Ich möchte aber darauf hinweisen, dass daneben das Bemühen, auch niedergelassene Ärzte in die Notfallrettung einzubeziehen, durchaus noch etwas verstärkt werden sollte. Ich bitte die Ministerin, gemeinsam mit der Ärztekammer und den ärztlichen Körperschaften in dieser Hinsicht noch einmal einen Anlauf zu starten. Wir wissen aber sehr wohl, dass die Krankenhäuser bei der Gestellung von Notärzten das Rückgrat des Rettungsdienstes sind.
Deshalb haben wir uns entschlossen, dem Bereichsausschuss ausnahmsweise – er ist nun einmal keine Behörde – zu ermöglichen, per Verwaltungsakt Krankenhäuser zur Teilnahme an der Notfallrettung zu verpflichten. Das gefällt einem Liberalen eigentlich nicht so sehr – hierzu wurden auch Bedenken geäußert –, aber wir können das mittragen, weil den Krankenhäusern – es ist wichtig, dies noch einmal zu betonen – die Refinanzierung der Kosten, die dadurch entstehen, durch das neue Gesetz umfänglich garantiert wird. Obwohl die Frage der Leistungsfähigkeit des Krankenhauses – ich halte jedes Krankenhaus für leistungsfähig – herausgenommen wurde, weil die Refinanzierung gesichert ist, muss dennoch – so steht es im Gesetz – die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Es kann also keine unverhältnismäßig große Belastung von Krankenhäusern geben. Deshalb glaube ich, dass wir mit dieser verpflichtenden Regelung durchaus den richtigen Weg gehen.
Was Kollegin Haußmann gefordert hat, nämlich die einheitliche Notrufnummer, war lange, lange ein Thema. Bei mir in Leinfelden-Echterdingen gab es eine eigene Bürgerinitiative dazu. Auch da sind wir am Ziel: 112. Jetzt ist es auch nicht mehr nur eine Sollbestimmung, sondern eine Mussbestimmung, dass Integrierte Leitstellen zu bilden sind, was die Hilfe aus einer Hand ermöglicht, sodass man nicht mehr lange überlegen muss, wo man anrufen muss, und man auch nicht weiterverbunden werden muss. Das haben wir damit endlich auch regeln können.
Die Pflichtfortbildung für im Rettungsdienst tätige Personen ist jetzt ebenfalls im Gesetz festgeschrieben, wohl wissend, dass das in der Regel schon gemacht worden ist; aber es geht auch um die Frage der Refinanzierung, und da ist es gut, wenn dies im Gesetz normiert ist.
Deshalb glaube ich, dass wir mit Augenmaß die Defizite, die bei der Gestellung von Notärzten drohten, mit diesem Gesetz zunächst beseitigt haben.
Lassen Sie mich noch einen kleinen Ausblick wagen, denn es ist ja darauf hingewiesen worden, dass wir immer wieder darüber diskutieren, wie kleinräumig oder großräumig eine Rettungsleitstelle letztlich angelegt sein muss. Da gibt es natürlich das Beispiel Tschechien, das als ganzes Land eine einzige Leitstelle hat. Das alles ist verbunden mit den heute gegebenen technischen Möglichkeiten. Lassen Sie mich schon leicht kritisch einmal ansprechen – –
Ich will uns das nicht als Beispiel empfehlen, aber wir werden uns darüber zu unterhalten haben, wie technische Neuerungen, die in diesem Bereich rasant auf den Markt kommen, genutzt werden können. Ich denke z. B. an die Möglichkeit, dass mit dem Anruf gleich Daten zur Navigation an den los
fahrenden Rettungswagen weitergegeben werden. Da sind tolle neue Dinge möglich. Wir werden uns auch in Zukunft darüber unterhalten müssen, wie wir das nach und nach integrieren.
Wenn ich den Kollegen Wetzel hier sitzen sehe, fällt mir noch ein – das gehört zwar nicht zum Rettungsdienstgesetz, weil dafür das Land zuständig ist –, dass wir uns noch einmal darüber unterhalten müssen, ob wir in Baden-Württemberg einen gangbaren Weg für die Luftrettung in der Nacht mit dem Hubschrauber finden, wie sie in anderen Ländern durchaus möglich ist,
Alles in allem herzlichen Dank an alle Beteiligten. Ich glaube, wir sind noch nicht am Endpunkt, aber am Punkt einer wichtigen Verbesserung für die Bürgerinnen und Bürger im Notfall angelangt.
Wir werden mit Sicherheit noch weitere Novellierungen des Rettungsdienstgesetzes nötig haben und erleben.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bin zunächst einmal sehr davon überzeugt, dass mit diesem Gesetz die richtigen Weichen gestellt wurden, damit wir das hohe Versorgungsniveau, das wir schon bisher bei unserer notärztlichen Versorgung haben, auch weiterhin sicherstellen können.
Worum geht es bei dieser Novellierung? Es geht darum, dass wir zunächst einmal auf ein ganz aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg reagieren mussten. Die Novellierung hat zum Ziel, dass wir zeitnah eine Gesetzeslücke im Bereich der Notarztgestellung schließen und damit auch die Notarztversorgung sicherstellen können. Das ist ein Baustein unter vielen Maßnahmen, die zur Lebensrettung notwendig sind.
Zentraler Regelungsschwerpunkt ist insbesondere, dass die notärztliche Versorgung im ländlichen Raum sichergestellt wird. Viele unserer Krankenhäuser können den Bedarf an Notärzten künftig nicht mehr im notwendigen Umfang aus dem eigenen Bestand decken. Derzeit sind 150 Krankenhäuser daran beteiligt, Notärzte zu stellen. 150 Krankenhäuser stellen etwa 2 000 Notärzte für den Notarztdienst bereit. Statistisch heißt das, dass von jedem Krankenhaus durchschnittlich etwa 13 Notärzte gestellt werden. Das ist eine hohe Belastung für die Krankenhäuser, und das zeigt letztlich auch den Handlungsbedarf, den wir in diesem Bereich haben.
Deswegen hat dieser Gesetzentwurf zwei Ziele. Das erste Ziel besteht darin, das notfallmedizinische Versorgungsniveau für alle Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Das heißt, wir müssen mehr Notärzte gewinnen. Das zweite Ziel besteht darin, die 150 Krankenhäuser, die bisher die Last der Notarztgestellung tragen, zu entlasten und den Kreis der Krankenhäuser, die Notärzte zur Verfügung stellen müssen, zu erweitern.
Das bisherige Kriterium der Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser entfällt, weil es in der Hauptsache darauf ankommt, dass die Ärzte, die in den Krankenhäusern tätig sind, für den Notarztdienst qualifiziert sind, und es weniger wichtig ist, welches Leistungsportfolio die Krankenhäuser im Einzelnen haben.
Wir verlangen nichts Unmögliches. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist schon angesprochen worden. Sie muss natürlich gewahrt werden. Dort, wo es für ein Krankenhaus völlig unverhältnismäßig ist, kann die Gestellung von Notärzten auch nicht verlangt werden.
Wir können mit dieser gesetzlichen Regelung künftig weitere 125 Krankenhäuser in die Notarztgestellung einbeziehen. Das heißt, die Zahl der Krankenhäuser, die Notärzte stellen müssen, können wir fast verdoppeln. Bei den neu hinzugekommenen 125 Krankenhäusern bestehen gute Chancen, dass bei einer Notarztgestellung fachliche und wirtschaftliche Synergieeffekte zwischen Notarztbetrieb und Krankenhausbetrieb entstehen.
Im Gegenzug zu dieser Verpflichtung verbessern wir die Rahmenbedingungen für die Krankenhäuser. Das ist wichtig. Sie haben einen Anspruch auf einen Kostenausgleich für die Weiterbildung der Notärzte und auch für den Aufwand, den sie als Krankenhaus betreiben. Mit dieser ganz klaren Verpflichtung der Krankenhäuser, aber auch mit der Kostenerstattung für ihren Aufwand können wir sachgerecht und verhältnismäßig weitere Krankenhäuser und Rehaeinrichtungen in das Notarztsystem einbeziehen. Das wird uns eine große Hilfestellung für die Versorgung unserer Bürgerinnen und Bürger vor allem im ländlichen Raum sein.
Das war das Wichtigste bei dieser Novellierung. Es ging nicht darum, unser Rettungssystem als solches auf den Kopf zu stellen und umzustrukturieren. Dazu besteht überhaupt keine Notwendigkeit; denn dieses System funktioniert gut. Es muss nur auch dem Handlungsbedarf der Zukunft angepasst werden. Mit diesem Gesetz wird ein ganz wichtiger Schritt dazu getan.
Danke, Frau Ministerin. Ich darf Sie fragen, aus welchen Gründen nicht die verpflichtende Bereithaltung von Defibrillatoren in bestimmten wichtigen Einrichtungen wie Bahnhöfen usw., also die Einrichtung von PADs, in dieses neue Rettungsdienstgesetz aufgenommen wurde. Gibt es einen Grund, warum das nicht mit aufgenommen wurde?
Ich glaube, das habe ich schon beantwortet. Es ging bei dieser Novellierung um das schnelle Schließen einer Gesetzeslücke. Das Schließen dieser Gesetzeslücke ermöglicht uns, möglichst rasch weitere Krankenhäuser zur Notarztgestellung heranzuziehen. Das war das wichtige Thema. Es ging nicht um Einzelheiten unserer Rettungsversorgung, auch nicht im ehrenamtlichen Bereich. Das ist etwas anderes. Darüber können wir diskutieren. Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Hier geht es aber um die Notärzte, die wir dringend brauchen, damit die Verpflichtung, dass in 15 Minuten Rettung da sein muss, eingehalten werden kann. Das hat erst einmal nichts mit Defibrillatoren zu tun. Wir können darüber reden, aber in dieser Gesetzesnovelle ging es um eine rasch umsetzbare Möglichkeit, mehr Notärzte zu bekommen.
Das ist ganz wichtig, weil wir beizeiten unseren hohen Anforderungen gerecht werden wollen. Wer eine solche Frist setzt, muss auch dafür sorgen, dass sie eingehalten wird.
Das Thema Qualität ist angesprochen worden. Da gebe ich Ihnen recht, Qualitätssicherung ist ein ganz wichtiges Thema. Es geht um den Schutz von Leben und Gesundheit. Deswegen ist eine umfassende Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung im Rettungsdienst wichtig. Da sind wir uns alle einig. Daher hat sich der Landesausschuss für den Rettungsdienst klar für eine trägerübergreifende Qualitätssicherung im Rahmen der Selbstverwaltung ausgesprochen und die Einrichtung einer unabhängigen Stelle für die Qualitätssicherung beschlossen. In Umsetzung dieser Beschlusslage haben die Kos ten- und Leistungsträger, also die Träger der Selbstverwaltung, aktuell den Auftrag, ein trägerübergreifendes Konzept der Qualitätssicherung zu erarbeiten.
Bevor wir eine gesetzliche Regelung treffen – das ist, denke ich, auch eine sinnvolle Politik –, sollten wir zunächst der Selbstverwaltung – damit meine ich die Fachleute und Praktiker vor Ort – die Möglichkeit geben, ein Konzept der Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung in Verantwortung für unsere Bürgerinnen und Bürger zu erarbeiten.
Die ersten Ergebnisse dieses Auftrags sollen dann in der nächs ten Sitzung des Landesausschusses für den Rettungsdienst im Dezember 2009 vorgestellt werden. Wir arbeiten an der Qualitätssicherung – sie ist wichtig –, aber es kommt darauf an, wie man das ordnungspolitisch einbringt. Wir wollen das in
Es ist auch gefordert worden, den Ärztlichen Leiter für den Rettungsdienst gesetzlich zu verankern. Hierzu muss ich deutlich herausstellen: Ein weisungsbefugter Ärztlicher Leiter Rettungsdienst passt nicht in unser System der Selbstverwaltung. Wir haben stattdessen den Leitenden Notarzt im Bereichsausschuss. Dieser hat die Aufgabe, das Qualitätsmanagement im Bereichsausschuss vor Ort als unabhängige Person zwischen Leistungs- und Kostenträgern zu regeln.
Wir wollen uns jetzt nicht über Begriffe streiten. Aber die Aufgabe dieses Leitenden Notarztes ist so festgelegt, dass er hier die Verantwortung für das Qualitätsmanagement trägt, weil er auch vor Ort sieht, was läuft, und vor Ort auch mit den – –
Eine Weisungsbefugnis passt nicht in eine Struktur der Selbstverwaltung, sondern in eine Struktur, in der der Rettungsdienst in der Verantwortung der Kommunen liegt. Da kann der weisungsbefugte ärztliche Leiter als Vorgesetzter fungieren. Aber in unsere Struktur der Selbstverwaltung durch einen paritätisch besetzten Bereichsausschuss passt ein weisungsbefugter ärztlicher Leiter nicht hinein. Die Aufgaben, die er zu erledigen hat, obliegen bei uns dem Leitenden Notarzt im Bereichsausschuss. Die Aufgabe ist also vergeben. Sie wird nicht vernachlässigt. Sie wird nur in einer anderen Struktur gelöst.
Es ist noch ein anderes Thema angesprochen worden: die bereichsübergreifenden Integrierten Leitstellen. Integrierte Leitstellen sind gesetzlich vorgeschrieben. Da gibt es kein Wenn und Aber. Die sind so einzurichten. Wenn es sinnvoll ist und ein Bedürfnis danach besteht, ist es auch möglich, bereichs übergreifende Integrierte Leitstellen einzurichten. Wir machen das auf freiwilliger Basis möglich. Es gibt solche bereichs übergreifenden Integrierten Leitstellen, und zwar dort, wo es gut klappt und wo es sinnvoll ist. Wir gehen durchaus davon aus, dass dieser Weg auch in Zukunft verstärkt gegangen wird. Wir halten es nicht für notwendig, das auch gesetzlich festzulegen, weil die Menschen durch die Arbeit der Bereichsausschüsse – so, wie sie auch vor Ort organisiert sind – wissen, was Sache ist, und wissen, was wie vor Ort möglich ist.