Protocol of the Session on November 26, 2009

Wenn Sie sich die Auflistungen anschauen, dann sehen Sie Schulsysteme, die mit Ansätzen von Gesamtschulen arbeiten und erfolgreich sind, und Sie sehen solche, die sehr viel schlechter abschneiden als Deutschland. Sie sehen, dass Deutschland im letzten Jahrzehnt erhebliche Fortschritte erzielt hat und dass Länder wie Schweden abgestürzt sind. Kommen Sie doch nicht mit solchen Banalitäten, wie Sie sie uns immer wieder zumuten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Die Menschen nehmen Ihnen das nicht ab. Das ist das stärks te Argument: Die Menschen nehmen es Ihnen nicht ab. Im September gab es eine Forsa-Umfrage, die belegt, dass nur 31 % der Deutschen die Zukunft des Schulsystems in einer Abschaffung des gegliederten und differenzierten Systems sehen. Liebe Frau Rastätter, es sind sogar 53 % der GrünenWähler, die nichts davon halten, das gegliederte und differenzierte Schulwesen bei uns abzuschaffen.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE – Gegen- ruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Da haben Sie noch viel zu tun!)

Wir haben ein sehr eindrucksvolles Beispiel in Hamburg geliefert bekommen, wo sich die Menschen in einer sehr großen Zahl gegen eine solche Strukturveränderung wehren. Die grüne Senatorin Goetsch, die ich persönlich sehr schätze und aus der KMK gut kenne, hat die Lage mit ihren Vorstößen zur Veränderung des Schulsystems offensichtlich falsch eingeschätzt.

Wir setzen darauf, dass in unseren Schulen viele Möglichkeiten bestehen, Bildungsbiografien angemessen zu entwickeln, sodass die Schülerinnen und Schüler das, was sie an Potenzial haben, auch entwickeln können, dass sie an unterschiedlichen Stellen neue Entscheidungen zu ihrer Bildungsbiografie fällen können, dass sie von einer Schule zur anderen aufbauen können. Wir sichern die Durchlässigkeit, und wir sichern die Übergänge, auch die Übergänge aus dem einen Schulsystem in ein anderes. Wir haben gestern hier über berufliche Schulen gesprochen. Diese spielen dabei eine ganz wesentliche Rolle.

Offensichtlich ist der Fraktionsvorsitzende der SPD auf dem Rückzug, was die Einheitsschulpläne der SPD angeht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der ist doch gar nicht da!)

Er hat sich auch schon zurückgezogen. – Laut „Südkurier“ vom 13. November hat er sich wie folgt geäußert:

Was nütze die Forderung nach zehn Jahren gemeinsamer Schule, wenn in der Bevölkerung höchstens sechs gemeinsame Jahre durchsetzbar seien …

So weit ist Herr Schmiedel immerhin schon gekommen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Immerhin! Er möchte Spitzenkandidat werden! Da muss das Anse- hen steigen!)

Ach so, Sie meinen, das wäre wegen der Spitzenkandidatur, Herr Kollege Röhm?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Dann müsste er auf vier Jahre zurückgehen. Vielleicht wird das dann noch besser.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Von einer Schulentwicklung kann bei den Ideen der SPD auch deshalb nicht die Rede sein, weil hier nichts organisch aus Bestehendem und Bewährtem heraus weiterentwickelt wird. Genau das ist aber der Grundgedanke der Werkrealschule, dass aus Bewährtem etwas Neues entwickelt wird.

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

Deswegen möchte ich zu einigen Fragen Stellung nehmen, aber dazu brauche ich Sie nicht unbedingt als Stichwortgeber. Ich glaube, es ist wichtig, noch einmal in Erinnerung zu rufen, was in dem Gesetz steht, das dieses Haus verabschiedet hat.

Sie

die Werkrealschule –

ist grundsätzlich mindestens zweizügig und kann auf mehrere Standorte verteilt sein.

Wie man sich die Verteilung vorzustellen hat, kann man der Begründung des Gesetzes entnehmen:

Eine unter einer gemeinsamen Leitung stehende Werkrealschule kann auch so auf mehrere Schulstandorte verteilt sein, dass die Klassenstufen 5 bis 7 je einzügig auf zwei oder mehrere Standorte verteilt werden. Dies gilt vor allem für diejenigen örtlichen Konstellationen, in denen nur auf diese Weise die Bildung einer Werkrealschule ermöglicht werden kann. Die Klassenstufen 8 bis 10 sollen mindestens zweizügig geführt werden.

Damit ist klar: Eine horizontale Teilung ist unproblematisch, auch wenn sie vor Ort einen gewissen Aufwand sowie eventuell zusätzlichen Lehrerbedarf auslöst. Für eine vertikale Teilung in den Klassenstufen 5 bis 7 muss man gute Gründe haben, für eine vertikale Teilung in den Klassenstufen 8 bis 10 sogar Gründe, die belegen, dass die Bildung einer Werkrealschule anders nicht möglich wäre.

So ist das „Sollen“ aus dem Gesetzestext eindeutig zu interpretieren, aber das andere ist nicht ausgeschlossen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Nur theoretisch nicht aus- geschlossen!)

Die Gründe müssen allerdings schon so sein, dass klar wird, dass die Bildung einer Werkrealschule anders nicht möglich ist.

Insbesondere für die Teilung in den Klassenstufen 8 bis 10 haben wir bisher solche stichhaltigen Gründe noch nicht vorgelegt bekommen; aber der Antragsschluss ist auch erst in drei Wochen. Ich glaube, dass in manchen Orten besonders intensiv um die Frage der sachlichen Begründung der Dinge, die man vor Ort entwickelt, gerungen wird.

Ich weiß, dass Standortthemen Emotionen wecken. Es geht hier aber um die Zukunftschancen der Jugendlichen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es! – Abg. Norbert Zeller SPD: Genau darum geht es!)

Deswegen will ich von dieser Stelle aus auch die Bürgermeis ter noch einmal eindringlich auffordern, nicht Standortthemen in den Vordergrund zu rücken, sondern das Thema unter dem Aspekt des Bildungsangebots zu betrachten.

(Abg. Walter Heiler SPD: Das machen Bürgermeis ter immer!)

Da habe ich, Herr Bürgermeister Heiler, so meine Zweifel, ob das in jedem Fall so geschieht. Aber ich glaube, es ist ganz normal, dass wir miteinander darüber reden.

Ich will hier noch ein anderes Thema ansprechen, das vor Ort eine wichtige Rolle spielt und der Klärung bedarf. Was steht zur Frage von einzügigen Schulen im Gesetz, die ihre derzeitige zehnte Klasse weiterführen wollen? Ich zitiere:

In Ausnahmefällen kann das Angebot eines sechsten Schuljahres aufrechterhalten werden; …

So steht es im Gesetzestext.

Zur Verdeutlichung heißt es:

Bestehende einzügige Hauptschulen mit einem sechsten Schuljahr können dieses unter Anpassung an das neue Konzept weiter führen, sofern eine Mindestschülerzahl von derzeit 16 erreicht wird; diese Mindestschülerzahl wird künftig entsprechend der Entwicklung des Klassenteilers angepasst werden.

Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir uns an den hier mehrheitlich gefundenen gesetzgeberischen Willen halten. Ich möchte dazu auch zitieren, was Staatssekretär Wacker heute in einem Interview geäußert hat. Ich glaube, das macht deutlich, wie wir bei uns im Haus zu dieser Frage stehen:

Wir lassen klar begründbare Aussagen zu.

Ausnahmen bestätigen die Regel, wenn die Regel den roten Faden darstellt.

Wenn ich unbegründete Ausnahmen zur Regel mache, dann ist das pädagogische Konzept infrage gestellt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Schlau, sehr schlau!)

Es ist eindeutig: Ausnahmen sind möglich, aber Ausnahmen können nicht zur Regel werden.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ist es!)

Ich glaube, dass wir uns daran ganz gut orientieren können.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Aussage ist mul- tifunktional! – Vereinzelt Heiterkeit)

Sie ist generell anzuwenden, lieber Kollege Zimmermann. Das ist wichtig.

Wir müssen feststellen, dass die Schülerzahlen an unseren Schulen insgesamt rückläufig sind und wir uns dieser Entwicklung nicht verschließen können, indem wir sie negieren. Sie haben vorhin einen Bürgermeister zitiert,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Der will seine Werk realschule erhalten und hat nur fünf Schüler!)