Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir erst einmal wenige Worte zur Vorgeschichte dieses Antrags. Der Antrag ist entstanden, nachdem das Gutachten von Roland Berger zur strukturellen Weiterentwicklung der Universitätsklinika veröffentlicht wurde. In diesem Gutachten wurde eine klare Absage an die materielle Privatisierung der Universitätsklinika erteilt, und darüber waren nicht nur die Klinikdirektoren, die Ärzte, die Beschäftigten und vor allem auch die Patienten froh, sondern, wenn ich das richtig sehe, auch die Mehrheit in den Regierungsfraktionen, die hoffentlich in dieser Frage dominierend ist. Zuvor hat es nämlich ein jahrelanges Hin und Her hinsichtlich der Privatisierung gegeben, was an unseren Universitätsklinika zu einer sehr großen Verunsicherung geführt hat.
Das alles ist jetzt eineinhalb Jahre her, und auch der heute vorliegende Antrag ist bereits älter als ein Jahr und wäre eigentlich erledigt, wenn wir heute über das UKG hätten beraten können. So war es jedenfalls geplant, und so steht es auch in der Stellungnahme zu unserem Antrag – ich zitiere –: „… ist die parlamentarische Beratung im ersten Halbjahr 2009 vorgesehen.“ Es liegt aber weder ein Referentenentwurf vor, noch hat eine Beratung mit den Beteiligten stattgefunden, die natürlich endlich wissen wollen, wie es weitergeht.
Welchen Grund gibt es eigentlich, weshalb so lange nichts passiert ist? Ist das Ministerium handlungsunfähig, oder gibt es doch erneut Diskussionen über eine Privatisierung, wie das die Beschäftigten vermuten? Man weiß ja: Der kleine Koalitionspartner ist selbst jetzt, nach den Erfahrungen mit der Krise, noch immer der Auffassung, Privatisierung sei per se immer erfolgversprechend und etwas Gutes. Immerhin steht auch in der Koalitionsvereinbarung – übrigens ein Zugeständnis an den Profilierungsbedarf der FDP –, dass eine Rechtsformänderung ergebnisoffen geprüft werden soll. Nun ist aber die Prüfung seit eineinhalb Jahren abgeschlossen. Wenn so lange nichts passiert, braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn es erneut zu Spekulationen kommt. Diese – das muss ich wirklich sagen – schaden unseren Klinika in einem ganz hohen Maß.
Deshalb, Herr Minister Frankenberg – der Ministerpräsident ist leider nicht da –, erwarten wir, dass Sie uns heute endlich erklären, welche Empfehlungen des Berger-Gutachtens umgesetzt werden sollen, und dass Sie das Thema Privatisierung endlich abräumen.
Im Übrigen erwarten wir auch Zustimmung zu unserem Antrag, der im Wesentlichen darauf hinausläuft, dass das Land seinen bestimmenden Einfluss auf die Universitätsklinika be
hält. Warum muss das Land seinen Einfluss behalten? Daseinsvorsorge und Sicherstellung der Gesundheitsvorsorge mit Maximalversorgung für die Bürgerinnen und Bürger gehören zu den ureigensten Aufgaben des Staates. Was ich sage, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit; ich wiederhole es aber, weil hier mindestens einer sitzt, der diese Lektion immer wieder einmal braucht.
Das Land Baden-Württemberg muss seinen Verpflichtungen zu einer optimalen Gesundheitsversorgung, zu einer weltweit Renommee genießenden Forschung und Lehre und zur Sicherung der Arbeitsplätze an unseren Uniklinika gerecht werden. Wer aber weiterhin von Privatisierung spricht, will nichts anderes, als das Gesundheitswesen dem Wettbewerb privater Investoren zu überlassen. Dies hat dann auch entsprechende Auswirkungen auf die Forschung.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es! – Minister- präsident Günther Oettinger betritt den Saal. – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Siehst du? Rita spricht vom Ministerpräsidenten, und schon kommt er!)
Welche Fragen in der medizinischen Forschung aufgegriffen werden und welche nicht, würde dann von den Renditeerwartungen des Investors abhängen, und die Problematik, die wir im Zusammenhang mit den Drittmitteln und dem Innovationsfonds schon heute haben, würde um ein Vielfaches größer werden. Das kann niemand im Ernst wollen, und auch unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen das nicht und lehnen es ab. Wer auf Dauer eine exzellente Forschung und – das hängt damit zusammen – auch eine exzellente Lehre will, muss für deren Unabhängigkeit sorgen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollte von der heutigen Debatte ein klares Signal an unsere wissenschaftlichen und nicht wissenschaftlichen Beschäftigten an den vier Universitätsklinika ausgehen. Die Botschaft lautet: Das Land steht zu seiner Verantwortung, und dieses Haus steht hinter den Beschäftigten.
Nun aber dazu, warum wir es für wichtig halten, uns mit der Zukunftssicherung der Universitätsklinika zu beschäftigen. Diese sind gut aufgestellt und genießen eine exzellente Reputation – das hat die Regierungsseite in den letzten Jahren immer wieder betont, und für die Vergangenheit stimmt dies auch. Was die Reputation anbelangt, stimmt es noch immer. Ob die Klinika jedoch noch heute gut aufgestellt sind, daran habe ich meine Zweifel. Zumindest schreibt das Universitätsklinikum in Tübingen inzwischen rote Zahlen.
Es gibt an allen Klinika einige Probleme; das können auch Sie nicht leugnen. Ich möchte einige davon nennen. Da sind zum einen die nicht kostendeckenden Fallkostenpauschalen. Sie wurden ein bisschen nachgebessert, aber nur ein bisschen. Für eine Hochleistungsmedizin reicht dies nicht aus. Da sind zum anderen die gedeckelten Krankenkassenbeiträge, gegen die die Beschäftigten Seite an Seite mit den Ärztlichen Direktoren auf die Straße gegangen sind.
Der Ministerpräsident hat dann sofort gesagt: „Der Deckel muss weg!“ und hat seinen Zeigefinger Richtung Berlin erhoben. Besser wäre es allerdings, er würde im Land die Haus
aufgaben machen und auf das hören, was die Dekane und die Ärztlichen und Kaufmännischen Direktoren in ihrem Reformpapier angemahnt haben, nämlich die Fortschreibung der Mittel für Forschung und Lehre. Der sogenannte Solidarpakt ist nämlich nur vordergründig eine Hilfe für die Klinika. Er gibt den Klinika ein bisschen Planungssicherheit, aber eben keine bessere finanzielle Ausstattung.
Ich weiß, dass jetzt wieder das Argument kommt, dass das mit der Krankenversorgung nichts zu tun habe. Es hat aber doch damit zu tun. Denn im Klinikalltag lassen sich die Krankenversorgung und die universitäre Forschung und Lehre eben nicht voneinander trennen.
Würden gar noch die Verrechnungen, die zwischen diesen beiden Bereichen stattfinden, steuerpflichtig werden, dann würde sich die Gesamtproblematik noch einmal vergrößern. Deshalb, Herr Minister, erwarten wir in dieser Frage heute eine Antwort darauf, wie eine solche Steuerpflicht im künftigen Gesetz ausgeschlossen werden kann.
Zu den Problemen mit dem Solidarpakt kommt übrigens hinzu, dass keine entsprechende Zuschussanpassung an die Tarif entwicklung stattfindet, und vor allem, dass das Land seiner Verpflichtung, die notwendigen Investitionen aufzubringen, nur in höchst ungenügender Weise nachkommt. Deshalb finanzieren die Kliniken vielfach selbst vor. Dies tun sie wirklich nicht deshalb, weil sie dies locker könnten. Das Geld fehlt dann nämlich woanders, und zwar vor allem beim Personal. Die Kliniken handeln nur deshalb so, weil ihnen letztlich nichts anderes übrig bleibt.
Wenn sie sich jedoch schon selbst finanzieren, dann wollen die Klinika natürlich auch die Bauherreneigenschaft übertragen bekommen. Dies ist nachvollziehbar, löst aber das Grundproblem natürlich nicht. Wenn es zutrifft, dass die Staatliche Bauverwaltung wirklich so langsam arbeitet, wie dies immer wieder behauptet wird, dann frage ich mich, warum das Land nicht alle Anstrengungen unternimmt, um dieses Problem in den Griff zu bekommen.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Weil ihr gegen PPP seid! – Gegenruf des Abg. Thomas Knapp SPD: Zu Recht! Völlig zu Recht!)
Unsere Frage lautet daher auch, wie es mit der Bauherreneigenschaft weitergeht; auch darauf erwarten wir heute eine Antwort.
Ich fasse zusammen: Die Hochschulmedizin ist derzeit nicht so gut aufgestellt, wie dies behauptet wird. Sie ist schlicht chronisch unterfinanziert. Würden dann noch die empfohlenen Renditeerwartungen des Berger-Gutachtens umgesetzt, wäre das finanzielle Desaster perfekt. Dann würden mit Sicherheit noch mehr Bereiche aus den Universitätsklinika ausgegliedert und teilprivatisiert, so wie dies in den vergangenen Jahren schon vielfach passiert ist. Über die Auswirkung dieser Teilprivatisierung möchte ich gern im zweiten Teil noch etwas sagen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Die Zukunft unserer Hochschulen bzw. unserer Kliniken ist von herausragender Bedeutung. Als Heidelberger Abgeordneter weiß ich, dass wir dort das beste Klinikum von ganz Baden-Württemberg haben. Entsprechend gut sind die Zahlen.
Liebe Kollegin, wenn Sie hier wieder einmal Miesmacherei betreiben, schaden damit Sie den Kliniken und nicht wir durch unsere Politik. Im Gegenteil, wir wollen das Beste für das Land Baden-Württemberg haben.
Wenn Sie die Zeitung aufmerksam gelesen hätten, würden Sie heute auch keine Miesmacherei betreiben, sondern positive Zahlen verbreiten. In der „Stuttgarter Zeitung“ stand in der letzten Woche ein hervorragender Artikel, in dem der Vorsitzende des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands, Herr Professor Siewert, klar und deutlich gesagt hat, wie die Jahresabschlüsse 2008 aussehen. Heidelberg, das größte Klinikum, hat im letzten Jahr ein Plus von 5,4 Millionen € gemacht, im Vorjahr war es ein Minus von 1,2 Millionen €. Ulm hat ein Plus von 0,8 Millionen €. Freiburg nennt keine Zahl, spricht aber von einem positiven Jahresergebnis. Nur Tübingen hat ein schlechtes Ergebnis. Das mag vielleicht an der Abgeordneten liegen, am Klinikum Tübingen liegt es nicht. Das Ganze ist ohne ein neues Gesetz oder neue Vorlagen erfolgt – im Gegenteil,
man konnte mit dem bisherigen Gesetz hervorragend arbeiten. Man kann feststellen, dass in Ulm ein Umsatz von 212 Millionen €, in Heidelberg von 600 Millionen € gemacht worden ist – hervorragende Umsatzzahlen. Wenn Sie insgesamt betrachten, was Herr Professor Siewert sagte, sehen Sie: Die baden-württembergischen Kliniken stehen gegenüber dem Bundesdurchschnitt hervorragend da. Sie haben überhaupt kein Problem und keine Sorgen, wie Sie sie hier vorgetragen haben.
Das bisherige Universitätsklinika-Gesetz, das vor Jahren novelliert worden ist, hat dazu beigetragen, dass wir heute so gut dastehen. Wir werden auch weiterhin in dieser Richtung arbeiten. Es ist aber keine Eile angesagt, sondern Qualität. Aus diesem Grund erst einmal ein Dankeschön an Professor Siewert für sein Lob der bisherigen Politik der Regierung. Wir sind immer dankbar für einen konstruktiven Dialog und entsprechende Kritik oder Anregungen.
Wir haben erfolgreich gearbeitet, und trotzdem wurde Roland Berger beauftragt, sich über die Zukunft Gedanken zu machen: Was kann man besser machen? Die Ziele wurden klar definiert: Erhalt und Ausbau der Forschungsexzellenz, Vermeidung von Verlusten in der Krankenversorgung, Bewältigung des Investitionsbedarfs, Erhalt der Wertschöpfung, Sicherung der Arbeitsplätze und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Vorgaben richteten sich also klar und deutlich darauf aus, eine gute Situation zu erreichen.
Heidelberg war z. B. in der Lage, 124 Millionen € für Neubauten vorzufinanzieren und trotzdem noch Gewinn zu machen. Das zeigt also: Man arbeitet hier sehr gut und positiv, blickt in die Zukunft und investiert entsprechend. Denn nur mit Investitionen in die Zukunft kann man Gewinne machen.
Es wurde aber klar und deutlich gesagt, dass man auch Vorsorge treffen muss, damit das so bleibt. Der Staat ist der Gewährträger. Er hat also die Haftung, und er muss daher Einfluss haben; das muss verankert sein. Es muss klar sein: Der Aufsichtsrat muss qualitativ gut besetzt sein. Er braucht die erforderliche Qualifikation, die Ausbildung und die Zeit, um die Aufgaben wahrzunehmen.
Es ist wichtig, die Pflegeleitung einzubinden, weil genau dort Sachverstand vorhanden ist und man die Leute braucht, die gute Arbeit verrichten.
Zur Privatisierung gibt es überhaupt keinen Grund; das wurde mehrfach gesagt. Die Kliniken arbeiten in der bisherigen Art und Weise so positiv, dass sie so weiterarbeiten können. Frau Bundesministerin Schmidt – die ja nicht immer recht hat – hat vor Kurzem gesagt, sie sei gegen einen private Trägerschaft bei den Kliniken, weil sie der Meinung sei, dass hier entsprechende Qualifikationen erforderlich seien und dass das vom Staat getragen werden müsse. Hier hat sie ausnahmsweise recht.
Ich fasse zusammen: Die Landesregierung, das MWK, das FM und die Regierungsfraktionen sind am Ball. Aber wir arbeiten an einem guten Gesetz. Es geht nicht um Schnelligkeit, sondern um die beste Lösung. Man muss eines wissen: Gesundheit ist das höchste Gut überhaupt, und für uns steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht das System. Trotz aller finanziellen Schwierigkeiten muss am Ende der Mensch gut versorgt sein. Dafür arbeiten wir mit Ruhe und Gelassenheit, aber mit dem richtigen Ziel.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pfisterer hat angemahnt, wir sollten aufmerksam Zeitung lesen. Das habe ich heute gemacht. Da war viel zu lesen von den vielen Fronten, an denen unser Wissenschaftsminister kämpft.
Ja, ich nehme es einfach einmal zur Kenntnis. – In der „Stuttgarter Zeitung“ war zu lesen, dass in der Regierung die Versetzung von Minister Frankenberg gefährdet sei.