Wir kommen jetzt zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 14/1771. Abschnitt I ist ein Berichtsteil und mit der Debatte erledigt.
Über Abschnitt II – ein Handlungsersuchen – wird Abstimmung verlangt. Wer für Abschnitt II des Antrags Drucksache 14/1771 der SPD-Landtagsfraktion ist, möge bitte die Hand erheben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Antragsteil abgelehnt und Tagesordnungspunkt 7 erledigt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Fleischbeschaugebühren in Baden-Württemberg und EU-Vorgaben – Drucksache 14/1779
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung des Antrags fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die „Verordnung für einheitliche Fleischuntersuchungsgebühren nach EU-Vorgaben“ ist vielleicht ein trockenes Thema,
vor allem da die EU-Verordnung Anfang dieses Jahres nach der Übergangszeit von einem Jahr endgültig in Kraft getreten ist.
Woran liegt das? Das liegt daran, dass die Kreise landesweit völlig unterschiedliche und unterschiedlich begründete Gebühren erheben, die Auswirkungen auf die Kostenstrukturen von Schlachthöfen und kleinen Fleischereibetrieben haben.
Mittlerweile setzt jeder Landrat, nachdem er die Gebührenhoheit bekommen hat – diese hat er nicht von Ihnen bekommen, Herr Minister; dafür waren Sie nicht zuständig, aber Sie sind für die Folgen zuständig –, die Verordnung nach eigener Interpretation in Kraft, ohne die Anforderung des transparenten Gebührensystems, wie es die EU verlangt, überhaupt zu berücksichtigen. Die Folge sind fehlende Kostentransparenz, unterschiedliche Kosten und Gebühren für die gleiche Leistung in einem Land; ich komme darauf zurück.
Ich zitiere den Vorgänger des jetzigen Direktors des Landtags, der einmal gesagt hat: „Was sauber ist, kann öffentlich sein. Was nicht sauber ist, muss öffentlich sein.“ Diese Gebühren sind nicht öffentlich. So einfach ist das. Das erinnert an Willkür. Es gibt nicht zwei oder drei unterschiedliche Gebühren, es gibt vielmehr acht, zehn oder sogar zwölf unterschiedliche Gebühren. Diese differieren in Baden-Württemberg von Landkreis zu Landkreis.
Vordergründig haben sich Metzgereien und Schlachthöfe gewehrt, sogar gerichtlich gewehrt, und die Gebührenbescheide
angefochten – und dies zu Recht, denn sie tun das nicht aus Jux und Tollerei. Im Hintergrund steht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Klein- und Mittelbetriebe.
Ich bringe Ihnen einige Gebührenvergleiche. Wir haben Kleinstmengen, nach denen sich Gebühren staffeln: In dem einen Kreis gelten 150 Tiere, in dem anderen Kreis 2 000 Tiere als Kleinstmengen. Einmal gelten 40 Tiere als Kleinstmengen, einmal 1 500 Tiere, einmal gilt dies pro Monat, einmal pro Jahr – völlig willkürlich, ohne System.
Ich gebe Ihnen aus meiner Liste, die ich der Stellungnahme der Landesregierung entnommen habe, ein Beispiel.
Der Mindestbetrag bei der Schlachtung eines Schweins ist für die kleinste Menge in Sigmaringen 1,70 €; der maximale Betrag ist in Baden-Baden zu zahlen und beläuft sich auf 16,50 € – für die gleiche Leistung! Wie soll derjenige, der hierfür 16,50 € zahlen muss, noch konkurrenzfähig sein? Die Spreizung ist riesengroß und reicht von 4,30 € bis 14,70 € innerhalb eines Betriebs; in einem anderen Betrieb reicht sie von 1,70 € bis 11 €.
Lassen Sie mich noch ein Beispiel bringen. Der niedrigste Betrag ist in Mannheim mit 1,30 € zu zahlen, der höchste Betrag – ich habe es bereits gesagt – in Baden-Baden mit 16,50 € – und das innerhalb eines Landes, in einem Markt, und in einer Situation, in der die Kleinen gegenüber den Großen ohnehin schlechte Karten haben.
Wenn ich Ihnen jetzt aber zum Vergleich sage, dass diese EUVerordnung lediglich die Mindestgebühr vorschreibt, damit Chancengleichheit besteht, dann zeigt sich, dass dies bei uns umgewandelt wird und sozusagen zur Begründung der maximalen Gebühr herangezogen wird.
Belgien verlangt maximal 1,20 € bis 3,40 € – immer für die gleichen Leistungen –, Schweden 1,20 € bis 1,70 € und unser Nachbarland Frankreich 0,38 bis 0,79 €, also maximal 79 Cent für eine Leistung, für die in Baden-Baden eine Gebühr von 16,50 € zu zahlen ist. Ja wollen wir denn, dass wir unseren Service, unsere Schweineschlachtung ins Elsass verlagern oder sogar noch weiter weg, nur weil das Schlachten dort billiger ist? Es gibt keine Begründung für ein solches Vorgehen, vor allem deswegen nicht, weil das Land doch eigentlich ein großes Interesse daran haben müsste, unsere Fleischereien, die Mittelständler, die es noch gibt, hier zu halten, und weil es nicht dazu kommen darf, dass nur die wenigen Großen übrig bleiben – mit der Konsequenz, dass Tiere nur noch auf der Landstraße unterwegs sind.
Immerhin sind 5 € mehr oder weniger für die Schlachtung bei mehreren Tausend Tieren ein Haufen Geld.
Es kann doch nicht sein, dass eine Verwaltung Gebühren nach dem Prinzip festlegt: Was wir ausgeben, das nehmen wir über die Gebühren wieder ein. Als ob Verwaltung von Benchmarking noch nie etwas gehört hätte! Die natürlichste Form der Festsetzung von Verwaltungsgebühren ist, mindestens zu vergleichen, wie es denn andere Landräte schaffen, dies billiger
anzubieten. Daneben sollte auch geschaut werden, wie dies andere Länder schaffen. Dabei brauchten die Verantwortlichen nur ins Elsass zu schauen. Es kann doch nicht sein, dass der Springbrunnen vor dem Landratsamt über die Schlachtgebühren mitfinanziert wird!
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Gundolf Flei- scher CDU und Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das tut er ja auch nicht!)
Ganz aktuell, Herr Minister: Im Moment ist der Landkreis Göppingen einer der Landkreise, die bei diesem Thema am meisten Publizität genießen, am meisten Aufregung verursachen und wohl auch die meisten Probleme haben.
Mir liegt die Antwort der EU auf eine Anfrage der Bundesregierung über Regularien im Umgang mit Gebühren und der Frage, wie die EU das sieht, vor. Daraus müsste sich eigentlich ergeben, dass unsere Gebühren gesenkt werden. Der Landkreis Göppingen hat jedoch als Konsequenz seine Gebühren, die schon jetzt hoch sind, nochmals erhöht.
Ich werde in der zweiten Runde noch auf einige Details zu sprechen kommen, die das verdeutlichen sollen, und ich meine, es kann so nicht weitergehen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Winkler, ich hatte eigentlich gedacht, dass wir das Thema ernsthaft miteinander diskutieren und nicht über den Springbrunnen reden.
Ich möchte vorab darauf hinweisen, dass wir in Baden-Würt temberg trotz eines steten Strukturwandels über ein dichtes Schlachthofnetz verfügen. Eine Umverteilung der Schlachtungen in die Produktionsgebiete, also eher in den ländlichen Raum, hat sich vor allem im Osten unseres Landes vollzogen.
Die Verlagerung war auch die Folge von Stilllegungen von Schlachtstätten in den Konsumgebieten. Damit konnten auch bessere Auslastungen erzielt werden.
Die Verlagerung und Konzentration in eher dezentrale Gebiete ist in Baden-Württemberg größtenteils abgeschlossen. Wenige große Schlachtstätten sind in den Schwerpunkterzeugerregionen, und eine größere Anzahl kleinerer und mittlerer Schlachtstätten sind dort, wo der Verbrauch überwiegt. Wir haben also eine ausgeglichene Struktur; lassen Sie mich das vorab festgestellt haben. Allerdings ist in kleineren Betrieben die hohe Festkostenbelastung durch mangelnde Auslastung der Schlachtanlagen problematisch.
Die Durchführungsverordnung zum Vieh- und Fleischgesetz verpflichtet Schlachtbetriebe, die wöchentlich mehr als 200 Schweine oder 75 Rinder schlachten, die gezahlten Preise und die angelieferten Mengen zu melden.
Im Jahre 2007 waren dies 47 Betriebe für verschiedene Tierarten, und somit sind 90 % in Zahlen festgehalten, also vorhanden.
Nun zu den Gebühren, meine Damen und Herren. Die Hoheit – das müsste eigentlich jeder wissen – liegt seit 2005, also seit der Verwaltungsreform, bei den Landratsämtern oder den Bürgermeisterämtern der Stadtkreise als unteren Verwaltungsbehörden. Jeder Kreistag, lieber Herr Kollege Winkler, legt seine Gebühren in öffentlicher Sitzung fest. Es wird nichts geheim gemacht.