Protocol of the Session on June 29, 2006

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Abg. Stickelberger.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dem Kollegen Hitzler dankbar für die Darlegung, in welchen Organisationen und Unternehmen das Land tätig ist. Wir sind uns darüber einig, dass dort, wo das Land beteiligt ist, die Repräsentation des Landes auch umfassend und angemessen zu erfolgen hat.

Gleichwohl gestatten Sie mir, obwohl wir dieser Vorlage zustimmen werden, noch einige Anmerkungen. Die heutige Beschlussfassung bezieht sich nur auf einen Punkt, nämlich die Zugehörigkeit von Mitgliedern der Regierung zu wirtschaftlichen Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist. Die Beteiligung – Sie haben es zu Recht ausgeführt – ist natürlich viel umfassender. Insbesondere nehmen auch die parlamentarischen Staatssekretäre die Repräsentation des Landes in zahlreichen weiteren Unternehmen wahr. Wir hätten uns gewünscht, dass man mit dieser Vorlage, da sich die Regierung nun neu zusammensetzt, einen Gesamtüberblick bekommt, wie die Vertretung des Landes in diesen wirtschaftlichen Unternehmen organisiert ist.

Der Beteiligungsbericht, der jedes Jahr veröffentlicht wird – er ist sehr umfangreich und umfasst mittlerweile über 200 Seiten –, gibt im Einzelnen Aufschluss, welche Unternehmen beteiligt sind. Aber gerade bei einer Regierungsneubildung wäre es sehr wichtig, einen Gesamtüberblick zu haben, welche wirtschaftlichen Unternehmen nun von welchen Ministern, parlamentarischen Staatssekretären oder sonstigen Bediensteten des Landes betreut werden.

Staatssekretär Böhmler hat im Ausschuss auch zugesagt, dass wir eine solche Übersicht aus aktuellem Anlass noch bekommen werden. Dafür bedanke ich mich ganz herzlich. Wir gehen davon aus, dass diese Zusage in einer der nächsten Ausschusssitzungen eingelöst wird.

Gestatten Sie mir aber eine weitere Anmerkung. Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung sinngemäß ausgeführt: Wir brauchen nicht mehr, sondern weniger Staat, aber an den richtigen Stellen. Ich darf in diesem Zusammenhang an die vielfältigen Diskussionen darüber erinnern, welche Aufgaben der Staat in Zukunft eigentlich noch wahrnehmen soll. Schon aus finanziellen Gründen muss sich der Staat auf seine Kernaufgaben beschränken – ich glaube, darüber sind wir uns einig. Wenn wir aber diesen Ansatz wählen, wenn wir also beispielsweise überlegen, ob das Gerichtsvollzieherwesen privatisiert werden soll, oder wenn wir, Herr Justizminister, darangehen, den Bau und den Betrieb von Gefängnissen privat zu organisieren, dann müssen wir uns auch die Frage stellen, in welchem Umfang eine Beteiligung des Landes an wirtschaftlichen Unternehmen sinnvoll ist. Ich glaube, hier haben wir auch in Zukunft noch enormen Handlungsbedarf, und ich bin überzeugt, dass wir hier viele, viele Fälle finden werden, bei denen eine Beteiligung des Landes nicht unbedingt notwendig ist.

Wir sollten vielleicht auch berücksichtigen, dass zu einer Transparenz der Beteiligungen des Landes an wirtschaftlichen Unternehmen auch die Frage gehört, wie die führenden Personen, die Manager in diesen Organisationen besoldet werden. Ich darf daran erinnern, dass die Stadt Stuttgart

diese Offenlegung für ihre Gesellschaften ja vorgesehen hat. Die Stadt Stuttgart ist, meine ich, hier mit gutem Beispiel vorangegangen, und es wäre sinnvoll, wenn auch das Land hier entsprechend für die notwendige Transparenz sorgen würde.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Michael Föll CDU und Thomas Oelmayer GRÜ- NE)

Ich glaube, dann wären wir auf einem guten Weg.

Ich wünsche den Ministern und Staatssekretären, für die laut der jetzt zur Abstimmung vorgelegten Beschlussempfehlung eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden soll, viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Ich gehe davon aus, dass wir für die parlamentarischen Staatssekretäre dann noch in ähnlicher Weise Informationen über die Vertretung des Landes mitgeteilt bekommen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU und Thomas Oelmayer GRÜNE)

Das Wort hat Herr Kollege Oelmayer.

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Das ist Ihre erste Rede in dieser Legislaturperiode, Herr Oelmayer!)

Ja, vielen Dank, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat haben wir gestern relativ kurzfristig, das heißt auf der Basis einer Sitzungsvorlage, die uns sehr kurzfristig erreicht hat, im Ständigen Ausschuss die Frage der Vertretung durch Mitglieder der Landesregierung in Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, diskutiert. Es ist kein guter parlamentarischer Brauch, wenn man innerhalb weniger Minuten überprüfen soll, welche Minister in welchen Unternehmen welche Funktionen wahrnehmen.

(Zuruf des Abg. Klaus Herrmann CDU)

Diese Anmerkung, die ich gestern schon im Ständigen Ausschuss gemacht habe, wiederhole ich hier.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie wollten das doch immer frühzeitig beraten!)

Ja, es kümmert mich nicht, ob Ihnen das jetzt passt oder nicht. Ich kann mir ja vorstellen, dass Sie da jetzt wieder grundsätzliche Einwendungen erheben. Aber für uns war einfach klar, dass wir eine parlamentarische Überprüfung gar nicht wirklich durchführen können.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Besser jetzt als später! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Ein zweiter Punkt, Kollege Scheffold – das geht jetzt in die Richtung einer grundsätzlichen Überlegung; der Kollege Stickelberger hat es bereits angesprochen –, ist die Frage, an welchen Unternehmen das Land überhaupt noch beteiligt sein muss. Wir diskutieren heute nicht den mehr als 200

Seiten umfassenden Landesbeteiligungsbericht, sondern wir diskutieren über die Unternehmen, die jetzt hier mit Vertretern der Landesregierung bedacht werden sollen.

Die Minister, die in diese Gremien einrücken sollen, haben dann ja dort eine Doppelfunktion wahrzunehmen. Insbesondere der Messe-Untersuchungsausschuss des Landtags in der letzten Legislaturperiode hat nochmals klar dokumentiert, dass es immer wieder Interessenkonflikte geben kann. Auf der einen Seite geht es darum, die Landesinteressen wahrzunehmen, und auf der anderen Seite müssen die Interessen des Unternehmens wahrgenommen werden. Da gibt es unbestreitbar einen Interessenkonflikt.

Ich darf mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, aus einem Gutachten zitieren, das die Landesregierung im Zuge der Arbeit dieses Untersuchungsausschusses eingeholt hat:

Unabhängig davon, ob es sich im Einzelfall um eine unternehmerische Entscheidung handelt oder nicht, ist jedes Aufsichtsratsmitglied bei allen Entscheidungen ausschließlich dem Unternehmensinteresse verpflichtet.

Daraus können Sie ersehen, dass das Landesinteresse, auf dessen Wahrung ja ein Landesminister hier im Landtag seinen Eid abgelegt hat, auf den er genauso verpflichtet ist, letztendlich zurückstehen muss. Das ist dieser grundsätzliche Konflikt, weshalb wir sagen: Alle Landesbeteiligungen, die nicht sein müssen, die nicht zu den Kernaufgaben des Staates zählen, muss dieses Land verkaufen, um diesen Konflikt letztendlich zu lösen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Sehr gut!)

Dazu zählt unter anderem natürlich auch die Beteiligung am Stuttgarter Flughafen; der Kollege Kretschmann hat das gestern in der Antwort auf die Regierungserklärung deutlich angesprochen. Dazu zählt auch die Beteiligung an Messegesellschaften und, und, und. Ich will das jetzt gar nicht weiter fortsetzen.

Zu der Vorlage als solcher: Es ist natürlich eine interessante Entwicklung, die wir dort feststellen können. Man sieht, dass die unsägliche Gründung dieser Landesstiftung zwischenzeitlich quasi zu einer zweiten Kabinettssitzung im Aufsichtsrat der Landesstiftung führt, weil acht von zehn Ministern im Aufsichtsrat der Landesstiftung sitzen und zusätzlich noch, muss man sagen, der Ministerpräsident. Das heißt, dass Sie dort natürlich alle Minister im Aufsichtsrat unterbringen wollen und müssen, weil dort über einen Schattenhaushalt entschieden wird. Das dokumentiert noch einmal deutlich, dass über die Landesstiftung dem Landtag Kompetenz entzogen wird. Deswegen müssen Sie jetzt exekutivseitig nahezu alle Minister bis auf zwei in dieser Landesstiftung unterbringen. An diesen Strukturen wird nochmals deutlich, dass die Entwicklung der Landesstiftung einfach einen Kompetenzverlust für den Landtag bedeutet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein weiterer und ein letzter Punkt, den ich für interessant und wichtig halte, ist der, den ich gestern im Laufe der De

batte des Ständigen Ausschusses angesprochen hatte. Ich hatte die Frage gestellt – Herr Staatssekretär Böhmler ist heute, glaube ich, nicht da, aber vielleicht kann sie ja der stellvertretende Ministerpräsident und Justizminister beantworten –: Auch wenn bereits am 14. Juni die Landesregierung bestellt worden ist, so können doch die Minister, die jetzt in diese Aufsichtsorgane entsandt werden sollen, erst heute rechtswirksam entsandt werden, weil der Landtag frühestens heute zustimmen kann – was er de jure ja auch muss; das erkennen wir natürlich an, und ich selbst weiß auch, dass wir gar nicht anders können, als dieser Vorlage der Regierung zuzustimmen. Es wäre daher interessant, zu wissen, ob in dem Zeitraum

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange- zeigt.)

gleich, Herr Präsident – zwischen dem 14. Juni und dem heutigen 29. Juni Aufsichtsratssitzungen stattgefunden haben und wer dort für die Landesregierung mit welcher Befugnis und mit welcher Genehmigung teilgenommen hat. Diese Frage konnte mir gestern nicht klar beantwortet werden.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Der Herr Staatssekretär hat mir kundgetan, es sei wohl so, dass es eine grundsätzliche Anweisung an die Minister gegeben habe, an den Sitzungen nicht teilzunehmen. Aber vielleicht kann man darauf dann doch noch eine Antwort bekommen.

Alles in allem sehen Sie, dass die Konfliktsituation aufgrund der Vielzahl der Beteiligungen von Landesministern an solchen wirtschaftlichen Unternehmen einfach grundsätzlich angegangen werden muss. Nichtsdestotrotz wird auch unsere Fraktion diesem Antrag, den die Landesregierung vorgelegt hat, in der heutigen Sitzung des Landtags zustimmen müssen, weil wir de jure gar nicht anders können. Aber wir werden in Zukunft diese Landesbeteiligungen und diesen Interessenkonflikt zurückfahren müssen, weil es nicht sein kann, dass Unternehmensinteressen vor Landesinteressen gehen. Dieses Ziel ist nur zu erreichen durch den Verkauf und das Zurückfahren von Beteiligungen, die das Land im Kern nicht braucht.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat Frau Abg. Berroth.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die FDP/DVP-Fraktion ist auch der Meinung, dass sich die Beteiligung des Landes an wirtschaftlichen Unternehmen so gering wie möglich gestalten soll. Ähnliches haben wir auch im Koalitionsvertrag vereinbart, sodass sich vermutlich im Laufe dieser Legislaturperiode noch mancher Rückzug ergeben wird. Aber solange das Land an wirtschaftlichen Unternehmen beteiligt ist, muss es dort natürlich auch angemessen vertreten sein. Deswegen stimmen wir dieser Vorlage uneingeschränkt zu.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen jetzt zur Abstimmung.

(Widerspruch)

Entschuldigung! Jetzt habe ich die Regierung vergessen. Ich habe nicht nach rechts geschaut.

Das Wort hat Herr Minister Stächele.

Lieber Herr Präsident, das kann ja einmal passieren.

Ich will nur zwei, drei Sätze sagen.