Wir meinen es auch ernst mit der Reduzierung schädlicher Emissionen und stellen uns auf die Herausforderungen des Klimaschutzes ein. Dafür nehmen wir große Anstrengungen in Kauf. Wir wissen, dass Kernkraftwerke mit einem CO2Ausstoß von 32 g pro Kilowattstunde deutlich niedriger liegen als Braunkohlekraftwerke, die 1 150 g pro Kilowattstunde, also das 36-Fache, emittieren. Somit ist aus ökologischen und ökonomischen Gründen die Rücknahme der Laufzeitenverkürzung angezeigt.
Die Gefahren der Kernenergie und die Probleme der Entsorgung und der Endlagerung soll man nicht kleinreden. Warum auch?
Fakt ist: Mit deutscher Technologie, mit baden-württem bergischem Know-how entstehen weltweit Kernkraftwerke. Kerntechnisches Wissen der Karlsruher Exzellenzuniversität steckt in den Blaupausen vieler neuer Kernkraftanlagen weltweit.
Das gilt auch für die Sicherheitskonzepte; die Kompetenz unserer Forscher auf diesem Gebiet ist unbestritten. Sie sind nicht risikoblind. Risiken muss man sorgfältig analysieren, wenn man sie beherrschen will, und ich denke, das ist ein wichtiger Grundsatz bei der Technologie, die wir haben, die wir anwenden und die wir im Ausland vertreiben.
Wenn bei uns alle Strommeiler vom Netz gehen, werden die Versorgung und die Preise für Strom unkalkulierbar –
mit allen Risiken für die heimische Volkswirtschaft und das Wohl unserer Bürger. Dem tragen wir Rechnung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich muss man doch sagen: Wir führen eine Phantomdebatte. Wir führen nicht nur eine Atom-, sondern auch eine Phantomdebatte. Ich glaube, es ist ein historisch einmaliger Vorgang, dass man versucht, ein Gesetz, das gilt, permanent infrage zu stellen
(Zuruf von der SPD: Genau! Das sind Outlaws! – Abg. Winfried Scheuermann CDU: Das macht ihr je- den Tag!)
und so zu tun, als ginge es nicht anders. Wir haben ein Gesetz vereinbart, und zwar ist das ein Gesetz, das alle unterschrieben haben.
Alle diejenigen, die Kernkraftwerke betreiben, haben damals unterschrieben und gesagt: Jawohl, so machen wir es.
Nun muss man doch einmal Folgendes sehen: Es wird immer vom „billigen Atomstrom“ gesprochen. Ich weiß aber gar nicht, Herr Minister Pfister, wo wir im Moment in Karlsruhe stehen und wie hoch die Beträge sind, die das Land für die Stilllegung der Wiederaufarbeitungsanlage zahlen muss. Sind es 70 Millionen, sind es 80 Millionen €? In jedem Fall sind das noch immer nur 7 oder 8 % der Gesamtsumme. Hierfür kommt die Bevölkerung auf, damit die WAK, die kleine Kern
forschungsanlage, in Karlsruhe zurückgebaut wird. Dort hat man Folgendes gemacht – und das muss man immer wieder einmal sagen –: Dort hat man eine Vereinbarung getroffen zwischen der öffentlichen Hand und den Betrieben, die daraus Forschungsergebnisse und andere Vorteile bezogen haben. Die Wirtschaft hat aber ihren Anteil gedeckelt. Sie hat gesagt: Wir zahlen exakt die Hälfte zu einem Zeitpunkt x. Die Zahl, die damals herausgekommen ist, hat sich inzwischen mehr als verdoppelt. Das heißt, in der Zwischenzeit zahlt die öffentliche Hand 75 % dieser Kosten. Ich glaube, wir sind mit dem, was in die Erforschung erneuerbarer Energien oder in das EEG geflossen ist, noch Welten von dem entfernt, was dort allein in diese kleine Kiste hineinfließt.
Dann muss man doch auch einmal ehrlich in Bezug auf die Kosten sein: Jedes Kernkraftwerk – die Kollegin Chef ist jetzt nicht da – ist im Atomkonsens in der Versicherungssumme auf das Zehnfache angehoben worden. Jeder Mensch draußen würde sagen: „Klar, die haben die Versicherungssumme von 1 Milliarde € auf 10 Milliarden € steigern müssen, weil heute ja bereits jeder Pkw mit 7 oder 10 Millionen € haftpflichtversichert ist.“ Nein, die Kernenergieanlagen haben von 250 000 € auf 2,5 Millionen € steigern müssen. Das ist lächerlich!
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wissen Sie, was die Versicherung eines Windrads kostet? Schauen Sie sich das einmal an!)
Wenn da einmal wirklich etwas los ist, können Sie für 2,5 Millionen €, wenn Sie Glück haben, zehn Einfamilienhäuser in der Gegend dort kaufen.
Dann ist aber schon viel erreicht. Für jeglichen Schaden haftet die öffentliche Hand, und dann reden Sie von billigem Kernenergiestrom!
(Abg. Winfried Scheuermann CDU: Aber, lieber Herr Knapp, jetzt erzählen Sie auch noch juristische Mär- chen in Ihrer Märchenstunde!)
Es steht im Atomausstiegsgesetz drin, dass man auf 2,5 Millionen € Versicherungssumme hochgegangen ist.
Ja, weil es gar nicht bezahlbar ist. Es wurden einmal Rechnungen angestellt, bei denen herauskam: Eine Kilowattstunde Kernenergie würde ungefähr 2 DM kosten, wenn man alle Risiken, die auf die öffentliche Hand abgewälzt werden, versichern müsste. Da müssen Sie doch einmal überlegen: Da ist doch nichts billig. Mit der Rückstellung funktioniert es auch nicht. Es ist so, dass wir das im Grunde alle mitzahlen.
aber n-tv ist sicherlich nicht immer rot gefärbt. In einer Meldung vom 24. Juni dieses Jahres steht klipp und klar:
Würden jetzt tatsächlich die Laufzeiten der Atomkraftwerke um zehn Jahre verlängert, wie Meyers Arbeitsgruppe es vorschlägt, würde die gerade in Gang gekommene Modernisierung der Energiewirtschaft gestoppt und letztlich das Problem des Klimawandels sogar verschlimmert.
Der durchaus positiv zu verstehende Modernisierungsdruck ist nämlich auch Motor für den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erschließung der enormen Effizienzpotenziale. Bei einer Laufzeitverlängerung würde dieser Modernisierungsdruck massiv abgeschwächt.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Das sind jetzt Weisheiten, oder was?)
Meine Damen und Herren, wir machen einen gravierenden Fehler. Wir haben in Baden-Württemberg ungefähr 10 % mehr Strom, als wir benötigen. Wenn wir jetzt sagen, wir lassen immer alles weiterlaufen, dann passiert das, was vorhin der Kollege Untersteller auch schon gesagt hat: Dann haben neue Investoren keine Chance auf einen Markteintritt. Dazu gehören auch die Stadtwerke. Denen fällt es immer schwerer, in den Markt einzutreten. Wir zementieren die vier Großen, die alles in der Hand behalten und die uns oder Sie als Bürgerinnen und Bürger am langen Arm verhungern lassen.
Jetzt ist Folgendes ganz aktuell in die Debatte gekommen – nur um einmal deutlich zu machen, worüber wir eigentlich reden –: Das BMU – ich sage es noch einmal: unser gemeinsames Bundesumweltministerium – sagt:
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja, wir sind Partner in Berlin! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber was für Partner!)
Jetzt gibt es von unserer früheren Kollegin Carmina Brenner eine ganz aktuelle Pressemitteilung für die heutige Debatte. Da steht drin: In Baden-Württemberg wurden im ersten Quartal 2,6 % weniger Strom verbraucht.
Wenn ich das hochrechne, komme ich in einem Jahr auf 11 %. Selbst wenn man Quartal mit Quartal vergleicht, kommt man in vier Jahren auf 11 %. Wir haben gesagt: Das BMU geht davon aus, dass wir in 15 Jahren auf 11 % kommen, nämlich von 2005 bis 2020. Da muss ich Ihnen sagen: Aus dieser Debatte, aus diesem Ausbau der erneuerbaren Energien, aus der Stärkung der Kraft-Wärme-Kopplung, aus diesen Effizienzsteige
rungen darf der Druck nicht heraus. Die Zahlen des BMU werden aufgrund der hohen Strompreise weit überholt werden.
Als Chefin des Statistischen Landesamts weiß sie, wann welche Zahlen notwendig sind. Da muss man wirklich sagen: Sie ist eine gute Frau, die Kollegin Brenner.