Protocol of the Session on November 5, 2008

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wo denn? – Abg. Ursula Haußmann SPD: Von was träumen Sie in der Nacht? Ojemine! Keine Ahnung! – Zuruf des Abg. Karl Zim- mermann CDU)

Uns war es immer schon wichtig, dass es nicht am Einkommen der Eltern hängt, ob man studieren kann oder nicht. Lie

be Frau Kollegin, finden Sie es denn richtig, dass die Manager, die Sie sonst verfluchen, dann, wenn sie aus einfachen Verhältnissen kommen und – wie wir uns dies alle wünschen – sich durch harte Arbeit hochgearbeitet haben, von ihren Millionengehältern nachträglich die Studiengebühren nicht bezahlen? Wie wollen Sie das denn der Kassiererin an der LidlKasse erklären, die aus ihren Steuern die Hochschulen mit finanziert,

(Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD)

die nie studiert hat und deren Kinder vielleicht noch nicht einmal studieren werden, so sehr wir es ihnen auch wünschen? I h r e Politik ist unsozial!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Wider- spruch bei der SPD – Unruhe bei der SPD – Abg. Ur- sula Haußmann SPD: Setzen, Sechs!)

Wir sind stolz darauf, dass der Zinssatz für diese Kredite jetzt bei 5,5 % gedeckelt werden kann.

Auch beim weiteren Beratungsverfahren in den Ausschüssen halten wir es für denkbar, noch Verbesserungen vorzunehmen:

Erstens: Noch weniger Zentralisierung wäre noch besser, z. B. könnten neue Studiengänge vor Ort mit der Wirtschaft entwickelt werden und sollten nicht zentral verordnet werden dürfen.

Zweitens: Die Vertretung der Betriebe könnte noch besser gewährleistet werden. So sollte der Senat verpflichtet sein, vor seinen Entscheidungen die betroffenen Betriebe oder deren Vertreter anzuhören.

Drittens: Es ist für uns ein entscheidender Fehler, dass die Zinsverbilligung für Studiengebührenkredite aus den Studiengebühren selbst finanziert werden soll. Richtig wäre es, wenn man das Geld z. B. aus dem Gewinn der L-Bank nehmen würde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns bei allen Optimierungsversuchen vor allem das Ziel im Auge behalten: Das Gesetz muss zum 1. Januar 2009 in Kraft treten, zum einen damit die Studierenden, die Betriebe und die Hochschullehrer eine verlässliche Grundlage ihrer Arbeit haben, und zum anderen damit die dualen Hochschulen die Mittel aus dem Hochschulpakt 2020 erhalten.

(Glocke der Präsidentin)

Darüber sind wir uns in diesem Haus einig.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Herr Abg. Bachmann, gestatten Sie eine Nachfrage des Herrn Abg. Winkler?

Mit Vergnügen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Alfred, jetzt aber!)

Herr Kollege, Sie haben vorhin den Einwurf gemacht: Warum sollten Millionäre keine Studiengebühren zurückzahlen? Halten Sie jemanden, der nach einem Studium ca. 2 500 € im Monat verdient, für einen Millionär, wenn er dann bereits zurückzahlen muss, jung ist und eine Familie gegründet hat? Halten Sie den für einen Millionär?

Herr Kollege Winkler, Sie können vermutlich besser rechnen als ich. Aber ich glaube, 2 500 € sind weniger als eine Million.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Es ist kei- ne Million!)

Aber ich sage es Ihnen noch einmal: Manager oder andere Menschen, die wirklich viel verdienen, können Studiengebühren zurückzahlen. Wie wollen Sie denn den Menschen, die Sie in Ihrem Wahlkreis wählen, erklären, dass z. B. der Vorstandsvorsitzende eines großen deutschen Automobilkonzerns die paar Euro nicht zurückzahlt, aber z. B. ein Kaminfeger bei Ihnen im Wahlkreis für seine eigene Ausbildung sehr wohl aufkommen muss? Die Meisterausbildung zahlt jeder selbst. Diejenigen, die Millionengehälter bekommen, können doch wenigstens die Studiengebühren zahlen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zurufe von der SPD – Gegenruf des Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: Partei der Millionäre!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst zu überweisen. Sie stimmen dem zu. – Es ist so beschlossen.

Punkt 7 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 8 der Tagesordnung auf:

a) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜ

NE – Gesetz zur Änderung der Verfassung des Landes Baden-Württemberg – Drucksache 14/3271

b) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜ

NE – Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes und des Gesetzes über die Errichtung des Verbands Region Stuttgart – Drucksache 14/3272

c) Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion GRÜ

NE – Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg – Drucksache 14/3273

Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung der Gesetzentwürfe unter den Buchstaben a bis c fünf Minuten und für die Aussprache über alle Gesetzentwürfe fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Sckerl für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen sieben Monate vor der Kommunalwahl drei Gesetzentwürfe vor, mit denen wir drei Ziele verfolgen.

Ziel Nummer 1 besteht darin, endlich der Erfüllung der alten Forderung nach gleichberechtigter Repräsentanz von Frauen in den kommunalen Gremien Baden-Württembergs ein großes Stück näher zu kommen.

Ziel Nummer 2: Mit der Senkung des Wahlalters von 18 Jahren auf 16 Jahre wollen wir der nachwachsenden Generation ein attraktives Angebot machen.

Ziel Nummer 3: Wir wollen dem Verfassungsauftrag, den gleichen Erfolgswert jeder abgegebenen Stimme sicherzustellen, endlich nachkommen und Benachteiligungen von kleinen Parteien und Wählervereinigungen bei den Kommunalwahlen ein für alle Mal abstellen.

Wir sind davon überzeugt, meine Damen und Herren, dass nach langen Debatten, allem möglichen guten Zureden und den Vertröstungen, die immer wieder vorgenommen wurden, die Zeit für diese drei Reformen reif ist.

Verbesserung der Repräsentanz von Frauen: Heute ist eine Pressemitteilung des Statistischen Landesamts zur Einführung des Frauenwahlrechts vor 90 Jahren erschienen. Tenor dieser Pressemitteilung: Anhaltende Unterrepräsentanz von Frauen in den Parlamenten des Landes Baden-Württemberg:

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Warum ha- ben Sie kandidiert? Hätten Sie einer Frau den Vortritt gelassen!)

in Gemeinderäten 21 %, in Kreistagen 15 %, im Landtag etwas höher. Die Zahl der weiblichen Kandidierenden ist durchaus etwas höher, aber weit von der Quote der Frauen in unserer Gesellschaft entfernt. Das sind in Baden-Württemberg 52 % der Wahlberechtigten. Wir haben also im Vergleich zur Repräsentanz von Frauen im Bundestag, im Europäischen Parlament, aber teilweise auch in anderen Landesparlamenten eine beschämende Lücke, von der wir meinen, dass sie geschlossen werden sollte.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich kann Ihnen auch gern die Repräsentanz von Frauen auf den Listen der einzelnen Parteien bei den letzten Kommunalwahlen vorlesen. Aber Sie wissen ja selbst am besten, wo der Nachholbedarf besteht.

Wir haben das lange diskutiert und abgewogen und kommen zu dem klaren Ergebnis: Die Zeit des Appellierens, des Moderierens, der Veranstaltung von Seminaren, der Erstellung von Broschüren und des freundschaftlichen Klapsgebens ist vorbei.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und der Re- den!)

In diesem Bereich hat sich der Fortschritt als eine Schnecke erwiesen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Keine Dis- kriminierung bitte!)

Wenn wir so weitermachen, werden wir in Baden-Württemberg die gleichberechtigte Repräsentanz von Frauen, von 52 % der Wahlbevölkerung, im Jahr 2200 oder 2300 erreicht haben.