Protocol of the Session on November 5, 2009

die Körperschaften sein. Die gesetzlich Versicherten hingegen werden verlieren und mehr bezahlen. Das kann nicht richtig sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Mielich.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Damen und Herren!

Der Gesundheitsfonds muss weg. Er ist zu teuer, zu bürokratisch und leistungsfeindlich

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

und führt direkt in die zentral gesteuerte Staatsmedizin mit allen bekannten negativen Folgen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der Abg. Renate Ra- stätter GRÜNE)

Das, Herr Kollege Noll, ist ein Zitat von Ihnen. Sie sind all die Jahre, seit es den Gesundheitsfonds gibt, ein engagierter Verfechter seiner Abschaffung gewesen. Wir haben gemeinsam gekämpft, um den Gesundheitsfonds abzuschaffen.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Sie haben sozusagen auch Ihr persönliches Schicksal damit verbunden. Jetzt muss man fragen: Was passiert denn jetzt?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Warten Sie doch ein- mal ab! Nach einer Woche! – Zuruf des Abg. Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP)

Der Gesundheitsfonds bleibt. Es ist in der Politik mittlerweile doch ein Spiel geworden, bei dem es nur noch um die Frage geht: Wer kann sein Gesicht wahren?

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Da haben Sie recht! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Nur der, der eines hat!)

Diejenigen, die den Gesundheitsfonds eingerichtet haben – die CDU –, würden auch dafür sorgen, dass der Gesundheitsfonds in dieser Form erhalten bleibt. Sie sagen: „Er wird im Prinzip ausgehöhlt. Es soll eine Regionalisierung geben, es soll wieder eine Beitragshoheit der Regionen geben.“ Aber letztlich bleibt der Gesundheitsfonds erhalten. Darum frage ich Sie: Was soll dieser Gesundheitsfonds überhaupt noch? Welche Kompetenzen hat er? Was kostet er eigentlich, und warum schaffen Sie es nicht, ihn tatsächlich abzuschaffen?

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das ist das eine.

Die zweite Kernaussage ist: Im Wahlkampf wurde riesengroß plakatiert: „Mehr Netto vom Brutto“. Sie machen jetzt „Rechte Tasche – linke Tasche“. Sie reden von gigantischen Steuer erleichterungen in Höhe von 20 Milliarden €. Darüber haben wir gestern debattiert. Auf der anderen Seite sagen Sie, Sie wollten das Defizit der Krankenkassen durch Steuererhöhungen bzw. durch Steuerlasten finanzieren. Wie soll das denn funktionieren? Sie können doch nicht einerseits sagen, Sie wollten gigantische Steuererleichterungen, und andererseits das Gesundheitssystem durch Steuern finanzieren wollen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das verstehen Sie nicht! – Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Nein. – Das ist eine unglaubliche Lüge und eine Verdummbeutelung der Bevölkerung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Der nächste Punkt: Sie machen es sich mit der Reform des Gesundheitssystems insgesamt total einfach.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Sie sagen, es solle einen grundsätzlichen Strukturwandel geben. Den werden Sie auch machen; davon bin ich überzeugt.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Prima!)

Aber was heißt „grundsätzlicher Strukturwandel“? Sie wollen ein System der Entsolidarisierung.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Quatsch! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Blödsinn!)

Sie sagen: „Die Arbeitgeberbeiträge werden eingefroren.“

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir wollen freie Arzt- wahl, freie Therapiewahl! Schluss mit der Zweiklas- senmedizin!)

All das, was darüber hinaus bezahlt werden soll, sämtliche Kostensteigerungen im Gesundheitssystem werden von den

Arbeitnehmern, von den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen bezahlt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Sie wollen Gleichmacherei!)

Das ist unsolidarisch ohne Ende.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herr Hoffmann, Sie haben den Reha-Tag angesprochen, auf dem wir drei ja waren. Wir hatten die Möglichkeit, dem alten Weisen Heiner Geißler zu lauschen.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Um Gottes willen! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Oh! Sind Sie jetzt auch eine Geißler-Anhängerin?)

Ich fand das sehr beeindruckend. Er hat in der Bewertung des aktuellen Gesundheitssystems ganz deutliche Worte gefunden.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Er hat klar gesagt: „Das ist die Ökonomisierung der Gesundheit, und das ist die Entsolidarisierung.“

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Er war sein Leben lang noch nicht Mitglied einer gesetzlichen Kranken- kasse! Noch nie!)

Als Grundwert hat er noch einmal sehr deutlich herausgestellt, dass es wichtig ist, ein Menschenbild nach vorn zu bringen und ein Menschenbild in dieser Gesellschaft auch zu verankern, das keine Unterschiede macht, das nicht unterscheidet zwischen arm und reich, zwischen Frau und Mann, zwischen alt und jung und zwischen gesund und krank. Das ist der Kerngedanke des deutschen solidarischen Versicherungssystems. Das kündigen Sie mit Ihrer Politik und mit dem, was Sie jetzt vorhaben, auf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Unsinn!)

Mich wundert – das muss ich wirklich sagen –, dass die Herren und Damen der CDU das mitmachen. Denn sie sind eigentlich diejenigen, die immer erklärt haben, dass für sie die soziale Marktwirtschaft ein wichtiges Bollwerk ist, das nicht zu verhandeln ist. Das hört sich jetzt auf jeden Fall ganz anders an. Das ist das Nächste.

Ein Weiteres ist: Was die FDP in der Gesundheitspolitik will, ist ja völlig klar; das erkennt man, wenn man den Koalitionsvertrag liest, aber auch, wenn man die Kommentierung des Koalitionsvertrags liest.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Der ist von beiden unterschrieben! Von beiden!)

Ja, er ist von beiden unterschrieben worden, aber offensichtlich gab es da große Unterschiede. Wenn Sie heute nur schauen, wer wann Beifall geklatscht hat, dann muss man wirklich sehen, dass die FDP da recht einsam dasteht.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie haben auch nicht gerade Ovationen!)

Es gibt auch innerhalb der CDU große Vorbehalte gegen die Pläne des FDP-Gesundheitsministers. Derjenige, der wirklich keinen Hehl daraus macht, ist Ministerpräsident Seehofer,

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Oh! Ihr neues Vor- bild! – Heiterkeit bei der FDP/DVP)

der deutlich sagt: Dieses System „Mehr Wettbewerb, mehr Freiheit – die Freiheit, die wir meinen“ ist auf jeden Fall nicht zu machen. Ich bin sehr gespannt, was daraus wird. Ich glaube, dass es unterm Strich nicht dazu führen wird, dass die Gesundheitsversorgung besser wird. Es wird dazu führen, dass die Gesundheitsversorgung insgesamt teurer wird. Es wird ganz schnell dazu führen, dass die gesetzlich Versicherten deutlich mehr Beiträge zahlen müssen, und sie werden keine Möglichkeit haben, sich dagegen zu wehren. Das halte ich für ein Riesenproblem.

In der zweiten Runde sage ich noch etwas zu den Auswirkungen auf die Landespolitik.