Protocol of the Session on November 5, 2008

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Rech das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben uns ja schon im Innenausschuss umfassend mit diesem Gesetzentwurf befasst. Es geht ja im Wesentlichen um organisatorische Details und Verfahrensfragen, die den Kommunen die Vorbereitung und die Durchführung von Kommunalwahlen erleichtern sollen.

Wir greifen – das wurde richtig gesagt – mit diesem Entwurf vor allem auch Anregungen der Kommunen und der kommunalen Landesverbände auf, das Kommunalwahlrecht in einigen Punkten zu vereinfachen und auch an das Parlamentswahlrecht anzupassen. Die Anpassung an das Parlamentswahlrecht ist vor allem deshalb wichtig, weil die nächsten Kommunalwahlen, wie Sie wissen, wieder gemeinsam mit der Europawahl 2009 durchgeführt werden.

Die Gesetzesänderung hat außerdem – das wurde erwähnt – den Wegfall von Wahlumschlägen bei der Bürgermeisterwahl zum Inhalt. Das erleichtert die Arbeit und spart Zeit bei der Ermittlung des Ergebnisses.

Wir haben im Innenausschuss darüber gesprochen, dass ein genereller Verzicht auf Wahlumschläge bei allen Kommunalwahlen zwar wünschenswert erscheinen mag, aber nicht möglich ist. Es ist einfach praktisch nicht machbar. Zwingende Voraussetzung dafür wäre ein Einheitsstimmzettel, das heißt die Zusammenfassung aller Wahlvorschläge auf einem einzigen Zettel. Nur so kann man die Stimmabgabe pro Wähler zuordnen und prüfen, ob die Stimmenhöchstzahl eingehalten wäre.

(Abg. Walter Heiler SPD: Richtig!)

Ich will schon noch mit zwei, drei Sätzen darauf eingehen, obwohl die Argumente ausgetauscht sind. Dieser Einheitsstimmzettel, Herr Kollege Heiler, würde in größeren Städten mit vielen Wahlvorschlägen wirklich riesige Dimensionen annehmen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Das ist doch eine Übertrei- bung!)

Ich habe auch einen dabei.

(Der Redner hält einen großen Stimmzettel hoch. – Abg. Walter Heiler SPD: Das ist doch Mannheim! DIN A3! Oder ist Mannheim eine kleinere Stadt?)

Es wäre vor allem für die Auszähler vielleicht praktikabler, aber aus der Sicht des Wählers – – Herr Kollege Heiler, wir sind ungefähr gleich alt.

(Abg. Walter Heiler SPD: Sie sind vier Jahre älter! – Heiterkeit)

Sie kommen auch noch in das Alter. Herr Kollege Heiler, in einer Hinsicht Sie früher als ich

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Sie auch, Herr Kollege Noll –: Sie brauchen schon eine Brille, ich nicht.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ich habe sie schon als Kind gebraucht!)

Aber ich hätte beim Ausfüllen Ihres Einheitsstimmzettels dennoch riesige Probleme.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie hätten dann keine Pro- bleme, Sie wählen doch sowieso nur CDU! – Heiter- keit)

Was ich hier in der Hand halte, ist nämlich so ein Einheitsstimmzettel der Stadt Mannheim. Da brauchen Sie einen Beipackzettel.

(Abg. Walter Heiler SPD: Das ist eine größere Schrift bei meinem Stimmzettel!)

Wenn Sie den hochhalten, kann ich ihn aus der Entfernung lesen. Bei dem Stimmzettel, den ich Ihnen jetzt gezeigt habe, brauchen Sie eine Lupe, spätestens, wenn Sie in mein Alter kommen.

(Heiterkeit)

Deswegen brauchen Sie einen Beipackzettel. Sie brauchen eine Erklärung für den Wähler. Und der muss immer hin und her springen zwischen Ihrem Beipackzettel und den Ziffern, die hier drauf sind.

(Abg. Walter Heiler SPD: Da steht doch „anlegen“!)

Ja gut, Sie brauchen eine Schablone, die darüber gelegt wird, und vielleicht auch noch die Anleitung dazu, wo das Kreuz gemacht werden soll. Aus der Sicht des Wählers ist das alles andere als benutzer- und bedienerfreundlich.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Einfach den FDP- Stimmzettel nehmen! – Gegenruf des Abg. Karl-Wil- helm Röhm CDU: Da steht nicht viel drauf! – Hei- terkeit)

Meine Damen und Herren, ich glaube, das können wir unter „Kurioses“ abhaken. Es wäre wünschenswert, ist aber nicht

machbar. Meine Damen und Herren, es wäre für den Wähler eher schwieriger und unübersichtlicher, und es ist eine unglaublich kleine Schrift erforderlich, um die Kurzdaten aller Bewerber auf einer Seite unterzubringen. Deswegen lehnen wir diesen Vorschlag ab. Das Interesse der Wähler an einer möglichst leichten und einfachen Handhabung hat für uns eben Vorrang vor der schnelleren Auswertung. Das sind die Gegensätze, zwischen denen wir zu entscheiden haben.

Die kommunalen Landesverbände und der Landesverband der Freien Wähler haben sich im Rahmen der Anhörung zum Gesetzentwurf geäußert. Der Gesetzentwurf ist durchweg auf positive Resonanz gestoßen.

Die Verbände haben eine ganze Reihe von weiteren Punkten angesprochen, denen nur teilweise entsprochen werden konnte. Beispielsweise hat der Städtetag die Bitte vorgetragen, die Amtszeit der amtierenden Gemeinderäte und Kreisräte – auch das wurde angesprochen – um zwei Monate zu verlängern. Wir haben das nicht aufgegriffen. Wir sehen keinen zwingenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Wenn beispielsweise eine Konstituierung des neu gewählten Gemeinderats in größeren Städten vor der Sommerpause nicht mehr gelingt – das haben die Kollegen Sckerl und Herrmann angespro- chen –, dann kann dies ohne Weiteres auch noch im September 2009 erfolgen. Das wird also möglich sein.

Der geltende § 30 der Gemeindeordnung, der Beginn und Ende der Amtszeiten und die Weiterführung der Geschäfte durch den bisherigen Gemeinderat regelt, reicht für diese Fälle, meine Damen und Herren, völlig aus. Das Hauptorgan, der Gemeinderat, bleibt während der Sommerpause handlungsfähig, weil der alte Gemeinderat die Geschäfte bis zum Zusammentreten des neu gebildeten Gemeinderats weiterführt.

Wir haben dagegen einen anderen Vorschlag aufgegriffen, den die kommunalen Landesverbände gemacht haben, nämlich eine Übergangsbestimmung für den Verzicht der Wahlumschläge bei der Bürgermeisterwahl vorzusehen. Die bisherigen Vorschriften bezüglich der Verwendung von Wahlumschlägen sollen maßgeblich bleiben, soweit die förmliche Bekanntmachung der Bürgermeisterwahl oder -abstimmung schon erfolgt ist.

Zum ursprünglichen Anhörungsentwurf neu hinzugekommen sind – das will ich noch sagen – ein paar weitere Anpassungen an das erst kürzlich geänderte Parlamentswahlrecht, z. B. die Erleichterung für die Beantragung von Wahlscheinen. Ich glaube, Einzelheiten kann ich mir sparen. Wir haben bereits darüber gesprochen, meine Damen und Herren.

Eine Fallkonstellation möchte ich allerdings noch aufgreifen, nämlich im Hinblick auf die Erweiterung des Zeitkorridors für die Durchführung von Bürgermeisterwahlen oder – weil Herr Kollege Heiler das angesprochen hat – den Sofortvollzug bei angefochtenen Bürgermeisterwahlen. Eigentlich kann ich das, was Herr Kollege Sckerl zu diesem Thema gesagt hat, nur voll unterstreichen. Es geht hier um eine demokratische Legitimation durch die Wählerinnen und Wähler. Der Bürgermeister, der Amtsverweser ist – –

(Abg. Walter Heiler SPD: Dessen Stimmrechte durch einen irrsinnigen Einspruch zunichte gemacht wer- den!)

Ich kann es nachvollziehen. Wir hatten bei uns regional schon solche Fälle. Das ist ärgerlich. Ich sehe das ein. Aber verfassungsrechtliche Gesichtspunkte müssen einfach den Vorrang haben. Da ist es nun einmal so, dass der Bürgermeis ter, auch wenn er „nur“ Amtsverweser ist, alle Geschäfte eines Bürgermeisters vollumfänglich führen kann. Er hat halt nur kein Stimmrecht. Dieses Stimmrecht im Gemeinderat oder in den Ausschüssen leitet sich aus der Volkswahl ab. Dieses Wahlergebnis muss rechtskräftig festgestellt werden. Erst dann ist der Bürgermeister im Gemeinderat stimmberechtigt.

Meines Erachtens sind die bestehenden Regelungen ausgewogen und tragen den Bedürfnissen Rechnung. Wir haben im Innenausschuss schon darüber gesprochen.

Meine Damen und Herren, die Vorbereitungen für die Kommunalwahlen sind jetzt schon in vollem Gang. Die geplante Gesetzesänderung und die anschließenden Verordnungsänderungen sollten deswegen so rasch wie möglich umgesetzt werden, damit die Kommunen bald Klarheit über die geltenden Vorschriften haben, die sie im nächsten Jahr anzuwenden haben. Ich bitte Sie deshalb, heute dem vorliegenden Gesetzentwurf – wie es auch schon gesagt wurde – zuzustimmen.

Herzlichen Dank.

Herr Kollege Heiler, wir unterhalten uns noch einmal unter vier Augen – mit und ohne Brille – über solche Stimmzettel wie diesen.

(Der Redner hält einen Musterstimmzettel hoch. – Abg. Reinhold Gall SPD: Dann füllen Sie einmal ei- nen Stimmzettel aus und gucken Sie, was dabei he- rauskommt! Ich bin gespannt, wie viele SPD-Leute Sie dann wählen würden! – Zuruf des Abg. Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP)

Dann überlegen wir uns einmal, wie ein Beipackzettel auszusehen hätte, und weisen auf die Risiken und Nebenwirkungen hin.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Her ren, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen deshalb in der Zweiten Be ratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 14/3174.

Abstimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, Drucksache 14/3374. Der Innenausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

Änderung des Kommunalwahlgesetzes

Wer dem Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Somit einstimmig so beschlossen.

Ich rufe auf