Protocol of the Session on June 26, 2008

Ich wäre noch auf dieses Problem zu sprechen gekommen.

Die Entwicklung in Heidelberg, die Herr Mentrup gestern angesprochen hat, muss uns doch zu denken geben, meine Damen und Herren, insbesondere Ihnen von den Regierungsfraktionen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Ist das die Antwort?)

Die kommt gleich.

Ich kann für Freiburg genau das Gleiche sagen. Immer mehr Privatschulen entstehen. Eltern, die ihre Kinder dort anmelden, sind Eltern, die sich ein eigenes Schulgeld fast nicht leis ten können, die sich dieses Geld wirklich bitter herausschwitzen, weil sie mehr Vertrauen in das System der Privatschulen haben als in das öffentliche System.

(Abg. Reinhold Gall SPD zur CDU: Also Ihr Sys tem!)

Daran krankt doch die ganze Geschichte.

(Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Gibt es Privat- schulen in Freiburg?)

Das sollten Sie doch endlich einmal begreifen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Lieber zahlen die Eltern wirklich teures Schulgeld, damit sie das Gefühl haben, dass eine individuelle Förderung für ihre Kinder wirklich möglich ist, eine Förderung, die an den staatlichen Schulen nicht mehr in diesem Ausmaß gewährleistet ist.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Reden Sie doch einmal mit der GEW über dieses Thema! Das wäre erfolgreich! – Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Die langen Wartelisten gerade bei den Privatschulen zeigen das ganz deutlich. Sie sind der Beweis, dass das Vertrauen in Ihre Bildungspolitik gering ist und bei Ihrer Bildungspolitik sehr viel im Argen liegt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sprechen Sie mit denen, die das vor Ort umsetzen!)

Ich bin vor Ort, ich bin sehr viel in den Schulen.

Im Oktober letzten Jahres wurde in Freiburg die Initiative „Schule mit Zukunft“ gegründet. Sie hat einen enormen Zulauf, weil sich immer mehr Eltern, Lehrer und Schüler über die Borniertheit aufregen, die Sie in der Bildungspolitik an den Tag legen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Franz Untersteller GRÜNE – Abg. Ursula Haußmann SPD: So ist es!)

Lesen Sie die Äußerungen des Arbeitskreises Gesamtelternbeiräte Baden-Württemberg nach, der im Zusammenhang mit Ihrer Offensive von „schnell und billig“ spricht und auch die Frage stellt – die kann man wirklich stellen –: Kann oder will Herr Minister Rau keine umfassende Reform mehr einleiten? Der Vorsitzende der FDP/DVP-Fraktion hat die Qualitätsoffensive, die Herr Rau angekündigt hat, letztendlich auch als „Reparaturprogrämmchen“ bezeichnet.

Meine Damen und Herren, da darf man sich nicht wundern, dass die Privatschulen einen so großen Zulauf haben, weil, wie gesagt, das Misstrauen gegenüber der bestehenden Bildungspolitik sehr ausgeprägt ist.

Frau Lazarus, Sie haben vorhin gefragt – auch der Minister hat das angesprochen –, wie lange mit den Privatschulen eigentlich schon über das Bruttokostenmodell diskutiert wird. Wir haben bereits vor langer Zeit Anträge dazu gestellt.

(Abg. Ursula Lazarus CDU: Und wir haben es ge- macht!)

Die SPD-Fraktion hat hierzu schon in den Neunzigerjahren Anträge gestellt und die Diskussionen geführt.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Sie haben nichts gemacht, als Sie an der Regierung waren!)

Sie haben sich jahrelang vor der betreffenden Aufgabe gedrückt. Sie haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die getagt hat und getagt hat und getagt hat. Man wusste nicht: Tagt die überhaupt, oder was macht die eigentlich?

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Was war denn 1992 bis 1996? Nichts haben Sie hingekriegt! Das ist so!)

Manchmal wird es wirklich ausgesprochen lächerlich, wenn die FDP/DVP immer auf die Zeit von 1992 bis 1996 hinweist.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Da hatten Sie vier Jahre Zeit! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Was habt ihr fertiggebracht? – Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Die Welt hat davor bestanden, und die Welt besteht auch danach.

(Unruhe)

Wie lange, meine Damen und Herren von der FDP/DVP, sind Sie eigentlich mit an der Regierung?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Heidero- se Berroth FDP/DVP: Wir haben es gemacht! – Ge- genruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Lächerlich! – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ihre Politik ist dadurch gekennzeichnet, dass Sie draußen immer große Sprüche machen

(Abg. Reinhold Gall SPD: So ist es!)

und dann, wenn Sie hier drin sind, im Grunde genommen wieder einknicken und alles mittragen, was die CDU macht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Der Gesetzentwurf wird von uns natürlich mitgetragen. Das ist klar. Aber wir sind nach wie vor der Auffassung, dass dieser Entwurf erst ein erster Schritt ist.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das sind wir ja auch!)

Was die Privatschulen jetzt dringend brauchen, ist die Zusage, dass die Zuschüsse bis 2011 auf einen Kostendeckungsgrad von 80 % angehoben werden, und nicht wieder die faule Ausrede – Frau Lazarus, lassen Sie mich es so hart sagen –, dies sei von der Finanzierung her noch nicht geklärt.

(Abg. Ursula Lazarus CDU: Das habe ich nicht ge- sagt!)

Sie müssten wissen, dass man natürlich ein Finanzierungskonzept anfordern kann, ohne es unmittelbar gemeinsam mit dem Haushalt zu diskutieren. Genau das will unser Antrag. Deswegen beantragen wir, unseren Antrag zur weiteren Beratung an den Schulausschuss zu überweisen. Wir werden dann dort den Antrag stellen, dass – –

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Schulausschuss? Der kann wirklich über die Finanzen beraten? – Ge- genruf der Abg. Ursula Haußmann SPD – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss Ihrer Ausführungen.

Darf ich den Satz vielleicht noch zu Ende sagen? – Ich weiß, das Thema ist Ihnen, Frau Berroth, höchst unangenehm, weil Sie draußen immer herumreisen und erklären, Sie seien die Retterin der Privatschulen, was schlicht und ergreifend nicht stimmt. Wir werden zur Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs den Antrag stellen, bis spätestens 2011 bei allen Schulen in freier Trägerschaft die 80-%-Förderquote auf der Basis des Bruttokostenmodells umzusetzen. Das haben die Schulen einfach verdient. Wir sind es ihnen auch schuldig. Wir sind es den Schulen schuldig, den Eltern und den Kindern. Wenn Sie dann darüber hinaus noch etwas am Bildungssystem der öffentlichen Schulen tun würden, ginge es in Baden-Württemberg wieder bergauf.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Ilka Neuenhaus GRÜNE)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Rastätter für die Fraktion GRÜNE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Fraktionsvorsitzender Winfried Kretschmann hat gestern im Rahmen der Bildungsdebatte kurz die Position der Grünen zu den Schulen in freier Trägerschaft vorgetragen.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Aber nicht kurz! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Aber nicht überzeu- gend! Und auch nicht kurz!)

Da Sie das aber offensichtlich nicht ganz verstanden haben und jetzt die Rede davon war, dass hier widersprüchliche Äu

ßerungen gemacht worden seien, möchte ich das ganz kurz klarstellen.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Da muss noch einmal ein bisschen nachgebessert werden! – Abg. Heidero- se Berroth FDP/DVP: Da sind wir ein bisschen be- griffsstutzig! – Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/ DVP: Der Lehrer Kretschmann hat es nicht richtig rübergebracht! – Vereinzelt Heiterkeit)

Wir haben schon immer herausgestellt, dass die Schulen in freier Trägerschaft für uns ein wichtiges und belebendes Element in einer Schullandschaft in Baden-Württemberg darstellen.