Protocol of the Session on April 23, 2009

Wir, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen uns daher im Landesparlament fragen, ob es wirklich auf dieser freiwilligen Ebene weitergehen kann oder ob wir nicht selbst Mittel und Wege finden müssen, um das Problem in den Griff zu bekommen.

Wir von der SPD-Fraktion haben es daher auch sehr begrüßt, von der Landesregierung zu hören, dass sie den Vorschlag prüft, die Zuständigkeit für die Genehmigung von Bauleitplänen von den Landratsämtern auf die höheren Verwaltungsbehörden, die im Augenblick die Regierungspräsidien sind, zu übertragen. Nur, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fragen uns, wie lange diese Prüfung, mit der am 6. November 2007 das Wirtschaftsministerium beauftragt wurde, noch dauern soll. Heute haben wir den 23. April 2009; das ist anderthalb Jahre später. Mich freut es sehr, dass hier nachher die Um

weltministerin zu diesem Thema sprechen wird. Ich hätte mich aber auch sehr gefreut, wenn Herr Minister Pfister zu der Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums zu dem Antrag uns auch hier – – Herr Drautz, Entschuldigung: Ich möchte Sie einfach bitten, uns zu informieren, wie weit diese Prüfung jetzt gediehen ist und welche Argumente denn dagegen sprechen.

In der Stellungnahme zu dem neuerlichen Antrag, den wir von der SPD-Fraktion zu diesem Thema gestellt haben, steht, dass es den Kommunen nicht gefällt, wer prüft, dass möglicherweise die Regierungspräsidien prüfen und auch stringenter prüfen. Das kann nicht der Grund sein. Vielmehr müssen wir hier im Land entscheiden, wer für uns die Prüfung übernimmt, und dürfen dies nicht anderen überlassen. Denn wir können nicht den Bock zum Gärtner machen.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange- zeigt.)

Die Redezeit ist in zweimal fünf Minuten aufgeteilt.

Herr Kollege, ich muss Sie leider enttäuschen. Im Präsidium wurde festgelegt, dass eine Fraktion den Antrag begründet. Ihr stehen dafür und für die Aussprache insgesamt zehn Minuten zur Verfügung. Das ist in diesem Fall die CDU-Fraktion gewesen. Alle anderen Fraktionen haben eine Redezeit von jeweils fünf Minuten.

Das wurde mir anders mitgeteilt.

Das steht so auf der Tagesordnung.

Dann ist meine Redezeit jetzt also schon zu Ende?

Leider.

(Heiterkeit)

Das erfreut mich jetzt nicht sonderlich, weil ich das anders verstanden hatte. Vielleicht noch eine oder zwei Minuten: Die wichtigsten Punkte hatte ich bereits erwähnt.

(Unruhe)

Ich möchte als Letztes auf etwas zurückkommen, was der Kollege Scheuermann angesprochen hat, und zwar auf das Thema Flächenzertifikate. Man kann darüber streiten, ob dieses Instrument – auch mit der Verteilung der Zertifikate beim Emissionshandel mit CO2 haben wir unsere Probleme – wirklich tragfähig ist.

Wir von der SPD-Fraktion finden es richtig, dass wir klare Vorgaben haben. Wir hatten bei der Beratung der Änderung des Landesplanungsgesetzes 5 ha bis zum Jahr 2015 als Zahl genannt. Nun wurde vom Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung gesagt, dass wir das auch im Zusammenhang mit der Bevölkerungsentwicklung sehen müssen. Wir hängen nicht an diesen 5 ha. Wir sind aber der festen Überzeugung, dass wir klare Vorgaben brauchen, dass wir klare Vorgaben im Landesplanungsgesetz brauchen, mit denen die Landesverwaltung, die Regierungspräsidien, das Umweltmi

nisterium, das Wirtschaftsministerium auch in der Lage sind, den völlig überbordenden Flächenverbrauch in den Griff zu bekommen.

Ich freue mich sehr, dass hier drei Fraktionen – CDU, SPD und GRÜNE – in den Grundsätzen einer Meinung sind. Ich hoffe, dass wir in dieser Legislaturperiode noch zu entsprechenden Schritten und Maßnahmen kommen werden. In diesem Sinn wünsche ich uns zusammen viel Erfolg bei diesem Thema.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der Grünen)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Dr. Splett das Wort.

(Unruhe)

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist nicht die erste Debatte zum Thema Flächenverbrauch. Reden haben wir schon viele gehalten, nur die Taten fehlen leider.

Zuletzt haben wir das Thema bei den Haushaltsberatungen angesprochen. Herr Scheuermann hat die Tatenlosigkeit – auch die der eigenen Regierung – beklagt. Das war damals eine sehr gute Rede. Auch seinen heutigen Ausführungen kann ich zustimmen.

Das Bedauerliche ist, dass alles, was bisher gelaufen ist, keine durchschlagende Wirkung gebracht hat. Der Flächenverbrauch korreliert mit dem Konjunkturverlauf. Wir sind immer noch bei einem Flächenverbrauch von über 1 m² pro Sekunde. Wir alle wissen, dass der Flächenverbrauch nach der Ankündigung des Ministerpräsidenten, die „Nettonull“ beim Flächenverbrauch anzustreben, wieder angestiegen ist.

Runde Tische sind gut gemeint. Sie können auch punktuell Wirkung haben. Aber eine Trendwende werden sie nicht herbeiführen. Denn hinter dem Flächenverbrauch steckt ein starker Motor, meine Damen und Herren: Das sind die finanziellen Anreize, das ist das Geld, das mit der Ausweisung immer neuer Bauflächen zu verdienen ist. Die Planungsgewinne landesweit sind jedes Jahr auf Milliardenhöhe zu beziffern. Den Kommunen winkt Geld, den Grundstückseigentümern winkt Geld. Und das Land agiert nicht anders. Wenn wir heute bei Tagesordnungspunkt 11 über einen Grundstücksverkauf auf Gemarkung Rheinstetten reden – ich hoffe, dass wir diesen Punkt noch vertagen –, dann haben wir ein Beispiel dafür, dass auch das Land daran verdienen will, dass aus landwirtschaftlicher Fläche eine Gewerbefläche wird.

(Unruhe)

Wir brauchen wirksame Instrumente. Das sind unserer Ansicht nach – das haben wir immer vertreten – handelbare Flächenzertifikate. Das wurde erst neulich wieder in einer Studie des Bundesamts für Naturschutz wie folgt formuliert:

Es bedarf der Einführung neuer ökonomischer Instrumente, um den wirtschaftlichen Anreizen zu einer andauernden Ausweisung neuer Bauflächen erfolgreich entge

gentreten zu können. Handelbare Flächenausweisungskontingente sind das wirksamste Instrument, mit dem dem Ausufern der Siedlungen klare Grenzen gesetzt werden können.

Der Nachhaltigkeitsbeirat der Landesregierung hat das bereits im Jahr 2003 empfohlen. Dies ist angesprochen worden. Wir halten die handelbaren Flächenzertifikate nach wie vor für ein wirksames Instrument. Aber die Regierung traut sich an dieses leider nicht heran.

Alles andere sind niedrigschwellige Versuche, den Flächenverbrauch einzudämmen, die wir unterstützen, aber bei denen der Beweis noch lange nicht erbracht ist, dass sie die erhoffte Trendwende bringen. Zu diesen niedrigschwelligen Instrumenten gehört, dass langfristige Kostenkalkulationen erstellt werden sollen, dass die Erforderlichkeit geprüft werden muss. Innen- muss vor Außenentwicklung gehen. Hierzu brauchen wir Baulückenkataster.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der CDU: Das gibt es doch bei vielen Gemeinden schon!)

Dazu gehört auch, die Genehmigungsverfahren zu bündeln. Auch dies wurde schon angesprochen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Haben Sie noch nie etwas von MELAP gehört?)

Aber noch nicht einmal das wird konsequent umgesetzt. Jetzt gibt es zwar Vorgaben für Plausibilitätsnachweise, aber diese sind nicht verbindlich.

Im Strategieprogramm vom November 2007 war enthalten, dass geprüft wird, ob die Zuständigkeit bei den Regierungspräsidien gebündelt werden soll. Das Wirtschaftsministerium prüft noch. Passiert ist bis jetzt nichts.

Apropos Wirtschaftsministerium: Die FDP/DVP hat sich noch nicht einmal getraut, den interfraktionellen Berichtsantrag mit zu unterzeichnen. Da ist kein Wille zu erkennen, den Flächenverbrauch zu reduzieren, im Gegenteil.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Bei der CDU fehlt leider auch die klare Linie. Ministerin Gönner und Kollege Scheuermann rudern eindeutig in die richtige Richtung, aber diese Richtung konnte sich noch nicht einmal beim letzten Landesparteitag durchsetzen.

(Zuruf von der CDU: Waren Sie dabei?)

Dazu passt auch, dass wir im vergangenen Jahr das Landesplanungsgesetz geändert haben, und dies, ohne Instrumente zur Reduzierung des Flächenverbrauchs einzubauen. CDU und FDP/DVP haben sogar verhindert, dass dieses Gesetz im Umweltausschuss beraten werden konnte.

Das heißt: Wir haben eine hasenfüßige Landesregierung auf der einen Seite und gleichzeitig starke monetäre Anreize zu immer neuen Flächenausweisungen auf der anderen Seite zu verzeichnen. Daher können wir ohne hellseherische Fähigkeiten prophezeien, dass die zu Beginn der Legislaturperiode gesetzten Ziele nicht erreicht werden.

Im Übrigen müssen wir auch darüber reden, wofür diese Flächen denn genutzt werden. Bei der Wohnbebauung mag man mit der Plausibilitätsprüfung jetzt Erfolge erzielen. Da kann man noch relativ gut rechnen. Schwieriger ist es bei den Gewerbegebieten. Diese schießen allerorten, mit Vorliebe auf der grünen Wiese, wie Pilze aus dem Boden.

Dies gilt auch für Straßen. Sie werden im Antrag gar nicht angesprochen, sind aber ebenfalls ein Problem. Je nach Statistik, je nachdem, ob Sie nur die außerörtlichen oder auch die inner örtlichen Straßen einrechnen, machen Straßen einen erheblichen Teil des Flächenverbrauchs aus.

(Abg. Werner Raab CDU: Man kann auch Fleisch werke in Wohngebiete stellen!)

Herr Raab, das Strategieprogramm der Landesregierung vom November 2007 besagt, die verkehrspolitischen Zielsetzungen für den Schutz von Natur und Landschaft sähen u. a. mit Blick auf die Flächenbeanspruchung die Prioritäten „Ausbau vor Neubau“, „Bündelung der Trassen“ und „Rekultivierung nicht mehr benötigter Straßenflächen“ vor. Ich würde gern Beispiele dafür, dass seit November 2007 tatsächlich Straßenflächen rekultiviert wurden, besichtigen.

Meine Damen und Herren, was uns fehlt, sind verbindliche Vorgaben, sind wirksame Instrumente. Wenn sich die Landesregierung hierzu nicht durchringen kann, dann werden wir alle Jahre wieder den galoppierenden Flächenverbrauch beklagen, aber sinken wird er nur, wenn die Konjunktur einbricht. Das ist nicht die Steuerung, die wir wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die FDP/DVPFraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Große Anfrage der FDP/ DVP-Fraktion geht darauf zurück, dass seit rund 20 Jahren, seit Anfang der Neunzigerjahre, eine Vielzahl militärischer Standorte im Südwesten aufgegeben worden sind. Zur Bewältigung der Konversionsmaßnahmen wurden erhebliche Fördermittel bereitgestellt, und jetzt, nach nahezu 20 Jahren, ist es an der Zeit, Bilanz zu ziehen, insbesondere auch vor dem Hintergrund des unumstrittenen Ziels des Flächensparens.