Protocol of the Session on June 26, 2008

Es gibt ein paar praktische Handlungsanweisungen, die Sie dann auch befolgen könnten. Sie, Herr Kluck, haben davon gesprochen, dass Sie gern das kommunale Wahlrecht für diejenigen, die bei uns im Land leben, einführen würden. Bei uns in Baden-Württemberg sind fast drei Viertel der Ausländerinnen und Ausländer länger als acht Jahre hier im Land. Es wird höchste Zeit, dass sie die Chance bekommen, bei Kommunalwahlen mitzureden, auch wenn sie keine EU-Ausländer sind.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Auch wenn sie nicht Deutsch können?)

Ich sage Ihnen: Wir haben die Möglichkeit dazu. Das Land Rheinland-Pfalz hat eine Bundesratsinitiative, die darauf zielt, eingebracht. Sie haben die Chance, dafür Mehrheiten zu schaffen. Wir haben die Chance. Aber dann muss das Land BadenWürttemberg auch im Bundesrat dem folgen, was der Integrationsbeauftragte des Landes hier empfiehlt.

(Beifall bei der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ihre einzige Chance, aus dem Tal der Tränen heraus- zukommen!)

Und etwas anderes Praktisches: Herr Kollege Zimmermann hat berichtet, dass im Bereich der örtlichen Vereine tatsächlich Integration stattfindet. Wohl wahr. Aber warum ist dann

in den konkreten Maßnahmen in keinem einzigen Punkt irgendetwas von einer unmittelbaren Förderung zu lesen? 500 000 € bezahlt die Bundesregierung für Sportvereine und Verbände, die sich an diesem Thema aktiv beteiligen. Das Land lobt die Kommunen ob ihres Engagements und gibt keinen einzigen müden Euro dazu. Da erwarte ich, dass Sie nicht nur schöne Worte finden, sondern auch konkrete Taten folgen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Insgesamt ist der Geist, der auf dem Papier steht, kein schlechter. Aber wir haben von 16 Seiten 13,5 Seiten nur Vorwort, nur guter Geist,

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

und dort, wo es dann um praktische Maßnahmen geht, Herr Justizminister, werden uns nur die Dinge verkauft, die ohnehin schon geplant sind, oder es gibt den einen oder anderen Prüfauftrag, ob man nicht das eine oder andere tun könnte. Das ist vielleicht ein guter Einstieg, aber es ist noch nicht der Plan, den wir erwartet haben. Es geht darum, dass wir nicht nur loben, nicht nur auffordern und dass diese Landesregierung die Integration nicht nur auf dem Papier ernst nimmt, sondern tatsächlich auch ganz praktisch, indem sie auch etwas in die Hand nimmt und entsprechende Maßnahmen finanziert und nicht nur überlegt, was alles Gutes getan werden könnte. Denn am Ende sind die Kommunen diejenigen, die mit viel, viel Geld diese Leistungen bezahlen, die wir alle toll fänden, wenn sie denn geleistet würden.

In diesem Sinne: Der Plan ist ein schöner Auftakt, aber eben nur ein Auftakt. Lassen Sie uns daraus einen guten Plan mit konkreten Maßnahmen machen, dann haben Sie uns an Ihrer Seite.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Wölfle.

Ja, mach nur einen Plan. Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan. Geh’n tun sie beide nicht.

(Heiterkeit der Abg. Ute Vogt SPD)

Das ist nicht von mir, sondern das wird beim neuen Einbürgerungstest abgefragt. Vielleicht weiß jemand, von wem es ist.

(Heiterkeit bei den Grünen – Beifall des Abg. Sieg- fried Lehmann GRÜNE – Abg. Karl Zimmermann CDU: Der Wolf und die sieben Geißlein!)

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kluck hat eine launige Einstiegsrede gehalten. Seine launigste Bemerkung war, dass es, seit Herr Minister Goll Integrationsbeauftragter sei, mit der Integration vorangehe.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Monika Chef FDP/DVP: Jawohl!)

Beide Redner haben nun schon versucht, den gestrigen Fußballabend als Beweis zu gebrauchen, wie geglückt unsere Integrationsarbeit vorangegangen sei. Ich will nicht wissen, wie der Abend und die Debatte verlaufen wären, wenn das Ergebnis ein anderes gewesen wäre.

(Unruhe – Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Warten Sie nur ab, bis die Russen im Endspiel sind!)

Was war jetzt das mit den Russen? Habe ich Sie da jetzt ganz falsch verstanden?

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Wenn die Russen im Endspiel sind!)

Und dann?

(Abg. Michael Theurer FDP/DVP: Warten Sie erst einmal ab, wie es uns dann geht!)

Aha. Das ist jetzt ein Rätsel, das Sie mir da aufgeben. Ich habe Sie jetzt nämlich nicht verstanden. Aber das macht nichts.

(Heiterkeit – Abg. Ute Vogt SPD: Das ist der europä- ische Geist!)

„Fördern und fordern“ ist das Motto dieses Integrationsplans. Ich könnte auch sagen: Zuckerbrot und Peitsche. Warum schwingen Sie, Herr Integrationsbeauftragter, in jeder Pressemitteilung und bei jedem öffentlichen Auftritt immer gleich die Peitsche? Ich könnte Ihnen verschiedene Belege dafür bringen. Ich rate Ihnen einfach: Schauen Sie einmal bei Frau Böhmer oder auch bei Herrn Laschet nach. Um zur Integration einzuladen, braucht man die Peitsche nicht. Wenn man die Hand ausstreckt, dann wird sie in der Regel auch angenommen.

(Beifall bei den Grünen)

Vor vier Monaten hatten wir hier schon einmal die gleiche Debatte. Da ging es um die Antwort auf den Bundesintegrationsplan. Jetzt haben wir den Entwurf des Landesintegrationsplans. Von damals lässt sich Ihre Fraktionsfreundin, Frau Dr. Birgit Arnold, sinngemäß zitieren, der Justizminister lasse es bei der Zusammenstellung von Daten; sie wünsche sich mehr zukunftweisende Aussagen. Sie hat nach wie vor recht.

Gestern war eine Art Bildungsdebatte. Die Regierung bewies sich wieder einmal, dass sie alles richtig mache: Vier Jahre Grundschule und dann sauber trennen sei das richtige Schulsystem, löchrige Ganztagsschulen mit Schülerlotsen sei ihre Antwort auf die PISA-Ergebnisse, von anderen Ländern brauche sie nichts zu lernen usw. Angesichts dieser Selbstgefälligkeit und Selbstzufriedenheit der Regierung ist es nicht überraschend, dass der zwar dicke Landesplan zur Integration so dünn ausfällt.

Den Gipfel dieser Selbstgefälligkeit haben wir heute Morgen gehört, als Minister Dr. Frankenberg versucht hat, der SPD „eine reinzuwürgen“, indem er doch glatt behauptet hat, die Bildungsfragen in unserem Land seien gelöst. In welchem Land lebt dieser Minister?

(Zuruf: Das möchte ich auch gern wissen! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Meine Herren, die Sie gestern geredet haben, und Herr Integrationsbeauftragter, wann waren Sie das letzte Mal in einer BVJ-Klasse?

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Wann haben Sie das letzte Mal mit einem Handwerksmeister geredet, der händeringend Azubis sucht,

(Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

bei dem sich auch engagierte fleißige junge Menschen melden, die aber für die Berufsschule nicht genügend Grundkenntnisse mitbringen, obwohl sie neun Jahre lang deutsche Schulen besucht haben? Wann hat sich bei Ihnen das letzte Mal eine türkische Mutter beklagt, dass ihr Kind keine Gymnasialempfehlung bekomme, weil die Lehrerin meine, sie könne dem Kind zu Hause zu wenig helfen?

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ach was! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ach! Also! Fantasieren Sie nicht!)

Ich merke an Ihren Reaktionen,

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Gegenruf der Abg. Ute Vogt SPD: Ihr habt keine Ahnung!)

wie wenig Sie im Alltag verankert sind.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Ute Vogt SPD: Ja!)

Das sind Alltagssituationen, auf die dieser Plan leider keine Antworten liefert.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Zeigen Sie mir die türkische Mutter, die sich beklagt hat, Herr Kollege Wölfle! – Zuruf des Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU)

Herr Zimmermann, ich bringe sie Ihnen. Ich habe festgestellt, dass Sie ab und zu auch schon Kontakt zu solchen Leuten hatten.

(Zuruf der Abg. Renate Rastätter GRÜNE)

Wie gesagt: Der Plan ist inhaltlich so dünn, dass der Integrationsbeauftragte, Herr Minister Dr. Goll, die erste öffentliche Präsentation und Anhörung zum Mittagessen verlassen konnte. Es traf das ein, was er wahrscheinlich erwartet hatte: Die Leute, die eingeladen waren – das sind alles Menschen, die tagtäglich praktische Integrationsarbeit leisten –, haben es gemerkt: Er hat keinen Plan, keine Perspektive und erst recht keine Kohle.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Na, na, na!)

Statt Lobpreisung kam vernichtende Kritik. Es war eine Fleißarbeit der Mitarbeiter, die alles zusammengetragen haben, was irgendwie mit Integration zu tun haben könnte. Wie sollen welche Ziele erreicht werden? Die Aufgaben sind beschrieben, aber nicht, wie sie erledigt werden sollen.

Ich will Ihnen ein Beispiel für eine sinnvolle Formulierung sagen: