Allein die Tatsache, dass Alkohol käuflich zu erwerben ist, ist also kein Grund für diesen Trend. Die Negativbeispiele sind uns allen bekannt. Ich zitiere aus der Stellungnahme des Sozialministeriums zum Antrag Drucksache 14/1129:
Eine wesentliche Erkenntnis aus der Präventionsforschung ist, dass eine gute Wirksamkeit erzielt wird, wenn verhaltens- und verhältnispräventive Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden.
Gesetzliche Regelungen und eine Steuerung über die Preispolitik brauchen im Vorfeld eine zielgruppengerechte und geschlechtsspezifische inhaltliche Auseinandersetzung.
Wir haben gute Erfahrungen mit dem Verbot des Flatrate-Trinkens. Daran könnten wir meines Erachtens anknüpfen. Auch das Gaststättenrecht beinhaltet ausreichende gesetzliche Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen den Jugendschutz. Diese müssen wir meines Erachtens auch wahrnehmen und die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte mit ent
sprechendem Personal ausstatten, damit sie diese Straftaten und die Bußgelddelikte tatsächlich verfolgen können.
(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das macht ihr doch gar nicht! Was soll denn dieser Quatsch, den der da vorn verzapft?)
(Abg. Reinhold Gall SPD: Warum stimmen Sie dann immer gegen unsere Anträge, wenn wir so etwas for- dern?)
Wir müssen die Straftäter auch verfolgen und verurteilen. Ich habe kein Verständnis dafür, wenn ein Wirt Alkohol an Jugendliche oder an sichtlich Betrunkene verkauft. Das sollte eine Straftat sein – für mich ist es das – und kann nicht weiter so hingenommen werden. Die Folgen sind verheerend.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn dies alles nicht ausreicht – ich komme gleich zum Schluss –, sind verhältnispräventive Maßnahmen der letzte Ausweg.
Die Polizei hat sich im Anhörungsverfahren für diese Maßnahme ausgesprochen. Das haben wir gehört. Auch durch ein Alkoholverkaufsverbot sollen Exzesse Jugendlicher und auch Erwachsener unterbunden bzw. eingedämmt werden. Allerdings, meine Damen und Herren, dürfen wir natürlich die Ausnahmen, die in ein solches Gesetz eingebaut werden müssen, nicht vergessen.
dass landwirtschaftliche Genossenschaften nach 22 Uhr Alkohol verkaufen, dass landwirtschaftliche Betriebe, Verkehrsflughäfen, Gaststätten, Anbieter auf örtlichen Festen und auf Märkten nach 22 Uhr alkoholische Getränke verkaufen können.
(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was ist denn der Un- terschied zwischen Verhältnis- und Verhaltenspräven- tion? – Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)
Das sind genauso Läden wie die Tankstellen. Da liegt das Problem. Wenn das nicht wirkt und wir die Tankstellen mit einem Verkaufsverbot belegt haben, dann haben wir Eingriffe vorgenommen,
(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Abg. Ingo Rust SPD: Herr Kolle- ge, warum lassen Sie keine Zwischenfrage zu? – Ge- genruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ich mache es einmal wie die Grünen! Die lassen auch keine Zwischenfragen zu! Sie sollten sich nicht mei- nen Kopf zerbrechen! – Gegenruf der Abg. Christine Rudolf SPD: Nein, das machen wir sowieso nicht! – Anhaltende Zu- und Gegenrufe – Unruhe)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich will Ihnen den Satz, den Sie hören wollen, gleich zu Anfang sagen: Wir brauchen ein solches Gesetz – Einzelheiten, weshalb, nenne ich Ihnen noch –, und wir werden dieses Gesetz bekommen.
Wir werden im Juni in den Ministerrat gehen und noch in diesem Jahr das Gesetz hier verabschieden. Dann hoffe ich, dass Sie allseits zustimmen.
das habe ich schon ein paarmal gesagt – und der weiß, dass Gesetze und Verbote in der ganzen Geschichte der Menschheit Menschen noch nie besser gemacht haben, als sie tatsächlich sind oder sein wollen.
Gleichwohl brauchen wir Regeln, Gesetze und Vorschriften, damit Spielregeln in dieser Gesellschaft auch eingehalten werden.
Jetzt fragen Sie: Weshalb nicht schon längst? Dazu gibt es viel Nachvollziehbares zu sagen. Sehen Sie sich einmal das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Nichtraucherschutz an. Das ist noch nicht so lange her. Ich glaube, es stammt vom 30. Juli 2008. Sie wissen, dass die Forderung, ein Gesetz zu erlassen, sehr schnell auf den Tisch kommt – was nachvollziehbar ist. Aber wenn Sie das Urteil mit all seinen Facetten lesen, dann wissen Sie auch: Solch ein Gesetz zu machen ist ungleich schwieriger.
Hier handelt es sich um Fragen, die sich nach Artikel 3 und Artikel 12 des Grundgesetzes stellen. Da muss schon sehr genau differenziert werden, insbesondere was die Ausnahmeregelungen anbelangt. Ich komme nachher noch einmal darauf zurück. Es haben Anhörungen von der CDU und der FDP/ DVP, möglicherweise auch von den Grünen, stattgefunden, die das Problem aufgezeigt haben. All diese Aspekte müssen sorgfältig auch unter rechtlichen Gesichtspunkten abgewogen werden.
Jetzt will ich Ihnen, weil vorhin die gesamtgesellschaftliche Verantwortung betont wurde, noch eines sagen. Wie nahe bei
spielsweise Herr Kollege Goll und ich uns stehen, will ich Ihnen mit einem Satz verdeutlichen, den Herr Kollege Goll vor Jahren von diesem Pult aus bei einer Debatte zum Thema Jugendkriminalität gesagt hat. Der Satz beschreibt umfassend, worin die gesamtgesellschaftliche Aufgabe besteht. Dabei passt kein Blatt Papier zwischen mich und den Kollegen Goll.
Diesen Satz habe ich mir zu eigen gemacht, und den sollten wir alle uns zu eigen machen. Er lautet – Herr Kollege Goll, ich hoffe, ich zitiere Sie aus dem Gedächtnis in diesem Zusammenhang richtig –:
(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Man muss der gesamten Menschheit Grenzen setzen! Das ist ein richtiges Prinzip!)
Deswegen sind Verbote, wie wir sie jetzt erlassen, nur ein Mosaikstein in dem gesamten Gebilde. Darüber hinaus sind wir aber als Gesellschaft weiterhin gefordert. Da ist vorhin vieles richtig gesagt worden. Frau Kollegin Haußmann hat auch darauf hingewiesen, dass die Gesellschaft in vielen Bereichen gefordert ist, vom Elternhaus über die Schule bis hin zur Polizei.