Protocol of the Session on October 8, 2009

Sie haben nicht mitgemacht. Sie lassen Studentenwerke und Kommunen mit dieser ganzen Problematik allein.

Meine Damen und Herren, dies – wie ich es zu beschreiben versucht habe – ist die reale Welt an den Schulen und Hochschulen in Baden-Württemberg.

In der Antwort der Landesregierung auf die Anfrage, die hier vorliegt, wird eine schöne Scheinwelt, sozusagen eine Welt wie aus einem Lillifee-Prospekt, beschrieben.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was für eine Fee?)

Kurzum: Wenn ich mir die Antwort der Landesregierung anschaue, dann fällt mir das Sprichwort „Eigenlob stinkt“ ein. In diesem Fall ist es sogar unberechtigtes Eigenlob.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, das stinkt gewaltig.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Das war schon peinlich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein besonderer Gruß einer Delegation der Verfassunggebenden Versammlung von Nepal unter der Leitung ihrer stellvertretenden Vorsitzenden, Frau Purna Kumari Subedi. Herzlich willkommen im Landtag von Baden-Württemberg!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Im Rahmen ihres Deutschlandbesuchs auf Einladung der Konrad-Adenauer-Stiftung besuchen die Gäste aus Nepal zurzeit Baden-Württemberg.

Werte Gäste aus Nepal, ich heiße Sie im Landtag von BadenWürttemberg herzlich willkommen und wünsche Ihnen weiterhin einen informativen Aufenthalt in unserem Land. Ihnen persönlich und dem nepalesischen Volk wünsche ich eine gute und friedliche Zukunft. Noch einmal: Recht herzlich willkommen bei uns!

(Beifall bei allen Fraktionen)

In der Debatte erhält für die Fraktion GRÜNE Frau Abg. Rastätter das Wort.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Oh! Muss das sein? – Gegenruf der Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Herr Kluck, bitte! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Frau Rastätter versteht etwas von Schule! Manchmal ist sie auf dem Irrweg!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte heute keine allgemeinen Ausführungen über Probleme im G 8 machen,

(Beifall des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

sondern den Blick auf das Abitur 2012 und die Fragen richten, die in diesem Zusammenhang vor allem auch von Eltern,

von Schülern, von Schulen gestellt werden und die nach unserer Meinung noch nicht ausreichend beantwortet wurden.

Ich glaube, in zwei Punkten sind wir uns hier in diesem Hause völlig einig: Erstens darf es nicht sein, dass bei dem doppelten Abiturjahrgang 2012 nicht alle Schüler und Schülerinnen – vor allem Schüler und Schülerinnen des G 8, die doch unter erheblichen Umstellungsschwierigkeiten und immer wieder auftretendem Nachbesserungsbedarf das Abitur ablegen werden – eine Perspektive auf einen Studienplatz haben. Zweitens darf es nicht sein, dass dann – was genauso schlimm oder für viele Jugendliche noch schlimmer wäre – ein Verdrängungswettbewerb um knappe Lehrstellen stattfindet, der natürlich zulasten gerade der Schwächeren, nämlich der Haupt schüler, der Werkrealschüler und auch der Realschüler, ginge. Ich glaube, in diesen beiden Punkten sind wir uns einig.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Wir sind uns auch einig, dass die Landesregierung die Pflicht hat, alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, damit diese Risiken beseitigt werden können und unsere jungen Menschen gute Perspektiven bekommen.

(Zuruf des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Nun haben Sie das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ aufgelegt. Wir haben Ihnen heute einen Entschließungsantrag vorgelegt, der neben Forderungen hinsichtlich der Studienplätze noch weitere Forderungen enthält. Wir meinen, dass mit der dringend notwendigen Umsetzung der darin geforderten Maßnahmen die Chancen der jungen Menschen verbessert werden können.

(Beifall bei den Grünen)

Erstens zum Ausbau der Studienplätze: Ich bezweifle nicht, dass Sie alles tun werden, um die 16 000 zusätzlichen Stu dienplätze Ihres Ausbauprogramms „Hochschule 2012“ zu schaffen. Auch mit Blick auf die Landtagswahlen ist klar: Da können Sie gar nicht anders.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nein! Aus idealis- tischen Gründen, nicht wegen der Wahlen!)

Aber diese 16 000 Studienplätze reichen nach unseren Berechnungen nicht aus.

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Sie sind zu knapp kalkuliert. Ich möchte das auch begründen: Sie prognostizieren 87 000 Schulabgänger mit Hochschulzugangsberechtigung, die wir im Jahr 2012 haben werden. Sie sagen, nur 75 % davon würden ein Studium aufnehmen, und von denen wiederum würden nur knapp die Hälfte, rund 33 %, ein Studium direkt in diesem Jahr aufnehmen. Das ist eine Rechnung, die so nicht aufgehen wird.

(Zuruf von der FDP/DVP: Schauen wir einmal!)

Erstens: Der Anteil derjenigen, die studieren wollen, nimmt deutlich zu.

(Zuruf von der FDP/DVP: Dank der guten Politik!)

Wir müssen bis 2012 von mindestens 80 % ausgehen.

Zweitens: Die Nachfrage nach Studienplätzen konnte in den letzten Jahren überhaupt nicht gedeckt werden; rund 10 000 junge Menschen sind in andere Bundesländer ausgewandert, weil sie von unseren Hochschulen nicht aufgenommen werden konnten.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP)

Wir müssen ebenfalls berücksichtigen, dass die Zahl der Hoch schulzugangsberechtigten in Baden-Württemberg von Jahr zu Jahr stark ansteigt. Sie hat von 2003 bis 2007 bereits um 21,5 % zugenommen.

(Zurufe von der FDP/DVP)

Das heißt für uns im Klartext: Unsere wirtschaftliche und soziale Zukunft in Baden-Württemberg wird davon abhängen, dass wir die Zahl der Hochqualifizierten in den nächsten Jahren deutlich erhöhen, und dazu brauchen wir eine höhere Zahl an Studienanfängerplätzen in Baden-Württemberg.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Eine zweite wichtige Forderung, die wir in unserem Entschließungsantrag erhoben haben, Herr Kollege Röhm:

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ich höre aufmerk- sam zu!)

Ausgerechnet im Jahr vor dem doppelten Abiturjahrgang, also ab dem Jahr 2011, werden die Bedingungen des Hochschulzugangs durch die verpflichtenden Aufnahmeprüfungen und Auswahlgespräche weiter verschärft werden. Davon sind dann rund 90 % der Studienplätze betroffen, denn es wird überall lokale NCs geben. Wir Grünen sagen: Diese weiteren Hürden beim Hochschulzugang aufzubauen ist unverantwortlich, und das darf so nicht bleiben. Das sagen wir ganz deutlich; denn das wird zu Belastungen der Hochschulen führen. Wir wissen, dass Plätze dann nicht rechtzeitig besetzt werden können, da die Nachrückverfahren häufig nicht mehr funktionieren und die jungen Leute die eigentlich noch vorhandenen Plätze nicht alle belegen können.

Wir sagen auch: Es gibt gar keine Notwendigkeit, diese Aufnahmeprüfungen verpflichtend einzuführen; denn die Hochschulen können sehr wohl in Eigenverantwortung klären, wo sie Prüfungen tatsächlich für erforderlich halten, um die Studierenden besser aufnehmen zu können, und wo sie keine solchen Prüfungen vorsehen. Deshalb gibt es keinen Grund, dies im Hochschulzugangsgesetz für alle verbindlich zu regeln.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Jürgen Walter GRÜ- NE: Sehr gut!)

Schließlich zwei weitere Punkte, die ich aber nur noch kurz anreißen kann: Wir würden es auch begrüßen, wenn mit den Hochschulen vereinbart würde, dass in diesen kritischen Jahren 2011 bis 2013 auch im Sommersemester der reguläre Studienbeginn erfolgen könnte.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist richtig!)

Auch das könnte zu einer Entlastung führen. Genauso notwendig ist es aber, die Zahl der Plätze an den beruflichen

Gymnasien nicht zu deckeln. Wir müssen auch den Abiturien ten der allgemeinbildenden Gymnasien in diesen kritischen Jahren die Möglichkeit geben, nach der zehnten Klasse in ein berufliches Gymnasium zu wechseln; sie dürfen aber die Realschüler nicht verdrängen. Deshalb muss auch die Zahl der Plätze an den beruflichen Gymnasien ausgeweitet werden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die sollen nach der neunten Klasse wechseln!)