jetzt nehme ich das, was Sie, Brigitte Lösch, gesagt haben – dafür sorgen müssen, dass aus dem Kinderland Baden-Württemberg – ich drehe es jetzt einmal herum – nicht, wenn die Kinder später erwachsen sind, ein Kummerland wird, weil sie dann nämlich nur noch vor Schuldenbergen stehen. Das heißt, wir müssen uns schon einmal ernsthaft überlegen, wie wir das tatsächlich finanzieren können. Ich höre insbesondere von Herrn Metzger – jetzt ist er nicht da – und von anderen auf dieser Seite immer wieder: Ihr müsst von den Schulden herunter; es soll keine Neuverschuldung mehr geben. Jetzt einfach zu sagen: „Mehr Geld, mehr Geld; da muss mehr Landesgeld hinein“, wird auch nicht helfen.
Da haben wir doch schon gemeinsam etwas getan, und zwar nicht nur für die Phase der vorkindlichen Betreuung, sondern eigentlich für die gesamte Schulzeit. Das ist ja ein Gesamtprogramm, das wir zusammen mit den Kommunen entwickelt haben, zu dem jeder seinen Teil beiträgt. Da passiert auf kommunaler Ebene, liebe Kolleginnen und Kolle
Die Kommunen kommen ihrer Pflicht nämlich sehr wohl nach, und wenn wir sie an anderer Stelle entlasten – zum Beispiel im Ganztagsschulbereich –, dann sind sie durchaus bereit und in der Lage, bedarfsgerecht die Möglichkeiten zu bieten, die die Familien in unseren Kommunen tatsächlich brauchen. Denn die Kommunen sind ja viel näher an den Menschen, die tatsächlich diese Bedürfnisse haben, dran.
Besonders wichtig scheint mir auch zu sein, dass wir das tun, was in der Vergangenheit immer ein bisschen zu kurz gekommen ist, weil Sie immer sehr stark auf die institutionelle Förderung geschaut haben, nämlich eine Gleichbehandlung der Tagespflege ermöglichen. Ich glaube, es lohnt sich schon, einmal Modelle anzuschauen – auch da kann ich nur wieder die Kommunen loben – und sich zum Beispiel einmal zu überlegen: Wenn eine Kommune einen Zuschuss zur Tagesmutterbetreuung gibt und da ein neues Modell auflegt – so etwas passiert nämlich gerade in LeinfeldenEchterdingen –, dann kommt sie das unter dem Strich vielleicht sogar billiger, als wenn sie Krippenplätze einrichtet. Auch da ist viel Fantasie gefragt. Man sollte nicht immer nur mehr Geld fordern, sondern auch einmal neue Ideen einbringen. Ich glaube, da sind wir gemeinsam mit den Kommunen auf einem guten Weg.
Abschließend möchte ich trotzdem sagen – da stimme ich der Frau Lösch von den Grünen zu; das ist völlig bekannt –:
Wir hatten ja mühsam versucht, diese 10-%-Umschichtung beim Landeserziehungsgeld zu vereinbaren, und haben sie dann vereinbart. Ich glaube, das wird auf Dauer nicht reichen, weil ich der Meinung bin, dass staatliche Transferleistungen Aufgabe des Bundes sind – das macht er ja auch, und zwar mit dem Bundeselterngeld und dem Kindergeld – und dass wir uns als Land gemeinsam mit den Kommunen in der Tat darauf konzentrieren sollten, da, wo wir originär zuständig sind, mehr und qualitativ bessere Betreuungsmöglichkeiten anzubieten, und zwar für alle Altersgruppen von der Geburt bis zum Abschluss der Bildungskarriere. Ich glaube, es lohnt sich auch, weiterhin gemeinsam für die Überzeugung zu kämpfen, wie wichtig eine qualitativ gute Betreuung und Bildung für unsere Kinder ist. Dann werden Sie nämlich nicht ein Kummerland vorfinden, sondern ein Kinderland, das dann auch diese neuen Möglichkeiten ohne zusätzliche Schulden bieten kann.
Für die Landesregierung erteile ich das Wort der Ministerin für Arbeit und Soziales, Frau Dr. Stolz.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir wollen natürlich das Kinderland Nummer 1 werden. Wir sind weit weg davon, Kummerland zu sein.
In einem Land, das die höchste Geburtenrate in der Bundesrepublik hat, in einem Land, in das viele junge Familien zuziehen und aus dem sie nicht fortziehen, in einem Land, das den höchsten Anteil an berufstätigen Müttern hat, können wir, denke ich, nicht von Kummerland reden. Vielmehr sind wir mit dem Kinder- und Familienland auf einem guten Weg.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Christoph Palmer CDU: Sehr gut! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das musste ein- mal gesagt werden!)
Meine Damen und Herren, das Thema „Betreuungsangebote für Kinder aller Altersgruppen“ ist uns und auch dem Ministerpräsidenten wichtig. Aber wir fangen ja nicht bei null an. Ich erinnere daran, dass Baden-Württemberg das erste Bundesland ist, das den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz erfüllt und übererfüllt hat.
Nun sind wir dabei, die Betreuung für unter Dreijährige bedarfsgerecht und qualitätvoll auszubauen. Wir haben im Jahr 2002 mit dem Konzept „Kinderfreundliches BadenWürttemberg“, das hier schon angesprochen wurde, die Weichen gestellt. Wir sind mit diesem Konzept in die Förderung von Krippen und in den Ausbau der Tagespflege eingestiegen. Wir haben hier allein im Jahr 2003 zusätzlich 15 Millionen € für den Ausbau der Klein- und Schulkinderbetreuung zur Verfügung gestellt.
Die Erfolge dieser Förderprogramme können sich sehen lassen. In der Stellungnahme zu dem Antrag der SPD sind die Zahlen genannt. Vor Beginn der Krippenförderung verfügte Baden-Württemberg über rund 1 800 Krippenplätze. Bereits im ersten Förderjahr 2003 konnten rund 3 300 Krippenplätze gefördert werden. Das war fast eine Verdoppelung innerhalb eines Jahres. Im laufenden Haushaltsjahr wurden 8 377 Krippenplätze zur Förderung angemeldet. In dieser kurzen Zeitspanne konnte also das Platzangebot – und ich sage dazu: in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen und Einrichtungsträgern – weit mehr als vervierfacht werden. Ich meine, es ist eine Sache der Sprachregelung, ob das als „Schneckentempo“ bezeichnet werden kann. Ich denke, wenn man innerhalb dieser kurzen Zeit das Angebot in gemeinsamer Anstrengung vervierfacht, dann ist das mehr als Schneckentempo.
Plätze in Kinderkrippen sind aber nur eine Säule der Kleinkindbetreuung in Baden-Württemberg. Die zweite Säule ist die Betreuung in altersgemischten Gruppen. In diesem Bereich stehen derzeit rund 7 500 Plätze, insbesondere für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr, zur Verfügung. Dieses
Platzangebot wird im Rahmen des Kindertagesbetreuungsgesetzes und des Finanzausgleichsgesetzes gefördert.
Die dritte Säule der Kleinkindbetreuung ist die Kindertagespflege. Hier zahlt sich aus, dass die Landesregierung bereits seit 1995 den Aufbau von örtlichen Tagesmüttervereinen unterstützt – lange bevor die SPD auf die Idee kam, dass das eine gute Sache ist.
Heute bestehen landesweit 50 solcher Vereine, die maßgeblich zum Ausbau der Tagespflege beitragen. Im Rahmen der Kindertagespflege stehen derzeit über 14 000 Betreuungsplätze zur Verfügung, die Hälfte davon für Kinder unter drei Jahren. Insgesamt verfügt Baden-Württemberg derzeit über rund 23 000 Betreuungsplätze für Kleinkinder. Dies entspricht einem Versorgungsgrad von 7,8 %. Sie sehen die Dynamik, liebe Kollegin Wonnay.
In der Stellungnahme nannten wir noch 7,7 %. Jetzt, einige Wochen später, können wir von 7,8 % reden. Ich denke, wir können die Arbeit so fortsetzen.
Wir sind uns mit den Verbänden der Einrichtungsträger, den kommunalen Landesverbänden, den Kirchen und auch den freien Trägerverbänden in dieser Fortentwicklung einig. In der Koalitionsvereinbarung haben wir verabredet, dass sich das Land weiterhin mit 10 % an den Betriebskosten der Kinderkrippen und am Ausbau der Strukturen in der Tagespflege beteiligen wird.
In diesem Zusammenhang – das ist schon angesprochen worden – weise ich auch darauf hin, dass der Ministerrat erst an diesem Dienstag überplanmäßig weitere Mittel in Höhe von 1,7 Millionen € für die Kleinkindbetreuung bereitgestellt hat – entsprechend dem Bedarf, der hier befriedigt wird. Das ist auch vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Haushaltslage durchaus bemerkenswert.
Damit unterstützen wir die Kommunen des Landes bei einer Aufgabe, für die sie originär zuständig sind.
Um die zur Verfügung stehenden Mittel noch zielgerichteter einsetzen zu können, überarbeiten wir derzeit die Verwaltungsvorschriften zur Förderung der Kleinkindbetreuung. Ich denke dabei an eine passgenauere Staffelung der Zuschüsse für Krippen nach den dort vorgehaltenen Betreuungszeiten. Wer mehr für die Kleinkindbetreuung tut und auch mehr Kleinkinder zu betreuen hat, soll auch mehr Landesförderung erhalten. Mit den Trägerverbänden sind wir uns über diese Ziele einig.
Wir werden bei der Neufassung der Förderrichtlinien darauf achten, dass Nachteile einzelner Träger weitgehend ausgeschlossen werden können. Ich denke dabei an großzügige Übergangsregelungen, die es einzelnen Trägern ermöglichen sollen, ihren Betrieb an die neuen Fördergrundsätze anzupassen. Es wird keine Einstellung der Förderung der Spielgruppen geben.