Protocol of the Session on October 1, 2008

Neben diesen Schwerpunkten erwähne ich am Schluss zwei weitere.

Zum einen die Versöhnung von Ökonomie und Ökologie: Mir ist eine Umweltpolitik ohne Ideologie sehr wichtig. Mir ist wichtig, dass das Konzept der Nachhaltigkeit im ganzen Land von möglichst vielen Bürgern mitgetragen wird. Wir haben mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz Erfolg gehabt. Wir steigern unsere Maßnahmen zur Energieeffizienz. Wir liegen schon heute bei allen Maßnahmen, die den Klimawandel bekämpfen und den Klimaschutz steigern sollen, bundesweit mit vorn. Dies gilt für Fotovoltaik und Wasserkraft. Dies gilt für sparsamen Energieverbrauch.

Wir wollen eine Energiepolitik, die das Energiesparen stärkt und die Energieeffizienz erhöht, die aber auch die Abhängig

keit von anderen Ländern, was Rohstoffe anbelangt, nicht hinnehmen will.

Ich fand es bemerkenswert, dass Cem Özdemir den Bau von Kohlekraftwerken für vertretbar gehalten hat und dass sein Förderer Joschka Fischer dies ebenfalls tut.

(Abg. Stefan Mappus CDU: Sogar Palmer!)

Deswegen werden Sie einige Fragen beantworten müssen. Wer Kernkraftwerke abschalten will und neue Kohlekraftwerke nicht mehr akzeptiert, sondern bekämpft, ist unglaubwürdig von A bis Z.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Bravo!)

Wer die Abhängigkeit von Gas nicht erhöhen will, wer vom Öl weg will

(Unruhe bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

und wer sieht, dass in wenigen Jahren Autos durch Strom betrieben werden, muss irgendetwas für die stabile Stromgewinnung tun. Überall nur Nein zu sagen ist kein Weg, der gangbar und glaubwürdig ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Win- fried Kretschmann GRÜNE: Wenn jemand Nein sagt, dann sind Sie es, nämlich bei der Windkraftförde- rung! – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Herr Kretschmann, jetzt aber, bitte!)

Baden-Württemberg ist und bleibt – –

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Sie sind doch die größten Windkraftblockierer in der ganzen Repu- blik! – Unruhe bei der CDU – Glocke des Präsidenten – Gegenruf des Abg. Stefan Mappus CDU: Wenn das alles ist, was euch einfällt – Windkraft! –, dann sind wir aber arm dran! – Weitere Zurufe – Glocke des Präsidenten)

Kollege Kretschmann, wenn Sie bereit sind, die Laufzeit von Neckarwestheim dort hinzubringen, wohin sie gehört, kann man mit mir über das eine oder andere Windrad gern reden, wenn es für Sie notwendig ist.

(Oh-Rufe – Heiterkeit bei allen Fraktionen – Verein- zelt Beifall)

Baden-Württemberg ist und bleibt ein kulturell vielfältiges, weltoffenes Land. Dafür ist der Integrationsplan die entsprechende Anleitung. Ich danke meinem Kollegen Goll für die Vorbereitung. Wir wollen dafür sorgen, dass in Baden-Würt temberg jeder, der auf Dauer oder auf Zeit hier lebt, Integrationsbereitschaft spürt und sich in die Arbeitswelt, das Wohnumfeld, die Freizeitgesellschaft und die soziale Vernetzung einbringen kann.

Dafür sind die Schulen der wichtigste Ort. Schulen vermitteln Werte, Schulen vermitteln Demokratie. Wir wollen, dass der konstruktive Dialog gerade mit anderen Religionen bei uns ohne Vorbehalte fortgeführt wird. Das Land, die Kirchen und die Wissenschaft nehmen im Ländervergleich längst eine Vor

reiterrolle ein. Dass in Karlsruhe die entsprechende Pädagogische Hochschule ist und Rheinland-Pfalz dort ebenfalls Lehrer ausbildet, zeigt, dass Baden-Württemberg den Kopf nicht in den Sand steckt, sondern Entwicklungen der Gesellschaft aufgreift und darauf offensiv reagiert.

Wir bekämpfen Extremismus und Parallelgesellschaften entschieden auch dadurch, dass wir jeden respektieren und fördern, der sich mit uns gemeinsam für Frieden und Integration einsetzen will, egal, welcher Herkunft, Religion, Rasse, Hautfarbe er auch ist.

So bleibt Baden-Württemberg lebenswert und erfolgreich. Das Kapital unseres Landes sind seine Menschen. Ihnen verdanken wir unseren Reichtum an kreativen Ideen, unsere kulturellen Leistungen, unser soziales Miteinander, unsere hohe Lebensqualität. Wir sind stolz auf das, was alle Menschen in Baden-Württemberg für sich und für das Land getan haben, stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben.

Ich danke den Kolleginnen und Kollegen in meinem Kabinett, und ich danke auch der CDU-Fraktion und der FDP/DVPFraktion, die uns tragen.

Im Ländervergleich – dies zeigt sich in diesen Tagen besonders stark – und auch im Vergleich zur Bundesregierung haben wir in Baden-Württemberg eine Regierung, die zu den stabilsten und stärksten gehört.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Jawohl! – Abg. Dr. Hans-Pe- ter Wetzel FDP/DVP: Im Gegensatz zu den SPD-ge- führten Ländern!)

Der Vergleich mit Kiel, Hamburg, Berlin, München, Wiesbaden, Potsdam und Dresden zeigt: Wir haben allen Grund, mit Entschiedenheit, mit Tatkraft, mit Bürgernähe und mit Gelassenheit bei einer guten Ausgangslage des Landes, seiner Wirtschaft, seiner Menschen in die nächsten zweieinhalb Jahre zu gehen. Wir heben nicht ab. Wir setzen unsere Arbeit fort und wollen damit einen Beitrag dazu leisten, dass unsere Kinder einmal sagen: Die haben das meiste richtig gemacht und haben die Weichen für eine gute Zukunft ordentlich gestellt.

Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

Meine Damen und Herren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von 30 Minuten je Fraktion festgelegt.

Ich erteile Herrn Abg. Schmiedel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Ministerpräsident, Sie haben den Schwerpunkt Ihrer Regierungserklärung auf die Zeit gelegt, die vor uns liegt. Ich möchte ebenfalls mit den Herausforderungen für die kommenden zweieinhalb Jahre dieser Wahlperiode beginnen.

Diese Herausforderungen werden ganz wesentlich von der Finanzkrise bestimmt, die, von den USA ausgehend, mittlerweile die ganze Welt erreicht hat, auch Deutschland und Europa.

Diese Krise hat eine Dimension, die alles in den Schatten stellt, was wir die letzten Jahrzehnte hindurch erlebt haben. Dass die Weltwirtschaft rund um den Globus noch nicht zusammengebrochen ist, liegt einzig und allein daran, dass die Notenbanken gelernt haben, sich anders zu verhalten als 1929, und Milliarden in den Geldkreislauf gepumpt haben – im Vertrauen, dass alles gutgeht.

Da muss man schon einmal benennen, wer sich eigentlich gegen die Eindämmung der Gefahren eines zügellosen Finanzkapitalismus gesperrt hat, der nur von blanker Gier getrieben wird. Das war natürlich die Regierung Bush. Es waren aber auch Europäer wie der damalige britische Finanzminister und jetzige Premierminister Brown,

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Sozialdemokra ten!)

die die Mahnungen von Kanzler Schröder

(Abg. Stefan Mappus CDU: Schröder?)

und auch das Drängen der Kanzlerin Angela Merkel in den Wind geschlagen haben, die sich geweigert haben, Regeln einzuführen, die unseren entsprechen, und im Gegenteil erwartet haben, dass wir unsere Spielregeln für die Finanzwirtschaft aufgeben und alles freier und liberaler gestalten.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das hat mit Liberalität nichts zu tun!)

Die, die das in der Vergangenheit so vor sich hergetragen haben, sollten jetzt ganz ruhig sein.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Pe- ter Wetzel FDP/DVP)

Denn sie gehören zu den strategischen Mittätern.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Theurer ab nach Eu ropa!)

Es ist gut, dass die Europäische Kommission jetzt beschlossen hat, in Europa festere Regeln einzuführen. Es ist gut, dass die Angriffe gegen unser öffentliches Bankenwesen aufhören. Es ist gut, dass wir in Europa damit die Chance haben, ein Gegengewicht zu den liberalen Bestrebungen,

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Das hat mit liberal nichts zu tun! – Gegenruf des Abg. Ingo Rust SPD: Doch! Natürlich!)

den neoliberalen Bestrebungen, zu schaffen, die Freiheit für den Markt, Freiheit für Kapital, Freiheit für die Gier in den Mittelpunkt stellen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/ DVP: Brown ist doch ein Sozialdemokrat! Er gehört zur Labour-Partei, das sind doch Sozialdemokraten! Das wollen Sie nicht hören!)

Jetzt müssen wir uns aber auch, Herr Ministerpräsident, mit den notwendigen Konsequenzen für unsere finanzpolitischen Strategien und für unsere wirtschaftspolitischen Strategien beschäftigen. Das Erste: Wir müssen alles tun, damit unsere öffentlichen Banken, unsere Volksbanken und auch die Privat

banken stabil bleiben. Für uns Sozialdemokraten gilt als erste Priorität die Sicherheit der Spareinlagen der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der SPD – Abg. Michael Theurer FDP/ DVP: Für Liberale auch!)

Die zweite Priorität ist für uns die verlässliche Finanzierung unseres Mittelstands und des Handwerks.

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Für uns auch!)