Wichtig ist dabei aber, dass die häufig projektabhängige und vernetzte Form der Arbeit zunehmend auf andere Wirtschaftsbereiche übergreift. Sie veranschaulicht dadurch modellhaft interdisziplinäre moderne Wirtschaftsprozesse. Dies kann als Innovationspotenzial für die gesamte Wirtschaft betrachtet werden, wenn man sie intelligent nutzt. Ich glaube, das müssen wir tun und auch davon lernen.
Es ist ein absolutes Novum, nicht nur für die Bundesrepublik, sondern in ganz Europa, dass die Ressorts für Wirtschaft
und Kultur Hand in Hand arbeiten, um die Kultur- und Kreativwirtschaft zu stärken, eine der wichtigsten Zukunftsbranchen in Deutschland.
Entscheidend im Musikbereich ist durch den enormen Zuwachs an elektronischer Bearbeitung und Verbreitung eine Steigerung des Umsatzes und des Exports bei gleichzeitigem Rückgang der Beschäftigtenzahlen. Auch im Theater- und Orchesterbereich verzeichnen wir Rückgänge im Personalbereich. Gleichzeitig aber verzeichnen wir laut der Vorlage eine Zunahme – hier wird es interessant – an freier Beschäftigung und der Zahl geringfügig Beschäftigter. Was wir jedoch brauchen, sind existenzfähige Arbeitsplätze und Unternehmen. Das war auch der Sinn Ihrer Anfrage.
Aber – jetzt kommt es – diese können wir nur durch die richtige Förderstruktur sichern. Kreative Dienstleistungswirtschaft braucht aber andere Strukturen, als wir sie aus dem Maschinenbau, der Autoindustrie usw. kennen. Musikwirtschaft ist in der Regel kleinteiliger, und Kreativwirtschaft ist im Übrigen in der Regel auch weiblicher.
Denn der Anteil der Frauen bei der Gruppe der Selbstständigen in diesem Bereich ist mit ca. 40 % überdurchschnittlich hoch. Zum Vergleich: Der entsprechende Anteil in der Gesamtwirtschaft liegt bei etwa 7 %. Wir fördern da also ein ganz besonderes Potenzial.
Wir brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen, andere Maßnahmen und andere Formen für die Vergabe von Projektmitteln und Krediten. Wir brauchen Vernetzungen zwischen den Unternehmen und verschiedenen institutionellen Ebenen in Hochschulen und Know-how-Transfer, wie dies bereits – Herr Löffler hat es angesprochen – mit der Popakademie in Mannheim begonnen wurde. Der Erhalt der Unabhängigkeit und Flexibilität der funktionierenden Verbände, Netzwerke und der bestehenden regionalen Cluster muss dabei unbedingt gewährleistet bleiben.
Der Schlussbericht der Enquetekommission des Bundestags „Kultur in Deutschland“, über die wir hier schon oft gesprochen haben, umfasst allein mehr als 30 konkrete Handlungsempfehlungen, die der Entwicklung der Kreativwirtschaft dienen. Packen wir es also an! Es geht dabei um eine Bündelung der Kräfte, um die Beachtung europäischer Komponenten und um ein intelligentes Unterstützungskonzept mit und – ganz wichtig für Baden-Württemberg – zwischen den beteiligten Ministerien. Daran arbeiten mehrere, und die müssen auch miteinander kooperieren. Nur dann können wir uns als global führender Kreativstandort positionieren.
Noch etwas zum Schluss. Es geht, wie immer in der Kunst, auch um das Klima, um die Atmosphäre, die Entwicklung und Wachstum in diesem Bereich begünstigen. Im „Handelsblatt“ konnte man kürzlich in einer ganz kleinen Spalte lesen, dass Kommunen, in welchen Kunst und Kreativität einen hohen Stellenwert haben, einen spürbaren Zuwachs an Wirtschaftsunternehmen verzeichnen können. Bereits das Vorhandensein kultureller Erlebnis- und Entfaltungsmöglichkeiten, …
… und zwar nicht nur im Musikbereich, sondern auch sonst, scheint also Unternehmensgründer jedweder Branche in besonderem Maße anzuziehen.
Also: Wo liegen die Potenziale, wo die Möglichkeiten und die Notwendigkeiten für diesen Wirtschaftsbereich in BadenWürttemberg? Welche Hilfen sind nötig, welche Rahmenbedingungen, welches Klima, welche Atmosphäre begünstigen Entwicklungen und Wachstum in diesem Bereich?
Wenn wir diese Fragen intelligent und kreativ beantworten können und vor allem auch danach handeln, können wir in Baden-Württemberg in einem der wichtigsten Wirtschaftszweige der Zukunft an der Spitze sein. Das hoffe und wünsche ich für uns alle.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wäre am vergangenen Samstag nicht das gesamte Landeskabinett in Salem gewesen, hätte die Regierung eine Sternstunde der Popmusik in Stuttgart erleben können,
nämlich das 20-Jahr-Jubiläum der Fantastischen Vier. Denn wir können alles, auch Popmusik machen, obwohl es kaum Förderung durch die Landesregierung gibt.
Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, meine Damen und Herren: Vor einigen Jahren wollten die Fantastischen Vier der Stadt Stuttgart und dem Land ein Konzert auf dem Schlossplatz schenken. Dieses Konzert hat leider nicht stattfinden können. Denn bis heute ist noch nicht geklärt, wer wann unter welchen Bedingungen auf dem Schlossplatz ein Konzert geben darf. Das ist leider eine eher traurige Geschichte.
Meine Damen und Herren, Anfang dieses Jahrzehnts hat der damalige Staatsminister Palmer großartig die Popkonzeption des Landes verkündet. Der Leuchtturm soll – Sie haben darauf hingewiesen, Herr Kollege Löffler – die Popakademie sein. In der Tat, dieser Leuchtturm wurde mittlerweile hingestellt. Es wurde auch ein Popbüro in Stuttgart eröffnet, und es soll Regionalbüros geben. Aber die werden mit nur 70 000 € pro Jahr abgespeist. Meine Damen und Herren, wie soll auf diese Weise eine echte Förderung der Popkultur stattfinden? Das ist das eine Problem.
Das andere Problem ist: Wir sind gern vornedran, wenn es darum geht, Leuchttürme zu schaffen. Sie haben die Popakademie und die Filmakademie zu Recht erwähnt, Herr Kollege. Nur: Leuchttürme sollten nicht auf ganz kleinen Inseln stehen, sondern um die Leuchttürme herum soll sich etwas entwickeln können. Wir geben uns aber in Baden-Württemberg mit diesen Leuchttürmen zufrieden. Wir haben es bisher noch nicht geschafft, eine mit anderen Bundesländern richtig konkurrierende Filmproduktionslandschaft zu installieren. Das lag daran, dass wir uns jahrelang mit dem Leuchtturm Filmakademie zufriedengegeben und keine entsprechende Förderung betrieben haben.
Herr Kollege Löffler, Sie haben darauf hingewiesen: Es ist wichtig, dass die jungen Menschen, die Kinder heutzutage ein Instrument spielen. Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen. Nur, Herr Kollege Löffler: Dann sollten Sie Ihre Fraktion davon überzeugen, sich unserer Forderung „Jedem Kind ein In
strument“ anzuschließen. In anderen Bundesländern, beispielsweise in dem von Ihnen so oft gescholtenen NordrheinWestfalen, ist „Jedem Kind ein Instrument“ längst die Regel.
Nein, ihr seid gar nicht auf dem Weg. Ihr seid vielleicht auf dem Holzweg, aber nicht auf dem richtigen Weg.
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Na ja! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Was haben Sie gegen Holz- blasinstrumente?)
Was mir nicht ganz klar geworden ist, Frau Kollegin Berroth: Wenn man eine Große Anfrage macht, dann gibt man doch auch durch die Art der Fragen vor, in welche Richtung es denn gehen soll. Es ist ja schön, dass hier viele Daten abgefragt wurden; der Kollege Löffler hat sie ja lange vorgelesen.
Auf jeden Fall interessiert mich, wohin es denn gehen soll, Frau Kollegin Berroth. Ich bin sehr gespannt, was wir in der zweiten Runde dazu hören.
Wir haben in einem Antrag den Vorschlag eingereicht, dass in Anlehnung an das Modell der Filmförderfonds in NordrheinWestfalen – wir sind wieder bei Nordrhein-Westfalen, dort wird das gemacht – spezielle Förderfonds für die Kreativwirtschaft eingerichtet werden. Das wäre ein Schritt nach vorn; es wäre eine gute Maßnahme, um der Kreativwirtschaft einen finanziellen Unterbau zu geben.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es hier oft um Wachstumsbranchen geht, dass bisher aber nur Nischen besetzt werden. Sie haben auch zu Recht darauf hingewiesen, dass viele Menschen, zumindest zu Beginn, von dieser Arbeit nicht leben können. Deshalb fällt es vielen Menschen schwer, sich auf diesen Weg zu machen, etwa mit dem Ziel, professionelle Musik zu machen. Dazu brauchen sie die entsprechende Unterstützung. Deswegen sind solche Förderfonds für die Kreativwirtschaft ein guter Weg. Ich hoffe, Sie unterstützen unseren Antrag, damit wir so etwas in Baden-Württemberg bekommen.
Ganz zum Schluss noch ein Hinweis an alle, die es gern kreativ haben: Vorhin lief über den Ticker, dass die Rückkehr eines großen Improvisators, eines großen Jazzers mit vielen langen, schnellen Läufen nach Stuttgart bevorsteht. Es handelt sich zwar um einen Fußballer, aber freuen wir uns, dass Alexander Hleb kommt.