Protocol of the Session on November 5, 2008

Als weiterer Punkt ist angesprochen worden, ob man lokale repräsentative Wahlstatistiken zulässt. Hier sind wir auch sehr aufgeschlossen. Allerdings sollte man das jetzt nicht im Hauruckverfahren in das Gesetz hineinschreiben, sondern es wahlrechtlich, wahlorganisatorisch und datenschutzrechtlich genau überprüfen und dann bei der nächsten Novelle aufnehmen.

Ein weiterer Punkt war die Frage eines Einheitsstimmzettels. In einigen Bundesländern gibt es Einheitsstimmzettel. Der Städtetag schlägt dies auch für Baden-Württemberg vor. Da gäbe es verschiedene Modelle. Ich habe mir einmal den Stimm zettel aus einem Bundesland, in dem es einen Einheitsstimmzettel gibt, besorgt. Das hier ist der Stimmzettel der Stadt Frankfurt in Hessen.

(Der Redner hält einen großen Stimmzettel hoch. – Heiterkeit)

Um diesen Stimmzettel ausfüllen zu können, müsste ich meinen Wohnzimmertisch ausziehen. Demgegenüber können wir uns einmal anschauen, wie es in Baden-Württemberg läuft: Das ist der Stimmzettelblock der Stadt Stuttgart.

(Der Redner hält einen Stimmzettelblock hoch.)

Stuttgart ist etwas kleiner als Frankfurt, hat aber mehr Bewerberinnen und Bewerber. Diesen Block kann man locker am Tisch in Ruhe ausfüllen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Umwelt- freundlich!)

Wir sind der Meinung – wie es der Kollege Heinz im Innenausschuss bereits gesagt hat –, dass die bisherige Regelung richtig und gut ist.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Umwelt- freundlich!)

Wir wollen hier keine Änderung. Die Überdimensionierung der Stimmzettel, die bei Einführung eines Einheitsstimmzettels kommen würde, halten wir für falsch.

Zusammenfassend: Wir stimmen dem Gesetzentwurf wie von der Regierung vorgelegt zu.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Heiler das Wort.

(Beifall bei der SPD – Vereinzelt Heiterkeit)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben bereits in der Sitzung des Innenausschusses signalisiert, dass wir diesem Gesetzentwurf zustimmen werden. Die Punkte, die darin enthalten sind, sind natürlich richtig. Dass z. B. Wahlumschläge bei Bürgermeisterwahlen künftig entfallen sollen, ist absolut richtig; diese Regelung kommt zwar ziemlich spät, aber immerhin kommt sie. Die anderen Punkte hat, soweit sie im Gesetz stehen, Kollege Herrmann angesprochen; ich brauche das nicht zu wiederholen.

Aufgrund der Kürze der Redezeit spreche ich nur drei Punkte an, die uns wichtig erscheinen. Das ist zum einen das Thema Sofortvollzug. Wir stellen fest, dass bei Bürgermeisterwahlen immer wieder Anfechtungen erfolgen. Die gewählten Bürgermeister müssen dann mit ihrem Amtsantritt warten, bis ein eventuelles Klageverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. In der Praxis kann das durchaus einmal ein ganzes Jahr dauern. Das bedeutet, dass der gewählte Bürgermeister während dieses

langen Zeitraums kein Stimmrecht im Gemeinderat hat. Das widerspricht jedem demokratischen Selbstverständnis.

Deshalb meinen wir, dass bei offenkundig unbegründeten Wahlanfechtungen ein Sofortvollzug angeordnet werden soll te. Der Gewählte wäre dann ebenfalls zunächst Amtsverweser, hätte allerdings das Stimmrecht. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, als gewählter Bürgermeister abwarten zu müssen, bis das Klageverfahren abgeschlossen ist, und in dieser Zeit kein Stimmrecht zu haben.

Ein zweiter Punkt, der uns wichtig erscheint, meine Damen, meine Herren: Gemäß § 47 Abs. 1 der Gemeindeordnung ist eine Bürgermeisterwahl frühestens drei Monate und spätes tens einen Monat vor Freiwerden der Stelle durchzuführen. Das heißt, die betreffende Kommune muss in einem exakt festgelegten Zeitkorridor von zwei Monaten ihre Bürgermeis terwahlen durchführen. Theoretisch gibt es dann acht oder neun Sonntage, die als Wahltag zur Verfügung stehen. Das hört sich zwar gut an. In der Praxis allerdings sieht das anders aus.

Ich will es an einem einzigen Beispiel einmal deutlich machen. Nehmen wir einmal an, Mitte Oktober nächsten Jahres läuft in einer Gemeinde in Baden-Württemberg die Wahlzeit eines Bürgermeisters ab. Das bedeutet, die Wahl wäre dann zwischen Mitte Juli und Mitte September durchzuführen. Im Kalender stehen in diesem Zeitkorridor tatsächlich acht Sonntage zur Verfügung, allerdings nur theoretisch. Praktisch bestünde für die betreffende Gemeinde nur die Möglichkeit, die Wahlen am 18. oder am 25. Juli durchzuführen. Denn alle anderen theoretisch möglichen Termine fallen in die Ferien; da will ja niemand ernsthaft eine Wahl durchführen. Von acht theoretischen Möglichkeiten bleiben dann zwei übrig. An diesem Beispiel ist deutlich zu erkennen, dass die Zweimonatsfrist viel zu kurz ist. Sie sollte deshalb auf drei Monate verlängert werden, wie dies auch der Wunsch des Städte- und des Gemeindetags ist. Ich kann nicht nachvollziehen, muss ich ehrlich sagen, warum im Innenausschuss gegen diesen Vorschlag Einwendungen erfolgt sind.

Ein dritter Punkt, meine Damen, meine Herren: Bei Kommunalwahlen gibt es deutlich mehr ungültige Stimmen als bei anderen Wahlen. Ich will das am Beispiel Mannheim aufzeigen. Bei der Kommunalwahl in Mannheim gab es 2004 2,5 % ungültige Stimmzettel und 7 % Fehlstimmen; das sind zusammengenommen fast 10 %. Bei anderen Wahlen liegt die Quote in Mannheim nur zwischen 0,5 und 1 %. In ganz BadenWürttemberg ist es ähnlich. Das liegt allerdings nicht an den Wählerinnen und Wählern, sondern das liegt an der Kompliziertheit der Stimmzettel.

Damit komme ich jetzt auch auf Sie, Herr Kollege Herrmann, zu sprechen.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Fehlstimmen kann man auch bewusst abgeben!)

Bisher sind die Stimmzettel als sogenannte Einzelstimmzettel herzustellen. Jeder Wahlvorschlag ist demnach auf einem separaten Blatt aufzuführen, und jeder Wähler erhält somit so viele Einzelstimmzettel oder Blätter, wie zur jeweiligen Wahl Wahlvorschläge eingereicht worden sind. In größeren Städten – das haben Sie zu Recht erwähnt – führt das dazu, dass sich

die Zusammenfassung der Einzelstimmzettel zu einem sogenannten Stimmzettelblock durchgesetzt hat. Dieser Block führt dann allerdings zum Blättern.

Ich zeige es jetzt einmal am Beispiel Mannheim.

(Der Redner hält einen Stimmzettelblock hoch.)

Das ist ein Stimmzettelblock aus Mannheim mit acht einzelnen Stimmzetteln. Da der Wähler ja auch panaschieren darf, heißt das: Er kann das alles wieder zurückgeben. Angenommen, er wählt auf acht Listen und gibt diese dann zurück, so bedeutet das zunächst einmal für den Wähler eine recht große Unübersichtlichkeit, und dann vor allem auch für den, der die Stimmen auszählen muss. Denn er muss schauen, ob 48 Stimmen auf diesen Blättern verteilt sind usw. usf. Ob sich das bewährt hat, sei dahingestellt, Herr Kollege Herrmann.

Übrigens habe ich hier etwas Ähnliches wie das, was Sie gezeigt haben, und zwar aus Mannheim. Sie haben Frankfurt erwähnt; ich zeige jetzt einmal ein Beispiel aus Mannheim.

(Der Redner hält drei verschiedene Stimmzettel hoch.)

Bei den vorhergehenden Wahlen sah das noch so aus. Jetzt gibt es dies in Blockform. Das, was Sie aus Frankfurt gezeigt haben, Kollege Herrmann, ist kein Einheitsstimmzettel. Denn der würde in Mannheim so aussehen, wie ich es Ihnen hier zeige.

(Der Redner hält einen großformatigen Stimmzettel hoch.)

Das ist auch der Vorschlag des Städtetags von Baden-Würt temberg. Dieser Einheitsstimmzettel ist ziemlich übersichtlich.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist gar nicht übersichtlich! Da sind noch nicht einmal Nummern drauf!)

Da sind auch Nummern drauf, Entschuldigung.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eine schö- ne Farbe ist das!)

Auf diesen Stimmzetteln sind auch Name, Beruf, Wohnort, Hausnummer usw. angegeben. Wir sowie der Städtetag und der Gemeindetag schlagen vor, diese Form zu nehmen, nur noch den Namen draufzusetzen und einen sogenannten Beizettel beizufügen,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Einen By- pass!)

den man dann zu Hause in aller Ruhe betrachten und behalten kann. Dieser Einheitsstimmzettel, meine Damen und Her ren, wäre auch maschinell, elektronisch lesbar – also ein ganz deutlicher Fortschritt.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So wie in Flori- da!)

Nicht wie in Florida. Da haben Sie vieles falsch verstanden. Es geht übrigens auch nicht um das Problem, das wir beim Bundesverfassungsgericht haben.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ja, ich komme sofort zum Ende.

Ich will Ihnen jedoch noch den kleinen Unterschied, Herr Herrmann, zwischen dem Block und diesem einfach gehaltenen Stimmzettel nennen. Wenn Sie beim Otto-Versand etwas bestellen, dann schicken Sie auch nicht den ganzen Katalog zurück, sondern nur einen Bestellzettel.

(Heiterkeit bei der SPD – Beifall des Abg. Ingo Rust SPD)

Insofern könnten Sie vielleicht unserem Vorschlag nähertreten.

Wie gesagt, wir stimmen dem Gesetzentwurf zu. Aber er ist nach unserer Auffassung viel zu kurz gesprungen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Sckerl das Wort.