Protocol of the Session on October 1, 2008

Zum Thema Landesbank gab es ja schöne Ratschläge. Der eine drängt uns zu weiteren Fusionen, der andere warnt uns vor

Fusionen. Ja, was wollen Sie denn? Eines ist für uns in den ganzen Diskussionen auch klar: Wenn man zu einem sehr Gesunden viele Kranke dazulegt, dann werden die Kranken nicht gesund, sondern wird der Gesunde auch krank. Herr Schmiedel, da brauchen wir keine Ratschläge.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Sagen Sie das einmal Herrn Oettinger!)

Selbstverständlich müssen wir uns das genau überlegen. Dass wir mit diesem Geschäftsmodell, mit dem dreigliedrigen Sys tem, richtig aufgestellt sind, daran gibt es überhaupt nichts zu deuteln.

(Abg. Christine Rudolf SPD: Erklären Sie das einmal Herrn Oettinger!)

Lassen Sie mich zu den bundespolitischen Themen, zu denen der Ministerpräsident, aber auch der Kollege Mappus sehr eindeutige Signale gegeben haben, sagen: Ich bin sehr optimis tisch. In Bayern zeichnet sich ja eine ähnliche politische Konstellation ab wie hier bei uns. Ich sage einmal: Im Bundesrat wird man möglicherweise nicht mehr so schnell an SchwarzGelb vorbeikommen. Deswegen ist es wichtig und richtig – das ist auch deutlich geworden –, dass wir auch gegenüber dem Bund eine eindeutige Politik fahren, die die Menschen wieder mehr in den Mittelpunkt stellt, die Menschen, die bereit sind, jeden Tag aufs Neue aufzustehen, Leistung zu erbringen, die den Karren am Laufen halten. Wir sollten nicht immer über irgendwelche Extreme diskutieren, sondern unseren Fokus auf diese Menschen richten.

Es sind halt einmal bundespolitische Themen, die etwas mit Wirtschaftspolitik, mit Mittelstand zu tun haben. Dazu gehört auch das Thema Erbschaftsteuer. Ich sage hier ganz klar: Wir sind dezidiert der Meinung, dass diese Steuer, die dem Land zusteht, im Zug der Föderalismusreform auch in die Länderhoheit übertragen werden sollte.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir Liberalen glauben, dass es den Menschen eigentlich nicht mehr vermittelbar ist, dass mehrfach versteuertes Geld im Erbfall oder im Schenkungsfall noch einmal versteuert werden muss.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Angesichts der Höhe des Aufkommens und der vergleichsweise hohen Verwaltungskosten sollte man diese Steuer sehr wohl infrage stellen. Wir sind der Meinung, dass wir gerade auch als Land, das an die Schweiz und an Österreich grenzt, die diese Steuer längst abgeschafft haben, die Steuerhoheit in diesem Bereich erhalten sollten, um ebenfalls über eine Abschaffung dieser Steuer entscheiden zu können.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Der Kollege Mappus hat schon etwas zur Entlastung bei den Einkommensteuertarifen gesagt. Genau das wird unsere gemeinsame Aufgabe sein: Wir sollten dieses Thema nicht immer mit neuen Ausnahmeregelungen und Rücknahmen und erneuten Versprechungen belegen, sondern mit einem klaren, einfachen, fairen Steuersystem mit niedrigen Sätzen endlich einmal die Mittelschicht, die große Zahl der Menschen entlas

ten, damit sie nicht mehr Angst vor einer Gehaltserhöhung haben müssen, weil sie dadurch einen höheren Steuersatz zahlen müssten.

Deswegen glaube ich, dass wir, wenn es in Bayern auch zu Schwarz-Gelb kommen sollte, da durchaus Impulse setzen können.

(Oh-Rufe von der SPD)

Mit Blick auf das, was der Herr Ministerpräsident geäußert hat, sage ich: Natürlich steht auch für uns – dazu komme ich bei der Erfolgsbilanz des Landes – die Konsolidierung des Haushalts ganz im Vordergrund. Ich glaube, es ist nicht das richtige Denken, wenn man einen Gegensatz „Konsolidierung oder Entlastung“ aufmacht. Die FDP-Fraktion im Bundestag hat z. B. glasklar nachgewiesen, dass auch auf Bundesebene, wenn man dort bei den sprudelnden Steuermehreinnahmen wirklich den Sparwillen zeigen würde, wie wir ihn hier im Land zeigen, sowohl Konsolidierung als auch Entlastung möglich wären.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/ DVP: So ist es!)

Deswegen dürfen wir die da nicht aus der Pflicht entlassen. Für uns steht beides im Mittelpunkt.

Wir sind auf unsere Leistung bei der Konsolidierung des Haushalts schon stolz, auch wenn ich weiß, dass das für die Bevölkerung möglicherweise nicht das prickelnde Thema ist. Aber unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit und der Belastung bzw. Entlastung künftiger Generationen ist die Maxime „Nicht mehr ausgeben, als man einnimmt“, die Forderung, dass auch der Staat das tut, was jeder Private ebenfalls tun sollte, ganz wichtig. Für uns bedeutet das, dass wir unseren Haushalt ab 2008 endlich ohne Aufnahme neuer Schulden aufstellen und auch vollziehen können, dass wir nicht nur keine neuen Schulden machen, sondern Schulden tilgen, dass wir für zukünftige Lasten oder Leistungen, die notwendig werden, Rücklagen bilden. Ich glaube, in der Summe ist das Jahr 2008 wirklich ein historisches Jahr.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir werden alles dafür tun, dass wir, auch wenn konjunkturelle Eintrübungen kommen und wenn die Steuereinnahmen vielleicht nicht mehr so sprudeln werden, wie wir es in den letzten Jahren gewohnt waren, uns selbstverständlich verpflichten – nicht nur für das Haushaltsjahr 2009, für das wir den Entwurf demnächst werden vorlegen können, sondern auch für die Folgejahre –, diese Strategie der Nullnettoneuverschuldung und, sofern es auch Überschüsse geben sollte, der Schuldentilgung weiterzufahren.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Wir unterstützen auch sehr den Ministerpräsidenten, wenn es um die Föderalismuskommission geht. Das wird heute Nachmittag noch ein Thema sein. Weil wir unsere Hausaufgaben gemacht haben, können wir mit Fug und Recht versuchen, den Bund und die anderen Länder auf unsere Seite zu ziehen und dafür zu sorgen, dass künftig eine wirksame Schuldenbegrenzung gemacht wird. Wir haben sie in der Landeshaushaltsordnung. Unser Ziel ist es, das auch in der Landesverfassung zu

verankern, und zwar mit nur wenigen Ausnahmen. Wir wollen diese Selbstbindung, damit die Menschen wirklich sehen, dass wir nachhaltige Politik machen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Jetzt ist mein lieber Kollege Nils Schmid, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, leider nicht da.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Ja, wo ist er denn?)

In der Opposition hat man es ja immer furchtbar leicht. Am Morgen fordert jeweils der Fachsprecher für Bildung, Soziales oder sonst etwas, im Haushalt soundso viele Stellen zusätzlich zu schaffen und zusätzliches Geld auszugeben,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir haben alles durch- gerechnet!)

und am Nachmittag oder bei schönen Veranstaltungen erzählt man von der unsoliden Politik, die die Regierung angeblich macht.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das stimmt doch!)

In der Opposition darf man das machen; das dürfen Sie auch weiter machen. Wir werden jedenfalls solide und nachhaltig alle Wünsche nach Mehrausgaben selbstverständlich daraufhin prüfen, ob sie notwendig und zwingend sind oder ob irgendwo Sparpotenziale vorhanden sind.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist eine Frage der Prioritätensetzung! – Zuruf der Abg. Christine Ru- dolf SPD)

Wir sind bereit, nicht nur zu konsolidieren, sondern auch zu investieren, und zwar zu investieren in die Köpfe und in die Zukunft unserer Menschen in diesem Land, vor allem unserer Kinder, unserer jungen Menschen. Das haben wir, glaube ich, im Bereich der Bildung wirklich bewiesen, nicht nur mit der Qualitätsoffensive Bildung, sondern auch mit dem, was wir zusammen mit den Kommunen für das Konzept „Bildung, Erziehung, Betreuung“ zum tatsächlichen Ausbau von Betreuungsplätzen beschlossen haben.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Was habt ihr denn da gemacht? Ihr macht doch Modellprojekte und nichts anderes!)

Ich verstehe ja, dass die Opposition sagt, das sei zu wenig, komme zu spät usw. Aber es muss ja im Rahmen dessen, was mit den Zuständigen – das sind nun einmal die Kommunen – leistbar ist, gemeinsam versucht werden, bedarfsgerecht vorzugehen. Das heißt aber nicht, dass wir warten sollten, bis die Leute irgendwann kommen, sondern dass wirklich Angebote geschaffen werden. Da hat ja der Bund Vorgaben gemacht zur Größenordnung, zur Verdreifachung der Möglichkeiten. Das tragen wir mit, und dafür haben wir die Finanzmittel schon jetzt reserviert. Die sind nicht angreifbar, das ist durchfinanziert. Das sind im Endausbau jährlich immerhin 165 Millionen €, die das Land zusätzlich gemeinsam mit den Kommunen ausgibt.

Dazu übrigens auch etwas zum Politikstil in diesem Land. Dem einen oder anderen mag das Agieren zwischen den Ko

alitionären oder auch Ministern zögerlich erscheinen. Aber ich sage immer: Wenn man zögerlich ist, weil man, bevor man Entscheidungen trifft, sich mit den wichtigen Akteuren noch einmal ausführlich unterhält, intern immer auch einmal strittig – es wäre ja unnatürlich, wenn man sich über Dinge nicht auch einmal strittig unterhalten würde –, aber dann am Ende zu vernünftigen Ergebnissen kommt, dann lasse ich mir den Vorwurf der Zögerlichkeit durchaus gefallen. Ich glaube, dass dieser dialogorientierte Stil, den wir alle miteinander, Regierung und Fraktionen, betreiben, immer fair ist – manchmal ein bisschen emotional, aber immer mit guten Ergebnissen. Das sollten wir nicht nur gegenüber den Kommunen, sondern auch gegenüber der Wirtschaft selbstverständlich so fortführen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf von der FDP/DVP: Sehr richtig!)

Es wurde das Thema Wertgrenzen im Bereich des Mittelstands, des Handwerks angesprochen. Wenn ich eines, Herr Schmiedel, sagen darf: Genau mit dem, was Sie gerade propagieren, nämlich zurück zur staatlichen, kommunalen Aufgabenerledigung, schaden Sie denen vor Ort, denen wir über das Gemeindewirtschaftsrecht durch Verschärfung des Subsidiaritätsgebots neue Geschäftsfelder eröffnet haben.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das sehen die völlig an- ders!)

Übrigens, zum Thema Wertgrenzen: Das war nicht Ihr Verdienst.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Wer sonst? – Abg. Claus Schmiedel SPD: Nur unser! Ihr wolltet es gar nicht!)

Natürlich waren Sie auch mit dabei; das ist überhaupt keine Frage. Aber federführend hat der Wirtschaftsminister dafür gesorgt, dass mehr Flexibilität möglich ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Warum mischen sich die Industrie- und Handwerksverbände zu Recht in die bildungspolitische Diskussion ein?

(Abg. Reinhold Gall SPD: Weil es dringend notwen- dig ist, dass sie sich einmischen!)

Um all das, was unser Wirtschaftsminister zur besseren Versorgung mit Eigenkapital, für einen besseren Transfer von Wissen und die Umsetzung in neue Produkte und Dienstleis tungen tut, aufzuzählen, reicht die Zeit nicht aus. Ich glaube, man sollte hierüber nicht so verächtlich reden, wie Sie es getan haben. Ich möchte nur an das erinnern, was wir beispielsweise zur Förderung, Sanierung und Weiterentwicklung der wirtschaftsnahen Institute gemacht haben. Bis 2016 haben wir zusätzliche Fördermittel in Höhe von 145 Millionen € vorgesehen; hinzu kommen Mittel des Bundes. Ich glaube, wir werden es schaffen, uns auf dem Feld nicht abhängen zu lassen, auf dem Baden-Württemberg auch spitze ist, nämlich bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung – und zwar nicht nur durch den Staat und das Land, sondern auch durch die Wirtschaft.

Es ist klar: Wenn man an der Spitze steht, gibt es immer viele, die versuchen, einen einzuholen. Auf einem solch hohen Ni

veau ist es immer schwierig, im Ranking vorne zu bleiben. Aber ich glaube, wir sind mit all den Maßnahmen, die wir zu diesen Themen, auch zugunsten eines schnelleren Innovationstransfers, für den Mittelstand und auch für die kleinen Betriebe durchgeführt haben, auf dem richtigen Weg.