Protocol of the Session on April 3, 2008

Gesundheitsschutz in dem Sinn, dass die Freiheit des Einzelnen dort eingeschränkt wird, wo die Gesundheit des anderen gefährdet ist. Dass wir einen Schutz der Bevölkerung vor dem Passivrauch brauchen, ist mittlerweile unumstritten.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Sehr richtig!)

Die Zahlen wurden schon genannt. Der Tabakrauch ist ein krebserregender Stoff,

(Abg. Gunter Kaufmann SPD: Ja!)

der die größte und gefährlichste Innenraumverschmutzung darstellt. Ich glaube, wir können keine Feinstaubdebatte in Bezug auf den Straßenverkehr führen, allen Autos Plaketten aufkleben und Fahrverbote erteilen, ohne gleichzeitig darüber nachzudenken, dass der Tabakrauch in Innenräumen auch diejenigen Menschen schädigt, die diesen Tabakrauch eben nicht einatmen wollen und sich dieser Gesundheitsgefahr auch nicht aussetzen wollen.

(Beifall bei der CDU und den Grünen sowie Abge- ordneten der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Insofern ist es ganz klar, dass dieses Gesetz notwendig ist. Wir verfolgen mit Interesse natürlich die Entwicklung in anderen Ländern. Selbst aus Italien kommen mittlerweile Meldungen,

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Und Spanien!)

dass die Anzahl der Herzinfarkte seit Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes deutlich zurückgegangen ist.

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Oh- Rufe – Zuruf: Na also! – Unruhe)

Jetzt denke ich, dass das Nichtraucherschutzgesetz als Ganzes nicht zur Debatte steht.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Eben!)

Es wird von der Bevölkerung auch sehr positiv aufgenommen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Genau! – Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Es wird als notwendig angesehen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Als Ganzes ja!)

Die aktuelle Diskussion betrifft vor allem das Rauchverbot in den Gaststätten. Ich halte die für Gaststätten gefundene Lösung unverändert für richtig. Wir haben ein grundsätzliches Rauchverbot für die Gaststätten ausgesprochen, zugleich aber die Möglichkeit eröffnet, dass in Nebenräumen geraucht werden kann, um dem Schutz des Nichtrauchers gerecht zu werden, aber auch der Freiheit des Rauchers Raum zu geben.

(Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Das zeigt, dass wir hier nicht moralisierend das Volk erziehen wollen, sondern dass wir wirklich diejenigen schützen wollen, die keinen Tabakrauch einatmen wollen.

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Dazu stehen wir!)

Wir haben Ausnahmen zugelassen, restriktiv, aber dennoch – davon bin ich überzeugt – pragmatisch.

Ich nehme die Meldungen über Umsatzrückgänge in der Gastronomie natürlich ernst, aber ich glaube, wir müssen diese Umsätze seriös überprüfen. Wir müssen feststellen, dass sich die Umsatzentwicklung der Gastronomie in Baden-Württemberg ähnlich verhält wie in der ganzen Bundesrepublik und dass die Gastronomie auch vor dem Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes einen Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte. Ich denke, wenn wir dies beachten – das erfordert jetzt auch die Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht –, müssen wir diese Dinge seriös und auch ehrlich prüfen.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Genau! – Abg. Dr. Ul- rich Noll FDP/DVP: Seriös und ehrlich! Das machen wir!)

Wir sind davon überzeugt, dass eine klare Regelung notwendig ist. Wir haben ausführlich darüber diskutiert, als wir dieses Gesetz eingebracht haben. Wir haben damals auch ausführlich über die Deklarationslösung diskutiert und waren übereingekommen, dass die Deklarationslösung keine klare Lösung ist und vor allem keine Verbesserung im Vergleich zu den vormals bestehenden freiwilligen Vereinbarungen der Gastronomie darstellt. Deswegen haben wir auch mit Überzeugung eine klare Regelung für alle Gaststätten in das Gesetz geschrieben.

Die Erfahrungen aus anderen europäischen Ländern zeigen auch, dass sich die Umsätze stabilisieren, dass sich sogar die Zahl der Beschäftigten in der Gastronomie positiv entwickelt und dass sich vor allem, was das Wichtigste ist, der Gesundheitszustand der Bevölkerung, vor allem der Menschen, die in den Gaststätten arbeiten, deutlich verbessert hat.

Eines möchte ich noch hinzufügen: Es wäre natürlich hilfreich gewesen, wenn der Bund bei diesem Thema nicht gekniffen hätte und sich über seine Verantwortung für den Gesundheitsschutz klar gewesen wäre. Ein aktuelles Gutachten bestätigt nochmals, dass der Bund hier tätig werden könnte. Ich darf bei allem Selbstbewusstsein der baden-württembergischen Gesundheitspolitik gern zugeben, dass es sehr hilfreich gewesen wäre, wenn der Bund die ihm zustehende Kompetenz wahrgenommen und eine klare Regelung für die ganze Republik erlassen hätte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Föderalismusreform! – Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind davon überzeugt, dass wir ausgewogene Regelungen gefunden haben. Die Ausführungshinweise sind im Internet eingestellt. Ich bin davon überzeugt, dass mit der Klarstellung hinsichtlich der Fragen, die vor Ort auftauchen, insbesondere auch hinsichtlich der Nebenräume, die Probleme gelöst sind. Die einvernehmlich von der Landesregierung aufgestellten Ausführungshinweise beseitigen, denke ich, auch die letzten Problemfelder, was die Gastronomie betrifft. Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir ein gutes und praktikables Gesetz auf den Weg gebracht haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie des Abg. Winfried Kretschmann GRÜ- NE)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Mappus.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben die Debatte am heutigen Morgen deshalb beantragt, weil wir der Überzeugung sind, dass das Nichtraucherschutzgesetz sehr wohl sehr sinnvoll ist und dass es auch wichtig ist, dass man bei allem, was man im Moment so in der Zeitung liest, noch einmal auf den Hintergrund hinweist, der hinter dem Ganzen steht.

Zunächst einmal – die Ministerin hat es gerade angesprochen – hat der Bund ein Dreivierteljahr gebraucht, um festzustellen, dass er angeblich nicht zuständig sei. In Ordnung! Aber wenn er nicht zuständig ist – da habe ich große Bedenken,

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

denn z. B. für den Mitarbeiterschutz ist der Bund sehr wohl zuständig; daran hätte man es aufhängen können, aber sei’s drum –, dann sind nach der Föderalismusreform eindeutig die Länder zuständig. Insofern, glaube ich, war es notwendig und wichtig, zu handeln.

Übrigens: 73 % aller Bundesbürger finden die Gesetze zum Nichtraucherschutz gut. Ich bin mir nicht so sicher, ob wir bei allen Themen eine solche Zustimmung haben. Das ist wahrscheinlich eher nicht der Fall. Aber deshalb glaube ich schon, dass der Hintergrund des Themas richtig ist.

Zweitens: Wir wussten von Anfang an, dass das Thema Einraumkneipen ein Knackpunkt ist. Nur – das sage ich auch Ihnen, lieber Kollege Noll –: Ich glaube schon, dass es einer gewissen Logik folgt, wenn man sagt: Man muss Nichtraucher schützen. Der Staat muss sich in das Thema hineinknien. Dann muss er es überall tun. Denn so, wie niemand in eine Einraumkneipe gehen muss, muss auch niemand gezwungenermaßen in eine andere Gaststätte. Also wäre der Umkehrschluss: Wenn ich mich in dem einen nicht engagiere, muss ich mich auch nicht gezwungenermaßen in dem anderen engagieren. Also handelt es sich um eine Grundsatzentscheidung.

Bei dieser Grundsatzentscheidung sind wir zu dem Ergebnis gekommen, dass der Nichtraucherschutz so umgesetzt werden muss, wie wir ihn umgesetzt haben.

Drittens – darauf wurde in der Debatte bisher überhaupt nicht eingegangen –: Die Gaststättenverbände haben sich vor eini

gen Jahren selbst verpflichtet, den Nichtraucherschutz umzusetzen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Aber sie haben die Quote, die sie selbst vereinbart haben, nicht umgesetzt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wie die Au- toindustrie auch!)

Exakt, Herr Kollege: Auch bei der Automobilindustrie wurde eine getroffene Selbstverpflichtung nicht umgesetzt.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Im Fall der Automobilindustrie hat der Staat gesagt: Wenn die Freiwilligkeit nicht funktioniert, muss der Staat am Ende doch eingreifen. Andernfalls wäre die Konsequenz, dass man sagt: „Wenn die ihre Selbstverpflichtung nicht einhalten, dann lassen wir es eben.“ Da hat man es gemacht. Wo ist denn dann die Logik, wenn ich sage: „Aber beim Nichtraucherschutz mache ich es nicht, sondern lasse das Ganze laufen“?

Das berühmte „R“, meine Damen und Herren, ist schon eine Mogelpackung, denn gegenüber dem bisherigen Zustand hätte sich damit nichts verändert. Schon bisher konnte jeder Wirt seine Kneipe zu einer Raucher- oder einer Nichtraucherkneipe erklären – kein Problem. Das hat er logischerweise nicht gemacht.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Wir haben mit dem DEHOGA vor der Gesetzeseinbringung gesprochen. Der DEHOGA hat gesagt: „Uns ist es am liebs ten, wenn ihr es nicht reguliert, sondern uns das selbst regeln lasst.“ Daraufhin haben wir gesagt: Dafür habt ihr Zeit gehabt; ihr habt es aber nicht gemacht. Dann hat der DEHOGA wiederum gesagt: „Das ist in Ordnung. Aber wenn ihr es macht, dann macht es ohne Wettbewerbsverzerrung.“ Meine Damen und Herren, Wettbewerbsverzerrung aber ist,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

wenn ich für einen bestimmten Bereich – so, wie es die Spanier für Kneipen bis 100 m2 gemacht haben – alles wie bisher belasse und ab 100 m2 reguliere. Wenn Sie sich übrigens einmal nach dem spanischen Modell erkundigen, werden Sie feststellen, dass sich die Zahl der Kneipen, die zunächst größer als 100 m2 waren, aber plötzlich kleiner geworden sind, deutlich erhöht hat. Da bekam eine Kneipe mit 180 m2 in der Mitte plötzlich eine Wand und zwei Eingänge. Ruck, zuck war es eine sogenannte Eck- oder Raucherkneipe.

(Zuruf des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)