Protocol of the Session on July 24, 2008

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Es geht um Unternehmen in Baden-Württemberg im Pflegedienst, in Großwäschereien, in der Zeitarbeit. Hinter denen steht der Mittelstand, der anständige Tariflöhne zahlt und der diese Forderung erhebt.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Andere sind unanständig!)

Dann gibt es andere Unternehmen, die diese Löhne bezahlen, von denen ich gerade gesprochen habe. Sie als CDU BadenWürttemberg müssen sich entscheiden, auf welcher Seite Sie stehen, ob Sie auf der Seite der Unternehmen stehen, die anständige Löhne zahlen und gute Arbeitsbedingungen vorhalten, oder ob Sie die Unternehmen unterstützen wollen, die mit Lohndumping und unanständig niedrigen Löhnen in den Wettbewerb gehen.

(Beifall bei der SPD – Abg. Reinhold Gall SPD: Gut! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wolf.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schmiedel, jetzt haben wir von Ihnen sehr viel über „anständig“ und „unanständig“ gehört. Ich glaube, Sie, meine Damen und Herren, müssen sich einmal entscheiden, ob Sie unterstellen, dass wir in diesem Land primär anständige Unternehmer haben oder dass wir primär unanständige Unternehmer haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Bravo! – Unruhe bei der SPD)

Wir von der CDU orientieren uns an den Anständigen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir haben mehr An- ständige und weniger Spitzbuben, und trotzdem ha- ben wir Polizei!)

Zweitens: Lieber Kollege Schmiedel, es geht doch um eine Grundsatzfrage:

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Wollen wir mehr Markt, oder wollen wir mehr Staat? Sie wollen mehr Staat, und wir wollen mehr Markt. Das ist das Grundthema, über das wir uns unterhalten.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Wir wollen eine soziale Marktwirt- schaft! Das möchten wir! – Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter – –

Sie haben offensichtlich längst die Vorgeschichte vergessen: Als man damals seitens des Bundesarbeitsministeriums großspurig verkündet hat, man werde gespannt abwarten, welche Branchen in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz aufgenommen werden wollen, kam heraus: Es waren gerade einmal acht. Das wurde als großer, als gigantischer Erfolg vermittelt. Schon damals ist der Mindestlohn zum Maxiflop geworden, und Sie, meine Damen und Herren, hören immer noch nicht auf, diesem Thema hinterherzulaufen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Lieber Herr Schmiedel und liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, was ist denn das Grundproblem? Sie wollen mit dem Thema Mindestlohn ein Thema besetzen, das originär eigentlich bei den Linken zu Hause ist.

(Abg. Ingo Rust SPD: Ach was! Die Handwerker sind doch nicht bei den Linken! – Abg. Reinhold Gall SPD: Seit wann sind die Handwerker bei den Lin- ken?)

Sie rennen den Linken nach. Aber wer sich mit den Linken ins Bett legt, der wird ersticken, lieber Kollege Schmiedel!

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Wählerinnen und Wähler können zwischen dem Original und der Kopie genau unterscheiden. Sie werden sich für das Original entscheiden, nicht für die Kopie. Der Wähler wählt „Schmied“, nicht „Schmiedle“ und schon gar nicht Schmiedel.

Herzlichen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Ingo Rust SPD: Nichts zum Thema! – Abg. Reinhold Gall SPD: Inhaltlich null! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Sitzmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Ministerin hat ihre Ausführungen damit begonnen, Kriterien festzulegen, anhand deren sich beurteilen lässt, wann ein Kompromiss gut und wann er nicht gut ist. Ich teile das Fazit, dass der Kompromiss, der jetzt vorliegt, kein guter Kompromiss ist, und zwar deswegen, weil er viele schwammige Formulierungen enthält. Da werden schonende Ausgleiche gesucht, ohne dass festgeschrieben wäre, was das sein soll und wie das gehen soll. Deswegen haben Sie, finde ich, recht, wenn Sie sagen: Es ist kein guter Kompromiss.

Ich bin aber anderer Ansicht, wenn Sie sagen, dass wir ausreichend Möglichkeiten hätten, Menschen schon heute vor Dumpinglöhnen zu schützen. Wenn man sich anschaut, was Menschen in diesem Land verdienen können – im Frisörgewerbe beispielsweise 3,50 € die Stunde –, dann muss man doch feststellen, dass die Instrumente, die uns derzeit zur Verfügung stehen, eben leider nicht dazu führen, dass Menschen vor Dumpinglöhnen geschützt werden.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Rein- hold Gall SPD: Unanständig wenig ist das! Ganz ge- nau! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wolf’sche Löh- ne!)

Von staatlicher Zensur zu sprechen, wenn es darum geht, Branchen in das Entsendegesetz aufzunehmen und damit Tarifverträge für allgemein verbindlich zu erklären, ist eine völlig falsche Beurteilung. Herr Kollege Wolf, Sie haben gesagt: „Statt mehr Staat brauchen wir mehr Markt.“ Ich dachte eigentlich, dass wir uns einig sind, dass es staatliche Aufgabe ist, Rahmenbedingungen für den Markt und den Wettbewerb zu setzen, damit ein sozialer Ausgleich stattfindet. Es bedarf also klarer staatlicher Regelungen. Das gilt auch für diesen Bereich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Jetzt ist noch das Beispiel des Postmindestlohns angeführt worden. Wir debattieren im Parlament ja ab und zu über den Mindestlohn. Wir haben auch schon eine Debatte über den Postmindestlohn geführt. Das Problem ist nicht so sehr der Mindestlohn, der jetzt vereinbart worden ist, sondern das Problem ist, dass die Marktbedingungen ungleich sind. Während die Deutsche Post nicht umsatzsteuerpflichtig ist, müssen die Wettbewerber ihre Leistungen an die Verbraucherinnen und Verbraucher mit 19 % Umsatzsteuer weitergeben. Das ist der entscheidende Unterschied und der Grund, warum kein fairer Wettbewerb herrscht. Das hat mit den Mindestlöhnen zunächst nicht viel zu tun.

Von meinen Vorrednern wurde viel über Handwerk und Mittelstand in Baden-Württemberg gesprochen. Klar ist doch, dass die Mittelständler und die Handwerker in Baden-Würt temberg faire Rahmenbedingungen brauchen, damit sie mit ihren Produkten und Dienstleistungen im Wettbewerb bestehen können.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Diese haben sie bei uns!)

Diese fairen Rahmenbedingungen gibt es eben nicht, wenn gleichzeitig Billiganbieter mit Billigprodukten und mit schlech ter Bezahlung ihrer Beschäftigten auf dem Markt mit Mittelständlern und Handwerkern konkurrieren, die ordentliche Löhne zahlen. Das ist das Problem des Mittelstands und des Handwerks.

Ich darf Ihnen aus der „bwWoche“ vom 30. Juni vorlesen. Darin geht es um das Thema Mindestlöhne. Dort wird der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Baden-Württembergi schen Handwerkstags zu dieser Frage zitiert. Er sagt: Wir lehnen den gesetzlichen Rasenmäher ab, aber branchenspezifische Mindestlöhne können sinnvoll sein.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Reinhold Gall und Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau darum geht es! – Abg. Guido Wolf CDU: Ihnen geht es um die Fläche! Sie wollen den Einbruch in die Fläche! Das ist doch der Punkt! Flächendeckend ist euer Ziel!)

Das heißt, dass es auch im Handwerk Bündnispartner gibt, die Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb wollen und brauchen. Das sollten Sie ernst nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Das Wort hat Frau Abg. Fauser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die letzte Aussage von Frau Sitzmann brachte mich dazu, mich zu Wort zu melden. Ich habe gestern mit der Vorsitzenden der Unternehmerinnen im Handwerk gesprochen. Sie sagt: „Wir widersprechen Herrn Möhrle.“ Es scheint also erhebliche Unterschiede zu geben.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen eines sagen: Wenn die Mindestlöhne zu hoch sind, werden sie gegen das

Handwerk und den Mittelstand sein, und wenn sie zu niedrig sind, werden sie keine Wirkung haben.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Kollege Rülke hat das immer wieder hinlänglich betont. Wir sprechen ja nicht zum ersten Mal über den Mindestlohn.

Eines darf ich Ihnen sagen: Es geht um ordentliche Unternehmer. Ich meine, alle hier sind ordentliche Unternehmer. Wir können uns auch einmal darüber unterhalten, wie viel die Putzfrauen im Landtag verdienen. Das wäre ein Anfang; denn wie schon der frühere Ministerpräsident sagte: „Jeder kehrt vor seiner Tür, und sauber ist das Stadtquartier.“

(Heiterkeit bei der FDP/DVP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Unternehmer müssen und werden gut bezahlen; denn sie brauchen gute Arbeitskräfte. Wenn Sie heute in einer Firma keine guten Arbeitskräfte haben, können Sie Ihren Laden relativ kurzfristig schließen.

Sie führen den Mindestlohn als Schutz an. Ich sage noch einmal: Wir wollen, dass die Menschen ein Einkommen haben, von dem sie leben können.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)