Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 30. Juli 2008 die Auffassung der CDU-Landtagsfraktion dahin gehend bestätigt, dass der Schutz vor dem Passivrauchen und damit der Gesundheitsschutz zu den überragend hohen Rechtsgütern zählt. Wir stehen vor der Entscheidung, ob wir bestehende Ausnahmen abschaffen oder die vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Linie für den Bereich der Kleingastronomie in das Landesnichtraucherschutzgesetz übernehmen.
Aufgabe des Gesetzgebers ist es, zwischen unterschiedlichen Interessen abzuwägen und einen möglichst guten Kompromiss für alle Beteiligten zu finden. Wir haben mit der vorgelegten Änderung einen ausdifferenzierten und sachgerechten Ausgleich zwischen dem Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens und den beruflichen und wirtschaftlichen Interessen der Betreiber sowie den Interessen der Raucher gefunden.
Unser Leitgedanke ist eine enge Anlehnung an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Die CDU-Fraktion begrüßt und unterstützt die zwei von der Frau Ministerin gerade genannten zusätzlichen Ausnahmetatbestände in § 7 Abs. 2 Nr. 2 sowie in § 7 Abs. 3 des Landesnichtraucherschutzgesetzes.
Für die CDU-Fraktion ist ein effizienter Vollzug des Landesnichtraucherschutzgesetzes sehr wichtig. Betreiber von Gaststätten und Diskotheken sind dafür verantwortlich, dass das Rauchverbot und die Kennzeichnungspflicht in ihren Betrieben eingehalten werden. Damit die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen auch tatsächlich im erforderlichen Umfang durchgesetzt werden kann, unterstützt die CDU-Fraktion die Ordnungswidrigkeitentatbestände gegen Betreiber.
Die CDU-Fraktion steht auch in Zukunft für einen ausgewogenen und in der Praxis durchsetzbaren Nichtraucherschutz. Dafür setzen wir uns ein.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede mit einem Zitat beginnen. Ich zitiere:
Das Deutsche Krebsforschungszentrum geht davon aus, dass der Tabakrauch die gefährlichste vermeidbare Innenraumverschmutzung ist. Ich möchte wiederholen: Er ist nicht nur die gefährlichste, sondern eben auch eine vermeidbare Innenraumverschmutzung.
Wir kümmern uns ja oft um abstrakte Gefahren und um unvermeidbare Dinge. Aber beim Tabakrauch geht es um eine ganz konkrete und sicher auch vermeidbare Gefährdung, die wir nicht verharmlosen sollten und auch nicht mit Ausreden bedenken sollten.
Tabakrauch enthält über 70 Substanzen, die krebserregend sind oder in diesem Verdacht stehen. In Deutschland sterben nach einer Studie des Krebsforschungszentrums jährlich über 260 Nichtraucher an passivrauchbedingtem Lungenkrebs und etwa 3 000 Nichtraucher an passivrauchbedingtem Herzinfarkt, Schlaganfall oder chroni schen Lungenerkrankungen.
Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass sich viele Menschen – der größte Teil unserer Gesellschaft – durch den Tabakrauch schlichtweg massiv belästigt fühlen.
Deswegen ist ein umfassender Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens notwendig und mehr als überfällig.
So Frau Sozialministerin Dr. Stolz in diesem Haus am 28. Juni letzten Jahres anlässlich der ersten Lesung des Landesnichtraucherschutzgesetzes.
Von dem damals von der Ministerin vollmundig versprochenen umfassenden Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens ist nach der heute vorgelegten Gesetzesnovelle nicht mehr viel übrig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Die SPD hat sich im letzten Jahr dafür ausgesprochen, im Landesnichtraucherschutzgesetz klar zu regeln, dass Rauchen in Gaststätten generell untersagt ist. Wir haben bereits damals darauf hingewiesen, dass dieses Gesetz, Ihr Gesetz, eine Schwachstelle hatte, dass die von der Landesregierung vorgesehene Lösung, das Rauchen in Nebenzimmern zu erlauben, auf Dauer kein gangbarer Weg ist.
Das Bundesverfassungsgericht hat genau hier angesetzt, hat meiner Fraktion Recht gegeben: Eine Lösung, das Rauchen in Gaststätten generell zu untersagen, wurde vom höchsten deutschen Gericht ausdrücklich für zulässig erklärt. Nicht verfassungsgemäß ist nur die von der Landesregierung durchge
drückte Ungleichbehandlung, die für Mehrraumgaststätten Ausnahmeregelungen zulässt, die sie Einraumgaststätten verweigert hat.
Nein. – Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung nicht den Mut hat, sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts endlich zu einem konsequenten Nichtraucherschutz durchzuringen. Stattdessen geht sie den Weg des geringsten Widerstands und schreibt die vom Bundesverfassungsgericht vorgeschriebene Übergangslösung dauerhaft fest. Sie produzieren damit ein bürokratisches Mons ter –
Sie waren schon unfähig, die Einhaltung des letzten Gesetzes effektiv zu überprüfen. Wie wird das jetzt erst sein, wenn die Frage geklärt werden muss, wie warm denn die servierten Speisen in den fraglichen Gaststätten sein dürfen?
Oder wie wird kontrolliert, dass Minderjährige keinen Zugang bekommen? Da hat sich der Herr Ministerpräsident sehr kompetent zu Wort gemeldet. Er hat gesagt: Kalte Saitenwürstchen dürfen wir essen, aber warme nicht. Ich sage nur: Herr Oettinger kennt sich wohl mit kalten Saitenwürstchen aus.
Die SPD spricht sich weiter für eine klare, unbürokratische und einfach zu kontrollierende Regelung des Nichtraucherschutzes aus. Statt halbgarer Ausnahmeregelungen, die in der Praxis dazu führen werden, dass mangels effektiver Kontrollen wieder nahezu überall in Gaststätten geraucht werden darf, sprechen wir uns weiter für ein generelles Rauchverbot aus.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt zwei Möglichkeiten zugelassen.
Das wäre möglich gewesen. Das Bundesverfassungsgericht hat klar gesagt: Der Schutz der Nichtraucher und damit der Gesundheitsaspekt ist, wenn er konsequent durchgesetzt wird, auf jeden Fall vorrangig vor den wirtschaftlichen Interessen. Baden-Württemberg hat sich mit diesem neuen Gesetz für den weicheren Weg entschieden, für den in unseren Augen deutlich inkonsequenteren Weg.
Für uns ist das aus unterschiedlichen Gründen in keiner Weise nachvollziehbar. Denn das Gesetz, das jetzt in Kraft ist, hat ja, obwohl es noch nicht einmal anderthalb Jahre in Kraft ist, deutlich positive Auswirkungen. Es gibt bereits jetzt Studien, die belegen, dass deutlich weniger Jugendliche mit dem Rauchen beginnen. Erster Punkt.
Das heißt, wir haben jetzt in Baden-Württemberg schon die Erfolge, die wir mit dem Nichtraucherschutzgesetz beabsichtigt haben.
All diese Erfolge werden wieder aufs Spiel gesetzt und wieder umgekehrt, wenn das Nichtraucherschutzgesetz jetzt aufgeweicht wird.
Wie es aufgeweicht wird, ist ja in keinster Weise nachvollziehbar. Es ermöglicht nicht nur das Rauchen in Einraumkneipen, sondern jetzt wird auch noch definiert, was eine war- me und was eine kalte Speise ist. Was ist mit lauwarmen Speisen?