Was heißt das? Das heißt, dass man sich auf eine solche ausgeschriebene Stelle nur bewerben kann, wenn man vorher nie mit dem Land als Arbeitgeber zu tun hatte. Selbst ein früherer Hiwi-Job an einer baden-württembergischen Universität – Sie haben soeben die Bedeutung der Hiwi-Jobs hervorgehoben – hat zur Folge, dass man sich auf eine derart ausgeschriebene Stelle gar nicht mehr bewerben kann.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das war rot-grü- ne Gesetzgebung! Deshalb ist das nicht möglich! Das sollten Sie bitte wissen! – Abg. Veronika Netzham- mer CDU: Rot-grüne Gesetzgebung!)
Wenn man einen solchen Job ergattert, wenn man an einer Universität in einem anderen Bundesland studiert hat, weiß man: Nach zwei Jahren darf man wieder die Koffer packen. Das ist keine berufliche Perspektive für junge Menschen. Das ist keine Startchance für junge Familien. Wenn ich mich insbesondere in die Situation der betroffenen jungen Frauen hineinversetze, stelle ich fest: Mit dem, was in den Sonntagsreden zum „Kinderland“ erklärt wird, hat das nichts zu tun.
Im Bereich des Umweltministeriums arbeiten inzwischen mehr als 10 % der Beschäftigten in solchen Arbeitsverhältnissen. Das ist kein Randproblem; das sind keine Einzelfälle. Für die Betroffenen ist das eine schwierige Situation. Es ist aber auch für die Kolleginnen und Kollegen nicht angenehm, immer wieder neu für Einarbeitung sorgen zu müssen und zu wissen, dass der Kollege bzw. die Kollegin wieder geht.
In der Drucksache 14/3207 hat die Landesregierung geschrieben, es sei ein unverantwortlicher Gebrauch der sachgrundlosen Befristung,
... wenn der Arbeitgeber als Ersatz für die jeweils nach Ablauf der Befristung von maximal zwei Jahren ausscheidenden Beschäftigten systematisch andere Beschäftigte auf dieser Rechtsgrundlage einstellen würde, … Von einem solchen Vorgehen
kann bei den Landesbehörden/-betrieben nicht ausgegangen werden. So wäre z. B. der damit verbundene Verlust an Know-how weit höher als die eingesparten Personalkosten.
In der jüngsten Drucksache zu diesem Thema räumt die Landesregierung nun ein, dass mehr als 500 sachgrundlos befris tet Beschäftigte Daueraufgaben wahrnehmen, dass es auch Personen gibt, die bei Projekten von längerer Dauer eingestellt wurden, nachdem der Vorgänger gehen musste, und die nach zwei Jahren auch wieder ersetzt werden. Das wird jetzt eingeräumt. Das kommt einem Schildbürgerstreich gleich, wie auch die frühere Landtagsdrucksache bestätigt hat.
Noch ein paar Sätze zu den Einkommensunterschieden zwischen Beamten und Tarifbeschäftigten. Um wie viel schlechter die Einkommenssituation von Angestellten im Vergleich zu der von Beamten ist, geht aus der Stellungnahme des Kultusministeriums zu einer Feststellung hervor, die der Rechnungshof zur Verbeamtung von Personen getroffen hat, die älter als 45 Jahre sind. In dieser Stellungnahme des Kultusministeriums findet sich der schöne Satz:
Sonst würden sich – insbesondere beim Lehramt an beruflichen Schulen, wo derzeit ein starker Mangel bestehe – Lehrkräfte gar nicht erst für den Staatsdienst in BadenWürttemberg bewerben, weil eine Vergütung als Tarifbeschäftigter finanziell zu unattraktiv sei.
Ich komme zum Schluss. – Die Konsequenz ist: Wir fordern, dass das Land seiner sozialen Verantwortung als Arbeitgeber gerecht wird. Wenn man Daueraufgaben hat, gehört es auch zur Haushaltswahrheit und zur Ehrlichkeit, dafür eine Stelle auszuweisen, und dann muss die Stelle entweder geschaffen oder von anderswo umgeschichtet werden. Man kann sich aber nicht jahrelang auf dem Rücken der Beschäftigten durchmogeln, indem man mit Sach
mitteln Zeitverträge finanziert und den Leuten damit eine längerfristige Perspektive im Landesdienst verweigert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Diese Debatte hat jetzt den intuitiven Eindruck bestätigt, den ich hatte, als ich mir diese Drucksachen das erste Mal angesehen habe. Die Formulierung in der Begründung des Antrags Drucksache 14/3207 – „Die soziale Verantwortung des Landes sollte auch in seinem Verhalten als Arbeitgeber zum Ausdruck kommen“ – unterstellt doch, dass befristete Beschäftigungsverhältnisse, Minijobs und Ähnliches generell unsittlich wären. So wird es in dieser Begründung durchaus gesehen. Da muss ich Ihnen sagen, dass Sie wirklich gewaltig neben der Lebenswirklichkeit sind.
Ich habe mit meinen begrenzten Möglichkeiten inzwischen immerhin schon fünf Frauen über die Familienphase geholfen. Sie alle wollten aber nichts anderes als einen Minijob, weil in der gegenwärtigen Lage mit Steuerklasse V alles andere eigentlich kontraproduktiv wäre.
Das hat sich leider nicht verändert, im Gegenteil. Sie hatten dies zwischendurch abgeschafft und haben dann gemerkt, dass es doch dringend notwendig ist. Ich will Ihnen eines sagen: Die Alternative zu einem befristeten Beschäftigungsverhältnis ist in der Regel kein Beschäftigungsverhältnis.
Darüber sollten Sie sich im Klaren sein. Gegenüber dieser Alternative ist es viel besser, jemandem ein befristetes Arbeitsverhältnis geben zu können. Ein größerer Teil dieser Menschen hat auch die Chance, sich dabei so zu bewähren, dass sie dann – vielleicht nicht an dieser, aber an einer anderen Stelle – Beschäftigung finden.
Sie können mit der Erfahrung, die sie beim Land gemacht haben, auch woanders eine Beschäftigung finden.
Im Umweltressort; das ist nur ein einziges Ressort. Da ist mir das aber auch wirklich recht, weil es sich um Tätigkeiten handelt, die nur zeitlich befristet anfallen. Dafür kann man doch nicht auf Dauer Leute einstellen.
Das sind Projekte. – Wenn man die Leute immer fest einstellt, passiert genau das, was Ihr Kollege Schlachter hier immer beklagt, dass nämlich das Land eine große Pensionslawine vor sich herschiebt. Deshalb wollen Sie die Pensionen spannenderweise kürzen.
Es ist genau das Thema, dass frühere Landtage die Stellenteile im Haushalt sehr wohl immer weiter aufgebauscht haben. Wir achten jetzt darauf, dass dort, wo man ständige Beschäftigung braucht, ständige Stellen im Haushalt ausgewiesen sind.
Dort, wo dies nicht möglich ist, muss man auch einmal befris tet oder in einem geringfügigen Arbeitsverhältnis beschäftigen. Dies ist – ich wiederhole es – weit besser als keine Beschäftigung.
Liebe Kollegin Berroth, ist Ihnen bekannt, dass die deutliche Anhebung der Zahl der Beschäftigten in einem sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnis auf rund 700 im Bereich des Kultusministeriums damit zusammenhängt, dass es sich um rund 600 Schulassistentinnen – in der Regel sind es Frauen – handelt, die nicht als Projektbeschäftigte tätig sind, sondern eine ganz wichtige Aufgabe der individuellen Förderung insbesondere von Migrantenkindern und sozial benachteiligten Kindern an der Hauptschule leisten? Halten Sie dies für eine Projekttätigkeit, oder sind Sie bereit, diese Personen in feste Beschäftigungen zu übernehmen, zumal sie ohnehin nicht viel verdienen?
Dieser Spezialfall ist einfach zu erläutern. Wir haben lange gebraucht, bis wir diese Stellen überhaupt bekommen haben. Die FDP/DVP arbeitet seit Langem daran, weil wir es für wichtig halten. Wir bekommen diese Stellen aber nicht gleich als volle Stellen in den Haushalt, sondern müssen zunächst eine Übergangslösung finden.
Ich werde in der Tat daran arbeiten, dass es nicht bei einer Befristung bleibt. Denn diese Leute braucht man ständig. In der ersten Phase ging es darum, zuerst einmal Erfahrungen zu sammeln, ob die Maßnahme überhaupt etwas bringt, um daraus dann die Konsequenzen zu ziehen. Ich bin durchaus bereit; das gestehe ich Ihnen zu.
Ich gestehe auch Ihnen, Frau Rudolf, etwas zu; da stehe ich voll hinter Ihnen: Das betrifft die Anzahl der beschäftigten Schwerbehinderten. Allerdings wundert es mich, dass Sie dies nur bei den Landesbeteiligungen abfragen.
(Abg. Christine Rudolf SPD: Weil wir die Zahlen für die Landesbehörden haben! Darüber haben wir im Ausschuss schon mehrfach diskutiert!)