Es soll Berufe geben, in denen man am Wochenende arbeiten muss. Vorhin haben wir von der Polizei geredet. Wenn man einen Beruf in der Gastronomie anstrebt, weiß man, dass man andere Arbeitszeiten hat als in anderen Berufen. Manche machen das übrigens ganz bewusst, weil man dann z. B. unter der Woche frei hat. Dafür gibt es schon heute Gesetze, die eingehalten werden müssen. Darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten.
Deshalb glaube ich – das ist auch ein Hinweis –, dass es wichtig ist, den jungen Menschen schon während der Schulzeit – da sind wir beim Thema „Werkrealschule, stärker berufsorientierte Ausbildung“ – realistische Vorstellungen über das Berufsbild zu vermitteln. Dazu stehen wir schon.
Jetzt kommt das Entscheidende, diese eine Stunde nachts, um die es offensichtlich geht. Ich sage dazu: Wir stehen dazu, dass in unserem dualen Ausbildungssystem der Arbeitgeber die Verpflichtung zur Ausbildung hat; das ist keine Frage. Aber er sollte auch ein bisschen davon profitieren, indem er in der Hauptgeschäftszeit Zugriff auf die Leute hat, und hinsichtlich der Hauptgeschäftszeit ist die Gastronomie nun einmal nicht mit anderen Branchen vergleichbar.
Deswegen halten wir es für akzeptabel, dass man sagt: Bis 23:00 Uhr ist Arbeit zumutbar – natürlich nur dann, wenn mittags eine Pause gewährt wird; das ist überhaupt keine Frage.
Es ist auch schon gesagt worden: Wir müssen doch einfach einmal die Realitäten sehen. Zu der Zeit, als das Jugendarbeitsschutzgesetz mit Arbeitszeiten bis spätestens 20:00 Uhr allgemein und spätestens 22:00 Uhr in der Gastronomie nor
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Na, na, na! Jetzt einmal ehrlich! – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, natürlich!)
Jetzt wissen viele von uns, dass heutzutage derjenige, der nicht gegen 22:00 Uhr oder noch später aus dem Haus geht,
Das heißt, es ist doch kein „Schleifen“ des Jugendschutzes, wenn man ermöglichen will, dass im gastronomischen Bereich junge Menschen auch dann, wenn sie unter 18 Jahre alt sind, eine Ausbildung machen können, indem wir diese eine Hürde beseitigen, damit die Beschäftigten dann, wenn das Geschäft brummt, auch tatsächlich eingesetzt werden können. Ich finde, das wäre eine flexible Anpassung an heutige Bedingungen.
Daher glaube ich, wir sollten uns nicht wechselseitig die Sorge um den Schutz der jungen Menschen bei der Ausbildung absprechen.
Wir wollen das zeitgemäß an die Bedingungen der heutigen Zeit anpassen. Wir sollten vor allem nicht ein Berufsbild schlechtreden – das tun Sie hier –, das inzwischen Gott sei Dank ein ganz anderes Image hat.
Tatsächlich finden solche Leute, die eine grundständige Ausbildung durchlaufen hatten, manchmal eine Anstellung im Krankenhaus, im Pflegeheim usw.
Allerletzte Bemerkung: Offensichtlich wollen Sie Ihre Vorurteile nicht widerlegen lassen. Sie haben offensichtlich nicht mit dem DEHOGA gesprochen. Ich lese und höre immer, dass Sie von „die DEHOGA“ reden, möglicherweise weil der letzte Buchstabe ein A ist. Es heißt aber „der DEHOGA“, der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband. Da sollten Sie einmal mit Leuten wie Eva Rühle aus Bad Urach, die für die Lehrlingsausbildung, die Azubi-Ausbildung in Baden-Würt temberg zuständig ist, reden und sich zeigen lassen, welche
hoch qualifizierte, tolle Ausbildung da geboten wird. Schwarze Schafe gibt es überall; die finden sie dann schon heraus.
Insbesondere sollte man es nicht an dieser einen Frage, ob man das Jugendarbeitsschutzgesetz nicht ein bisschen flexibilisieren könnte, festmachen.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da bin ich einmal ge- spannt, was ihr jetzt macht! Ihr hättet ja die Macht! Ich bin gespannt, ob diese Bewerbungsrede ernst ge- meint war!)
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Allein in Baden-Württemberg wurden bis zum 30. September dieses Jahres rund 76 000 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, viele davon wiederum im Hotel- und Gaststättengewerbe. Für jeden einzelnen Jugendlichen bedeutet der Beginn einer Ausbildung eine große Umstellung und eine große Herausforderung. Wir müssen daher gemeinsam darauf achten, dass diese jungen Menschen im Arbeitsleben vor Überforderung und vor gesundheitlichen Gefahren geschützt werden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das Jugendarbeitsschutzgesetz stammt aus dem Jahr 1976. Wir alle wissen, dass sich unsere Gesellschaft und insbesondere die Berufswelt seit dem Jahr 1976 weiterentwickelt haben. Denken wir nur an die Vielzahl der neuen Ausbildungsberufe, die seit 1976 entstanden sind. Es ist daher unter allen Beteiligten unbestritten, dass das Jugendarbeitsschutzgesetz einer Novellierung bedarf.
Seit September 2006 bereitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe diese Novelle auf Fachebene vor. Der aktuelle Zeitplan sieht vor, den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe noch vor der Sommerpause 2010 zu präsentieren. Das heißt, das Thema ist also nicht, wie von manchen befürchtet, Bestandteil des sogenannten 100-Tage-Programms der Bundesregierung.
Auch der neue Koalitionsvertrag auf Bundesebene sieht in der Tat vor, dass Ausbildungshemmnisse im Gastgewerbe durch ein flexibleres Jugendarbeitsschutzgesetz abgebaut werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in Zeiten der globalen Wirtschaftskrise muss uns die Beschäftigung Jugendlicher
besonders wichtig sein. Dabei müssen wir zum einen den Bedürfnissen der ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen und zum anderen den organisatorischen Bedürfnissen der Betriebe Rechnung tragen. Kurzum: Wir müssen Ausbildungshemmnisse abbauen.
Gern wird dabei suggeriert, dass eine Flexibilisierung in der Ausbildung gleichbedeutend mit einer Verschlechterung der Ausbildung für die Jugendlichen sei. Das ist falsch. Da müssen wir schon genauer hinschauen.
Eine Verschiebung der Nachtruhe und der Schichtzeiten um jeweils eine Stunde, also von 22:00 Uhr auf 23:00 Uhr, schafft nach einer Umfrage des Hotel- und Gaststättenverbands bis zu 2 000 zusätzliche Arbeitsplätze für Minderjährige. Das ist insbesondere für Haupt- und Realschüler ein zusätzliches Ausbildungspotenzial.
Dabei bliebe die tägliche Arbeitszeit für die Jugendlichen unangetastet, lieber Kollege Winkler. Die ausbildenden Betriebe könnten die Auszubildenden so jedoch besser in den betrieblichen Ablauf einplanen.
Herr Kollege Dr. Noll hat es vorhin zu Recht angesprochen. Als Eltern wissen wir schon lange, dass die Teenager in ihrer Freizeit erst nach 22:00 Uhr in die Disco gehen.
Es kann also, liebe Frau Kollegin Lösch, nicht so schlimm sein und bedeutet schon gar nicht den Untergang des Abendlands, wenn Jugendliche in einem Alter, mit dem es ihnen rechtlich möglich ist, nach 22:00 Uhr vor dem Tresen zu stehen, hin und wieder auch einmal zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr hinter dem Tresen stehen müssen.