Protocol of the Session on December 3, 2008

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich einen letzten Punkt ansprechen, weil die Sparkassen darauf großen Wert legen und weil ich glaube, dass es richtig ist: Wir müssen auch über die Wiedereinführung der Gewährträgerhaftung für öffentlichrechtliche Banken und Sparkassen in Baden-Württemberg reden. Dieses Thema muss auf die Tagesordnung.

(Beifall der Abg. Claus Schmiedel und Reinhold Gall SPD)

Ich halte diese Forderung, die übrigens von den Verwaltungsratsvorsitzenden der Sparkassen am 16. Oktober 2008 einmütig so beschlossen wurde – übrigens auch mit der Beteiligung von Verwaltungsratsvorsitzenden, die der FDP angehören –, für richtig.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Oh! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Die Wiese ist bunt!)

Ich halte diese Vorgehensweise für notwendig, weil wir niemandem erklären können, dass in England eine Verstaatlichung von Banken möglich ist,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

dass es in Deutschland, wenn es wie jetzt brennt, kein Problem darstellt, wenn der Staat Haftung und richtig Geld übernimmt,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber Gewährträger- haftung nicht!)

dass es aber gleichzeitig systemschädlich sei, wenn eine Gewährträgerhaftung wieder eingeführt werden sollte.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

Ich kann nur sagen: Eine Gewährträgerhaftung zu marktüblichen Konditionen halte ich für EU-konform. Deshalb muss es möglich sein, hier mit Blick auf Brüssel, mit Blick auf unsere Vorhaben, die wir haben, mit Blick auf die zukünftige Bankenstruktur in Baden-Württemberg ergebnisoffen darüber zu reden. Auch dies, meine Damen und Herren, muss infolge dieser weltweiten Finanzkrise auf die Tagesordnung.

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie Abgeord- neten der FDP/DVP)

Zum Schluss: Ich bin der Überzeugung, dass die Landesbank Baden-Württemberg zu alter Stärke zurückfinden wird, indem sie sich auf ihren wesentlichen Auftrag konzentriert und ihre Verantwortung als regionale Bank der regionalen Wirtschaft wahrnimmt. Ich bin übrigens der Überzeugung, dass die Mischung aus Politik und Wirtschaft in den Aufsichtsräten, in den Aufsichtsgremien, wie wir sie in der Landesbank BadenWürttemberg haben, sehr, sehr gut ist. Man kann an mancher privaten Bank sehen, dass manches vielleicht nicht geschehen wäre, wenn es diese Mischung dort gegeben hätte.

Deshalb kann ich nur sagen: Auf diesem Wege wird die CDULandtagsfraktion gerade in den schwierigen Monaten, die noch vor uns liegen, dieses Thema konstruktiv begleiten und unterstützen. Wir glauben, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich kann nur sagen: Gehen wir diesen Weg gemeinsam, machen auch Sie in diesem Parlament geschlossen mit! Es ist in unser aller Interesse, dass wir auch zukünftig eine gut aufgestellte, starke Landesbank Baden-Württemberg haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Schmiedel.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die neue Qualität dieser Finanzkrise und die Gefahr der Rezession wurden schon von meinen Vorrednern beschrieben. Das muss ich nicht wiederholen. Ich muss auch nicht wiederholen, dass es völlig klar ist, dass eine Bank, die wie die Landesbank Baden-Württemberg international tätig ist, aus dieser Krise nicht ungestreift, nicht unbeschädigt hervorgeht. Ich teile aber ausdrücklich die Einschätzung, dass sie im Vergleich zu anderen Banken immer noch sehr gut dasteht und dass wir uns um die Substanz dieser Landesbank Baden-Württemberg keine Sorgen machen müssen.

Ich möchte mich in meinen Ausführungen darauf konzentrieren, wie wir auf diese Herausforderung reagieren, und zunächst einmal feststellen, dass es richtig war, dass aus dem Parlament heraus frühzeitig eine Weichenstellung erfolgte, dass wir die Stärkung der Landesbank in die eigenen Hände nehmen.

Jetzt möchte ich einmal von Ihnen, Herr Kretschmann, begründet wissen, weshalb wir bei der Stärkung des Eigenkapitals auf den Bundesschirm zugreifen sollen, wenn dieser Bundesschirm ausdrücklich so konstruiert ist, dass er sich nach anderthalb Jahren wieder zurückzieht und dass sich in anderthalb Jahren die Frage stellt: Was geschieht denn dann mit diesen Anteilen? Spätestens dann wären wir dran.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Dann kommt die zweite Frage: Weshalb soll man denn bei den notwendigen Bürgschaften auf den Schutzschild des Bundes zurückgreifen, wenn wir im Umfang unseres Anteils an der Landesbank uneingeschränkt mithaften? Wir haben null Risikoverminderung,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es!)

wenn die Bank auf den Bundesschirm zurückgreift. Der einzige Unterschied: Die Bürgschaftsgebühr landet beim Bundesschirm, die Haftung landet bei uns. Da sagen wir: Wenn wir schon haften, dann bitte schön auch die Gebühr!

(Beifall bei der SPD und der CDU sowie Abgeord- neten der FDP/DVP)

Und der dritte Punkt: Ist es denn außergewöhnlich, dass das Land in die Bresche springt? Herr Mappus hat darauf hingewiesen: Wir fordern gemeinsam die Wiedereinführung der Gewährträgerhaftung. Wir haben bis vor drei Jahren für alle Geschäfte der Landesbank gebürgt. Da gab es doch die Gewährträgerhaftung. Da haben wir als Eigentümer, als Gewährträger für alle Geschäfte im Umfang von 400 bis 450 Milliarden € gebürgt. Ist es denn außergewöhnlich, wenn wir jetzt für eine begrenzte Summe auch die Bürgschaft übernehmen? Das ist es überhaupt nicht.

Sie haben behauptet, es sei vertrauensbildender, wenn man unter den Bundesschirm gehe. Ich sage Ihnen: Das Gegenteil ist der Fall. Wenn die Eigentümer ganz ausdrücklich zu ihrer Bank stehen und sagen: „Wir stärken diese Bank, weil wir Vertrauen in sie haben“, dann ist das ein Beweis des Vertrauens, der auch die Märkte beeindruckt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Die echte Gefahr für unser Land liegt nicht in einer etwa zu geringen Substanz der Landesbank, sondern die echte Gefahr für unser Land liegt in der Parallelität der Finanzkrise, die noch lange nicht vorbei ist, und einer Rezession, die vorhanden ist und die im nächsten Frühjahr tiefer wird.

Da, Herr Ministerpräsident, ist es natürlich eine unerlässliche Voraussetzung, dass wir öffentliche Banken haben, dass wir Volksbanken haben, die in der Lage sind, den industriellen Mittelstand in Baden-Württemberg mit Liquidität zu versorgen. Das reicht aber nicht aus. Denn es ist höchstrichterlich entschieden, dass man Unternehmen, die wacklig sind – um diese geht es ja dann –, nicht mit Liquidität versorgen darf, wenn sie keine ausreichende Sicherheit bieten. Deshalb hilft die Liquidität der Landesbank, der Kreissparkassen und der Volksbanken nicht, wenn nicht gleichzeitig ein Schutzschild für Arbeitsplätze und für die mittelständische Industrie dazukommt.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen in gleichem Umfang, wie wir die Banken schützen, auch Arbeitsplätze und den Mittelstand in Baden-Würt temberg schützen. Dazu haben wir ein Instrument. Das ist das Instrument der Bürgschaften. Deshalb schlagen wir vor, dass wir in unserem Haushalt den Umfang der Bürgschaften verdoppeln. Wir schlagen vor, dass wir eine Verpflichtung eingehen, Bürgschaftsanforderungen innerhalb von zehn Tagen zu

beantworten. Denn die Unternehmen und die Banken, die sie begleiten, brauchen schnell Bescheid.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Bürgschaften, die nachher ausfallen, oder?)

Sie müssen doch dem Karosseriebauer helfen, der heute erklärt: „Ich bekomme Stahl nur noch gegen Vorkasse. Aber die Karosserie, die ich bei Daimler, Opel oder Ford abliefere, wird mir erst in vier Monaten bezahlt, und die Lücke dazwischen übernimmt keine Kreditversicherung mehr.“ Da muss der Staat rein; da müssen wir selbst rein. Wir sind jetzt gefordert, durch aktives Handeln dafür zu sorgen, dass die industrielle Struktur Baden-Württembergs in dieser Krise nicht beschädigt wird.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Beate Fauser FDP/ DVP – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir müssen ein Zweites tun, Herr Ministerpräsident. Wir müssen ein eigenes Konjunkturpaket Baden-Württemberg schnüren. Wir haben in den vergangenen Monaten, in den vergangenen Jahren von einer außergewöhnlich guten Weltkonjunktur profitiert. Wenn die Weltkonjunktur jetzt in diesem Umfang „abbricht“ – die Zahl der Aufträge rast um 30, 40, 50 % nach unten, bei der Bahn geht die Zahl der Transportbestellungen um die Hälfte zurück –, dann müssen wir doch, damit Baden-Württemberg nicht besonders betroffen ist, dagegenhalten. Das heißt, wir dürfen beim Haushalt jetzt nicht auf die Bremse treten.

Wenn wir – neben dem Haushalt – eine Reserve von 750 Millionen € für die Jahre 2010 und 2011 bereitgelegt haben und für das Jahr 2009 daneben immer noch 750 Millionen € bereitgelegt haben, um Steuerausfälle abzusichern, dann müssen wir doch mindestens die Summe, die für spätere Jahre vorgesehen ist, jetzt heben, jetzt nutzbar machen für zusätzliche Investitionen im Straßenbau – dort brauchen wir sie ohnehin –, bei der Schulhaussanierung – in diesem Bereich gibt es einen Antragstau –, beim Krankenhausbau – auch in diesem Bereich gibt es einen Antragstau –, bei Energiesparmaßnahmen. Wir müssen jetzt ein Paket, ein Investitionsprogramm in Gang setzen, das eine Hebelwirkung hat und das, wenn wir die Kommunen und die Kreise mit ins Boot nehmen, dann weit über ein Volumen von 1 Milliarde € hinausreicht. Das ist etwas, was einen Beitrag dazu leisten kann, dass die Rezession in Baden-Württemberg nicht außergewöhnlich tief einschlägt.

(Beifall bei der SPD)

Wir sind durchaus Ihrer Meinung, Herr Mappus, dass es jetzt auch darum geht, die Leistungsträger in Baden-Württemberg zu entlasten. Sie haben mehrfach darauf hingewiesen – das wird heute in den Medien noch einmal bekräftigt –, Sie würden dabei bleiben: „Gerade die Leistungsträger in BadenWürttemberg müssen entlastet werden. Ihre Belastung ist zu hoch.“ Deshalb schlagen wir vor: Wenn sich Berlin sperrt, wenn Berlin nicht mitzieht, weil man sich dort noch immer im Zustand der Schuldenaufnahme befindet,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Steinbrück!)

dann nehmen wir es in die eigene Hand. Wir haben in BadenWürttemberg beispielsweise Leistungsträger, die ihre Kinder an die Universität schicken und sie dort studieren lassen. Zum

„Dank“ belasten Sie sie mit einer Sondergebühr, den Studiengebühren. Die werden weder in Rheinland-Pfalz noch in Hessen fällig.

(Beifall bei der SPD)

Warum müssen baden-württembergische Leistungsträger eine Sondergebühr bezahlen, wenn sie die Voraussetzungen dafür schaffen, dass ihre Kinder studieren?

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Genau!)

Dann gibt es andere Leistungsträger, die Sie ebenfalls mit einer Sondergebühr belasten. Das sind Eltern, bei denen beide Elternteile berufstätig sind, die beide einen Beitrag zu Wachstum und Wertschöpfung in diesem Land leisten. Gleichzeitig erziehen sie Kinder, die für die Zeit ihrer Berufstätigkeit versorgt werden müssen, und Sie belasten diese Eltern mit einer Sondergebühr, den Kindergartengebühren. Weg damit! Die gibt es nicht in Rheinland-Pfalz, die gibt es nicht im Saarland.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb schlagen wir Ihnen vor: Lassen Sie uns die Entlas tung der Leistungsträger in Baden-Württemberg im Umfang von 290 Millionen € in die eigenen Hände nehmen. Das ist eine nennenswerte Entlastung – zusammen mit dem Investitionspaket. Das lässt sich sehen; das ergibt einen Umfang von 1,5 Milliarden €. Damit bewegen wir uns tatsächlich in einer Größenordnung, die konjunkturell wirksam und die geeignet ist, die industrielle Struktur in Baden-Württemberg zu retten, Arbeitsplätze zu sichern, Familien und Leistungsträger zu entlasten.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt möchte ich noch eine Bitte äußern. Die Finanzwirtschaft lebt vom Vertrauen, und wir alle sind Akteure. Wir können entweder Vertrauen schaffen, Vertrauen unterstützen oder Vertrauen beschädigen. Herr Kollege Kretschmann, die öffentlich hier im Parlament in Stuttgart geäußerte Erwartung, dass Mitglieder des Kreditausschusses in öffentlicher Sitzung über Risikoinvestitionen, über Risikokredite Auskunft geben, solange sich der Vorstand nicht erklärt hat, und dass wir hier über das informieren, was hinter verschlossenen Türen vertraulich besprochen wird, allein diese Erwartung ist geeignet, Vertrauen in die Landesbank Baden-Württemberg zu beschädigen. Deshalb sollten Sie diese Erwartung auch öffentlich zurücknehmen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)