Protocol of the Session on November 26, 2009

Wir fordern die Abschaffung der Kfz-Steuer. Da hat sich zwar in Richtung ökologischer Komponente etwas geändert, aber wir alle wissen, dass das aufgrund der geringen Beträge keine große Lenkungswirkung hat. Außerdem sind in Deutschland knapp 1 000 Beamte mit diesem Bereich beschäftigt. Wir glauben, dass es im Gegenzug richtig ist, ebendiese Nutzerfinanzierung einzuführen – und zwar unter einer Prämisse, meine Damen und Herren, nämlich dass 100 % dieser Mittel auch in den Straßenbau gehen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Ich kann einem Nutzer erklären, dass es, wenn er mehr zahlt und bessere Straßen hat, eine gute Sache ist. Ich kann aber keinem Nutzer erklären, wie es kommt, dass er immer mehr zahlt und die Straßen trotzdem immer schlechter werden. Deshalb ist das eine Prämisse, von der nicht abgerückt werden kann.

Ich rufe Sie auf: Geben Sie die Blockadehaltung auf. Wenn Sie keinen besseren Vorschlag haben, dann lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie man mit einer entfernungsabhängigen Maut Nutzereffekte, ökologische Effekte und ökonomische Effekte zum Wohl der Nutzer der Straßen in Deutschland optimieren kann.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Jo- chen Karl Kübler CDU: Sehr gut!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte das Problem, das schon angesprochen wurde, noch einmal durch eine Grafik veranschaulichen.

(Der Redner hält eine Grafik in die Höhe.)

Man muss gar nicht viel erkennen, sondern nur die beiden Farben blau und orange unterscheiden. Das ist die Verkehrsprognose für 2020. Blau heißt, bis dahin nimmt der Verkehr ab, und orange heißt, er nimmt zu. Man sieht, im Südwesten, im Westen steuern wir auf eine Katastrophe zu.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Die Katastrophe wurde schon beschrieben. Der Ausgangspunkt ist ein Investitionsstau. Woher kommt der Investitionsstau? Ich greife einmal auf die Analyse des Ministerpräsidenten zurück. Er hat am 1. Oktober 2008 an dieser Stelle erklärt:

Als Rot-Grün regiert hat …, war der Bundesfernstraßenbau mit 1 Milliarde € höher als heute finanziert. Mir wäre es nicht im Traum eingefallen: Grün raus, Schwarz rein, 1 Milliarde € für den Straßenbau weniger.

Nach der Analyse von Herrn Oettinger ist also die CDU schuld am Investitionsstau.

(Beifall bei der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Wie hieß der Bundesverkehrsminister, Herr Kollege? – Gegenruf des Abg. Jörg Döpper CDU: Das war Herr Tiefensee!)

„Grün raus, Schwarz rein“ war seine Analyse.

(Zuruf von der CDU: Aber jetzt reden wir über Rot!)

Jetzt reden wir über die Lösung, die jetzt von Schwarz-Gelb kommt. „Wir brauchen mehr Geld“, sagt Herr Mappus. „Dazu erheben wir eine Maut; aber wir belasten nicht den Autofahrer, sondern geben das an anderer Stelle sofort wieder zurück.“ Erst nimmt man also das Geld, dann gibt man es zurück, und mit dem Mehr, das man hat, bezahlt man Straßen. Aber man will gar nicht mehr, man will alles wieder zurückgeben.

(Zurufe der Abg. Jörg Döpper CDU und Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP)

Das ist etwa so, Herr Mappus, wie Ihre Ansage: Wir müssen jetzt zwei Dinge machen: Steuern senken und den Haushalt konsolidieren.

(Abg. Ingo Rust SPD: Genau!)

Herr Franz vom Sachverständigenrat sagt aber: „Und“ geht nicht; es ist ein Entweder-oder.

So ist es auch mit der Maut. Wenn Sie mehr Geld wollen, dann müssen Sie sagen: Wir erheben eine Maut. Punkt. Dann haben wir mehr Geld, und dann können wir mehr ausgeben. Sie sagen aber: „Wir streichen die Kfz-Steuer.“ Wissen Sie, wie viel das ausmacht? Die Einnahmen aus dieser Steuer betragen 8 Milliarden €. Wenn Sie das über eine Maut erheben wollen, dann brauchen Sie schon einen „Autobahn-Bäbber“ über 200 €. Jetzt kommt aber noch dazu: Die Mineralölsteuer soll auch noch gesenkt werden.

(Abg. Ingo Rust SPD: Aha!)

Dann sind wir schon bei 300 € für den „Bäbber“.

(Abg. Ingo Rust SPD: „Mehr Netto“!)

Das bedeutet aber nur: linke Tasche, rechte Tasche. Da ist noch nicht mehr drin. Wenn Sie also über die Maut mehr einnehmen wollen, dann reden wir über einen „Bäbber“ über 400 €.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Nein, wir reden darüber, dass die ausländischen Nutzer auch zahlen! Das ist das Thema!)

Ja, darüber rede ich gleich noch. Jetzt bin ich erst noch bei dem „Bäbber“. Herr Rülke hat ja von einem „Bäbber“ gesprochen. – Wissen Sie, was dann bei einem „Bäbber“ für 400 € passiert, wenn im Gegenzug die Kfz-Steuer gestrichen wird? Derjenige, der mit seinem Kleinwagen zur Arbeit pendelt, zahlt dann 400 €.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Der wird zusätzlich belastet, weil seine Pkw-Steuer längst nicht 400 € beträgt. Aber Herr Stihl mit seinem Maybach freut sich natürlich über eine kräftige Steuersenkung. Das ist eine soziale Ungerechtigkeit erster Güte.

(Beifall bei der SPD – Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt kommt die alte Sozialneidnummer!)

Jetzt komme ich zu dem von Ihnen vorgeschlagenen elektronischen System.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt kommt der Sozialist wieder!)

Das ist nicht Sozialismus, mein lieber Kollege. Das ist einfach arbeitnehmerorientiert.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Populismus, schie- rer Populismus!)

Das ist arbeitnehmerorientiert. Sie wollen die Kosten einer Steuerentlastung für die großen Schlitten den kleinen Leuten aufdrücken. Nicht mit uns!

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir wollen, dass Straßen gebaut werden, sonst wollen wir gar nichts! – Abg. Stefan Mappus CDU: Für die Sozialneidnummer ist doch Frau Mattheis zu- ständig! – Weitere Zurufe)

Das elektronische System, Herr Mappus, bringt zwei große Probleme mit sich. Erstens ein technisches Problem:

(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das ist wohl wahr!)

Es dauert Jahre von der Entscheidung bis zur Realisierung.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Deswegen müssen wir einmal anfangen!)

Jetzt sagen Sie, wir sollten mit der Blockade aufhören. Wenn ich die Zeitung richtig lese, dann erfahre ich, dass es die Bundesregierung in Ihren Farben Schwarz-Gelb ist, die sagt: Das machen wir nicht.

(Abg. Ingo Rust SPD: Warum denn? „Mehr Netto vom Brutto“!)

Überzeugen Sie also erst einmal Ihre eigene Truppe in Berlin.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Mache ich, keine Sorge! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

Wenn dann die Entscheidung getroffen würde, dann dauerte es noch immer Jahre bis zur Umsetzung. Dann wird das Sys tem vielleicht im Jahr 2018, 2019 ins Laufen kommen.

(Zuruf des Abg. Ingo Rust SPD)

Wir haben hier aber ein Problem, eine Katastrophe,

(Der Redner hält eine Grafik in die Höhe.)

wenn bei uns nichts Zusätzliches geschieht.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Jetzt sind wir aber ein- mal auf Ihre Lösungsvorschläge gespannt! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt sind wir aber auf Ihre Vorschläge gespannt!)