Protocol of the Session on June 4, 2008

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, ich darf Sie zum dritten Mal bitten, zum Schluss zu kommen.

(Heiterkeit)

… aber ich würde behaupten, der Gesetzentwurf ist zu 90 % sehr gut, der Rest ist gut. Wir sind dazu da, solche Gesetze und Verordnungen immer wieder auch weiterzuentwickeln.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Dazu sind wir auch gern bereit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Bravo!)

Fünf Minuten.

(Abg. Walter Heiler SPD: Überzogen? – Oh-Rufe – Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das wird beim nächsten Redebeitrag abgezogen!)

Fraktionsvorsitzende haben das geschäftsordnungsmäßige Recht, ohne feste Redezeit auf Redebeiträge des Ministerpräsidenten zu antworten. Aber meine Bitte wäre, sich im Normalfall an die Redezeit zu halten, die alle anderen Abgeordneten auch einhalten müssen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Fraktionsvorsitzen- de muss man besonders behandeln!)

Ich erteile Frau Ministerin Dr. Stolz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Worum geht es denn heute Nachmittag, wenn wir über ein Heimgesetz reden? Ich denke, zunächst einmal ist festzustellen, dass niemand von uns pflegebedürftig werden will.

(Abg. Werner Raab CDU: So ist es! Ja!)

Pflegebedürftigkeit können wir aber nicht verhindern. Umso schlimmer ist es, wenn von Pflegemängeln die Rede ist. Dabei dürfen einzelne Missstände in manchen Heimen, so schlimm sie auch sind, sicher nicht verallgemeinert werden. Ich habe zunächst einmal – das ist mir in diesem Zusammenhang wichtig – immer wieder zu sagen, dass ich allergrößte Achtung vor den vielen engagierten Menschen habe, die auch mit einem großen persönlichen Einsatz in den Pflegeheimen hervorragende Arbeit leisten

(Beifall bei allen Fraktionen – Abg. Karl Rombach CDU: So ist es! Bravo!)

und unsere pflegebedürftigen Menschen unter oft schwierigen Umständen und in einer sehr schwierigen Lebensphase begleiten und pflegen. Dafür müssen wir danken.

Worum geht es heute? Es geht nicht darum, liebe Frau Kollegin Mielich, dass wir hier über eine Landespflegekonzeption oder über ein Landespflegegesetz reden, sondern es geht um eine gesetzliche Regelung dessen, was geregelt werden muss, weil es eben trotz überwiegend hervorragender Arbeit in den Pflegeheimen doch auch zu Pflegemängeln kommt und weil hier eben auch Kontrolle und Schutz der Menschen notwendig sind. Wir sind es den Menschen in den Einrichtungen schuldig, hier auch etwas zu tun.

Wie können Pflegedürftige und Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen in Heimen effektiv vor solchen Mängeln bewahrt werden? Das ist uns in diesem Gesetzentwurf wichtig. Wenn Sie, liebe Frau Kollegin Mielich, sagen, uns ginge es lediglich um den Schutz, dann sage ich, dass uns das ein ganz wichtiges und das wichtigste Anliegen überhaupt ist,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

das wir hier in diesem Heimgesetz regeln wollen.

Auf die Frage, ob wir den Ausdruck „Heim“ durch „Stationäre Einrichtungen“ ersetzen sollen, würde ich sagen: Auf solche Innovationen sind wir nicht angewiesen.

(Abg. Werner Raab CDU: Es muss das draufstehen, was drin ist!)

Bei dem Wort „Heim“ wissen wir, wovon wir reden. Dafür brauchen wir keine neuen Begriffe.

Was heißt jetzt „eine gute Pflegequalität zu sichern“? Ganz wesentlich für eine gute Betreuung und Pflege ist ausreichendes und qualifiziertes Personal. Gerade wenn Pflegemängel auftauchen, wird zu wenig oder zu wenig qualifiziertes Personal immer wieder als Ursache genannt. Um dies auch im Gesetz deutlich zu machen, haben wir die Fachkraftquote in das Heimgesetz geschrieben. Ich darf die SPD daran erinnern, dass das ja auch eine vehemente Forderung von ihrer Seite war. Das haben wir allerdings nicht deshalb gemacht,

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Schade!)

sondern deshalb, weil wir damit zum Ausdruck bringen wollen, dass uns diese Pflegekraftquote als Qualitätsmerkmal sehr wichtig ist.

Eine weitere Möglichkeit, den Schutz der Bewohner von Heimen zu gewährleisten, sind mehr Transparenz und Verbraucherschutz in den Einrichtungen. Auch hier haben wir mit diesem neuen Landesheimgesetz einiges getan. Signalwirkung hat dabei, dass wir als erstes Land den Verbraucherschutz als Zielbestimmung in unser Heimgesetz aufgenommen haben.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Er war nämlich im alten Bundesgesetz nicht enthalten. Liebe Frau Kollegin Altpeter, da muss ich mich schon fragen: Reden wir jetzt vom gleichen Gesetz, wenn Sie sagen, der Verbraucherschutz spiele bei diesem Gesetz keine Rolle? Ich denke, wir reden hier vom gleichen Gesetz.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Die Leute können al- le nicht lesen!)

Ich muss Ihnen sagen: Das ist die Zielbestimmung. Deswegen haben wir auch einige Punkte aufgenommen. Ich nehme schon an, dass sie auch vonseiten der SPD wahrgenommen wurden.

Wir wollen z. B. – auch das gehört zur Transparenz –, dass die Heimaufsichten die wesentlichen Ergebnisse ihrer Prüfungen in einer geeigneten Form veröffentlichen müssen. Ab 2010 sollen dann auch umfassende Qualitätsberichte erstellt werden. Diese sollen nicht nur die Mängel, sondern auch die

Stärken der Heime darstellen. Ich finde, das ist wichtig. Es ist ein berechtigtes Anliegen der Heime, dass sie auch auf ihre guten Seiten hinweisen können und diese auch öffentlich machen können. Die Träger können diese Berichte freiwillig veröffentlichen. Diejenigen, die das nicht tun, werden sich natürlich fragen lassen müssen,

(Abg. Werner Raab CDU: Die werden Probleme ha- ben!)

was sie zu verheimlichen haben.

(Abg. Werner Raab CDU: Ja, natürlich!)

In Zukunft werden die Heimträger ihre Preise und Leistungen auch allgemein zugänglich machen müssen. Die Menschen müssen wissen, wohin sie gehen und was sie für ihr Geld bekommen. Das ist der nächste Punkt.

Wir haben schon bisher verpflichtend ein Qualitätsmanagement und auch ein Beschwerdemanagement vorgeschrieben. So können Bewohner und Angehörige auf Missstände aufmerksam machen und Wünsche äußern. Damit ist dieses Gesetz ein Verbraucherschutzgesetz im besten Sinne für die Bewohner, für die Angehörigen und für die Interessenten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Werner Raab CDU: So ist es, ja!)

Eine weitere wichtige Aufgabe bei der Überwachung der Heime nimmt die Heimaufsicht wahr. Die Heimaufsicht wird ihre jährlichen Begehungen in Zukunft grundsätzlich unangemeldet machen. Ich weiß, dass eine solche unangemeldete Überprüfung den Tagesablauf in manchen Einrichtungen beeinträchtigen kann. Sie ist durchaus auch eine Herausforderung an die Professionalität der Mitarbeiter und der Heimleitung. Letzten Endes kann aber nur eine unangemeldete Prüfung einen unverfälschten Eindruck von einer Einrichtung geben.

(Abg. Werner Raab CDU: Das wird auch von vielen verlangt!)

Auch die Qualität der Überprüfungen wird von den Trägern immer wieder moniert. Auch hier will das Land Verbesserungen erreichen. In Zukunft sollen daher vermehrt auch Pflegefachkräfte zur Überprüfung der Qualität herangezogen werden. Das Land wird fast 300 000 € ausgeben – doppelt so viel wie bisher –, um sicherzustellen, dass Pflegefachkräfte die Arbeit der Heimaufsicht unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP – Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/ DVP: Richtig!)

Das Heimvertragsrecht haben wir hier bewusst mit aufgenommen, um damit auch die Vertragsgestaltung übernehmen und überprüfen zu können. Denn der Bund tut da im Moment nichts. Wenn wir das übernehmen, dann kann die Heimaufsicht diese Verträge prüfen. Auch das ist ein Schutz und keine Minderung des Schutzes. Wir haben das ganz bewusst aufgenommen, weil der Bund hier nichts geregelt hat.

Auch das wichtige Thema neuer Wohnformen wie z. B. ambulant betreuter Wohngemeinschaften greift das Gesetz auf.

Hier war in der Vergangenheit oft unklar, wann Heimrecht anzuwenden ist und wann nicht.

(Abg. Werner Raab CDU: Das haben wir jetzt klar geregelt!)

Dieses Landesheimgesetz gibt hier Rechts- und damit auch Planungssicherheit.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben die Anwendung des Heimgesetzes auf die ambulant betreuten Wohngemeinschaften für Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderungen auf der einen Seite kritisiert. Gleichzeitig nennen Sie Ausnahmeregelungen für neue Wohnformen, die das Gesetz zulässt, eine Aushöhlung des Verbraucherschutzes. Das ist widersprüchlich.

Ich möchte nur Folgendes zu bedenken geben: Die Menschen in den ambulant betreuten Wohngemeinschaften sind in aller Regel genauso schutzbedürftig wie die Menschen in den Heimen. Wo sie das nicht sind, weil sie in der Gemeinschaft selbstbestimmt ihre Angelegenheiten regeln, oder wo sie weitgehend selbstständig ohne durchgehende Betreuung leben können wie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder psychischer Erkrankung, haben wir von der Anwendung des Heimgesetzes abgesehen. Damit die Regelungen des Heim gesetzes ambulant betreute Wohngemeinschaften nicht überfordern, haben wir die Möglichkeit, mit Befreiungen flexibel zu reagieren. Denn die Anforderungen sollen ja auf die Bedürfnisse der Bewohner passen, und damit müssen auch zukünftige Entwicklungen in den Blick genommen werden.