Protocol of the Session on June 18, 2009

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Und die Stiefmutter!)

Der Lärmschutz bleibt dabei auf der Strecke. – Die Stiefmutter verweist dann fröhlich auf den Stiefvater, der das ja alles eingebrockt hat. Aber trotzdem bleibt der Lärmschutz auf der Strecke.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ich weiß; ich bin auch schon am Schluss.

Es wäre sehr nützlich, liebe Frau Gönner, wenn Sie einmal aufzeigten, was im Land nun tatsächlich und konkret gegen Lärm unternommen wird, und dies bitte abseits von Broschüren und Tagungen. Obwohl diese selbstverständlich wichtig sind, dürfen sie nicht nur als Alibi und Ersatz für echte und greifende Maßnahmen stehen, und genau solche Maßnahmen erwarten die Menschen von Ihnen.

Das, was ich am Anfang zitiert habe, steht genauso im Umweltplan der Landesregierung, aber dort steht es nach dem Motto „Papier ist geduldig“.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Da steht viel drin!)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich Frau Abg. Chef das Wort.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir, die FDP/DVP-Fraktion, nehmen den Lärmschutz sehr ernst.

(Zuruf von der SPD)

Sie müssen halt ruhig sein, dann hören Sie vielleicht auch besser.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! – Abg. Reinhold Gall SPD: So kann man auch viel Lärm ver- meiden! Das ist wahr!)

Denn nur ein Mensch, der vor Lärm geschützt ist, ist auch ein gesunder Mensch und kann sich mit Tatkraft und Energie für unser Land einsetzen. Lärm bedeutet für Körper und Seele Stress und kann zu gesundheitlichen Schäden und Beeinträchtigungen führen.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man über das Thema Lärm redet, wäre es wirklich gut, wenn man ruhiger wäre.

(Heiterkeit)

Bitte, Frau Abgeordnete.

Ich stelle fest, dass einige hier schon Gehörschäden haben. – Ich nenne hier vegetative Störungen, Schlafstörungen und psychische Beeinträchtigungen. Lärm steht auch im Verdacht, die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern.

Aber neben dem Verkehr stellt der Freizeitlärm eine nicht zu unterschätzende Lärmquelle dar, vor allem das Hören lauter Musik über Kopfhörer oder in Diskotheken. Einer Studie des Umweltbundesamts zufolge sind bei 10 bis 20 % der Jugendlichen aufgrund heute üblicher Hörgewohnheiten nach zehn Jahren leichte, aber deutlich nachweisbare Gehörschäden festzustellen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

Der Schutz der Menschen vor Geräuschen wird durch eine Vielzahl von Verordnungen und Einzelfallregelungen sichergestellt. In den nächsten Jahren wird aufgrund der EU-Umgebungslärmrichtlinie die Lärmbelastung durch die Hauptlärmquellen wie Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken, Großflughäfen und Ballungsgebiete systematisch ermittelt und in Lärmkartierungen dargestellt. In Aktions- und Lärmminderungsplänen werden anschließend mögliche Maßnahmen zur Lärmminderung ausgearbeitet und dargestellt. Wir haben es vorhin schon gehört.

Die Öffentlichkeit wird zu gegebener Zeit über den aktuellen Stand der Erhebungen informiert und auch bei der Lärmminderungsplanung beteiligt. Ein Beispiel für die Erhebung der Lärmbelastung und die Lärmminderungsplanung ist der Lärmminderungsplan Filder.

Mechanische Wellen, hervorgerufen durch natürliche oder künstliche Quellen, breiten sich im Erdboden aus, regen Gebäude zu Schwingungen an und werden von den darin befindlichen Menschen zum Teil auch als Erschütterungen wahrgenommen. Erschütterungsimmissionen werden vor allem durch Industrieverfahren, Baumaßnahmen und Verkehr hervorgerufen. Die Beurteilung, ob diese Einwirkungen schädlich oder belästigend sind, erfolgt anhand von technischen Regeln. Das Umweltministerium wird fachlich unterstützt von der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, die Messungen vornimmt, Prognosen erstellt und Vorhaben bezüglich Lärm und vor allem Erschütterungen beurteilt.

Lärmschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen, heißt Menschenschutz. Lärmschutz ist die große Herausforderung bei der Lösung der Umweltprobleme der Zukunft. Vor allem die junge Generation ist auf diesen Schutz in Zukunft ganz besonders angewiesen.

Die FDP/DVP-Fraktion begrüßt deshalb die Lärmaktionsplanung im Rahmen der Fristen der Richtlinie 2002/49/EG. Die se EU-Umgebungslärmrichtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten, getrennt für Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen, Haupteisenbahnstrecken und Großflughäfen innerhalb vorgegebener Fristen mehrere Arbeiten durchzuführen. Sie kennen das. Das sind die Erfassung und Darstellung der Geräuschbelastung in Form von strategischen Lärmkarten mit EU-einheitlichen Lärmindizes, Betroffenheitsanalysen, Erstellung von Aktionsplänen usw.

In Baden-Württemberg waren in der ersten Stufe der Umgebungslärmkartierung, die bis zum 30. Juni 2007 erfolgte, die

Ballungsräume Stuttgart, Mannheim und Karlsruhe betroffen. In der zweiten Kartierungsstufe, nämlich bis zum 30. Juni 2012, kommen voraussichtlich noch die Städte Freiburg, Heidelberg, Heilbronn, Pforzheim, Reutlingen und Ulm hinzu. Bei den Hauptverkehrsstraßen werden in der ersten Stufe alle Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen mit mehr als sechs Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr kartiert.

Die Umsetzung hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Sie bedeutet für die betroffenen Kommunen – das darf man nicht unterschätzen – einen zusätzlichen personellen und finanziellen Kraftakt. Bedenken Sie dabei, dass es sich bei diesen Maßnahmen vor allem um neue Aufgaben handelt.

Wir nehmen dieses Thema sehr ernst, denn für weite Teile der Bevölkerung nimmt die Lärmbelästigung vor allem durch den Straßenverkehr zu, gerade in Ballungsräumen.

Die Kommunen sind aufgefordert – sie tun dies auch im Rahmen ihrer Zuständigkeit –, die erforderlichen Aktionspläne zu erarbeiten. Da gibt es auch schon jetzt viele gute Beispiele, wie die Kommunen bereits in der Vergangenheit Lärmschutz betrieben haben. Ich erinnere beispielsweise nur an die Bauleitpläne, durch die jede Kommune die Möglichkeit hat, Lärmschutzwände, Ausrichtung von Gebäuden, mehrfach verglaste Fenster usw. auf den Weg zu bringen.

Deshalb sollte unser gemeinsames Ziel für die Zukunft sein, entsprechend dem Beschluss der Umweltministerkonferenz ein von Bund, Ländern und Kommunen getragenes Lärmsanierungsprogramm zu erreichen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Walter Heiler SPD: Weiter!)

Meine Damen und Her ren, in der Zwischenzeit hat auf der Zuhörertribüne der Erste Stellvertretende Landeshauptmann des österreichischen Bundeslands Steiermark, Herr Hermann Schützenhöfer, Platz genommen. Er besucht heute unser Land mit einer Wirtschaftsdelegation aus der Steiermark und wird anschließend Herrn Ministerpräsident Oettinger treffen.

Herr Schützenhöfer gehörte der ersten Delegation des Steiermärkischen Landtags an, die 1997 den Landtag von BadenWürttemberg besuchte. Damals war Herr Kollege Schützenhöfer Vorsitzender der ÖVP-Landtagsfraktion.

Herr Kollege Schützenhöfer, ich darf Sie und die Mitglieder Ihrer Delegation recht herzlich im Landtag von Baden-Würt temberg begrüßen. Ich freue mich, dass Sie hier sind, und wünsche Ihnen einen angenehmen und erfolgreichen Aufenthalt in unserem Bundesland. Herzlich Willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Umweltministerin Gönner das Wort.

(Abg. Fritz Buschle SPD: Jetzt kein Geschrei! – Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Leise!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Schweizer Journalist Walter Ludin hat auf den Punkt gebracht, was viele BadenWürttemberger belastet. Er sagte:

Wenn die Stille nicht so schön wäre, wäre der Lärm erträglicher.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ist gut!)

Mehr als drei Millionen Menschen in Baden-Württemberg fühlen sich durch Lärm belästigt. Dies kam bereits durch die Vorredner zum Ausdruck. Aber Lärm ist nicht nur in BadenWürttemberg eines der wichtigsten Umweltprobleme, sondern weit über Baden-Württemberg hinaus.

Die europäische Umgebungslärmrichtlinie gibt den Weg vor, wie das Problem angegangen werden soll, wobei man trefflich darüber streiten kann, ob es tatsächlich ein geeigneter Weg ist, der hier angegangen werden soll, und ob die Kartierung und Planung den Menschen tatsächlich hilft. Ich komme im Lauf meiner Rede darauf zurück.

Es wurde dargestellt: Zunächst einmal geht es darum, in zwei Stufen Lärmkarten an den wichtigsten Hauptverkehrsstraßen, Schienenwegen, für Großflughäfen und Ballungsräume in Abhängigkeit von Verkehrsdichte oder Einwohnerzahl zu erstellen. Die erste Stufe sollte bis zum Jahr 2007 erfolgen. Wir wissen, dass dieser Zeitraum inzwischen vergangen ist. Die zweite Stufe soll bis zum Jahr 2012 abgeschlossen sein. Frau Dr. Splett, Sie haben gesagt, Sie seien gespannt, wie es in der zweiten Stufe ausgeht.

Anschließend sollen dann an den Lärmschwerpunkten Lärmaktionspläne aufgestellt werden, die Maßnahmen zur Lärmsanierung enthalten. Wichtig ist dabei allerdings, zu wissen, dass der Bund diese Aufgabe – beides, die Erstellung der Karten sowie die Erstellung und Umsetzung der Lärmaktionspläne – den Gemeinden zugewiesen hat. Ich glaube, dass man dies bei dem, wie die Diskussion bisher erfolgt ist, auch deutlich machen muss.

Das Land hat ganz bewusst gesagt, dass es die Kommunen sowohl bei der Lärmkartierung als auch bei der Lärmaktionsplanung unterstützen will. Außerhalb der Ballungsräume haben wir als Landesregierung bis 2007 die Lärmkarten der ers ten Stufe auf Kosten des Landes erstellt. Das war weder unsere Aufgabe, noch hätten wir es tun müssen. Das war eine Dienstleistung, die wir als Landesregierung gegenüber den Kommunen erbracht haben.

(Abg. Ulrich Lusche CDU: So viel zum Thema „Das Land tut nichts“!)

Das führt dazu, dass heute rund 1 000 Lärmkarten für jedermann im Internet einsehbar sind.