Ihre Vorschläge, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, überzeugen auch heute nicht. Ihre Korrekturen und Ihre Nachjustierungen überzeugen auch heute nicht. Deshalb gilt für uns etwas Ähnliches wie in den Jahren 2004 und 2005: Diese Verwaltungsreform verfehlt ihr Ziel. Ich will das aus unserer Sicht an wenigen Beispielen verdeutlichen.
Die Reform springt eindeutig zu kurz. Das ist für uns nach langer Diskussion und Beschäftigung mit staatlicher Verwaltung, mit staatlicher Organisation, mit zukunftsfähiger staatlicher Organisation deutlicher denn je. Sie haben zwar eine Bündelung vielfältig zersplitterter Aufgaben früherer Sonderbehörden erreicht, unbestritten. Das war aber auch kein großes Kunststück mit der Delegation auf die Landkreise; denn diese haben Ihnen diese Aufgaben ja im Wesentlichen abgenommen.
Was Sie aber nicht erreicht haben und was Sie verschweigen, ist, dass es keine entscheidende Verschlankung beim Staats
aufbau gibt. Sie reden immer von „dreistufig“, Herr Herrmann. Reden wir doch von vier Stufen, denn wir leben längst auch im Zeitalter der Regionen.
Wir alle wissen genau – machen wir uns da nichts vor –, dass die Bedeutung der Regionen in Baden-Württemberg und auch in Europa in den nächsten Jahren stark zunehmen wird und dass die Regionen auch für die Kommunen und für die Landkreise eine ganz entscheidende Handlungsebene werden. Das negieren Sie bisher. Das können Sie noch eine Weile aushalten. Aber ich sage Ihnen eines ganz sicher voraus: Ihr Modell der Verwaltungsreform ist ein Übergangsmodell.
Zukunftsfähig ist dieses Modell nicht. Zukunftsfähig wird in absehbarer Zeit ein Modell sein, das sich endlich einmal auf die Regionen einlässt, das kommunale Selbstverwaltung oder auch staatliche Verwaltung dort neu verortet und das die Mittelebene, an der Sie bisher so krampfhaft festhalten – die Regierungspräsidien –, endgültig der Geschichte übergibt. Da gehören sie nach unserer Überzeugung nämlich hin.
Punkt 2 diskutieren wir jetzt seit 2004. Das war Ihr Einstieg in diese Reform: Aufgabenkritik und Aufgabenabbau. Kollege Heiler hat es schon gesagt: komplette Fehlanzeige! Sie sind Weltmeister im Ankündigen, im Versprechen, im Schmieden von Projekten. Aber außer dem Auswechseln des Bürokratiebeauftragten haben Sie nichts zustande gebracht. Dem Landtag liegt im Bereich des Vollzugs der Verwaltungsreform bis heute kein einziger Bericht der Landesregierung vor, der besagen würde, was in diesem Bereich denn tatsächlich geleis tet worden ist. Im Gesetzentwurf steht ausdrücklich, dass damit im Jahr 2009 und in den Folgejahren – quasi nach Vollzug der Reform – erst begonnen werden soll. Sie, meine Damen und Herren, haben damit Ihr eigentliches politisches Hauptziel der Verwaltungsreform um Längen verfehlt.
Ihre sogenannte Evaluation oder Überprüfung war im Übrigen eine reine Pro-domo-Veranstaltung. Sie haben Ihre Landräte befragt;
Ihre Ministerialen, Ihre – soweit es sie noch gibt – Sonderbehörden, Ihre Regierungspräsidenten befragt.
Was erwarten Sie eigentlich an Kritik und an konstruktiver Diskussion? Es war eine reine Jubelveranstaltung.
dem ein derart großer Machtzuwachs in Baden-Württemberg zugeflossen ist – die Landräte fühlen sich mittlerweile wie die Könige,
wird doch bei einer kritischen Überprüfung der Verwaltungsreform nicht auf Fehler, Fehlentwicklungen und Nachbesserungsbedarf hinweisen. Was erwarten Sie eigentlich? Sie haben nicht den Mut aufgebracht, Ihre Verwaltungsreform bei unabhängigen Fachleuten zur Diskussion zu stellen.
Wenn die Verwaltungsreform so toll ist, wie Sie sagen, warum gab es dann keine kritische Evaluation? Warum haben Sie keine Fachleute, keine Externen eingeladen?
Warum haben Sie sich dieser Diskussion nicht gestellt? Mit einer reinen Pro-domo-Veranstaltung, mit einer Jubelveranstaltung der immer gleichen Claqueure kann man kein anderes Ergebnis erwarten, als es heute hier vorliegt, meine Damen und Herren.
Herr Herrmann, die Kreistage haben mit Ihrer Mehrheit zugestimmt, und sie haben sich unter Ihrer Führung in den Kreistagen damit auch endgültig an den Katzentisch gesetzt.
Sie haben die Kreistage an den Katzentisch gesetzt. Kreistage sind heute für Haushalte zuständig, die zu über 70 % Mittel enthalten, mit denen sie gar nichts mehr zu tun haben und über die sie nicht entscheiden. Das sind vielmehr alles Aufgaben unterer staatlicher Verwaltungsbehörden.
Sie beschränken sich letztendlich auf wenige Korrekturen oder Nachjustierungen, wie Sie es nennen. Die meisten von ihnen sind auch noch falsch. Es sind wenige, und sie sind trotzdem falsch. Als Beispiel ist bereits die Rolle rückwärts bei der Schulverwaltung genannt worden.
Wir attestieren Ihnen ja gern, dass die Reform der Schulverwaltung im Gegensatz zu vielen anderen Beispielen ein ge
lungenes Beispiel war. Denn dort konnten – das war eines der wenigen Beispiele dafür – Synergieeffekte hergestellt werden – in der Kooperation zwischen Jugendamt, Sozialamt, politischer Kommune, aber auch staatlicher Schulverwaltung.
Die nehmen Sie jetzt ohne Not weg. Es musste offensichtlich eine politische Entscheidung der CDU-Fraktion her, die bei dieser Evaluation auch etwas sagen musste. Da wurde eben dieses Beispiel genommen, um bei der Schulverwaltung die Rolle rückwärts zu machen.
Fachlich versteht das draußen niemand. Fachlich versteht niemand, warum es in diesem Bereich wieder staatliche Sonderbehörden geben muss. Deshalb haben wir auch einen Antrag gestellt, nach dem die Verwaltungsreform in diesem Sinne konsequent weiter kommunalisiert und die Rolle der Kommunen weiter gestärkt werden soll.
In jedem Landkreis und in jedem Stadtkreis soll ein echt kommunalisiertes – das ist der Unterschied, Herr Schneider – Schulamt sein.
Sie werden diesem Antrag nicht zustimmen. Seien Sie dann aber wenigstens einmal in der Lage, auf Bürgerinnen und Bürger aus einem Landkreis einzugehen. Es hat Sie ja sicherlich genauso überrascht wie uns auch, dass sich über 2 000 wahlberechtigte Bürgerinnen und Bürger zu einem Thema der Verwaltungsreform, die sonst in der Bevölkerung draußen keine große Rolle spielt, in dieser Weise engagiert äußern. Die Leute haben sehr begründete Argumente vorgetragen.
Das Kultusministerium hat sich in allen seinen Stellungnahmen relativ arrogant darüber hinweggesetzt, wenn es sagt, es gebe keinen Kontakt zwischen Eltern und Schulämtern. Die Petenten haben uns etwas ganz anderes vorgetragen. Lügen die denn, wenn sie von durchschnittlich zehn Kontakten zwischen Elternbeiräten und Staatlichem Schulamt pro Woche reden? Und sie meinen nicht die Schulpsychologische Beratungsstelle, sondern sie meinen eine ganze Reihe von anderen Einrichtungen, wenn sie davon sprechen. Haben die uns angelogen? Haben die uns einen Bären aufgebunden?
Deshalb ist an dieser Stelle, wo wir derart engagierte Elternbeiräte haben, die Forderung, der Vorschlag, den sie machen, dort eine komplette Außenstelle des Staatlichen Schulamts, das künftig in Mannheim sein wird, einzurichten, ein begründeter Vorschlag, und deshalb beantragen wir heute an diesem Punkt auch die Änderung Ihres Gesetzentwurfs.