Protocol of the Session on July 9, 2009

a) Welche vertraglichen Regelungen gibt es, um defekte Züge als Ursache von Zugausfällen auf der Höllentalbahn (z. B. 29. Mai 2009, Abfahrt in Neustadt 10:31 Uhr, und 30. Juni 2009, Abfahrt in Neustadt 10:31 Uhr, jeweils we- gen Triebwerksschadens, am selben Tag RB 31611 ab Frei- burg 17:40 Uhr angeblich wegen Blitzschlags) möglichst rasch ersetzen zu können?

b) Welche Sanktionsmaßnahmen hat die Landesregierung gegenüber dem Auftragnehmer ergriffen, um sicherzustellen, dass derartige Vorfälle nicht zur Regel werden?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Du stellst aber schwierige Fragen!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Staatssekretär Köberle das Wort.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Jetzt sind wir gespannt, weil ich da demnächst fahre!)

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Alles ist für irgendetwas gut, selbst Zugausfälle. Damit ist wenigstens die heutige Fragestunde gerettet. Es wäre ja auch wirklich schade, wenn nach langer Zeit die Fragestunde einmal wieder ausfallen würde.

(Beifall der Abg. Karl Rombach CDU und Dr. Fried- rich Bullinger FDP/DVP)

Lieber Herr Kollege Haas, jeder Zug, der ausfällt, ist Anlass für ein Ärgernis und bringt Leute in Schwierigkeiten. Deshalb muss es unser aller Interesse sein, dass Züge, die angekündigt sind, auch wirklich fahren.

Deshalb darf ich Ihre Mündliche Anfrage im Namen der Landesregierung wie folgt und sehr gern beantworten:

Es gibt keine vertraglichen Regelungen, wie Ersatzverkehr geschaffen werden könnte. Es gibt nur vertragliche Vereinbarungen, wenn Zugausfälle vorhersehbar sind, z. B. bei Baustellen. Man kann das auch vertraglich gar nicht vereinbaren, weil solche Ausfälle ja in der Regel Ausnahmefälle sind und die Vorhaltung von Ersatzzügen unwahrscheinlich teuer und für uns nie finanzierbar wäre. Das lässt sich schwer organisieren.

Jetzt kann man natürlich fragen: Liegt es am Wagenmaterial, das auf dieser Linie zum Einsatz kommt? Wir haben bei der DB Regio AG nachgefragt. Ich kann nur wiedergeben, was die Bahn uns sagt; das ist ja letztendlich deren Zuständigkeit.

Da werden Lokomotiven aus der Baureihe 143 – das wird Fachleuten etwas sagen, Ihnen und mir wahrscheinlich weniger – eingesetzt. Diese Züge sind zwischen 1984 und 1990 gebaut worden. Jetzt kommt die entscheidende Aussage zu dieser Baureihe. Die Bahn sagt uns, dass gerade diese Züge

keinesfalls störanfälliger sind als andere, eher im Gegenteil: Sie sind zuverlässiger als andere Lokomotivbaureihen.

Trotzdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass aus unterschiedlichen Gründen – Sie nennen einen Grund, nämlich Unwetter oder Blitzschlag – einmal ein Zug ausfällt.

Nun hat der Ausfall eines Zuges gerade auf der Höllentalbahn – dort besteht ja nur eine eingleisige Streckenführung – eine Reihe von weiteren Problemen zur Folge, sei es, weil der nachfolgende Zug nicht durchkommt, oder weil nach dem Wenden der Rückzug nicht mehr möglich ist. Dadurch kommt ein Fahrplan intensiver durcheinander und das Problem wird größer, als wenn nur ein einzelner Zug ausfällt.

Uns sagt die Bahn – ich glaube, das ist ein Stück weit nachvollziehbar –, dass das Wetter zunehmend Einfluss auf den Verkehr hat. Wir wissen es ja: Hagel, Unwetter, Hochwasser und vieles mehr. Gerade die Schwarzwaldregion ist für extreme Witterungsverhältnisse bekannt, was dann Auswirkun gen bei der Pünktlichkeit im Verkehr hat oder sogar zum Ausfall von Verkehrsmitteln führen kann.

Zu Ihrer zweiten Frage, nämlich der Frage nach Sanktionsmaßnahmen: Das ist klar über den Vertrag mit der DB AG geregelt. Jeder Zug, der nicht fährt – völlig unabhängig davon, aus welchem Grund dieser Zug nicht fährt –, ist ja vorher von uns bestellt worden und muss auch über Trassen- und Stationspreise bezahlt werden. Es ist klar, dass wir für ausgefallene Züge – unabhängig davon, wie gesagt, warum auch immer diese ausfallen – nichts bezahlen.

Aber versetzen wir uns doch nun einmal in die Lage der Bahn. Die Bahn hat selbstverständlich größtes Interesse daran, dass keine Züge ausfallen, und zwar aus mehreren Gründen: Ers tens entgehen ihr dadurch die Einnahmen aus den Trassen- und Stationspreisen, und zweitens entgehen der Bahn auch die Fahrgelder, die ja zu den Trassen- und Stationspreisen hinzukommen. Drittens bringt ein Zugausfall immer das ganze Sys tem – manchmal einen ganzen Tag lang – sowie die Verknüpfungssysteme kräftig durcheinander, was mehr Aufwand, mehr Geld und mehr Personaleinsatz bedeutet und was vor allem auch dem Image der Bahn nicht guttut. Deshalb unterstelle ich einfach einmal – ich glaube, da liege ich nicht falsch –, dass die Bahn selbst aus eigenem, ganz großem Interesse alles zu tun versucht, um Verspätungen oder sogar Zugausfälle auf ein Maß zu reduzieren, auf das die Bahn selbst dann keinen Einfluss mehr hat.

Zusatzfrage des Herrn Abg. Gustav-Adolf Haas.

Herr Staatssekretär, Sie haben soeben richtigerweise dargestellt, dass zum Teil Fahrzeuge von 1984 im Einsatz sind. Ist ausgeschlossen, dass der verminderte Wartungsdienst, der im Moment bei der DB aufgrund betriebswirtschaftlicher Anordnungen durchgreift, Ursache für die erhöhte Zahl von Betriebsausfällen ist? Ist es vielleicht so, dass die Fahrzeuge auf der steilen Höllentalstrecke einem erhöhten Verschleiß ausgesetzt sind, dass die Wartung jedoch nicht entsprechend erfolgt? Das ist die Frage.

Daraus folgt die Frage, ob Sie Einflussmöglichkeiten haben, die Bahn darauf hinzuweisen, dass der Betriebsdienst, der Wartungsdienst in Freiburg verstärkt werden muss, um die

Probleme auf die Reihe zu bringen, damit die verhältnismäßig alten Fahrzeuge, die 25 oder 19 Jahre alt sind, auf dieser Strecke wirklich ihren Dienst tun können.

Bitte, Herr Staatssekretär.

Ich will Ihre heutige Anfrage auf jeden Fall zum Anlass nehmen, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit mit der Bahn einmal darüber zu reden, um vielleicht neue, weitere Informationen zu bekommen. Ich habe aber keinen Grund, die Information, die die Bahn uns zur Beantwortung Ihrer heutigen Frage gegeben hat, anzu zweifeln, nämlich dass die Lokomotivbaureihe 143 weniger störanfällig ist als andere Baureihen.

Nochmals: Die Grundsatzfrage ist, ob die Bahn ein Interesse hat und sich dabei wohlfühlt. Entscheidend ist, ob sie der Frage ausfallender Züge einfach gleichgültig gegenübersteht oder ob sie selbst daran arbeitet, dieses Problem so weit wie nur irgend möglich zu minimieren. Ich glaube, das Zweite ist der Fall, und wenn wir beide bei der Bahn wären, hätten wir natürlich das gleiche Interesse. Da würden wir nicht sagen: „Es ist uns völlig gleichgültig, ob die Züge fahren oder nicht“,

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Wir zwei sicher nicht!)

und zwar aus genau den Gründen, die ich vorhin genannt habe. Das ist nämlich das Geld der Bahn, ihr Einkommen. Warum soll sie ein Interesse daran haben, sich Einkommen entgehen zu lassen? Das wäre eine ganz eigenartige Denkweise,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Bei der Bahn ist das nicht ausgeschlossen!)

aber, wie gesagt, die Frage, wie der Wartungsbetrieb dort organisiert ist, können wir gern noch einmal aufgreifen und darüber miteinander im Gespräch bleiben.

Vielen Dank, Herr Staatssekretär. – Keine weiteren Fragen mehr? – Doch, Herr Abg. Haller.

Wir können eine ganze Stunde daraus machen.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Eine halbe!)

Herr Staatssekretär Köberle, Sie gehen von einem Interesse der Bahn aus, das, glaube ich, logisch nachvollziehbar ist. Nun hat nicht jeder, der ein bestimmtes Interesse hat, auch die entsprechenden Fähigkeiten, das umzusetzen. In Ihrem ehemaligen Beruf – Lehrer – gibt es welche, die ein großes Interesse haben, einen guten Unterricht zu machen, es aber nicht schaffen. Bei der Landesregierung kann man das auch immer wieder sehen: Das Interesse ist groß – siehe Kunst –, und dann ist es ein Flop.

In der Landesregierung schaffen es alle. Das ist der Unterschied.

Wie erklären Sie sich angesichts des postulierten Eigeninteresses der Bahn die Vielzahl von Ausfällen, Verspätungen und Überfüllungen, die die Bahn

nach Beobachtung von Abgeordnetenkollegen und nach meinen eigenen Beobachtungen in diesem Land ständig produziert?

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Da ist doch der Bund gefragt, Herr Kollege!)

Lieber Kollege Haller, das ist eines Ihrer Lieblingsthemen, über das wir immer wieder diskutieren. Grundlage für uns kann ja nicht nur das sein, was wir subjektiv, durch eigene Erfahrung wahrnehmen, sondern es ist auch das, was uns landesweit über Jahresstatistiken wirklich objektiv und nicht geschönt oder gefälscht vorliegt. Da ist es nun einmal so, dass annähernd 95 % der Züge oder sogar noch mehr pünktlich sind. Die 5 % Unpünktlichkeit dominieren jedoch gefühlsmäßig. Darüber reden wir mit der Bahn; denn wir können ja nicht sagen, alle seien rundum zufrieden. Auch bei 5 % gibt es Menschen, die betroffen sind, und deshalb muss man auch darüber reden. Wenn wir das jedoch ansprechen, sagt uns die Bahn: Im bundesweiten Vergleich der einzelnen DB-Regio-Bereiche haben wir in BadenWürttemberg die besten Zahlen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP/DVP)

In anderen Ländern liegt die Pünktlichkeitsquote bei nur 90 % oder sogar unter 90 %. Bei uns sind wir wirklich auf einem außerordentlich hohem Niveau angekommen.

In diesem Zusammenhang muss man auch berücksichtigen, wie viele Selbstmorde es im Streckennetz der Bahn gibt, und zwar mit unglaublichen Folgen nicht nur für eine Strecke, sondern für viele Streckenverbindungen. Das ist eine Ursache, die nicht beeinflussbar ist. Ich kann nicht ständig bei der Bahn aufmarschieren und sie für etwas verantwortlich machen, was der Bahn selbst unangenehm ist. Ich glaube, gerade das Thema „Selbstmorde auf den Strecken der Bahn“ ist nun wirklich ein Thema, das sich niemand der Beteiligten herbeiwünscht. Aber es ist gegeben, und das geht dann belastend in diese Statistik ein.

Lieber Herr Haller, das Thema Bahn ist nun so ein bisschen Ihr Hobby. Noch schlechter, als es ist, sollte man es eigentlich nicht machen,

(Zuruf des Abg. Hans-Martin Haller SPD)

sondern wir sollten ganz sachlich über einzelne Stellschrauben diskutieren, an denen vielleicht noch kleine Verbesserungen erreicht werden können. Aber ich sehe bei der Bahn nirgends – das muss ich einfach auch einmal sagen – eine Gleichgültigkeit in der Frage der Pünktlichkeit, sondern wirklich das Gegenteil, eine sehr große Bereitschaft, sich ständig zu verbessern. Da ist man schon weit an der Oberkante der Möglichkeiten angekommen.

Keine weiteren Zusatzfragen? – Vielen Dank, Herr Staatssekretär.

Damit ist Tagesordnungspunkt 5 erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 6:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst – Die Perspektiven der baden-württembergischen Hochschul

medizin nach der Absage an die Privatisierung im Gutachten zur strukturellen Weiterentwicklung der Universitätsklinika – Drucksache 14/2762

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Für die SPD-Fraktion darf ich Frau Abg. Rita Haller-Haid das Wort geben.