Protocol of the Session on April 23, 2009

(Abg. Stephan Braun SPD: Das sind doch dumme Sprüche!)

Wir haben doch im biologischen Anbau erheblichste Fortschritte erzielt,

(Zuruf: Schlusslicht!)

übrigens auch durch moderne Verfahren, auch durch den Einsatz des Bacillus thuringiensis, den Sie bei MON 810 so sehr bekämpfen, der aber als biologisches Mittel im biologischen Anbau zugelassen ist.

(Beifall bei der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP und Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ist es!)

Das muss man auch einmal sagen.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Sie wissen ja gar nicht, was das ist! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Das ist ja Äpfel mit Gurken verglichen! Das ist so daneben!)

Oder denken Sie an andere Verfahren, auch im Bereich herkömmlicher Produktionsmethoden und herkömmlicher Produktionsverfahren. Lieber Kollege Pix, verrennen Sie sich doch nicht in eine fortschrittsfeindliche Diskussion, wie Sie das derzeit tun.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Ich bin dafür, dass Landwirtschaft ideologiefrei betrieben wird. Nicht der Landrat soll entscheiden, sondern der Landwirt soll entscheiden, was angebaut wird. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es kommt mir so vor – Herr Kollege Kretschmann, Sie haben ja diese Debatte mit beantragt –, als wendeten Sie sich langsam, aber sicher von der Richtung ab, die Sie in der Großen Koalition eingeschlagen haben.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Na, so ein Blödsinn!)

Entschuldigung, der rot-grünen Koalition. Sie wären gern so groß.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: So groß sind wir noch nicht! Aber das kann ja noch kommen, wenn Sie so weitermachen!)

Ich kann Ihnen leider nicht ersparen, dass die Thesen, die Sie zum Thema Koexistenz gebracht haben, von Ihrer damaligen Bundeslandwirtschaftsministerin in der Zeit der rot-grünen Koalition ganz anders gesehen wurden.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es! – Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Damals haben Sie doch das Gegenteil behauptet! – Lebhafte Unruhe)

Entschuldigung, das sind Fakten. Das erste Gentechnikgesetz Deutschlands stammt aus der Feder von Renate Künast, und Renate Künast saß am Tisch des Rates der Europäischen Union, als die EU die Freisetzungsrichtlinie beschlossen hat, die die Koexistenz voraussetzt.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Niemand sonst, weder von Rot noch von Schwarz, noch von Gelb, ist in Brüssel dabei gewesen, sondern Renate Künast. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, gut!)

Herr Minister, lassen Sie Zwischenfragen des Herrn Abg. Pix, des Herrn Abg. Dr. Murschel und des Herrn Abg. Walter zu?

Nein. Im Augenblick lasse ich keine Fragen zu; ich will den Gedanken noch zu Ende führen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Jungs sollen auch etwas lernen, bevor sie Zwischenfragen stellen! – Lebhafte Unruhe)

Zweitens, Herr Kollege Kretschmann: Sie führen die Biopatente an. Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz – –

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Immer schön bei der Wahrheit bleiben, Herr Minister! Ihr habt Künasts Gesetz bekämpft, weil es die Agrogentechnik verhin- dere! – Unruhe – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Nun hört einmal zu!)

Ja, genau. Lieber Kollege Walter, es empfiehlt sich einmal ein Blick ins Gesetzbuch und darauf, wann das jeweilige Gesetz verabschiedet wurde.

Es gibt das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen. Da heißt es in § 2 a:

Für Pflanzensorten und Tierrassen sowie im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren werden keine Patente erteilt.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! Eindeu- tig!)

Das ist eine eindeutige rechtliche Definition. Dieses Gesetz wurde im Jahr 2005 verabschiedet, auch noch zu Zeiten der rot-grünen Koalition.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Hört, hört!)

Wir haben uns damals genau in dem Sinne dieses § 2 a eingebracht, dass für Züchtungen und vor allem für die „Züchtungsergebnisse“ und deren Nachkommen etc. keine Patente erteilt werden dürfen. Darin sind wir doch völlig einig. Deshalb weiß ich nicht, weshalb manche jetzt wieder auf den Biopatentschutz setzen. Sie hätten lieber damals zur rechten Zeit eine noch deutlichere Klarstellung in dem Gesetz herbeiführen müssen, was offensichtlich unterblieben ist. Denn nicht das Gesetz steht infrage, sondern die Auslegung des Gesetzes, die von dem einen oder anderen Gericht und vom Europäischen Patentamt infrage gestellt wird. Das ist der entscheidende Punkt.

Ich habe diesem Paragrafen nichts hinzuzufügen. Damit ist die Haltung der Landesregierung klar.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frage ist: Wie können wir – das habe ich hier schon wiederholt in allen Einzelheiten ausgeführt – einerseits gewährleisten, dass wir uns vom Fortschritt – die Biotechnologie, auch die grüne Biotechnologie, zählt zu den fortschrittlichen Verfahren auch im Bereich der Landwirtschaft – nicht abkoppeln, dass wir die Landwirte nicht abkoppeln, dass wir die Forschung nicht abkop

peln, und andererseits jedoch erreichen, dass wir dieses Prinzip der Koexistenz, das sicherlich nicht für alle Kulturarten in Baden-Württemberg gilt – da wiederhole ich mich –, tatsächlich einhalten können? Das wird die ganz entscheidende Frage sein.

Ich komme zu einer Feststellung, Herr Kollege Kretschmann: Wer heute aus der grünen Biotechnologie in Baden-Württemberg und Deutschland aussteigt, der spielt den internationalen Großkonzernen in die Hände.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau so ist es!)

Wer heute meint, man müsse die Versuche und die Freilandversuche unserer Universitäten, unserer Forschungseinrichtungen und auch unserer Landwirte verbieten und zum Tabu erklären, wer meint, er müsse über das ganze Land den Nebel der Gentechnikfreiheit legen und dürfe auch im Bereich der Forschung nichts mehr zulassen, und meint, dies durchhalten zu können, der spielt denen in die Hände, die andernorts – in den USA, in der Dritten Welt, in Südamerika, wo auch immer – Forschung betreiben, die dies weniger kontrolliert tun und die vor allem Erkenntnisse entwickeln, die sie dann ganz und gar für sich behalten.

Sie wissen selbst:

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Schreien Sie nicht so!)

Es sind nur noch fünf oder sechs große Konzerne, die dies derzeit nachhaltig machen. Ich will nicht, dass wir eines Tages unsere Landwirtschaft, unsere Landwirte und die Landwirtschaftsbetriebe, die alle mittelständisch geprägt sind, die bäuerliche Familienbetriebe sind, von wenigen großen Saatgutkonzernen abhängig machen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Bravo! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das haben Sie doch längst getan! Das ist doch schon längst der Fall!)

Ich will, dass wir auch in den nächsten Jahren mittelständische Saatgutzüchter haben und dass es auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Verfahren gibt, die angewandt werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer die Biotechnologie in Bausch und Bogen verteufelt, der verschließt sich solchen Verfahren gänzlich. Denn es muss ja nicht unbedingt nur darum gehen, sogenannte artfremde Gene zu implementieren, etwa so, wie das bei MON 810 der Fall ist,

(Abg. Stephan Braun SPD: Immer die gleichen Plat- titüden!)

mit dem Bacillus thuringiensis in der Maispflanze. Es kann u. a. auch darum gehen, dass man bei der Biotechnologie, etwa über das Thema Genmarker und dergleichen mehr, herkömmliche, auf Kreuzung basierende Züchtungen nur beschleunigt. Warum denn auch nicht?

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Der Mensch hat sich doch zu allen Zeiten solche Verfahren zunutze gemacht.

(Zustimmung des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)