Protocol of the Session on October 7, 2009

Wir hätten es natürlich begrüßt, wenn auch noch die besonderen Zulagen von dieser linearen Erhöhung erfasst worden wären. Dies gilt insbesondere für den Einsatzdienst der Feuerwehr, der Polizei und im Justizvollzug. Dazu ist es nicht gekommen. Wir bedauern das, aber es ändert nichts daran, dass wir diese Übertragung der Erhöhung selbstverständlich mittragen. Sie ist sachgerecht und passt auch in die finanzpolitische Landschaft.

Dabei sind wir uns natürlich im Klaren, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem finanziell Machbaren in einer schwierigen Haushaltslage und den berechtigten Anliegen und Forderungen unserer Beamtenschaft bewegen. Herr Groh hat auch an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass wir natürlich gehalten sind, sorgsam darauf zu achten, dass wir qualifiziertes Personal für den öffentlichen Dienst erhalten, und deshalb entsprechende Anreize durch Besoldung und auch Versorgung schaffen müssen.

Dieser Abschluss ist, was die Zahlen angeht, durchaus maßvoll. Es handelt sich um einen Kompromiss, und den tragen wir mit.

Wir haben in der Vergangenheit immer kritisiert, wenn in einer haushaltspolitischen Drucksituation Elemente aus der Beamtenbesoldung herausgelöst wurden und die Beamtenschaft mit ihren statusrechtlichen Anliegen als Steinbruch für haushaltspolitische Notmaßnahmen benutzt wurde. Diesen Weg sind wir nie mitgegangen, und dieses Gesetz trägt auch diesem unserem Anliegen durchaus Rechnung.

Ganz anders sieht es mit der Änderung, die die Grünen vorgesehen haben, aus. Ich muss sagen, genau das wollen wir nicht: Man greift ein Element heraus, ohne das Gesamtgefüge zu berücksichtigen, und sagt: Hier kürzen wir oder ändern die Erhöhung ab. Herr Kollege Groh hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das unsystematisch und auch sachlich nicht begründbar ist.

Herr Schlachter, eines muss ich kritisch anmerken. Die Grünen beanspruchen neuerdings für sich, sozusagen die Gralshüter der finanzpolitischen Seriosität zu sein.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Zu Unrecht natürlich!)

Da muss ich schon fragen: Herr Schlachter, wissen Sie eigentlich, was ein Polizeiobermeister oder ein Hauptwachtmeister an Pension bekommt?

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das weiß er nicht! Da hat er keine Ahnung!)

Ich sage es Ihnen auch nicht.

(Zuruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Wenn ich an den Finanzausschuss denke, so darf ich einmal aus einem Zeitungsartikel zitieren:

Von den … „sorgenlos Reichen“ sind 53 % beamtet, oder sie arbeiten im öffentlichen Dienst – meist in leitenden … Berufen. „Es handelt sich also um eine sozio-ökonomisch hoch privilegierte Gruppe, …“

Im Finanzausschuss haben Sie diesen Pressebericht herangezogen,

(Abg. Eugen Schlachter GRÜNE: Ich habe ihn zi- tiert!)

um Ihre finanzpolitische Begründung zu untermauern.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das sind doch Hasar- deure!)

Herr Schlachter, für uns ist das mehr als unseriös. Sie sollten sich vielleicht mit der Struktur und dem Gehaltsgefüge im öffentlichen Dienst eingehend befassen, dann kommen solche Anträge, wie Sie sie hier gestellt haben, nicht zustande. Die Beamtenschaft, der öffentliche Dienst in diesem Land, hat einen Anspruch darauf, dass mit seinen Belangen – auch im übergeordneten Interesse, im Interesse des Landes – seriös umgegangen wird. Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen und dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU so- wie der Abg. Monika Chef FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Schlachter das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt heute das Gesetz zur Beamtenbesoldung im Entwurf vor. Wir sollen – und wir werden das auch tun – den Tarifabschluss für die Angestellten einschließlich aller Sockelbeträge übernehmen. Wenn wir von dieser Erhöhung sprechen, so sprechen wir von einem Plus von 3 %, und zwar zu einer Zeit, in der die Kernbranchen Baden-Württembergs einbrechen, in der unsere Steuereinnahmen einbrechen und in der in allen Wirtschaftsbereichen die Menschen ihre Arbeitsplätze sichern, indem sie teilweise auch Lohnverzicht in Kauf nehmen. Da sind wir im öffentlichen Dienst doch noch immer auf der Insel der Glückseligen.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Bei Daimler wurde ein Lohnverzicht in Höhe von 8 % zur Arbeitsplatzsicherung vereinbart; bei den Zulieferern für die Automobilindustrie ist es noch mehr. Die Menschen nehmen die se Lohneinbußen, wie ich schon erwähnt habe, hin, um ihre Arbeitsplätze zu sichern.

Wir haben in Baden-Württemberg in diesem Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts gegenüber dem Vorjahr um rund 10 % zu verzeichnen. Uns wächst also schlicht und ergreifend weniger Wertschöpfung zu, als wir über diesen Tarifabschluss mit einem Plus von 3 % für alle verteilen.

Es kann durchaus sein, dass man diesen Tarifabschluss übernehmen muss. Wir werden auch nicht dagegen stimmen. Aber man muss einmal deutlich sagen dürfen, dass ein solcher Tarifabschluss in diesen wirtschaftlich problematischen Zeiten einfach nicht in die Landschaft passt.

Es geht in Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes inhaltlich im Grundsatz um die Frage einer angemessenen Besoldung und Versorgung der Beamten. Jetzt frage ich mich: Ist dieser Tarifabschluss vor dem Hintergrund der derzeitigen wirtschaft

lichen Entwicklung wirklich angemessen? Die Preisentwicklung stagniert, und anderswo brechen die Löhne ein. Immerhin kostet uns die Tariferhöhung im nächsten Jahr 660 Millionen € – das darf man ja wohl einmal sagen. Angesichts der Haushaltssituation hat der Finanzminister in den letzten Tagen immer wieder einen Betrag in genau dieser Größenordnung als Einsparvolumen genannt.

Herr Staatssekretär Fleischer hat in der ersten Lesung erläutert, dass dies alles bereits in der mittelfristigen Finanzplanung einkalkuliert sei. Aber was einkalkuliert ist, ist noch lange nicht bezahlt.

(Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU)

Hinzu kommt, dass sich die Zahlen längst verändert haben, und zwar dramatisch. Heute Morgen haben wir festgestellt, dass Sie von den dramatischen Veränderungen in diesem Haushalt überhaupt keine Notiz nehmen wollen. Warum wollen Sie keine Notiz davon nehmen? Weil Sie natürlich immer wieder gern ungedeckte Schecks ausstellen. Denn wenn man die Fakten zur Kenntnis nähme, würde man so etwas nicht tun.

Wie auch immer: Den Tarifabschluss werden wir mittragen. Ich meine – da sind wir uns sicher einig –, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Land Baden-Württemberg haben ein Anrecht auf Vertrauensschutz. Aber meines Erachtens darf man zukünftig nicht weiterhin solche Lohnabschlüsse tätigen, gerade in einer Zeit, in der wir uns, was den Haushalt angeht, in einer Sanierungsphase befinden und in der wir das Geld insbesondere für unsere Kernaufgabe, die Bildung, brauchen.

Heute Morgen ist gesagt worden, dass bei Herrn Stächele noch keine Briefe mit Einsparvorschlägen im Briefkasten liegen. Unser Brief mit dem Einsparvorschlag über 60 Millionen € – ich werde noch darauf zu sprechen kommen – müsste inzwischen im Briefkasten sein. Die Herren Rau und Hauk haben auch geschrieben, aber in ihren Briefumschlägen ist null Einsparung vorhanden. Da haben unsere Vorschläge, glaube ich, doch etwas mehr Substanz.

Nun zu unserem Vorschlag. Wir haben auch mit den Verbänden der Beamten gesprochen, und wir konnten klarstellen, dass das, was wir vorschlagen, rechtlich haltbar ist. Es ist im Übrigen, Herr Stickelberger, keine Kürzung, sondern vielleicht eine sanftere Erhöhung, als es das Gesetzgebungsverfahren hier vorsieht. Wir glauben, dass wir mit diesem Einsparvolumen von 60 Millionen € die Sache sozial verträglich voranbringen.

Ich fordere von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren, vor allem von den Regierungsfraktionen, den Begriff der Generationengerechtigkeit ernst zu nehmen und hier auch die Begrifflichkeit einer nachhaltigen Haushalts- und Finanzentwicklung zu berücksichtigen.

Nach der Berechnung, die uns der Finanzminister vorgelegt hat, werden die Pensionslasten von heute 3,2 Milliarden € auf 7,9 Milliarden € im Jahr 2030 ansteigen. Dieses Problem kann man nicht lösen, indem man immer weitere Erhöhungen vornimmt, sondern da muss man irgendwann einmal sanfte Einschnitte wagen. Wir glauben, dass wir das mit unserem Gesetzesvorschlag sanft, anständig und auch sozial verträglich machen. Ansonsten – glauben Sie mir das – wird diese Pen

sionsverpflichtung immer der Sprengsatz künftiger Haushalte des Landes sein. Wenn Ihnen also Nachhaltigkeit etwas wert ist, wenn Sie auch in zehn und 20 Jahren noch haushaltspolitische Gestaltungsspielräume hier in diesem Land haben wollen, dann stimmen Sie bitte unserem Änderungsantrag zu.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Frau Abg. Berroth das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Beamtinnen und Beamten des Landes und ebenso die Versorgungsempfänger erhalten erfreulicherweise seit Monaten die ihnen nach diesem Gesetz zustehenden Bezüge. Das heißt, wir arbeiten hier nach. Eine Ausnahme gibt es allerdings wohl bei einigen vom Land beurlaubten und in Privatschulen oder in anderen Einrichtungen beschäftigten Personen. Dies bedauern wir ausdrücklich, weil wir eigentlich davon ausgehen, dass diese Institutionen in solchen Situationen wirkungsgleich mit dem Land vorgehen.

Für uns ist es ein Zeichen der Verlässlichkeit und der Wertschätzung gegenüber den Bediensteten des Landes, das Tarif ergebnis für die Beschäftigten der Länder vom 1. März 2009 zeit- und inhaltsgleich auf Beamte, Richter und Versorgungsempfänger des Landes zu übertragen.

Die Elemente des Gesetzentwurfs wurden bereits dargestellt. Das brauche ich jetzt nicht zu wiederholen.

Ich wiederhole aber das, was ich in der ersten Lesung schon gesagt habe: Die Belastungen für die kommunalen Haushalte und den Landeshaushalt sind zwar spürbar, aber sie sind leistbar.

Es kann, Herr Kollege Schlachter, wirklich nicht angehen, dass wir diesen Ausgleich für in der Vergangenheit erbrachte, wie Sie vorher in anderem Zusammenhang formuliert haben, „teilweise Lohnverzichte“ jetzt plötzlich streichen, weil eine Finanzkrise ausgebrochen ist. Man kann das sehr wohl nach vorn berücksichtigen; das haben Sie angemahnt, und das ist richtig. Ich gehe davon aus, dass die Tarifpartner künftig solche Entwicklungen nach vorn berücksichtigen, aber man kann da doch nicht im Nachhinein nachbessern.

(Zuruf des Abg. Eugen Schlachter GRÜNE)

Was ist das für eine Position, wenn ich als Arbeitgeber sage: „Mir ist egal, was da vor Monaten ausgehandelt wurde. Das gebe ich nicht weiter“?

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP zu den Grünen: Lohn- räuber!)

Das ist nicht unser Stil. Herr Schlachter, Sie sollten sich überlegen, ob Sie sich einen solchen Stil aneignen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

In diesem Zusammenhang bedauere ich es fast, dass die Grünen nicht doch irgendwo in wirklicher Regierungsverantwortung sind, wo sie auch Tarifverträge mit aushandeln müssen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Pacta sunt servanda!)